In diesem Jahr haben Beschäftigte in Deutschland gestreikt wie seit langem nicht mehr. Etwa 500.000 Streiktage seit Jahresbeginn – das ist der höchste Wert seit 19931. Die bürgerlichen Medien schäumen und überbieten sich in der Hetze gegen die streikenden KollegInnen, insbesondere bei der Bahn und in der Luftfahrt. Was steckt hinter der Statistik? Steht Deutschland kurz vorm Generalstreik? Wo wurde in diesem Jahr schon gestreikt? Worum geht es bei den Arbeitskämpfen? Und wo liegt die Perspektive? Im folgenden ein kurzer Überblick mit einigen Einschätzungen.

Die hohe Zahl an Streiktagen und was sie bedeuten
500.000 Streiktage seit Jahresbeginn – so viele gab es in der BRD seit 1993 nicht mehr. Und das mitten in einer konjunkturellen Hochphase zumindest auf dem Arbeitsmarkt2. Zum Vergleich: 2010, auf dem Höhepunkt der weltweiten Überproduktionskrise, befand sich die Zahl der Ausfalltage auf einem historischen Minimum von 173.000 bezogen auf das gesamte Jahr3. Verkehrte Welt – sollte man meinen?!

Man sollte Statistiken jedoch immer mit Vorsicht genießen – denn was bedeuten diese Zahlen überhaupt? Grob gesagt werden alle Ausfalltage durch Streiks zusammengerechnet. 500.000 Streiktage kann zunächst einmal rechnerisch heißen, dass 500.000 Beschätigte sich an einem eintägigen Warnstreik beteiligt haben. Oder aber, dass 5000 Beschäftige eines Großbetriebs diesen 100 Tage lang lahmgelegt haben, während sich im Rest des Landes nichts getan hat4. Die Zahl der Streiktage ist also für sich genommen noch kein Maß dafür, wie stark die Klassenkämpfe in diesem Land geführt werden. Man muss schon etwas genauer hinschauen.

In der öffentlichen Wahrnehmung sind die Streiks bei der Bahn wohl am meisten im Gedächtnis geblieben. Zur hohen Zahl an Streiktagen haben diese aber gar nicht einmal viel beigetragen – sondern vor allem die Warnstreiks der IG Metall in der Metall- und Elektroindustrie, bei denen nach Angaben der Gewerkschaft 870.000 Beschäftigte kurzzeitig und ohne größere wirtschaftliche Schäden die Arbeit niedergelegt haben. Der Tarifkonflikt wurde danach recht zügig mit einer Vereinbarung zwischen Kapital und Gewerkschafen beendet. Im Streiktage-Ranking kommen nach der Metall- und Elektroindustrie übrigens die unbefristeten ver.di-Streiks in den Kindertagesstätten und bei der Post5. Erstere dauern – nach der Ablehnung des Schlichtungsergebnisses in einer Urabstimmung6 – zunächst einmal noch an.

Politische Einschätzung

Wenn wir die Arbeitskämpfe 2015 also genauer anschauen und politisch bewerten wollen, sollten wir festhalten: Die meisten Streiktage gehen auf tarifliche Auseinandersetzungen zurück und wurden von den DGB-Gewerkschaften angeführt.

Diese hatten in den Jahren zuvor durch ihre Politik des Stillhaltens dem deutschen Kapital dabei geholfen, aus der letzten Krise gestärkt hervorzugehen (siehe oben – das historische Tief an Streiktagen). Während die “Deutschland-AG” einen Großteil der Krisenauswirkungen nach Südeuropa exportiert hat, wurden hierzulande relativ leise und unbemerkt die Leihbelegschaften entlassen. Die Stammbelegschaften wiederum sind bei Kurzarbeit weitestgehend unangetastet geblieben: Dass das Kurzarbeitergeld eine Lohnsubvention des Staates für das Kapital ist, die aus Steuergeld – und damit aus den Taschen der Arbeiterklasse selbst – gezahlt wird, ist die Kehrseite der Medaille.

