Vorwort
Liebe Leser:innen,
wir freuen uns euch mit den folgenden Dokumenten die öffentlichen Ergebnisse des 5. Kongresses des Kommunistischen Aufbaus vorlegen zu können.
Der Kongress hat nach einer mehrmonatigen intensiven Vorbereitungsphase, in der die Entwicklung der Organisation in den vergangenen Jahren in allen Organen und Arbeitsbereichen kollektiv diskutiert wurde, erfolgreich stattgefunden. Dabei haben die Mitglieder aus allen Bereichen und Teilen der Organisation ihre Kritiken, Ideen und Vorschläge eingebracht, welche anschließend auf dem Kongress weiter diskutiert, vertieft und abgestimmt wurden.
Der 5. Kongress hat vom 8. bis 11. Mai 2025, mit Delegierten aus allen Regionen Deutschlands und allen Arbeitsbereichen der Organisation, stattgefunden. 80 Jahre nach dem Sieg über den deutschen Faschismus hat dieser Kongress in einer Zeit stattgefunden, die geprägt ist von der Zuspitzung der zwischenimperialistischen Widersprüche, einem weltweiten Erstarken rechter und faschistischer Kräfte und einer Zunahme der Repression gegen fortschrittliche, revolutionäre und kommunistische Kräfte.
„Wenn wir uns die politischen Lage anschauen, die sich immer stärker und schneller zuspitzt, dann ist natürlich klar, dass sich auch die Anforderungen an uns verändern und dass die Ansprüche größer werden. Die politische Lage erfordert von uns also in erster Linie Mut. Sie erfordert den Mut, dass wir über den Tellerrand schauen und nicht nur innerhalb von dem denken, was wir heute kennen und gewohnt sind.“ so fasste eine Genossin bei der Eröffnungsrede die vor der Organisation stehenden Aufgaben und die Verantwortung der Delegierten für den Kongress zusammen.
Der Kongress war geprägt von einer selbstkritischen Atmosphäre, welche die Entwicklung der Organisation in den vergangenen Jahren seit dem 4. Kongress kritisch auswertete und die eigenen Fehler und Erfolge in diese Entwicklung einordnete. Ausgehend von der Analyse der eigenen Entwicklung und der sich zuspitzenden politischen Lage hat der Kongress die strategische Entwicklungsrichtung der Organisation für die kommenden Jahre festgelegt.
Ein besonderer Schwerpunkt lag neben der intensiven Diskussion der notwendigen Entwicklung der eigenen Organisationsstrukturen auf der weiteren Entwicklung der innerorganisatorischen Selbstständigkeit der Frauenorganisation und dem Weg der Jugendorganisation zu ihrer organisatorischen Unabhängigkeit.
In der kommenden Zeit ist es nun die Aufgabe der gesamten Organisation, die getroffenen Beschlüsse in die Praxis umzusetzen und weitere mutige Schritte auf dem Weg des Parteiaufbaus zu gehen.
Zusammenfassung der Ergebnisse des 5. Kongress
Organisationsentwicklung
Nachdem bereits unser letzter Kongress auf das deutliche quantitative Wachstum der Organisation mit der Ausrichtung auf die notwendige Anpassung unserer Organisationsstrukturen reagiert hatte, konnte der 5. Kongress ein nochmals beschleunigtes Wachstum und die weitere Ausdehnung auf zahlreiche neue Städte und Regionen in Deutschland feststellen.
Der Kongress hat die daraus resultierenden organisatorischen und politischen Veränderungen diskutiert und beschlossen. Dazu gehört eine vertiefte Ausdifferenzierung und Professionalisierung der organisatorischen Strukturen und aller einzelnen Arbeitsgebiete, sowie eine bewusste Arbeit daran, aus der steigenden Quantität auch eine neue Qualität der Arbeit zu schaffen.
In diesem Zuge müssen auch bisherige Arbeitsweisen, Methoden und Organisationskonzepte kritisch hinterfragt und durch neu zu schaffenden Mechanismen ersetzt werden. Dies gilt insbesondere auch in Zeiten, in denen wir aktiver in die Klassenkämpfe eingreifen wollen und müssen.
Der Kongress hat zudem die notwendigen Schritte im Hinblick auf die steigende Repression gegen die antifaschistische und revolutionäre Bewegung diskutiert. Nur eine kommunistische Organisation, welche die unterschiedlichsten Kampfformen kombinieren kann und dabei den notwendigerweise folgenden Repressionsschlägen stand hält, kann in die Rolle einer kommunistischen Avantgarde in Deutschland hineinwachsen. Im Umgang damit müssen in der kommenden Zeit konkrete politische und organisatorische Antworten gefunden werden.
Auch auf der Straße, in den Kämpfen unserer Klasse und den politischen Bewegungen muss sich das Wachstum der Organisation in einer größeren und aktiveren Rolle widerspiegeln. Hier gilt es in der kommenden Zeit, die eigenen Ansprüche zu steigern, deutliche Schritte nach vorne zu gehen und sich mutig in die vor uns stehenden Kämpfe zu werfen.
Kader:innenentwicklung
Das anhaltende Wachstum der Organisation macht auch eine immer größere Anzahl an politisch, ideologisch, organisatorisch und praktisch gut ausgebildeten und erfahrenen Kader:innen notwendig. Dabei muss in der kommenden Zeit an den bereits entwickelten Methoden und Konzepten der Kader:innenentwicklung angeknüpft und gleichzeitig konkret an ihrer Weiter- und Höherentwicklung gearbeitet werden. Dazu gehört auch, die zahlreichen unterschiedlichen Erfahrungen in der Organisation stärker zu verkollektivieren und weiterzugeben.
Sowohl für die vor uns stehenden Entwicklungsschritte, als auch um unsere eigenen höheren Ansprüche und Ziele zu erfüllen, werden wir in der kommenden Zeit die allseitige Kader:innenentwicklung auf einem neuen Niveau entwickeln müssen. Die dauerhafte konsequente Arbeit an der Entwicklung des revolutionären Klassenbewusstseins in all seinen Facetten wird ein Erfolgskriterium für die Entwicklungen der kommenden Zeit sein. Trotz erreichter Fortschritte auf diesem Gebiet, bleibt es eine zentrale Aufgabe für unsere Organisation, eigene Methoden zur Herausbildung von Berufsrevolutionär:innen zu entwickeln und diese systematisch anzuwenden.
Teil dieser Aufgabe ist es, neben der allseitigen Entwicklung unserer Kader:innen, auch eine praktische und theoretische Spezialisierung und Vertiefung der eigenen Fähigkeiten in den jeweiligen Arbeitsbereichen zu erreichen. Zudem müssen die Methoden und Anstrengungen zur Schaffung einer neuen Qualität und Quantität von Frauen-, Jugend- sowie LGBTI+ Kader:innen gesteigert und dabei die jeweiligen besonderen Bedürfnisse beachtet werden.
Agitation und Propaganda
Auch in der Entwicklung unserer Agitation und Propaganda müssen wir uns neue und größere Ziele setzen. Die Entwicklung einer konkreteren und tatsächlich bei den Problemen und Interessen unserer Klasse ansetzenden Agitation und Propaganda muss sich durch alle Arbeitsbereiche ziehen.
