Vorwort

Im Jahr 2016 befindet sich die Internationale Kommunistische Bewegung noch immer in einem historischen Tief und ist geprägt von Zersplitterung und ideologischer Zerfahrenheit.

Am 27/28. Februar 2016 haben jedoch fünf tunesische Organisationen, die sich auf den Marxismus-Leninismus beziehen, mit dieser negativen „Tradition“ gebrochen und sich in der Parti Patriotic Demokratique Socialiste – Watad (PPDS Watad) vereinigt.

Der Kommunistische Aufbau konnte sich an der Eröffnung des Vereinigungsparteitags beteiligen und in bilateralen Kontakt mit der vereinigten Partei und den verschiedenen weiteren anwesenden Organisationen kommen.

Unserem Eindruck nach vereinigt die Partei in ihren Reihen sowohl Erfahrung als auch revolutionäre Energie. Zum einen entspringen viele der sich vereinigenden Organisationen und beteiligten GenossInnen der kämpferischen Tradition der marxistisch-leninistischen „WATAD“-Bewegung der 70er Jahre und wurden von GenossInnen bereits zur Zeit der Diktatur unter Ben Ali aufgebaut. Zum anderen scheint der Sturz von Ben Ali im Jahr 2011 den GenossInnen eine feste Zuversicht und Vertrauen in die Kampfkraft der Massen gegeben zu haben – und hat ihnen gleichzeitig mit aller Kraft die Notwendigkeit der revolutionären Führung und der Vereinigung der KommunistInnen vor Augen geführt.

Die Vereinigung sehen wir als hoffnungsvolles Ereignis an, da sie mit der allzu verbreiteten Tendenz der Zersplitterung und des unprinzipiellen Spaltertums innerhalb der kommunistischen Bewegung bricht. Eine Organisation scheint bei der Vereinigung federführend gewesen zu sein, hat aber nicht einfach kleinere Strukturen „aufgesaugt“, sondern sich für einen längeren Vereinigungsprozess entschieden und so auch Programm und eigenes Aufbaukonzept vertieft. Insgesamt hat man bei allen GenossInnen eine ‚vereinigende‘ Herangehensweise festgestellt, ohne dass in prinzipiellen Fragen nachgegeben wurde.

Anfang diesen Jahres ist es zu den stärksten Protesten und Auseinandersetzungen in Tunesien seit 2011 gekommen, da die Bedürfnisse der Massen auch durch die Einführung der „Demokratie“ nicht befriedigt werden konnten. Auch der Eindruck dieser Ereignisse hat nochmal zu einer besonders kämpferischen Stimmung unter den GenossInnen beigetragen.

Wir hoffen, dass es den GenossInnen in Tunesien gelungen ist ‚ein großes Licht zu entzünden‘ und in Zukunft zu einem Anziehungspunkt für weitere kämpferische Kräfte zu werden.

Wir wollen in Zukunft den Einheitsprozess und seine Methoden genau studieren, um daraus Lehren für den Aufbau und die Einheit in Deutschland zu ziehen.

In dem folgenden Interview möchten wir den tunesischen GenossInnen die Möglichkeiten geben der deutschen revolutionären Öffentlichkeit über die Vorgeschichte der Einheit, die Methoden der Einheit und den Einheitskongress selbst zu berichten.

1. Vorgeschichte der Einheit

Liebe GenossInnen, bevor wir genauer auf euren Einheitsprozess eingehen, würden wir gern mehr über die Klassenkämpfe und die Lage in Tunesien erfahren. Der Sturz von Ben Ali im Jahre 2011 war das Signal für die Massenrevolten der arabischen Völker, die hierzulande als ‚arabischer Frühling‘ bekannt sind. Wie kam es zum Aufstand von 2010/2011 und welche Rolle habt ihr darin gespielt?

In Tunesien gab es zum Zeitpunkt des Aufstands viele verschärfte Klassenwidersprüche zwischen den Herrschenden und Beherrschten. Wir denken, dass die objektiven Bedingungen für einen Aufstand gereift waren.

Unsere wesentliche Herangehensweise war es, an dem spontanen Massenaufstand teilzunehmen und zu versuchen, ihm politische Forderungen und Ziele zu verleihen. Konkret gesagt; das Ziel des Sturzes der Regierung.