Tragen diese Opfer jetzt Früchte für die Beschäftigten? Holen Wetzel, Bsirske und Kollegen in der aktuellen Aufschwungphase also kräftige Lohnzuwächse und bessere Arbeitsbedingungen heraus? So wird es jedenfalls verkauft. 150 Euro und 3,4 Prozent wie in der Metall- und Elektroindustrie oder die Anhebung der Entgelte für Leiharbeiter klingen für den einen oder anderen bei der derzeit niedrigen Inflation auch gar nicht schlecht – ebensowenig wie die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns durch die SPD in der Regierung. Funktioniert der Reformismus also doch, wenn auch kein Sozialismus dabei rumspringt?

Nicht einmal die Verluste der letzten Jahre zurückgeholt
Die Antwort ist: Nein – wenn man wieder genauer hinsieht. Dann sollte man nämlich feststellen, dass selbst jetzt, auf dem Höhepunkt der Aufschwungphase auf dem Arbeitsmarkt, da die wirtschaftlichen Bedingungen für Lohnkämpfe der Massen so gut sein sollten wie zu keinem anderen Zeitpunkt, die vom DGB ausgehandelten Tarifergebnisse nicht einmal die Verluste der letzten Jahre wettmachen!

Im Februar 2013 meldet die SZ ‚Gehaltsentwicklung in Deutschland – Reallöhne niedriger als im Jahr 2000′7. Der Reallohnindex lag damals bei 98,2 % bezogen auf die Basis im Jahr 2000. Seitdem sind die Reallöhne laut Statistischem Bundesamt im 1. Quartal 2014 um 1,5% und 2015 um 2,5% jeweils gegenüber dem Vorjahr gestiegen8. Das heißt erst im Herbst 2014 wurde das Niveau von 2000 erreicht und die leichte Steigerung seitdem ist ausschließlich auf die stark gefallenen Rohöl- und Energiekosten zurückzuführen, die faktisch die Inflationsrate um ca. 1,5 bis 2% nach unten drücken. Wenn wir dazu berücksichtigen, dass in diesen Zahlen die Reallöhne aller Beschäftigen im Durchschnitt betrachtet werden und darin auch die wieder stark gestiegenen Managergehälter einfliessen, dürfte klar sein, dass die ArbeiterInnenklasse trotz starker Produktivitätszuwächse die Verluste der letzten 15 Jahre noch nicht zurückgeholt hat, von den ca. 15% Reallohnverlust in den zwei Jahrzehnten von 1980 bis 2000 ganz zu schweigen.9

Dazu kommen die Ergebnisse, die weniger in den Vordergrund gestellt werden: Wenn die IG Metall seit einigen Jahren “gleichen Lohn für gleiche Arbeit” für die LeiharbeiterInnen fordert und dazu eine große Kampagne aufzieht, die jetzt zu einigen Lohnerhöhungen geführt hat, heisst das unterm Strich in erster Linie, dass Leiharbeit mit dem IGM-Tarifvertrag 201210 auf Dauer durch die Gewerkschaften legalisiert wird. Und das mit garantiert niedrigeren Löhnen, wie der Kapitalistenverband Gesamtmetall positiv anmerkt. Dank einer “Deckelungsklausel” können ZeitarbeiterInnen im besten Fall maximal 90% des Tariflohns erzielen11. Eine aus Sicht der betroffenen KollegInnen “fette” zweistellige Lohnerhöhung ist in diesem Fall ein Ergebnis, das auch den Kapitalisten letztlich nützt, da es in der derzeitigen Aufschwungphase, die durch einen Arbeitskräftemangel gekennzeichnet ist, angesichts der deutlich niedrigeren Leiharbeiterlöhne für die Firmen ein Problem darstellte, überhaupt Kandidaten für diese Jobs zu finden.

Beim Beispiel Post mögen die Ergebnisse den einen oder anderen Beschäftigten für den Moment zufrieden stellen12 – das Outsourcing von Beschäftigten in die DHL-Delivery mit Lohnsenkungen von bis zu 800 Euro, das letztlich im Zentrum des Tarifkampfes stand, ist aber durch den Tarifvertrag durchgesetzt13 und bietet dem Logistikkonzern strategische Handlungsoptionen.