Insbesondere die Arbeit mit und die Entwicklung von politisch-ideologisch richtigen Losungen muss intensiver geschult und in der gesamten Breite der Organisation auf ein höheres Niveau gehoben werden. Dafür muss es gelingen, die eigenen ideologisch-politischen Standpunkte weiterzuentwickeln und das allgemeine ideologische Niveau in der ganzen Breite unserer Organisation zu heben.
Während wir unsere politische und ideologische Linie vertiefen wollen, indem wir sie kontinuierlich auf die sich verändernde Realität anwenden, gilt es, diese immer besser zu popularisieren und auf vielfältigeren Wegen in unsere Klasse tragen.
Massenarbeit
In der Massenarbeit wird es in der kommenden Zeit darum gehen, diese auf allen Ebenen weiter auszubauen, zu verbreitern und zu vertiefen.
Dies gilt für die Ausdifferenzierung der Methoden und Konzepte, mit denen wir die Arbeit in unserer Klasse machen und die in vielen Bereichen heute noch zu eindimensional sind.
Unsere Massenarbeit muss sich gezielt auf immer mehr Teile unserer Klasse ausrichten, welche wir bisher noch nicht oder zu wenig erreichen. Das gilt sowohl für diejenigen Teile, die sich nicht in erster Linie durch eine aktivistische Praxis abholen und einbinden lassen, als auch für die Mehrheit der Klasse, die nicht in den Großstädten und urbanen Ballungsräumen wohnt. Ebenso gilt es, die gewachsene eigene Stärke auf die Probe zu stellen, indem wir auch bestehende Massenorganisationen, die politisch klar unter bürgerlicher Führung stehen, mehr als notwendiges Kampffeld im Ringen um die Herzen und Köpfe unserer Klasse begreifen.
Durch den Ausbau unserer Methoden und die Kombination verschiedenster Organisations- und Kampfformen müssen wir in der kommenden Zeit mehr in die Lage kommen, immer größere Teile der Massen in den Klassenkämpfen mitzureißen und für eine revolutionäre Linie zu begeistern.
Diese Bestrebungen müssen dem Ziel des Wiederaufbaus einer klassenkämpferischen Arbeiter:innenbewegung dienen und dabei auch gezielt zur Entwicklung und Stärkung einer proletarischen Frauen-, Jugend- und LGBTI+ Bewegung beitragen.
Frauenorganisation
Ein besonderes Gewicht in den Diskussionen des Kongresses lag auf der Diskussion der Entwicklung der Frauenorganisation. Aufbauend auf den Ergebnissen der 1. Frauenkonferenz hat der Kongress die innerorganisatorische Eigenständigkeit der Frauenorganisation gestärkt und mit erweiterten Rechten ausgestattet.
Die Auswertung der eigenen Fehler und Probleme im Kampf gegen patriarchales Fehlverhalten und Gewalt, sowie die intensive Arbeit der Frauenorganisation in den vergangenen Monaten dazu, haben zu einem vertieften Verständnis für die Verantwortung aller Geschlechter im Kampf gegen das Patriarchat geführt.
Auch auf dem theoretischen Gebiet der Frauenrevolution muss die ideologische Linie weiterentwickelt und geschärft werden und aus der allgemeinen Linie eine konkrete Praxis mit entsprechenden Losungen entwickelt werden, um gezielter die proletarischen Frauen anzusprechen.
Der Kongress hat zudem die bisher unterentwickelte LGBTI+ Arbeit kritisch ausgewertet und die notwendige Stärkung dieses Arbeitsbereichs, sowie die gezielte Arbeit mit trans- und nicht binären Genoss:innen beschlossen.
Jugendorganisation
Seit dem vergangenen Kongress ist die Jugendorganisation stark gewachsen und auch das Niveau ihrer Arbeit konnte deutlich erhöht werden. Sie hat damit eine erste Phase in ihrer Entwicklung abgeschlossen. Der Kongress hat die Ausrichtung beschlossen, dass es in der kommenden Zeit darum gehen muss, alle notwendigen Voraussetzungen für die organisatorische Unabhängigkeit der Jugendorganisation zu schaffen und diese zu verwirklichen.
Die organisatorische Unabhängigkeit ist dabei ein notwendiger Schritt, damit die Jugendorganisation ihre Aufgaben im Parteiaufbau vollumfänglich erfüllen kann. Sie ist eine Voraussetzung dafür, dass sie tatsächlich zu einer kommunistischen Massenorganisation der proletarischen Jugend und zu einem Motor der Entwicklung der gesamten Organisation werden kann.
Mit der organisatorischen Unabhängigkeit muss die Jugendorganisation in zahlreichen Fragen eigene Wege beschreiten und insbesondere eigene moderne und ansprechende Agitations- und Propagandaformen zur Politisierung und Organisierung der proletarischen Jugend finden.
Politische Resolutionen
Der Kongress hat neben der Festlegung der strategischen Entwicklungsrichtung und konkreten Beschlüssen für die kommende Zeit, die an dieser Stelle nicht veröffentlicht werden, in vier politischen Resolutionen auch für die Öffentlichkeit nachvollziehbar einige Kernpunkte seiner Ergebnisse festgehalten.
Die Resolution zur „aktuellen politischen Lage“ fasst die zum Zeitpunkt des Kongresses festgestellten Entwicklungslinien der politischen Lage in Deutschland und der Welt zusammen. Aufbauend darauf werden in der Resolution „Unsere Aufgaben im Klassenkampf“ die konkreten Aufgaben und Entwicklungslinien der Organisation für das Eingreifen und Agieren in den kommenden Klassenkämpfen festgehalten.
In der Resolution „Die notwendigen Entwicklungsschritte gehen“ werden die aus der aktuellen Lage und dem Entwicklungsstand der Organisation gezogenen organisatorischen Schlussfolgerungen umrissen. In der Resolution „Unsere Aufgaben als revolutionäre Internationalist:innen“ werden die nationalen und internationalen Aufgaben festgehalten, welche wir als Kommunist:innen im Rahmen des proletarischen Internationalismus haben.
Zudem hat der Kongress die Erstellung eines Grußworts an die internationalen und von Repression betroffenen Genoss:innen beschlossen.
1. Resolution: Die aktuelle politische Lage
Besonders in Zeiten sich verschärfender Widersprüche der politischen Lage ist unsere Aufgabe als Kommunist:innen, diese richtig zu analysieren, Entwicklungstendenzen zu erkennen und daraus Schlussfolgerung zu ziehen, welche uns in unserer Politik leiten. Dabei gilt es, die Entwicklung des imperialistischen Weltsystems, die Auswirkungen dessen auf den deutschen Imperialismus und seine Staatspolitik, sowie die Entwicklung der Klassenkämpfe genauer zu analysieren.
Die Entwicklung des imperialistischen Weltsystems
Das imperialistische Weltsystem befindet sich in einer Phase der Neuordnung. Im Kampf um die Welthegemonie haben sich dabei China und die USA zu denjenigen imperialistischen Staaten entwickelt, welche heute um die Spitzenposition kämpfen. China entwickelt sich dabei weiter mit schneller Geschwindigkeit und kann Lücken zum US-Imperialismus etwa im Bereich der technologischen Vorherrschaft schließen, während es beispielsweise militärisch und im Bereich der Kontrolle über eine Weltleitwährung noch zurückliegt. Auch die USA konnten zuletzt den tendenziellen Verfall ihrer politischen und ökonomischen Macht bremsen – unter anderem durch die gezielte weitere Stärkung der eigenen Weltmonopole.