Die Selbstverbrennung von Mohamed Bouazizi am 17. Dezember 2010 war der auslösende Funke für den Aufstand. Vier Tage später stand der Hauptkoordinator und Sprecher unserer damaligen Studentenorganisation vor Gericht. Die Solidaritätsarbeit haben wir genutzt, um eine neue Kampffront gegen das Regime zu eröffnen. Wir haben die Aufmerksamkeit um den Prozess genutzt, um die verschiedenen Aufstände im ganzen Land bekannt zu machen. Im Prozess wurde von unserem Genossen zum ersten mal seit langer Zeit wieder öffentlich zum Aufstand aufgerufen, dazu aufgerufen, das System zu stützen. Deshalb haben uns die Reformisten und Revisionisten damals als Linksabweichler bezeichnet. Aber wir haben die Gelegenheit genutzt, um den Aufruf zum Sturz der Regierung in der gesamten Nation, überall dort, wo wir aktiv waren, zur gleichen Zeit zu verbreiten. Aus diesem Grund hat der Staat uns auch besonders angegriffen. So haben sie gezielt in Demonstrationen GenossInnen von uns mit dem Auto angefahren.

Unsere Mitglieder haben sich nicht aufgrund eines spontanen Willens am Aufstand beteiligt, sondern aufgrund einer Parteidirektive an jeder Massenbewegung und jedem Massenkampf – vom 17. Dezember an bis das System gestürzt wurde. Dies ist am 14. Januar 2011 gelungen.

Tunesien wird heute in deutschen Medien als Musterbeispiel einer bürgerlichen und demokratischen Revolution gefeiert und als Vorbild für den arabischen Raum dargestellt. Wie schätzt ihr den Aufstand rückblickend ein?

Wir schätzen die Revolten von 2011 rückblickend als einen Aufstand ein, sprechen aber nicht von einer Revolution, da eine grundsätzliche Veränderung der Eigentumsverhältnisse nicht stattgefunden hat. Wir können sagen, dass zwar die Regierung gestürzt wurde, der Aufstand jedoch letztlich nicht erfolgreich zu Ende geführt wurde. Hier hatten insbesondere die imperialistischen Mächte ihre Finger mit im Spiel. Einerseits haben sie zusammen mit ihren Satelliten im Golf die rechtsgerichteten Kräfte, also die Muslimbrüder, unterstützt. Andererseits haben die USA und Europa die liberalen Rechten nach vorne gebracht, die nun mit in einer Koalition in der Regierung sitzen.

Aber der Aufstand ist auch wegen des Opportunismus der linken Kräfte und den strategischen Fehlern der damaligen ‚Volksfront‘ gescheitert. Die ‚Volksfront‘ war eine Allianz verschiedener linker, revolutionärer und marxistisch-leninistischer Organisationen, an der auch GenossInnen unserer Vorgängerorganisationen beteiligt waren. Führend in der Volksfront war jedoch die Arbeiterpartei (Parti des travailleurs), die sich zwar marxistisch-leninistisch nennt, von uns jedoch als kleinbürgerliche, reformistische Partei eingeschätzt wird. Die ‚Volksfront‘ hat den Fehler gemacht, kurz nach der Erschießung von Chorki Belaid1 und eines zweiten wichtigen Führers, nicht den Weg des Massenkampfs einzuschlagen. Bei der Beerdigung von Chorki waren damals eine Millionen Menschen auf den Straßen – bei einer Bevölkerung von neun Millionen. Doch anstatt diesen Weg des Massenkampfes einzuschlagen ist der Generalsekretär der Arbeiterpartei eine Koalition mit den liberalen Teilen der Kapitalistenklasse eingegangen.

Es wurde der sogenannte ‚Nationale Dialog‘ gestartet, an dem Gewerkschaften, Parteien, Arbeitgeberverbände und auch die Volksfront beteiligt waren. Für diesen ‚Nationalen Dialog‘ haben wir Tunesier den Friedens-Nobelpreis bekommen – weil es nicht der Sieg der Massen sondern der Sieg der Bourgeoisie war! Wir haben schon damals gesagt, dass die liberalen Rechten die Volksfront isolieren und eine Koalition mit den Islamisten bilden würden. Das ist dann auch so geschehen. Heute hat die Volksfront ein paar wenige Sitze im Parlament (15 von 217), aber sie haben dort keinerlei Einfluss. Wir sind nicht dagegen, das Parlament als Bühne zu nutzen, um die revolutionäre Wahrheit zu verkünden. Aber jetzt ist nicht die Zeit für Parlamente, sondern die Zeit, zurück zu den Massen zu gehen und den revolutionären Prozess fortzusetzen.