Während Kapital und Medien demagogisch von schmerzhaften Zugeständnissen an die Beschäftigten faseln und die IG Metall so tut, als ob sie phantastische Verträge für die ArbeiterInnen herausgeholt hätte, geht die Offensive des Kapitals gegen die Arbeiterklasse in Form der Senkung des Lohns unter den Wert der Ware Arbeitskraft und der strategischen Neustrukturierung der Betriebe und Belegschaften also in Wahrheit weiter.

Kontrolle über die Betriebe
Und trotzdem: Durch die scheinbaren, medial aufgepuschten Verbesserungen stärkt das Kapital die Position der gelben Gewerkschaften. Das ist auch logisch: Reformistische Kräfte, die den arbeitenden Massen nicht zumindest irgendwann einmal irgendetwas präsentieren, was sie für sie erstritten haben, würden schlicht und ergreifend auf lange Sicht ihre integrierende Funktion für das kapitalistische System verlieren. Es bestünde die Gefahr, dass sich neue gewerkschaftliche Kräfte neben und gegen den DGB formieren würden – wie das teilweise und im Ansatz bei bestimmten “Funktionseliten” wie Piloten, Lokführern und Ärzten schon geschieht.

Letztere Entwicklung kritisieren selbst manche linken Kräfte mit Verweis auf die Notwendigkeit der “Einheitsgewerkschaft”. Sie verkennen dabei, dass eine “Einheitsgewerkschaft”, die ein Machtapparat in der Verfügung des Kapitals bzw. selbst Teil des imperialistischen Staatsapparates ist, eben keine Waffe in den Händen des Proletariats ist oder jemals sein wird, sondern eine Waffe der Gegenseite. Bei allen strategisch denkbaren Optionen der deutschen Bourgeoisie, die auf der Spaltung der ArbeiterInnen eines Betriebes entlang konkurrierender Gewerkschaften basieren –
momentan würde es für die deutsche Finanzoligarchie als Herrscherin des Kapitals überhaupt keinen Sinn machen, das jahrzehntelang bewährte, feste Machtgefüge aus Betriebsräten und DGB-Apparat infragezustellen, wenn es darum geht, sich die Kontrolle über die Betriebe auch in Zukunft zu sichern14.

Und genau um die strategische Sicherung der Kontrolle über die Betriebe geht es – bei den derzeitigen Tarifabschlüssen, beim Mindestlohn sowie beim am 1. Juli 2015 In-Kraft-Getretenen Tarifeinheitsgesetz. Dass die BRD aus der letzten Krise gestärkt hervorgegangen ist und jetzt die Führung über Europa fest in den Händen hält, bedeutet noch lange nicht, dass dies auch in den nächsten Jahren und nach der nächsten Krise so bleiben wird: Die Auseinandersetzungen zwischen den imperialistischen Bourgeoisien verschärfen sich in den letzten Jahren bis hin zu unverhohlenen Wirtschaftskriegen (siehe allein die umfangreichen Währungsprogramme fast aller imperialistischen Staaten seit Anfang diesen Jahres!). Man kann mit ziemlicher Sicherheit sagen, dass es für das deutsche Kapital in Zukunft nicht ausreichen wird, nur die Lebensstandards der Massen in Südeuropa zu senken. Das bedeutet, dass auch Angriffe auf die Stammbelegschaften in der BRD selbst bevorstehen – im Rahmen der Agenda 2010 war bereits vor über zehn Jahren anvisiert worden, das Lohnniveau ingesamt um 30 Prozent zu senken15.

Um die Stammbelegschaften anzugreifen, benötigt das deutsche Kapital aber die Unterstützung seiner bewährten Hilfstrupps: die Funktionäre und Apparate von IG Metall, ver.di, IG BCE und anderen Staatsgewerkschaften.