Der Abstand der USA und China zu anderen imperialistischen Mächten bleibt dabei groß. Und doch ist das imperialistische Weltsystem komplexer geworden und es gibt mehr relevante Protagonisten als in der Phase etwa des „Kalten Krieges“. So sehen wir heute weitere starke imperialistische Mächte wie etwa Russland, Japan, Indien, Südkorea, Frankreich, das Vereinigte Königreich und den deutschen Imperialismus, die jeweils selber versuchen auf internationaler Ebene mitzuspielen, ihren eigenen Einfluss zu verteidigen und weiter auszubauen. Der verstärkte Kampf um die Welthegemonie bringt folgende Tendenzen mit sich, die sich bereits seit einigen Jahren entwickeln:
1. Vorbereitung des Schlachtfelds
Die Vorbereitungen der imperialistischen Mächte auf einen direkten großen Krieg zur Neuaufteilung der Welt laufen auf Hochtouren. Im Ukraine-Krieg treffen die verschiedenen imperialistischen Mächte immer direkter aufeinander. Unabhängig davon, ob es phasenweise gelingen mag, Waffenruhen oder gar einen Waffenstillstand auszuhandeln, dürfte dem keine längere friedliche Phase folgen. Die allgemeine Tendenz geht in Richtung der Vorbereitung einer noch größeren Eskalation. So sprechen sowohl NATO-Offizielle als auch russische Militärs davon, dass man auf eine direkte Konfrontation in wenigen Jahren vorbereitet sein müsse. Für diese Tendenz spricht auch die Ausweitung von Sabotage-Aktionen und hybrider Kriegsführung gegen die kritische Infrastruktur in Westeuropa sowie die Ausdehnung des Kampfes um die Kontrolle Osteuropas auf andere Länder der Region, wie Georgien, Moldau oder Rumänien. Sowohl die NATO als auch Russland versuchen dort ihren Einfluss zu steigern und ihnen jeweils wohlgesonnene Regierungen zu installieren.
Dass die Tendenz zum Weltkrieg immer stärker wird, zeigt sich ebenso an der Verschränkung verschiedener Kriegsherde. So kämpfen nicht nur auf der ukrainischen Seite Militärs aus NATO-Ländern mit, sondern auch nordkoreanische Soldaten auf der Seite Russlands. Zugleich war der russische Imperialismus in diesem Konflikt so stark gebunden, dass in Syrien die Assad-Diktatur gestürzt werden konnte und Russland hier strategisch geschwächt wurde, ebenso der Iran. Währenddessen zieht die Auseinandersetzung mit China die USA immer wieder weg von einer zu starken Involvierung im Ukraine-Krieg und auch der israelische Mehrfrontenkrieg benötigt ihre Aufmerksamkeit.
2. Offenere Annektions- und Raub-Politik
Der Schritt Russlands zur Annektion eines Teils der Ukraine ab 2022 steht symbolisch für eine neue Phase des offenen In-Frage-Stellens von Grenzen und der Politik des Raubs und Revanchismus. China will Taiwan „friedlich“ übernehmen, bereitet jedoch auch eine militärische Einnahme vor. Auch der amerikanische Imperialismus erklärt mittlerweile offen, sich Grönland, den Panama-Kanal und Kanada einverleiben zu wollen. Diese in der bürgerlichen Presse mit Spott abgetanen Gebietsansprüche dürften erste Zeichen der zukünftigen US-Amerikanischen Strategie sein, sich den gesamten amerikanischen Kontinent noch direkter unterzuordnen und den Einfluss insbesondere von Russland und China zurückzudrängen.
Auch die rasanten Veränderungen der politisch-geostrategischen Lage in Westasien zeigen uns, wie ernst wir die Kriegsvorbereitung nehmen sollten. Mit dem 7. Oktober 2023 ist ein regionales Bündnis gegen Israel in die Offensive gegangen, bei dem der legitime Kampf gegen koloniale Unterdrückung, Interessen der nationalen Bourgeoisie und Kämpfe um die regionale Vormachtstellung miteinander verschmolzen sind. Dem in die Enge getriebenen imperialistischen Israel gelang es daraufhin, nicht nur weitgehend ungestraft einen offenen Völkermord zu begehen, sondern den Mehrfrontenkrieg trotz Verlusten mit Erfolg zu führen. Im Windschatten der Schwächung von Hisbollah, Iran und Russland konnte dann die Türkei mittels von ihnen unterstützten fundamentalistischen Kräften handstreichartig eine relevante Kontrolle über Teile Syriens erlangen, was mit offenen Rufen nach einer Einverleibung größerer Teile Syriens einhergeht. Auch die israelische Bourgeoisie sichert sich einen Teil ihres als „Großisrael“ verstandenen Gebiets in Syrien und bereitet die vollständige Annektion aller verbleibenden palästinensischen Gebiete vor.
Wir können sehen: die Phase der Neuaufteilung der Welt hat an Fahrt aufgenommen und alle Mächte versuchen, das verbleibende Zeitfenster zu nutzen, um sich selbst in die bestmögliche Ausgangsposition für noch größere Kämpfe zu bringen. Mit diesen Entwicklungen einher gehen verstärkte große Fluchtbewegungen, welche auch durch die Zerstörung von Lebensraum im Zuge der Klimakrise angeheizt werden.
3. Fortgesetzter Wirtschaftskrieg
Einneuer tiefer Kriseneinbruch ist bisher ausgeblieben. Stattdessen sind viele Länder in einer dauerhaften Krisenentwicklung hängen geblieben. Die Gründe dafür sind vielfältig. Ein Element ist die weiterhin massive Verzerrung des kapitalistischen Krisenzyklus durch gigantische Staatsausgaben. So stieg die globale Schuldenquote auch im vergangenen Zeitraum weiter rasant an und der globale Schuldenberg nähert sich langsam dem historischen Höhepunkt zum Ende des Zweiten Weltkriegs. Dies führt jedoch langfristig zu einer massiven Instabilität der imperialistischen Weltwirtschaft und zu größerem Druck auf die nationalen Haushalte, deren Spielräume kleiner werden und die zugleich zur Aufrüstung drängen.
Der Hegemoniekampf zwischen den USA und China verschärft sich weiterhin auf ökonomischem Gebiet – derzeit in Form eines verschärften Zollkrieges, der zeitweise bis an ein fast vollständiges gegenseitiges Handelsembargo heranreichte. Die aggressive Handelspolitik des US-Imperialismus zielt auf eine Reihe weiterer Länder ab. Sie sollen gezwungen werden, sich für eine „Seite“ zu entscheiden – und zwar für die amerikanische. Das hat nicht nur politische Auswirkungen, sondern beeinflusst auch den Zugang zu wichtigen Rohstoffen und damit zusammenhängenden internationalen Produktionsketten. Dabei muss jedoch betont werden, dass trotz Versuche der Entkoppelung und Verkürzung internationaler Produktionsketten, sowohl die USA und China weiterhin massiv voneinander abhängig und ökonomisch miteinander verbunden sind. Das zeigte sich zuletzt darin, dass der Zollstreit vorübergehend ausgesetzt wurde. Das Selbe gilt für alle anderen imperialistischen und nicht imperialistischen Länder. Auch in Zeiten der Vorbereitung eines neuen Weltkriegs kann die kapitalistische Wirtschaft nicht mehr zu einer rein nationalen oder auch nur regionalen Produktion und Vermarktung zurückkehren.