Was sind die wichtigsten Lehren, die ihr aus dem Aufstand von 2011 gezogen habt? Welchen Einfluss hatte er auf euren Vereinigungsprozess?

Als eine Schwierigkeit konnten wir feststellen, dass das Bewusstsein der Massen sehr unstetig verläuft und man es immer wieder schaffen muss, es in die Richtung der politischen Ziele zu orientieren.

Die zweite Schwierigkeit war das Fehlen einer revolutionären Partei, die mit den Massen verbunden ist und in der Lage gewesen wäre, sie zum Sieg zu führen. In den letzten 35 Jahren hat es in Tunesien vier große Aufstände gegeben. Den Aufstand des 26. Januar 1978, des 4. Januar 1984, die Aufstände von Gafsa und Buray im Jahre 2008, den Aufstand vom 17. Dezember 2010. Jeder dieser Aufstände entstand auf Grundlage der Armut der Menschen, aber sie haben keine marxistische Führung gefunden, die sie zum Sieg führen konnte.

Aus diesem Grund ist der Wunsch bei allen marxistisch-leninistischen Kräften, sich zu vereinigen immens gestiegen.

Während des Aufstands von 2011 haben wir uns mit den verschiedenen Organisationen und anderen Zirkeln, die nun am Vereinigungsprozess beteiligt sind, auf der Straße getroffen und Schulter an Schulter gekämpft. So hat uns der praktische Kampf näher aneinander gebracht. In diesem Kampf haben wir festgestellt, dass wir eine Koalition, die ‚Patriotisch-Demokratische Koalition‚ als eine Plattform zur Einheit bilden müssen.

Der Patriotisch-Demokratische Koalition umfasste 5 Organisationen: die Parti Patriotique Socialiste Revolucionaire WATAD (PPSR WATAD), Die ‚Bewegung zur Befreiung der Arbeit‘, die ‚Marxistisch-Lenististischen Patriotisch-Demokratischen‚, einen illegalen Zirkel die ‚Bolschewistische Union‚, die ‚Patriotischen Demokraten‚ sowie die Jugendorganisation ‚KIFAH‚ und sehr viele weitere Jugendgruppen und Zirkel.

Nach großen ideologischen Kämpfen haben wir es nun endlich geschafft, uns ideologisch und organisatorisch zu vereinigen. Diese Vereinigung haben wir am 27/28. Februar 2016 abgeschlossen.

Der gemeinsame praktische Kampf auf der gleichen Seite der Barrikade war also ein ausschlaggebender Punkt für euren Wunsch nach der kommunistischen Einheit. Welche Wege seid ihr gegangen, um diese praktische Einheit in organisatorische Bahnen zu lenken?

Der Einheitsprozess begann eigentlich schon 2002/2003 mit der Bildung von PPSR Watad – der größten am jetzigen Einheitsprozess beteiligten Organisation. Nach dem Aufstand gegen Ben Ali haben wir die neu gewonnen politischen Freiheiten genutzt und die PPSR Watad auch offen gebildet. Schon bei der Gründung wurde jedoch festgestellt, dass man die Einheit mit anderen marxistisch-leninistischen Kräften als nicht abgeschlossen betrachtet. Der nächste wichtige Schritt war dann – wie bereits berichtet – die Bildung der ‚Patriotisch-Demokratischen Koalition‚.

Für diese Plattform haben wir 10 Punkte der Einheit aufgestellt, da die organisatorische Einheit auf ideologischer Einheit beruhen muss. Die Punkte umfassten zum einen unsere theoretischen Referenzen, das heißt dass wir uns auf Marx, Engels, Lenin, Stalin und die Komintern beziehen und dort vor allem auf den VI. Weltkongress. Denn dieser Weltkongress war sehr wichtig bezüglich Tunesien und bezüglich der Revolution in halb-kolonialen Ländern. Zum anderen haben wir noch folgende Punkte festgehalten: Keine Vereinigung mit Maoisten, keine Vereinigung mit Trotzkisten, keine Vereinigung mit Eurokommunisten und Moskau-Revisionisten.

Wir haben außerdem drei Ebenen der Einheit festgestellt.