Die Methode hierfür ist Zuckerbrot und Peitsche: Gut verkaufbare Tarifergebnisse sind eine willkommene Mitgliederreklame für den DGB. Gleichzeitig sieht das “Tarifeinheitsgesetz” vor, dass in Zukunft in einem Betrieb mit mehreren Gewerkschaften nur ein Tarifvertrag gilt – und zwar derjenigen Gewerkschaft, die die meisten KollegInnen in diesem Betrieb organisiert hat. Der Tarifvertrag der großen gelben Gewerkschaft gilt dann auch für die kleineren Gewerkschaften und damit gilt dann auch die sogenannte “Friedenspflicht” (d.h. das Streikverbot) für alle Gewerkschaften in diesem Betrieb.

Dabei geht es darum, die Entstehung neuer, möglicherweise klassenkämpferischer Gewerkschaften zu verhindern, da diese – zumindest legal – kaum Handlungsmöglichkeiten hätten, da sie nicht streiken dürfen. Dies darf man in Deutschland nämlich nur im Rahmen einer Auseinandersetzung um einen Tarifvertrag, und zwar nur unter der Führung einer Gewerkschaft.

Zur Perspektive der Kämpfe

Vor diesem Hintergrund sind die großen, gewerkschaftlichen Streiks des Jahres 2015 von Seiten der IG Metall und ver.di einerseits Maßnahmen, um “Druck” in den Betrieben abzulassen (was insbesondere auf die Kämpfe der prekär Beschäftigten in den Kitas und bei der Post zutreffen dürfte) – andererseits, um neue Mitglieder zu mobilisieren und die eigene Position zu stärken. Der “Gewerkschaft der Lokomotivführer” ging es in der ungewöhnlich harten Auseinandersetzung mit der deutschen Bahn darum, angesichts des Tarifeinheitsgesetzes als Gewerkschaft zu überleben, was sie mit dem Schlichtungsergebnis und der Hilfe des Linkspartei-Ministerpräsidenten Ramelow auch erreicht hat16.

Es bleibt aber in diesem Spiel des Kapitals trotz aller Strategien und Kontrollmechanismen ein Faktor übrig, der letztlich der entscheidende und möglicherweise nicht zu berechnende ist: Das sind die KollegInnen selbst!

Denn ungeachtet aller Machtspiele in den Vorstandsetagen von Kapital, Staat und Gewerkschaften streiken die Kolleginnen und Kollegen in den Betrieben – ob in der Metallindustrie, bei der Bahn oder in den Kitas – nicht für die Ziele der Gewerkschaftsführer, sondern für ihre Interessen: für bessere Arbeitszeiten, für weniger Überstunden und für mehr Geld. Es sind sie, gegen die sich die Offensive des Kapitals richtet. Dass die Gewerkschaften zu mehr Streiks aufrufen und sich genötigt sehen, mit dem Kapital Verträge auszuhandeln, die als “Meilensteine” verkauft werden können, liegt gerade auch daran, dass die Stimmung in den Betrieben danach verlangt; dass die Beschäftigten dies einfordern.

Die Pläne von Kapital und DGB, das verstümmelte deutsche Streikrecht – all das kann aussehen, wie es will: Die Macht über die Betriebe liegt in letzter Instanz bei denjenigen, die die Hebel bedienen und die Produktion am Laufen halten: Die Perspektive der Streikkämpfe liegt also darin, das Korsett zu durchbrechen, in das IG Metall, ver.di, DGB und die anderen Staatsgewerkschaften die Arbeitskämpfe in den Betrieben zwingen wollen und eine klassenkämpferische, betriebliche Bewegung aufzubauen, die nicht vor den Grenzen des deutschen Streikgesetzes halt macht. Das Ziel muss sein, dass nicht Anzugträger in den Gewerkschaftszentralen darüber entscheiden, wann, mit welchem Ziel und wie lange gestreikt wird, sondern die KollegInnen selbst – und zwar mit der Perspektive: Revolution und Sozialismus.