Deutschland ist eines der imperialistischen Länder, das am stärksten unter der wirtschaftlichen Auseinanderentwicklung und Wirtschaftskriegsmaßnahmen leidet. Es ist durch seine extrem exportorientierte Wirtschaft auf gute Handelsbeziehungen zu und zwischen allen Weltmächten angewiesen. Die Zoll-Angriffe von Seiten der USA gegen die gesamte EU treffen Deutschland also besonders empfindlich. Die Versuche von Elon Musk, als reichster Mann der Welt, faschistische Bewegungen in Europa zu fördern, welche den Kontinent seiner Durchdringung ausliefern, zeigt dabei wie aggressiv der amerikanische Imperialismus in diese neue Phase der imperialistischen Konkurrenz auch gegen seine „Partner“ vorgeht.
4. Krise der „liberalen Demokratie“ und der Aufstieg faschistischer Kräfte
Die zunehmende Krisenhaftigkeit und Zuspitzung spiegelt sich auch auf politischer Ebene wieder. So kam es zwischen Mitte 2024 und Anfang 2025 zu einer Reihe an Regierungskrisen bis hin zu Staatsstreichversuchen in führenden imperialistischen Ländern wie in Südkorea, Frankreich, Deutschland, Österreich oder Kanada. Hier drängen verschiedene reaktionäre Kräfte nach vorne (Rassemblement National, AfD, FPÖ), die in anderen imperialistischen Ländern oder Regionalmächten bereits an der Macht sind, wie etwa die Parteien von Putin, Meloni, Erdoğan, Modi oder Trump.
Dabei handelt es sich um eine Reaktion der Herrschenden auf die Zuspitzung im imperialistischen Weltsystem und den Umstand, dass die Konflikte immer weniger durch Kompromisse und immer mehr durch Gewalt gelöst werden müssen. Dies macht es für die jeweiligen Monopolbourgeoisien notwendig, stärker auf aggressivere Vertreter:innen der nationalen Interessen und der Repression nach innen und außen zu setzen.
Sie versuchen damit auch Ersatz für die schwindende Bindungskraft „liberal-demokratischer“ Parteien und Regierungsformen unter den breiteren Massen zu finden. Zugleich ist es noch in keinem westlich-imperialistischen Land, trotz ultrarechter Politiker:innen an der Spitze, zum Übergang zum Faschismus, im Sinne eines vollständigen Umbaus des Staatsapparats, auf eine offene Diktatur gekommen – auch wenn etwa die Trump-Regierung immer offener die eigenen Spielräume nach rechts ausreizt. Die Möglichkeiten für den Übergang zum Faschismus in einem westlich-imperialistischen Land wachsen jedoch und werden zu einer realen Option, insbesondere wenn die direkte Konfrontationen zwischen verschiedenen imperialistischen Mächten und der Widerstand der Arbeiter:innenklasse zunehmen sollten.
Die Lage des deutschen Imperialismus
Die genannten Zuspitzungen der zwischenimperialistischen Widersprüche wirken sich auch massiv auf den deutschen Imperialismus aus. Bereits unser letzter Kongress hatte in einer Resolution festgestellt, dass der Beginn des Ukraine-Kriegs für den deutschen Imperialismus „den Endpunkt eines jahrzehntelangen Erfolgsmodells [bedeutet]. Dieses bestand darin, sich im außenpolitischen und militärischen Windschatten der USA zur dominanten wirtschaftlichen und politischen Macht in Europa zu entwickeln, dabei aber zugleich möglichst für ihn vorteilhafte wirtschaftliche Beziehungen zu anderen imperialistischen Räubern wie Russland oder China zu suchen. Vor diesem Hintergrund ist der deutsche Imperialismus nun vor die Situation gestellt, dass er militärische und politische Defizite möglichst schnell überwinden muss, um in die Lage zu kommen, an einem solchen Verteilungskrieg erfolgreich teilzunehmen. Gelingt dies nicht, droht der dauerhafte Abstieg auf den Rang einer imperialistischen Macht ohne eigenständige geostrategische Handlungsfähigkeit.“
Mittlerweile zeigt sich verstärkt, dass nicht nur militärische und politische Defizite, sondern auch aus den internationalen Widersprüchen herrührende wirtschaftliche Probleme überwunden werden müssen. Der deutsche Imperialismus befindet sich in einer seit 2018/2019 anhaltenden strukturellen wirtschaftlichen Krise. Dies zeigt sich etwa darin, dass heute die Industrieproduktion weiterhin deutlich unter dem Niveau von Anfang 2018 liegt, sowie darin, dass sich die deutsche Gesamtwirtschaftsleistung seitdem in einer schwankenden Stagnation befindet. Diese soll laut bürgerlichen Prognosen auch für die nächsten Jahre weiter anhalten. Eine so lange wirtschaftliche „Durststrecke“ gab es seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr.
Die Ampel-Regierung hatte versucht auf diese verschiedenen politischen, militärischen und ökonomischen Herausforderung zu reagieren, wobei viele Projekte für die eigentlichen Notwendigkeiten des deutschen Imperialismus nicht ausreichten. Die neue Große Koalition unter Führung des Monopollieblings Friedrich Merz (CDU) versucht vorhandene Lücken im Interesse des Kapitals zu schließen:
- Die Ampelregierung hatte das Sondervermögen der Bundeswehr vollständig verplant und ein „Operationsplan Deutschland“ für einen großen Krieg entwickelt. Auch die Stationierung von US-Mittelstreckenraketen ab 2026 wurden zugesagt. Doch das reichte nicht aus. Noch vor Übergang zur neuen Regierung schlossen sich deshalb SPD, Grüne und CDU zusammen, um ein gigantisches Aufrüstungspaket zu beschließen: 500 Milliarden für Infrastruktur (die direkt kriegsrelevant ist) und quasi unbegrenzte Schuldenaufnahme im militärischen Bereich. Der deutsche Außenminister Johann Wadephul (CDU) signalisiert nun bereits Offenheit für Ausgaben von bis zu 5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts – mehr als eine Verdopplung des aktuellen Militärbudgets.
- Mit staatlichen Unterstützungsmaßnahmen hatte die Ampel versucht, den durch den Ukraine-Krieg hervorgerufenen Teuerungen entgegenzuwirken und gleichzeitig die deutsche Energie- und Industriewende zu finanzieren – die Energie- und Verbraucherpreise blieben jedoch auf einem sehr hohen Niveau. Diese strategischen Probleme bleiben grundsätzlich weiter bestehen.
- Es gab verschiedene Versuche, mit Abkommen sowie dem Aufbau von Chipfabriken in Deutschland der fehlenden Autarkie im Bereich zentraler Rohstoffe und strategischer Technologien entgegenzusteuern. Bisher nur mit begrenztem Erfolg. Das gilt insbesondere für den Bereich Künstliche Intelligenz, Internet und Geodatendiensten, sowie der Weltraum. Auch hier wird die neue Merz-Regierung aggressiver vorgehen.
- In der Handelspolitik ist es zwar gelungen, das Mercosur-Abkommen mit Südamerika auf die Zielgerade zu bringen und auch innerhalb Europas sichert sich der deutsche Imperialismus den Zugriff auf seltene Erden wie etwa mit dem Lithium-Projekt in Serbien. Doch eine ausreichende Antwort auf Zoll-Kriege mit den USA oder einen Ausfall der Importe aus China ist nicht in Sicht. Inwieweit hier die EU ihre nach außen getragene Geschlossenheit gegen die amerikanischen Angriffe durchhält, bleibt abzuwarten.