1. Einheit in der Partei. Wenn das nicht möglich ist,

2. Einheit in einer revolutionären Front. Wenn das nicht möglich ist,

3. Gemeinsamer Kampf bei bestimmten Anlässen und in bestimmten Kämpfen

Als Ziel haben wir uns die Einheit in einer Partei gesetzt. Bezüglich der ideologischen Hauptpunkte haben wir mit den marxistisch-leninistischen Gruppen keinerlei Probleme gehabt. Die Probleme gab es vor allem auf organisatorischer und politischer Ebene und insbesondere in der Frage, ob wir uns auf die 2011 gewonnen demokratischen Freiheiten verlassen können oder ob wir uns so aufbauen müssen, dass wir bei einer erneuten Zuspitzung der Klassenkämpfe weiter funktionieren können. Letztendlich haben wir festgestellt, dass wir offen an die Massen gehen sollten und öffentliche Treffen haben können, aber uns klar machen müssen, dass sich das jederzeit ändern kann. Darauf haben wir uns vereinheitlicht und aus dieser Diskussion unsere organisatorischen Schlussfolgerungen gezogen.

2. Methoden der Einheit

Fünf Organisationen innerhalb einer Partei zu vereinigen ist sicherlich keine leichte Aufgabe und stellt hohe Anforderungen an die beteiligten Strukturen die richtigen Methoden und Herangehensweisen für die Einheit zu entwickeln. Wie seid ihr an den Einheitsprozess herangegangen?

Der gesamte Prozess umfasste zwei Jahre. Zur Vereinheitlichung haben wir verschiedene Methoden ausgewählt: geschlossene und verdeckte Seminare, interne Diskussionsorgane, öffentliche Seminare sowie eine offene Zeitung der Koalition.

Der Prozess wurde von einer Organisation im Januar 2015 initiiert, die einen Aufruf zur Einheit an alle Kräfte gesendet hatte. Einige Monate später fand dann das erste Seminar zwischen drei Organisationen statt, bei dem fünf Dokumente der Einheit produziert wurden: Das interne Statut, das ‚allgemeine politische Programm‘, das Minimalprogramm, ein Dokument über Strategie und Taktik und ein Dokument über Revolution. Im Vorhinein gab es einige Personen von jeder Organisation, die die Möglichkeit hatten, innerhalb einer internen Zeitung vorbereitend zu diskutieren.

Das waren die grundlegenden Entwürfe, mit denen wir alle marxistisch-leninistischen Kräfte sammeln wollten. Auf diese Dokumente haben wir uns vereinheitlicht und diese innerhalb der breiten Mitgliederschaft der Parteien verbreitet und an andere Marxisten-Leninisten, die wir interessant fanden, verschickt.

Im weiteren Verlauf haben wir noch weitere Seminare organisiert. Davon waren drei geschlossene, interne Seminare. Diese fanden zuerst zwischen 50 Personen, dann zwischen 100 und dann zwischen 120 Kadern statt. Die Kader wurden so ausgesucht, dass sie die verschiedenen Regionen repräsentierten. In zwei weiteren offenen Seminaren haben wir dann auch Massenmedien eingeladen und diese Seminare als Propagandaelemente für die Einheit genutzt.

Im September 2015 gab es eine öffentliche Zeitung, die die Koalition herausgegeben hat, welche Artikel über den Wissenschaftlichen Sozialismus und die erneute Einladung zur Einheit beinhaltete.

Im Januar 2016 wurde noch eine weitere öffentliche Zeitung „Die Stimme der Januar-Aufstände“ herausgegeben, die sich mit den tunesischen Aufständen beschäftigte – da alle vier großen Aufstände im Januar stattgefunden haben. Dazu haben wir nochmal regionale Seminare veranstaltet.

Wie hat sich die Jugend an der Einheit beteiligt?

Die Jugend hat sich über unsere Jugendorganisation KIFAH am Einheitsprozess beteiligt. Mehr als 50% der Parteimitglieder sind auch aktiv in der Jugendorganisation KIFAH. Unsere Jugendorganisation hat in den letzten Jahren sehr viele Jugendliche angezogen. Im letzten November haben wir deshalb einen Kongress gemeinsam mit KIFAH organisiert, wo einige GenossInnen aus der Jugendorganisation herausgenommen wurden und in die Partei hineingezogen wurden und dann den Kaderstock von KIFAH erneuert wurde.

KIFAH ermöglicht uns auch noch anderes an die Einheit heranzugehen, da die Spitze sehr fest vereinheitlicht ist, aber nach unten etwas flexibler in der Aufnahme ist. Somit können auch GenossInnen einbezogen werden, die noch nicht in allen Punkten mit unserer Partei übereinstimmen.

