Schon seit Monaten haben bürgerliche Medien darauf gewartet den Moment festzustellen, in dem sie auf ihre Titelseiten schreiben können: “der Terror ist in Deutschland angekommen“.

Medial und in der politischen Debatte können wir beobachten dass die drei Angriffe, die vor 3 Wochen in Würzburg, München und Arnsbach stattgefunden haben, in einen Topf geworfen werden, dass ingesammt ein Klima der Terrorangst hergestellt wird und dass dabei die verschiedenen Kräfte versuchen ihre Analyse als bestätigt zu verkaufen. Doch schauen wir uns die Vorfälle genauer an.

Was ist geschehen?

Würzburg (18. Juli) : In Würzburg hat ein wahrscheinlich minderjähriger Kriegsflüchtling mehrere Menschen mit einer Axt in einem Regionalzug angegriffen, da er sich an „ungläubigen“ rechen wollte. Er wurde von einem Spezialkommando welches „zufällig“ am Tatort war erschossen. Laut Medienberichten stand er schon zuvor im Chat-Kontakt mit einer Person, die ihn möglicherweise zu seinem Anschlag „beriet“. Auch veröffentlichte eine IS-Nachrichten-Agentur ein Video welches er vor dem Anschlag aufgenommen hatte in dem er sich als „Soldat des Kalifakts“ bezeichnet. Dieser Angriff wurde von den Sicherheitsbehörden als „islamistischer Anschlag“ eingeordnet.

München (22 Juli) : In München hat ein 18-Jährigen deutsch-iraner, der in Deutschland aufgewachsen ist und sozialisiert wurde, 9 Migranten mit einer Pistole in der Nähe des Olympia Einkaufszentrums erschossen und viele weitere verletzt. Einerseits nahm er klar positiven Bezug z.B. auf Tim K., den Amokläufer von Winneden und hat in seiner Kindheit Mobbingerfahrungen machen müssen. Andererseits zeigte sich bei ihm ein nicht unzusammenhängendes faschistisches Weltbild. So war er stolz darauf an Hitlers Geburtstag geboren zu sein, hatte den faschistischen Terroristen Anders Breivik als WhatsApp-Bild und hat sich sicherlich nicht umsonst den 22 Juli als fünften Jahrestag des faschistischen Anschlags auf Ütoya vorgenommen. Der Umstand, dass er vor allem Migranten hinrichtete, zeigt ein relativ bewusstes Vorgehen, was im Einklang mit seiner faschistischen Einstellung zu sehen ist. Obgleich der offensichtlichen politischen Motivlage, gilt bereits nach kurzer Zeit der Terminus „Amoklauf von München“.

Arnsbach (24 Juli): In Arnsbach versuchte ein 27-Jähriger syrischer Flüchtling auf ein Festivalgelände einzudringen. Als ihm dies nicht gelang zündete er einen Sprengsatz bei dem 15 Personen teils schwer verletzt wurden und er selbst starb. Er stand wohl kurz vor einer Abschiebung und hatte sich bereits mehrfach versucht das leben zu nehmen. Auch er stand scheinbar über ein Handy mit einem bisher nicht bekannten Person im Nahen Osten in Kontakt. Medial wurde auch hier durchgehend von einem Terroranschlag gesprochen.

Gemeinsames und unterschiedliches

Gemeinsam haben alle Angriffe unter anderem, dass sie von männlichen labilen Persönlichkeiten durchgeführt wurden, jedoch versuchten ihren Aktionen einen gewissen politischen Bezug zu geben.

Wir können sehen, dass sich in zugespitzten Zeiten, in denen sich die Widersprüche verschärfen, insbesondere labile Persönlichkeiten sich noch stärker als sonst unter Druck stehend empfinden.

Psychische Krankheiten sind im wesentlichen ein Produkt dieses Systems welches die Menschen durch das Eigentum entzweit, durch Konkurrenz gegeneinander aufbringt und bei seinem Streben nach Profit keinen Platz für menschliche Bedürfnisse und Schwächen lässt.

Vor einiger Zeit noch haben sich suizidale Menschen in ihrer Verzweiflung und Unzufriedenheit mit der eigenen Existenz überwiegend still das Leben genommen. Heute gibt es die Möglichkeit dem Aufruf von Daesh oder anderen faschistischen Hetzern zu folgen und so seinem leben nochmal eine „positive“, sinnstiftende Wendung zu geben. Daesh hat das Potenzial der verzweifelten unter den Flüchtlingen erkannt und gibt ihnen durch konkrete Anleitungen, Internetpropaganda und dem Versprechen der Vergebung der Sünden eine neue Perspektive in einer scheinbar aussichtslosen Situation. Es ist nicht verwunderlich das schwer traumatisierte Kriegsflüchlinge anfällig sind für solche reaktionären Ideen.

Dies entspricht der Strategie von Daesh, der mit solchen Anschlägen die zwar nicht konkrete Militäroperationen in den imperialistischen Zentren gegen Militäreinrichtungen durchführen kann, jedoch ein bewusste destabilisierende Arbeit macht um einen Glaubenskrieg unter uns zu entfachen. Sie bauen auf eine noch größere Diskriminierung von MigrantInnen, die ihnen neue Kämpfer im globalen Djihad – sei es in Syrien oder in Europa – zuführen.