- In der Entwicklung der Produktivkräfte sind verschiedene deutsche Unternehmen weiter in der Weltspitze vertreten. Doch gerade im Bereich Künstliche Intelligenz, Elektro-Mobilität oder Erschließung des Weltraums liegen deutsche Monopole zugleich weit abgeschlagen hinter der Konkurrenz aus den USA und China. Hier ist unter dem Stichwort „Bürokratieabbau“ mit einem Abbau von Arbeiter:innenrechten, Verbraucherschutzrechten oder Umweltstandards zu rechnen.
Die Folgen der wirtschaftlichen Krise und ihrer eigenen politischen Maßnahmen hat die Ampel-Regierung auf den Rücken der Arbeiter:innenklasse abgewälzt. Die derzeitige SPD-CDU-Regierung setzt diese Politik nun noch aggressiver fort. Zwar sank die Teuerungsrate in den letzten zwei Jahren stetig, verbleibt jedoch noch immer auf einem hohen Niveau, sodass es zu einer weiteren schleichenden Absenkung des Lebensstandards kommt. Durch die hohen Teuerungen bei Lebensmitteln und Energie waren in der Vergangenheit Arbeiter:innenhaushalte besonders betroffen, während etwa durch das „Heizungsgesetz“ auch Kleinbürger:innen stärkeren Belastungen ausgesetzt waren. Nachziehende Lohnsteigerungen konnten derweil eine Teuerungsrate von 19 % seit Anfang 2021 nicht ausgleichen, sondern lediglich etwas abfedern. Hier ist insbesondere der DGB ein zentraler Faktor für die Zementierung der Reallohnsenkungen in den zentralen Tarifabschlüssen.
Auch die deutschen Monopole versuchen ihre Stellung auf Kosten der Arbeiter:innen zu verbessern: Der vielfach angekündigte Stellenabbau umfasst bereits hunderttausende Stellen in der Industrie und durch eine gestiegene Zahl an Insolvenzen und Werksschließungen werden Arbeiter:innen auch in allen anderen Bereichen der Wirtschaft auf die Straße gesetzt. Zugleich werden mit Sozialplan-Methoden diese Prozesse in die Länge gezogen und zum Teil gleich neue Stellen vermittelt, da noch immer ein starker Fachkräftemangel herrscht. Schon jetzt ist die Arbeitslosenquote jedoch im Jahresschnitt auf dem höchsten Stand seit 2016 und dürfte weiter steigen.
Die Krisensituation und die Politik der Ampel, welche sich als fortschrittlich inszenierte, real jedoch eine besonders reaktionäre Politik durchsetzte, konnten rechte Kräfte für ihren weiteren Aufstieg nutzen. Das zeigte sich auch bei der letzten Bundestagswahl, bei der die AfD zweitstärkste Kraft nach der CDU wurde. Die Nicht-Zusammenarbeit anderer bürgerlicher Parteien mit ihr bröckelt auf kommunaler und regionaler Ebene. Breite mediale und politische Kampagnen gegen das Bürgergeld sowie gegen Flüchtlinge dienen beiden rechten Parteien. Eine Regierungsoption auf bundesweiter Ebene ist sie jedoch noch nicht, sodass nur noch eine Große Koalition „übrig“ blieb.
Inwiefern es der CDU gelingen wird, in der aktuellen Regierung tatsächlich Wähler:innen von der AfD „zurückzugewinnen“ bleibt abzuwarten. Die SPD hat in jedem Fall bereits signalisiert, eine Reihe an Verschärfungen mitzutragen. So oder so wird also ein weiterer Rechtsruck stattfinden, auch weil der deutsche Imperialismus es schaffen muss, einen großen Schritt nach vorne zu gehen. Mit den Kriegskrediten sind wichtige finanzielle Rahmenbedingungen dafür gelegt worden. Die geplante Abschaffung des 8-Stunden-Tags sowie Angriffe auf das Bürgergeld zeigen bereits an, dass die Schuldenaufnahmen mit einer gesteigerten Ausbeutung flankiert werden sollen. Zwar sieht es aktuell nicht so aus, dass der direkte Beginn eines neuen Weltkriegs in den nächsten 1-2 Jahren bevorsteht, aber die Vorbereitung mit allen Begleiterscheinungen dürften sich fortsetzen. Dazu gehört neben der Aufrüstung auch die Wiedereinführung der Wehrpflicht nach schwedischen Modell.
Entwicklung der Klassenkämpfe und spontanen Bewegungen
Die dargestellte Verschärfung der zwischenimperialistischen Widersprüche, die Vorbereitung eines neuen Weltkriegs und die anhaltende ökonomische Krise, sowie seine massiven Probleme bei der Umstellung der Schlüsselindustrien auf neue Technologien hat für den deutschen Imperialismus auch die Notwendigkeit hervorgebracht, härtere Klassenkämpfe von oben zu führen. Dies zeigt sich besonders bei den Angriffen auf erkämpfte Arbeiter:innenrechte, das Asylrecht, chauvinistischer Hetze gegen Arbeitslose und Bürgergeldempfänger:innen sowie der Aufrüstung bzw. Ausweitung der Befugnisse von Polizei, Militär und Geheimdiensten.
Parallel zu den anhaltenden Teuerungen waren auch die Lohnforderungen in den Tarifverhandlungen der letzte Jahre vergleichsweise hoch. Lässt man sich jedoch durch die einfachen Zahlen nicht täuschen, so fällt auf, dass selbst die Maximalforderungen der gelben Gewerkschaften massive Reallohnverluste einkalkulierten. Die dann verhandelten „Lohnsteigerungen“ waren dabei meist ein direkter Schlag ins Gesicht für unsere Klasse. Durch Abschlüsse, die kaum die Hälfte der Lohnerhöhungen der Gewerkschaftsforderungen betrugen und dabei meist eine mindestens doppelt so lange Laufzeit hatten, wird der Reallohnverlust nicht nur für die Vergangenheit, sondern auch für die kommenden Jahre manifestiert.
Auch wenn die Anzahl der Streiks und Arbeitskämpfe in den letzten zwei Jahren gestiegen ist, blieben sie im internationalen Vergleich weiter hinter vielen anderen Ländern zurück. Von aktiven Kämpfen oder einem wirklichen Aufschwung der Aktivität der Arbeiter:innenklasse kann keine Rede sein. 2023 ging die Anzahl der sich an Streiks beteiligten Personen von 930.000 auf 857.000 zurück, auch wenn die Anzahl der Ausfalltage stark anstieg. Damit haben nicht einmal 1,9% der Erwerbstätigen an Streiks teilgenommen. Hervorzuheben sind hier jedoch insbesondere die spontanen Arbeitsniederlegungen in zahlreichen Industriebetrieben, die es im vergangenen Jahr immer wieder im Zusammenhang mit der Verkündung von Massenentlassungen und Werksschließungen gab. Diese selbstständigen Kämpfe der Belegschaften wurden aber in den allermeisten Fällen so schnell wie sie ausgebrochen sind von Betriebsräten und Gewerkschaften wieder eingefangen und befriedet.