3. Einheitskongress

Am Schluss eures Einheitsprozesses stand zu Beginn dieses Jahres euer Einheitskongress bei dem es darum ging die Einheit endgültig zu besiegeln

Der Kongress hat mit einer feierlichen Eröffnungszeremonie begonnen, an der sich verschiedene nationale und internationale Organisationen beteiligt haben. Das war für uns eine große Ehre und hat unserer Organisation noch einmal größere Aufmerksamkeit verliehen.2 Im Anschluss haben wir den Kongress mit Workshops an verschiedenen Stellen begonnen und anschließend im Plenum wichtige Dokumente diskutiert und beschlossen.Außerdem haben wir ein Zentralkomitee bestimmt. Dann haben sich die verschiedenen Organisationen vor dem Kongress aufgelöst, wir haben eine neue Partei proklamiert und den Kongress mit dem Singen der Internationalen beendet.

Wie war der Einheitskongress zusammengesetzt?

Auf dem Kongress waren 70 Delegierte anwesend, aus jeder kleineren Region waren zwei Repräsentanten anwesend und von den großen Regionen drei. Dazu noch die Jugendorganisation und das Frauenkomitee sowie die verschiedenen Führungen der jeweiligen Parteien.

Was sind die wichtigsten Ergebnisse des Kongresses?

Dieser Kongress hat ideologische Diskussionen und Beschlüsse über folgende Fragen beinhaltet:

– Die Analyse der Weltsituation,

– Die Analyse des Mittleren Ostens und der arabischen Nationen

– Die Analyse der imperialistischen Krise und der Angriffe des Imperialismus auf der gesamten Welt

– Die Analyse des Charakters des Klassenkampfs in Tunesien in der aktuellen Situation

– Die Analyse der Revolution in der Ära des Imperialismus.

Wir haben auch ein neues Programm angenommen. Unser Programm umfasst nun einerseits das allgemeine politische Programm, welches wir das ‚Patriotisch-Demokratische Programm mit sozialistischer Perspektive‘ nennen. Andererseits das Minimalprogramm über Reformen für die Arbeiterklasse, Jugend, Frauen usw. sowie das taktische Programm.

Daneben haben wir vier Dokumente zur nationalen Frage, zur Jugend, zur Frauenfrage und zur Kultur verabschiedet. Außerdem haben wir zwei Resolutionen über Umwelt und Terrorismus angenommen.

Von einer Sache möchte ich euch noch erzählen: Eine kleine am Aufbauprozess beteiligte Organisation hat sehr wichtige theoretische Beiträge geleistet. Die Partei hat einige Dokumente, die sie produziert hatten, als Parteidokumente angenommen:

– Ein Dokument über Stalin und Sowjetunion.

– Ein Dokument gegen den Maoismus.

– Eine Dokument, welches den Kampf von Enver Hoxha behandelt. Es legt den Schwerpunkt auf die positiven Teile von Enver Hoxhas Kritiken an Mao und bei seinem Kampf gegen den Chruschtschow-Revisionismus und Tito, stellt aber auch fest, dass Hoxha kein Klassiker ist.

Könnt ihr kurz eure grundlegende Einschätzung des Mittleren Ostens und eure revolutionäre Strategie skizzieren?

Hier im Mittleren Osten haben wir den Imperialismus, den Zionismus und die reaktionären Regimes, die ihre Interessen verteidigen. Der Mittlere Osten hat eine hohe strategische Bedeutung und wichtige Rohstoffvorkommen, deshalb wollen alle Imperialisten ein Stück von ihm abhaben – egal ob USA, Frankreich, Großbritannien oder Russland. Durch Militärbasen und Besatzungen versuchen sie heute den Mittleren Osten direkt zu kontrollieren. Daneben haben wir auch terroristische Organisationen wie DAESH (IS). Der Imperialismus unterstützt und ermutigt DAESH, in dem sie ihm Waffen liefert. Gleichzeitig verkauft er Waffen an andere Regimes, die gegen DAESH kämpfen – so profitieren sie von beiden Seiten. Es gibt viele fortgeschrittene Kämpfe um nationale und soziale Befreiung, wie in Palästina oder Kurdistan.

Auf Grundlage unserer Analyse der Weltlage gehen wir davon aus, dass es zwei Formen der Revolution gibt, die patriotisch-demokratische Revolution und die sozialistische Revolution. Die patriotisch-demokratische Revolution ist die strategische Aufgabe in Ländern wie Tunesien, Algerien usw. die rückständig und reaktionär sind. Da wo es keinennationalen Schutz, sondern Kolonialismus gibt, da ist die Befreiung vom Kolonialismus die erste Aufgabe. In den entwickelten kapitalistischen Ländern ist die Hauptaufgabe eine sozialistische Revolution durchzuführen.