Auch wenn diese revolutionäre Perspektive heute von der überwältigenden Mehrheit der KollegInnen noch nicht gesehen wird, müssen wir allen SyndikalistInnen, ehrlichen BasisgewerkschafterInnen wie engagierten Gewerkschaftslinken gegenüber eine Wahrheit offen aussprechen.

Zunächst einmal ist nicht das Bewusstsein der KollegInnen für die Entwicklung des Klasenkampfs das Grundlegende, sondern entscheidend sind die objektiven, d.h. vom Willen aller Klassen unabhängigen, Gesetze der politischen Ökonomie. Die inneren Widersprüche des Kapitalismus bestimmen die Entwicklung der Weltwirtschaft und damit letztlich der gesamten Gesellschaft. Sie sind – auch für die herrschende Klasse – nicht steuerbar und sie sind letztlich innerhalb dieser Produktionsverhältnisse überhaupt nicht zu lösen.

Wenn aber die Industrieproduktion in den imperialistischen Zentren kaum das Vor-Krisen-Niveau erreicht, obwohl der Kredit durch die Flutung der Finanzmärkte mit Notenbankgeld massiv ausgeweitet wurde, dann bedeutet dies vor allem, dass die Vernichtung des überakkumulierten Kapitals im letzten Crash noch nicht bzw. bei weiten nicht ausreichend erfolgt ist.

Deshalb ist es auch nicht der böse Wille von Bsirske, Wetzel und Wesselsky, dass sie die Chance eines erstmals seit Jahrzehnten spürbaren Arbeitskräftemangels selbst für bescheidene ökonomische Lohnzuwächse nicht nutzen. Vielmehr drückt sich darin schlicht und einfach die objektive Wahrheit aus, dass es selbst beim Krisengewinner Deutschland für den Reformismus nichts mehr zu verteilen gibt.

Unter diesen Bedingungen ist es keine platte Parole von KommunistInnen, dass die ökonomischen Tageskämpfe mit dem Ziel des Sozialismus und der Revolution geführt werden müssen. In einer zugespitzen imerpialistischen Krise- und wir befinden uns da mittendrin (!) – können auch ökonomische Tageskämpfe nur noch erfolgreich sein, wenn sie unter kommunistischer Führung stehen.17 Denn nur die KommunistInnen wollen dieses System vernichten und können daher die notwendige Rücksichtlosigkeit gegenüber dem Kapital aufbringen.

Wenn die KapitalistInnen unsere Löhne in der Krise innerhalb dieses Wirtschaftssystems nicht zahlen können, ist uns das egal. Sollen sie verschwinden, wir brauchen sie schon lange nicht mehr! Wobei uns auch klar ist, dass sie uns nicht freiwillig die politische Macht übergeben werden. Deshalb muss die ArbeiterInnenklasse da auch mit einer sozialistischen Revolution nachhelfen.

Anmerkungen:

1Vgl. “So viele Arbeitstage gingen Deutschland 2015 durch Streiks verloren”, Focus Online v. 16.06.15

2Während der Arbeitsmarkt, d.h. das Angebot an verfügbarer Arbeitskraft zu den gegebenen Ausbeutungsbedingungen, vielerorts leergefegt ist, stellt sich das Bild in der Gesamtschau der politischen Ökonomie ganz anders dar. Die Industrieproduktion in der EU liegt immer noch unter dem Vor-Krisen-Niveau von 2007 und bezüglich der Wachstumsraten befindet sich das deutsche Kapital, obwohl es innerhalb der EU eindeutiger Krisengewinner ist, seit 2010 nur in einer Phase der schwankenden Stagnation. Der normale ‚Konjunkturzyklus‘ ist also unterbrochen, was nur ein Ausdruck für die Tiefe der Krise ist, die noch lange nicht vorbei ist.

3Vgl. “Streik-Studie: Ein Viertel weniger Ausfalltage in 2014”, 04.03.15, QUELLE?