Die Zuspitzung der Kriegsgefahr, ökonomische Krisen und die Rechtsentwicklung haben mit dazu beigetragen, dass es zu einer stärkeren Ausdifferenzierung in der Sozialdemokratie und mit ihr auch in der politischen Widerstandsbewegung und den verschiedenen spontanen Bewegungen gekommen ist. Der Großteil der Sozialdemokratie ist der allgemeinen Tendenz gefolgt und stark nach rechts gegangen und hat in den allermeisten Fragen einen offen pro-imperialistischen Standpunkt eingenommen. Dem folgten die DGB-Gewerkschaften und auch immer größere Teile der politischen Widerstandsbewegung, welche diese in eine allgemeine Krise stürzte bzw. diese verschärfte. Die existierenden großen Massenproteste der vergangenen Zeit, wie die Klimabewegung oder die Anti-AfD-Proteste, standen nahezu vollkommen unter bürgerlicher Hegemonie und haben kaum zu einer Schwächung der rechten Bewegung oder zur dauerhaften Stärkung klassenkämpferischer Kräfte geführt. Ganz im Gegenteil hat parallel die Repression gegen Antifaschist:innen weiter zugenommen und in den vergangenen Jahren zu immer mehr und höheren Haftstrafen geführt. Auch die Umfragen und Wahlergebnisse der AfD konnte die Anti-AfD-Bewegung kaum beeinflussen. Kurzfristig war es die Linkspartei, welche im Rahmen der vorgezogenen Bundestageswahlen 2025 die Anti-AfD-Stimmung für sich nutzen und ihre Mitgliederzahl sowie Wähler:innen stark steigern konnte. Doch erwartbarerweise entblößten sie sich schnell als verbalradikale „Oppositionelle“, die sich vor allem auf das Formulieren moralischer Appelle und den Kampf um halbgare Kompromisse in den eigenen Reihen begrenzen.
Die allgemein beschriebene Entwicklung der Klassenkämpfe spiegelt sich auch in der Frauenbewegung wider. Auch hier hinkt die Entwicklung der Kämpfe in Deutschland in ihrer Quantität und Qualität dem internationalen Maßstab hinterher. Während in Folge der zunehmend reaktionären Politik in vielen Ländern, wie den USA, der Türkei, in Italien oder Polen, vereinzelt oder länger anhaltend massenhaft Frauen auf die Straßen mobilisiert werden konnten, sie die Führung der Proteste übernommen haben, entwickelt sich in Deutschland bisher kaum eine nennenswerte Dynamik, und das trotz massiv steigender Zahlen häuslicher Gewalt und Femizide. Der Einfluss des bürgerlichen Feminismus ist vorherrschend und es gibt kaum eine nennenswerte Gegentendenz. Gleichzeitig zeigten uns die letzten Jahre auch steigende Mobiliserungserfolge bei klassenkämpferischen Demonstrationen, sei es am Tag gegen Gewalt an Frauen oder am 08. März. Dabei handelt es sich jedoch um kurzfristige Erfolge, die noch keine Analyse einer quantitativen oder qualitativen Weiterentwicklung zulassen.
Eine zentrale Bewegung der vergangenen Jahre, insbesondere seit dem 7. Oktober 2023, ist die Solidaritätsbewegung mit Palästina. Auch hier konnten wir besonders deutlich die oben beschriebene Zunahme der Repression und die Spaltung der politischen Widerstandsbewegung bzw. zu sehr großen Teilen ihre weitere Rechtsentwicklung sehen. Mit einer gigantischen Kampagne wurde versucht, jede Solidaritätsäußerung mit dem palästinensischen Volk zu unterdrücken und unter Strafe zu stellen. Ähnlich wie den Ukraine-Krieg, hat die herrschende Klasse den Krieg in Palästina genutzt, um massive Angriffe auf die Meinungsfreiheit, Demonstrationsfreiheit und weitere demokratische Rechte zu testen und dauerhaft durchzusetzen. Die weitere Aufrüstung und die Unterdrückung von Antikriegsprotesten birgt dabei auch in Zukunft das Potenzial, größere Widersprüche zur herrschenden Politik in Deutschland hervorzubringen. Insbesondere die Einführung der Wehrpflicht nach schwedischem Modell, sowie die Diskussionen über die Wiedereinführung einer vollumfänglichen Wehrpflicht bieten großes Mobilisierungspotenzial, vor allem unter Jugendlichen, welche von einer wie auch immer gearteten Wehrpflicht als erstes getroffen werden.
Die sich zuspitzende politische Lage führt in Wechselwirkung mit der Krise der politischen Widerstandsbewegung zu Sortierungsprozessen und einer Neuordnung der Kräfte innerhalb der revolutionären und kommunistischen Bewegung. Das hat den Aufschwung der kommunistischen Bewegung gestärkt, diese kann aber bisher den Abwärtstrend der politischen Widerstandsbewegung nicht kompensieren.
Wir sehen also, dass die politischen Entwicklungen auf nationaler als auch internationaler Ebene sich in einer Geschwindigkeit verändern und zuspitzen, der zum jetzigen Zeitpunkt eine zu schwache Arbeiter:innenbewegung ohne kommunistische Führung gegenüber steht. Gleichzeitig haben die sich zuspitzenden Krisen und die zunehmenden Angriffe auf unsere Klasse das Potenzial sich schneller zu entwickeln und durch ein organisierteres und konsequenteres Eingreifen von Revolutionär:innen genutzt zu werden. Es ist unsere Aufgabe, alles dafür zu tun, den Zustand der kommunistischen und Arbeiter:innenbewegung zu verändern und es dem Tempo der Herrschenden gleichzutun: Wir müssen unsere Anstrengungen vergrößern und schneller, größere Schritte wagen, um uns in die bestmögliche Ausgangsposition für den schärfer werdenden Klassenkampf zu bringen!
2. Resolution: Unsere Aufgaben im Klassenkampf
Die krisenhafte Entwicklung des deutschen Kapitalismus führt zu immer stärkeren Angriffen auf unsere Klasse auf allen Ebenen. Die tatsächlichen Ursachen werden hinter reaktionärer Ideologie versteckt, wodurch die unterschiedlichen Teile der Arbeiter:innenklasse gegeneinander ausgespielt werden. Die Hetze gegen Migrant:innen, LGBTI+ Personen und Arbeitslose verschärft sich zunehmend. Besonders die steigende Gewalt gegen Frauen zeigt die Stärkung patriarchaler Ideologie.
Gegen diese Angriffe regt sich aber auch Widerstand. So rollen immer wieder größere Protestbewegungen über das Land, in deren Fokus einzelne Widersprüche des kapitalistischen Systems stehen. Noch findet dieser Widerstand aber auf niedrigem Niveau und unter bürgerlicher Führung statt. Dadurch bleibt unsere Klasse orientierungslos, die Formen des Widerstands einseitig und die politischen Ziele im Rahmen des Systems. Für uns gilt es heute gerade deswegen diese Widersprüche und Bruchstellen durch eine geschärfte politische Analyse zu erkennen und in die entstehenden Kämpfe einzugreifen.
Teil der Klassenkämpfe sein und diese vorantreiben
Die offensichtliche Schwäche all dieser Bewegungen besteht in ihrer fehlenden proletarischen Führung, in der fehlenden Verbindung zwischen uns Kommunist:innen mit den Massen, wodurch das Potenzial überhaupt auf ein höheres Niveau gehoben werden könnte. Diese Schwäche gilt es schrittweise zu überwinden: Mit der Zusammenführung aller Kämpfe gegen Kapitalismus und Patriarchat, mit vielfältigen und konsequenten Kampfformen und dem klaren Ziel des Sozialismus vor Augen entfaltet unsere Klasse ihr revolutionäres Potenzial.