Welche Haltung nehmt ihr zur Frauenfrage ein?

Innerhalb der Organisation ist die Frau den männlichen Genossen gleichgestellt, sie hat die gleichen Rechte und die gleichen Pflichten und ist auch in der Führung vertreten.

Des weiteren sehen wir es so, dass wir in einem halb-kolonialen Land leben, indem die Gesellschaft eine reaktionäre Gesellschaft ist, wodurch die Frauen unter einer doppelten Unterdrückung leiden. Aus Sicht ihrer Klassenherkunft hat sie die gleichen Probleme wie der Mann. Sie muss sogar noch mehr arbeiten und verdient weniger als der Mann. Daneben wird sie aber auch wegen ihres Geschlechts unterdrückt, da wir in einer sehr religiösen Gesellschaft leben und somit die Frau weniger Rechte hat als der Mann.

Gab es Momente im Einheitsprozess in denen er hätte scheitern können?

Natürlich ist so ein Einheitsprozess keine einfache Sache. Es gab Leute, die sich im Vorfeld gegen den Einheitsprozess gestellt haben. Auch gab es GenossInnen, die die unterschiedlichen Herangehensweisen verschiedener Organisationen in Kämpfen und Streiks in den 70ern in den Vordergrund gerückt haben und somit den Prozess blockiert haben. Aber zum Schluss haben wir es geschafft und die gemeinsame Einheit vollzogen.

Welche Reaktionen gab es auf eure Einheitsverkündung?

Überraschenderweise haben uns bereits kurz nach der Verkündung unserer Einheit andere Gruppen kontaktiert und angemerkt, dass wir ihnen von Anfang an hätten Bescheid geben sollen. Dabei hatten wir auch ihnen Bescheid gegeben. Aber damals haben sie gesagt, dass wir keine Partei aufbauen müssten, sondern ein Studiencenter, in dem wir unsere programmatischen Gedanken erst mal grundlegend vertiefen müssten. Wir haben einen anderen Weg gewählt, der nun erfolgreich war.

Zur weiteren Einheit mit weiteren Organisationen hat die Partei eine klare Entscheidung getroffen. Keine Gruppe kann als Gruppe in der Führung repräsentiert sein. Aber alle Diskussionen werden in einem neuen Prozess auf der Grundlage der Schriften, die wir bereits erarbeitet haben weitergeführt. Die Demokratisch-Patriotische Koalition wird beibehalten, um andere Organisationen und Personen einbeziehen zu können und um in Zukunft die Einheit der Marxisten-Leninisten noch weiter zu vergrößern.

 

 

Zum Weiterlesen:

– Facebook der Parti Patriotique Demokratique Socialiste Watad (arabisch)

https://www.facebook.com/880008545422779

– Facebook von KIFAH (arabisch)

https://www.facebook.com/Kifah.TN/

 

Gemeinsame Resolution zur kurdischen Frage von Marxistisch-Leninistischen Kommunistischen Partei Türkei/Kurdistan, Parti Patriotique Demokratique Socialiste Watad (PPDS Watad), Revolutionary Organization of Labour (ROL), Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands (MLPD), Kommunistischer Aufbau

 

Gemeinsame Resolution zur Solidarität mit der ‚Partido Marxista-Leninista / Reconstruccion Comunista‘ von Marxistisch-Leninistischen Kommunistischen Partei Türkei/Kurdistan, Parti Patriotique Demokratique Socialiste Watad (PPDS Watad), Revolutionary Organization of Labour (ROL), Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands (MLPD), Kommunistischer Aufbau

 

1Chokri Belaid war ein bekannter Führer der tunesischen Arbeiterbewegung und bezog sich offen auf den Marxismus-Leninismus. Er wurde am 9. Februar durch einen Fundamentalisten ermordet. An seiner Beerdigung nahmen ca. 1 Millionen Menschen teil, die größte Demonstration die Tunesien bis dahin erlebt hatte.

2Unter folgendem Link findet ihr das Grußwort unserer Organisation, das bei der Konferenz gehalten wurde: https://www.youtube.com/watch?v=-P8bv6pg-Jg

Erschienen in Kommunismus #6 08/2016Tunis 2