Etwas anders gestaltet sich die Lage beim Münchener Angreifer. In diesem Fall handelt es sich um einen in Deutschland aufgewachsenen Jugendlichen, der sich neben Amokgedanken schon seit langem mit faschistischer Ideologie auseinandergesetzt hat.

Die Grenze zwischen bewusster politischer Aktion und Amoklauf ist in allen drei Fällen schwer zu Bestimmen. Jedoch können wir feststellen, dass aktuell in der Öffentlichkeit im wesentlichen über die Flüchtlinge die uns „den Terror bringen“ diskutiert wird, jedoch in keiner Weise über den sich stetig verschärfenden faschistischen Terror.

Der Repressionsapparat nutzt seine Chance

Die ängstliche Stimmung in der Bevölkerung sowie der prominent vorgetragene Ruf nach „Sicherheit“ wird von den Herrschenden bewusst genutzt um den Repressionsapparat in Position zu bringen

– So wurde München als erster größerer Probelauf für den koordinierten Einsatz verschiedenster Einsatzkräfte genutzt. Hier war alles abgerufen von normaler Bereitschafspolizei, über das GSG9 und der österreichischen Cobra, der neuen Spezialeinheit BFE+ bis hin zur immer professioneller werdenden „bürgernahen“ Polizei-Twitterstelle.

– in der Debatte um den erschossenen 17-Jährigen Angreifer von Würzburg wurde versucht das direkte töten (anstatt nur „unschädlichmachen“) von „Terroristen“ zu einer akzeptablen Methode zu machen. Eine ähnliche Tendenz zeigt sich bei allen Anschlägen die in Europa und den USA in der letzter Zeit stattgefunden haben, bei denen die Täter nahezu immer sich selbst gerichtet haben oder von Spezialeinheiten erschossen wurden.

– Dass die Bundesregierung nur auf eine solch zugespitze Situation wie jetzt gewartet hat zeigt sich an der Geschwindigkeit mit der nun neue „Tabu-Brüche“ vorangetrieben werden. So wird insbesondere der bereits seit 2012 legalisierte Bundeswehr-Einsatz im Innern versucht noch niedrigschwelliger und früher einzusetzen.

Bemerkenswert ist es außerdem, dass die Gewalttaten alle in Bayern stattgefunden haben. Dies ist kein Zufall. Bayern ist nicht nur das Land in dem die meisten Flüchtlinge ankommen, es ist auch das Bundesland welches Geflüchtete am miserabelsten behandelt. Nicht umsonst ist die Welle an Geflüchteten-Protesten im Jahr 2014 und 2015 stark aus Bayern ausgeganegn – sein es die zugenähten Münder in Würzburg oder der Protestmarsch nach Berlin.

Ganz im Sinne der Fortsetzung einer besonders repressiven Flüchtlingspolitik führt das neue Bayrische „Integrationsgesetz“ eine klare die Perspektive und Antwort auf die die herrschende Klasse uns geben möchte: Unterordnung unter die „deutsche Leitkultur“ (was auch immer das sein mag) sowie Verbot von Aufrufen gegen die „freiheitliche demokratische Grundordnung“ (also die Diktatur des Kapitals) auf öffentlichen Versammlungen usw.

Welche politische Haltung sollte man zu den Angriffen einnehmen?

Als revolutionäre Bewegung gilt es zuerst einmal nicht auf die öffentliche Panik einzugehen. Angst ist das was die Massen lähmt sich ihrer eigenen Stärke bewusst zu werden, sie bedeutet in Richtung des starken Schutzherren – den Staat – zu schauen und sich an ihn anzulehnen. Es bedeutet dass die Massen dabei zusehen und dies einige sogar unterstützen, wie Stück für Stück demokratische Fortschritte zurückgedreht werden, das Recht auf Asyl noch mehr ausgehölt wird. Es bedeutet insbesondere dass reaktionäre Kräfte wie die modernen Faschisten oder die islamischen Fundamentalisten ihre jeweilige Zielgruppe in den Massen noch mehr an sich binden können und somit die Spielräume für die Revolutionäre verkleinern.

Wir schlagen für eine öffentliche Haltung vor:

– Terror gegen Migranten ist rassistischer Terror egal unter welchen Vorzeichen er stattfindet, er hat die selbe einschüchternde Wirkung auf MigrantInnen. Der faschistischer Terror der immer mehr in Deutschland um sich greift muss benannt und thematisiert werden, sein totschweigen und gleichsetzen mit brennenden Bonzenkarren in Berlin ist ein Hohn auf seine Opfer.

– Der Terror des islamischen Fundamentalismus gegen ArbeiterInnen und Unterdrückte ist von uns entschieden zu verurteilen. Um die unkontrollierbaren Formen des Terrors wie in Arnsbach und Würzburg zu verhindern müssen wir ihre Ursachen verstehen und verhindern. Wenn wir nicht wollen das Kiegsflüchtlinge in Deutschland sich in die Daeshideologie vernarren müssen wir verhindern dass diese überhaupt traumatisiert hierhin fliehen müssen. Es gilt Fluchtursachen zu bekämpfen.

– Die Einzige Alternative zu Faschismus und islamischen Fundamentalismus liegt in einem kommunistischen Weg, der die Ursachen von Gewalt und Terror, das imperialistische System ein für alle mal auf den Müllhaufen der Geschichte wirft.

Beteiligt euch an der Kampagne „Fluchtursachen bekämpfen“!

fluchursachen.tk