Als Kommunist:innen den Anspruch zu entwickeln, führend in den Kämpfen der Klasse zu werden bedeutet nicht, sich als über der Klasse stehend zu begreifen – im Gegenteil. Führend zu werden bedeutet Verantwortung zu übernehmen, am mutigsten voranzugehen und alle damit einhergehenden Konsequenzen selbstbewusst zu tragen.
Wir können von unserer Klasse nur die Schritte erwarten, die wir selber bereit sind zu gehen. Führung erlangen wir als Kommunist:innen, in dem wir Teil realer Kämpfe sind, diese initiieren und vorantreiben und unsere Worte mit Taten bekräftigen.
Führend werden wir, wenn es uns gelingt, uns tiefer in der Klasse zu verankern, von ihr zu lernen und die Fähigkeit entwickeln, politisch einzugreifen und über die Kombination unterschiedlichster Kampfformen möglichst große Teile der Massen in den Kämpfen mitzureißen.
Auf allen Ebenen und in allen Teilen der Klasse braucht es Antworten. Deswegen müssen wir uns ebenso breit aufstellen, wie wir von den Herrschenden angegriffen werden. Wir müssen stärker in Kämpfe um Teilforderungen eingreifen und sie mit unseren revolutionären und sozialistischen Losungen verbinden, um zeitgleich das Klassenbewusstsein in diesen Kämpfen auszubilden und zu erhöhen.
Die politische Antwort auf die sich verschärfenden Widersprüche muss also sein, heute keine Zeit zu verlieren, alle Teile unserer Klasse mit ihren Kämpfen in einer klassenkämpferische Arbeiter:innenbewegung zusammenzuführen, die Kämpfe miteinander zu verbinden und als Kommunist:innen voranzugehen um sie im ganzen weiter zu entwickeln.
Im Feuer der Repression bestehen
Unseren Kampf wird der bürgerliche Staat nicht unbeantwortet lassen. Schon heute agiert er mitsamt seiner Repressionsorgane vorausschauend: Während er sich bei den Protesten gegen den Polizeimord an Lorenz oder dem anschließenden 1. Mai 2025 im Vergleich zu den vergangenen Jahren fast überall stärker zurückhielt, sind Angriffe auf die Solidaritätsproteste mit Palästina oder revolutionäre Kräfte, die die bürgerliche Führung in antifaschistischen Protesten in Frage stellenan der Tagesordnung. Während die großen bürgerlichen Anti-AfD-Aktionen weitgehend unbehelligt bleiben, wird gegen militanten Antifaschismus scharf vorgegangen. Der Staat will uns und die Klasse voneinander trennen, die konsequentesten Kampfformen verhindern und die bürgerliche Führung der Kämpfe verteidigen.
Immer wieder werden deswegen einzelne Genoss:innen von besonders harter Repression getroffen, immer mehr Revolutionär:innen und Antifaschist:innen werden verfolgt und eingesperrt. Gleichzeitig entziehen sich Genoss:innen der Repression und tauchen unter. Doch wir bleiben im Kampf verbunden: Wir grüßen alle politischen Gefangenen, wir grüßen alle Untergetauchten!
Unsere Solidaritätsarbeit muss heute die Verbindung von unserer Klasse bis zu den Genoss:innen hinter den Knastmauern und in den Untergrund herstellen. Diese notwendige Arbeit wird auch für uns als Organisation zunehmen, je erfolgreicher wir darin werden, tatsächlich führend in Kämpfen unserer Klasse zu sein und sie voranzutreiben.
Als Kommunist:innen werden wir die Formen des Klassenkampfes stets nach der politischen Notwendigkeit wählen. Wir erkennen die Legitimität aller Formen des Klassenkampfes an und müssen in Zukunft darauf abzielen, diesen auch in seinen Kampfformen höher zu entwickeln beziehungsweise ein in anderen Teilen der revolutionären Bewegung bestehendes Niveau selbst zu erreichen.
Als revolutionäre und kommunistische Bewegung zusammen vorangehen
Die Geschichte hat immer wieder gezeigt, dass der Staat der Herrschenden zu allen Mitteln greifen wird, um Zweifel, Misstrauen und Pessimismus zu streuen unter all denjenigen, die zum Kämpfen bereit sind. Gerade der gemeinsame Kampf gibt der revolutionären und kommunistischen Bewegung als Ganzer die Zuversicht, nicht alleine zu sein und bildet ein reales Siegesbewusstsein aus.
Wir begrüßen die Entwicklung der kommunistischen Bewegung hin zu intensiverem Austausch und Zusammenarbeit und werden diese weiter gezielt vorantreiben. Wir wollen weiter eine Kultur der revolutionären Solidarität in Deutschland etablieren. Hierzu ist in unseren eigenen Reihen und der revolutionären und kommunistischen Bewegung ein dauerhafter Kampf gegen Konkurrenzdenken, Selbstzufriedenheit, Überheblichkeit und Sektierertum notwendig. Zentral ist es dabei, einerseits die praktische Kampfeinheit in der Aktion und Arbeitsweise zu schaffen und andererseits auch in inhaltlichen Austausch und ideologische Diskussionen zu kommen. Aufgabe muss es sein, als revolutionäre und kommunistische Bewegung mehr zusammen zu wachsen und es als gemeinsame Aufgabe zu sehen, in die Klassenkämpfe einzugreifen.
Nur so werden wir zu einer Einheit im Klassenkampf, um den Herrschenden etwas entgegenzusetzen und die proletarische Führung auf dem Weg zum Sozialismus herzustellen. Gehen wir gemeinsam voran!
3. Resolution: Die notwendigen Entwicklungsschritte gehen
Die kommende Zeit müssen wir auch auf organisatorischem Gebiet nutzen, um weitere Schritte auf dem Weg des Parteiaufbaus zu gehen. Dazu gehört neben der Entwicklung und Anpassung der eigenen Strukturen und Arbeitsweisen, ebenso die gezielte Weiterentwicklung unserer Frauenorganisation und der Entwicklung unserer Jugendorganisation hin zu ihrer organisatorischen Unabhängigkeit.
Die kommenden Schritte unserer organisatorischen Entwicklung müssen dabei den sich verändernden objektiven und subjektiven Bedingungen im Klassenkampf entsprechen, um unseren immer größeren Aufgaben auf allen Gebieten der politischen Arbeit gerecht werden zu können.
Mit der wachsenden Erfahrung in Theorie und Praxis der Organisation und der Entwicklung unseres Organisationsgerüsts müssen wir auch die Ansprüche, die wir an uns stellen, an denen wir unsere Fortschritte messen und die uns weiter auf dem Weg von der Aufbauorganisation zur Kommunistischen Partei leiten, vergrößern. Wir dürfen uns auf dem erreichten Niveau nicht ausruhen und erst recht unsere Erfolge nicht überhöhen, indem wir sie mit den heute überholten Maßstäben von vor einigen Jahren messen.
Andererseits können wir durchaus stolz sein auf das, was wir in den vergangenen 11 Jahren erreicht haben und dadurch heute auf den Ansammlungen von Qualität und Quantität aufbauen. Gleichzeitig heißt das für uns eben auch, insbesondere auf die aktuellen wie vergangenen Fehler zu schauen, aus diesen zu lernen und davon ausgehend voran zu schreiten. Für uns heißt das, diejenigen Bereiche, die bisher unterentwickelt sind oder hinter anderen Bereichen zurückbleiben, mit noch mehr Einsatz, Konzentration und Kontinuität zu entwickeln.