4Wenn man noch genauer sein will, sollte man nach dem Kleingedruckten zur Statistik suchen: So schreibt QUELLE: “Die Arbeitskampfbilanz des WSI ist eine Schätzung auf Basis von Gewerkschaftsangaben, Pressemeldungen und eigenen Recherchen. Analog zur amtlichen Statistik werden bei der Streikbeteiligung Beschäftigte, die an zeitlich getrennten Streiks oder Warnstreiks teilnehmen, gegebenenfalls mehrfach gezählt. Die Zahl der arbeitskampfbedingten Ausfalltage ist ein rechnerischer Wert, in den anteilig auch weniger als einen Tag dauernde Arbeitsniederlegungen einfließen.”

5Focus Online QUELLE vollständig angeben

6“Im Kita-Tarifstreit haben die Mitglieder der Gewerkschaften Verdi und GEW mit großer Mehrheit den Schlichterspruch abgelehnt. In beiden DGB-Organisationen fiel die Entscheidung nach Sprecher-Angaben mit jeweils fast 70 Prozent deutlich aus. Auch bei einer Mitgliederbefragung des Beamtenbundes dbb sprachen sich über 60 Prozent der Beschäftigten aus dem Bereich des Sozial- und Erziehungsdienstes gegen eine Annahme des Spruchs aus.” Siehe dazu: www.faz.net/aktuell/wirtschaft/verdi-abstimmung-kita-erzieher-lehnen-schlichterspruch-ab-streik-droht-13740182.html

7http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/gehaltsentwicklung-in-deutschland-realloehne-niedriger-als-im-jahr-1.159854

8“Entwicklung der Reallöhne/ Nominallöhne in Deutschland vom 1. Quartal 2011 bis zum 1. Quartal 2015 (gegenüber Vorjahresquartal) – Die Statistik zeigt die Entwicklung der Real- und Nominallöhne von vollzeit-, teilzeit- und geringfügig beschäftigten Arbeitnehmern im Produzierenden Gewerbe und im Dienstleistungsbereich in Deutschland vom 1. Quartal 2011 bis zum 1. Quartal 2015. Im 1. Quartal 2015 stiegen die Reallöhne gegenüber dem Vorjahresquartal um 2,5 Prozent.”; siehe Grafik unter: http://de.statista.com/statistik/daten/studie/152761/umfrage/entwicklung-der-loehne-in-deutschland

9Die tatsächlichen Einkommensverluste sind dank Agenda 2010 und dem sogenannten “Abbau der Lohnnebenkosten” in Form der Zurückführung der paritätisch finanzierten Sozialversicherungen noch deutlich höher, wie jede/R leicht feststellen wird, der/die mal ernsthaft krank wird. Auch der Sozialabbau mit stark gesunkenen “Transferleistungen” für ArbeiterInnen, deren Arbeitskraft das Kapital gerade nicht benötigt und die deshalb erwerbslos werden, senkt den gesamten (Real)lohn der Klasse.

10Siehe dazu die Jubelmeldung der IG Metall“Tarifabschluss mit Zeitarbeitsverbänden: Leihbeschäftigte bekommen Branchenzuschläge – Die Lücke schließt sich” unter www.igmetall.de/tarifabschluss-mit-zeitarbeitsverbaenden-10142.htm

11“§ 2 Abs. 4 TV BZ ME enthält eine Deckungsregelung, die es im konkreten Einzelfall ermöglichen soll, die Höhe des pauschal zu errechnenden Branchenzuschlags zu beschränken. Dieser „Deckel“ soll gewährleisten, dass der Zeitarbeitnehmer durch die Zahlung des Branchenzuschlags nicht mehr als 90 Prozent eines vergleichbaren Arbeitnehmers des Kundenbetriebs verdient.”; siehe Mitteilung Gesamtmetall unter www.gesamtmetall.de/sites/default/files/downloads/handlungsleitfaden-zeitarbeit.pdf Dass in der betrieblichen Realität die wenigsten ZeitarbeiterInnen di 90 Prozent erreichen, weil sie faktisch vorher ausgetauscht werden oder einfach mal für 2 Wochen in eine andere Branche geschickt werden, steht auf einem anderen Blatt.

12Bei den StreikaktivistInnen ist die Stimmung klar negativ, siehe dazu den Artikel von Patti Schmitz, Postzustellerin in einer mittelgroßen Stadt in Westdeutschland: “Gegen die Wand. Der Poststreik endet mit Frust und Enttäuschung – Sonntag, 5. Juli: Nach vier Wochen Poststreik wird wieder verhandelt. Tausende Kolleg_innen hängen gespannt an den Nachrichtenkanälen: Geht der Kampf weiter oder wird ver.di einknicken? Viele von uns befürchten Schlimmes. Und dann die traurige Gewissheit: ver.di hat unterschrieben, der Streik ist vorbei, das Streikziel verfehlt. Die Post kann sich freuen, ihre Aktien steigen sofort. In den sozialen Netzwerken häufen sich empörte Kommentare enttäuschter Kolleg_innen (…)”; zitiert nach:www.labournet.de/wp-content/uploads/2015/07/post2015_patti.pdf>_http://www.labournet.de/wp-content/uploads/2015/07/post2015_patti.pdf

13Wie ver.di als gelbe Gewerkschaft den Tarifstreik von Anfang an so (des)organisiert hat, dass er mit der von den Sozialpartnern gewünschten Niederlage enden musste, zeigt der detaillierte Bericht von KommunistInnen, die an der Auseinandersetzung beteiligt gewesen sind, Siehe dazu: Klassenstandpunkt Nr. 6, Seite 22 bis 25

14Erkennbar wird diese Strategie u.a. am aggressiven Vorgehen der deutschen Fluggesellschaften gegen die Gewerkschaft der Flugsicherung (GDF). Mit Schadensersatzklagen von satten 3,5 Millionen Euro haben Lufthansa und Co. versucht, diese kleine, aber handlungsfähige Gewerkschaft zu ruinieren. Das ist zwar zunächst vor dem Bundesarbeitsgericht in Erfurt gescheitert, zeigt aber die Richtung, in die das Monopolkapital marschiert; siehe dazu den Artikel ‚Bruchlandung in Erfurt‘ vonDaniel Behruzi, Junge Welt vom 28.8.2015

15 “Hans-Werner Sinn und das Ifo-Institut meinen, mit 10-15% Bruttolohn weniger für alle könnte man die Arbeitslosigkeit weitgehend beseitigen (…). Bei gering Qualifizierten sei ein Drittel notwendig. „Jeder, der Arbeit sucht, findet Arbeit, wenn man zulässt, dass der Lohn weit genug fällt … “ (Sinn, Ist Deutschland noch zu retten, München 2003, S. 93) Der Vorstandsvorsitzende von Siemens zu Sinns Vorschlägen:“ Deutschland braucht Aufbruchstimmung. … Mit seiner messerscharfen Analyse des Krisenbefunds und einer klaren Handlungsanleitung gibt er den Weg vor.“ Das Kapital will eine Aufbruchsstimmung erzeugen, indem es die Löhne senkt.” Hervorhebung von uns, zitiert nach Agenda 2010 – wie weiter?, Vortrag von Rainer Roth in Hanau, 5.3.2004, downlaod unter: www.klartext-info.de/vortraege/agenda2010_hanau04.htm
Der Genosse Roth bezieht sich dabei auf das Buch ‚Ist Deutschland noch zu retten?‘ von Hans-Werner Sinn , Econ / Ullstein Buchverlage: München/Berlin 2003 bis 2005, in welchem die Grundzüge der Agenda 2010 formuliert werden.

16 Vgl.: “Alle Züge stehen still …”, www.komaufbau.org

17Selbstverständlich können auch Revolutionäre, die sich ideologisch anders verorten, sowie klassenkämpferische KollegInnen erfolgreiche Kämpfe führen, wenn sie vom Klassenatagonismus ausgehen und bei einer Zuspitzung den Willen zur Vernichtung des Feindes aufbringen. Das geht aber über ein Nur-Gewerkschaftliches-Bewusstsein hinaus und bedeutet tendenziell, dass diese GenossInnen und KollegInnen auf den von uns skizzierten kommunistischen Standpunkt übergehen.