Die kritisch und selbstkritisch festgestellten Schwachstellen gilt es zu schließen, Fehler zu überwinden und aus unseren bisherigen Schwächen neue Stärken für die kommende Zeit zu entwickeln und dabei das Ziel des Parteiaufbaus nicht aus den Augen zu verlieren.
Ein neues Niveau der Organisationsentwicklung schaffen
Zu den Aufgaben in der anstehenden Entwicklung gehört insbesondere die Professionalisierung und Ausdifferenzierung aller Arbeitsbereiche und Ebenen der Organisation. Gleichzeitig wird eine neue Qualität und Quantität der Arbeit in vielen Bereichen dazu führen, dass alte Arbeitsweisen, Konzepte und Organisationsmethoden nicht mehr ausreichend sind, sondern durch neu zu schaffende Mechanismen ersetzt werden müssen. Bei diesen Schritten müssen wir die schärfer werdende Repression, das wachsende Niveau der politischen Kämpfe und auch unsere zukünftig höher gesetzten Ansprüche auf beim Parteiaufbau berücksichtigen.
Eine der zentralen Aufgaben auf diesem Weg bleibt die Ausbildung und Entwicklung immer neuer Kader:innen. Auch hier wird es darum gehen, Defizite, die es gibt, aufzuholen und auf der einen Seite Genoss:innen in der Breite der Organisation auszubilden, Erfahrungen, Wissen und Methoden weiter zu geben. Auf der anderen Seite müssen wir neben einer allseitigen Entwicklung und Schulung revolutionäre Expert:innen auf verschiedenen Gebieten schaffen, ohne die eine dauerhafte Höherentwicklung und Professionalisierung der Arbeit unmöglich bleibt. Zudem ist es weiterhin unsere Aufgabe, die Ausbildung von Berufsrevolutionär:innen im imperialistischen Zentrum voran zu treiben und Methoden der kontinuierlichen Persönlichkeitsentwicklung auszubauen.
Es ist klar, dass wir heute noch lange nicht in alle Schichten und Sektoren der Arbeiter:innenklasse wirken können und auch die Zusammensetzung unserer Klasse sich bisher nur unzureichend in ihrer Vielfältigkeit in unseren Reihen widerspiegelt. In der kommenden Zeit müssen wir auch hier Schritte gehen, um unser Fundament als kommunistische Organisation zu verbreitern und Menschen aus immer mehr und unterschiedlicheren Teilen unserer Klasse zu erreichen, zu politisieren und dauerhaft zu organisieren. Auch hierfür müssen wir unsere bisherigen Arbeitsmethoden und Strukturen hinterfragen und entsprechende Antworten entwickeln, mit welchen wir die Potenziale unserer Klasse immer besser ausschöpfen können.
Entwicklung der Frauenorganisation und der Frauenrevolution
Sowohl die kommende Zeit, als auch unsere eigene Entwicklung erfordern von uns auch in Fragen der Frauenrevolution schneller Schritte zugehen und passende Antworten zu finden. Das bedeutet, dass das Niveau und der Anspruch auch in der revolutionären Frauenarbeit in allen Bereichen erhöht werden müssen.
Auf organisatorischer Ebene gilt es, ein Gerüst der Frauenorganisation aufzubauen, das die Grundlage für weitere Schritte legt. Doch nicht nur auf dieser Ebene stehen wir vor einer Herausforderung, sondern es gilt auch in diesem Bereich unsere Kader:innen auszubilden und die Organisation in Theorie und Praxis weiter zu formen. Die in der theoretischen Arbeit zu klärenden Fragen müssen kollektiv diskutiert werden und die notwendige Konzentration von Genoss:innen auf diese Arbeiten muss ermöglicht werden.
Als Kommunistinnen ist es unsere Aufgabe, den Kampf um die Herzen und Köpfe der Frauen unserer Klasse anzuführen zur Stärkung der kommenden Klassenkämpfe. Aus der Linie der Frauenrevolution müssen wir ihren klassenmäßigen Inhalt in Form von greifbaren Losungen ableiten und mit diesen in einer lebendigen Agitations- und Propagandaarbeit die fortschrittlichsten Frauen unserer Klasse erreichen.
Die jungen Frauen der Arbeiter:innenjugend stellen dabei ein besonderes Potenzial und einen Motor für den revolutionären Kampf dar. Damit sie ihr volles Potenzial entfalten können, müssen passende Formen der kommunistischen Arbeit mit und unter jungen Frauen entwickelt werden, um sie zu kommunistischen Vorbildern der Jugend zu entwickeln und sie dabei zu unterstützen, ihren Platz in der unabhängigen Jugendorganisation einzunehmen!
Im Kampf gegen das Patriarchat stehen dabei trans- und nichtbinäre Genoss:innen eng an der Seite der Frauen unserer Klasse. Auch hier stellt uns die aktuelle Lage vor zahlreiche Aufgaben, da die Rechte und Freiheiten insbesondere von trans Personen zunehmend in Frage gestellt und eingeschränkt werden. Gleichzeitig ist auch die LGBTI+ Bewegung verstärkt rechten Angriffen ausgesetzt. Hier gibt es die Notwendigkeit, einen revolutionären Standpunkt in Bezug auf Geschlecht und Sexualität in die Proteste zu tragen und selbst einen Teil zur Stärkung einer proletarischen LGBTI+ Bewegung beizutragen und das Selbstbestimmungsrecht auf allen Ebenen zu verteidigen.
Ebenso müssen die Erfahrungen im Kampf gegen patriarchales Fehlverhalten und Gewalt weiter verallgemeinert und konsequent weiterentwickelt werden. Dabei muss das Bewusstsein darüber geschärft werden, dass es die Pflicht aller Kommunist:innen sein muss, einzugreifen und Verantwortung zu übernehmen bei patriarchalem Fehlverhalten und Gewalt. Der Kampf muss von allen Geschlechtern geführt und von den Frauen angeleitet werden. Das bedeutet, dass die Anerkennung und konsequente Umsetzung unserer Leitlinien zu patriarchalem Fehlverhalten und Gewalt ein elementarer Bestandteil der Kader:innenentwicklung aller Geschlechter sein muss.
Die Aufgaben und Ansprüche an die Frauenorganisation wachsen stetig, weshalb die Frauen einer kommunistischen Organisation die Möglichkeiten erhalten müssen, diesen Bereich eigenständig entlang der strategischen Gesamtausrichtung der Organisation zu entwickeln und anzuleiten. Diese Eigenständigkeit zu verwirklichen, ist einer der nächsten Schritte, die wir in der kommenden Zeit gehen werden.
Die organisatorische Unabhängigkeit der Jugendorganisation
Eine Kommunistische Partei benötigt eine Kommunistische Jugendorganisation, welche die Schule der Partei ist – eine Organisation, in der die Jugendlichen in den Grundlagen der kommunistischen Arbeit ausgebildet werden. Durch den stetigen Übergang von Jugendgenoss:innen in die Reihen der Partei muss sie diese dauerhaft verjüngen und erneuern. Die jugendlichen Genoss:innen müssen die Partei durch ihren jugendlichen Enthusiasmus mit neuem revolutionären Feuer anstecken, ihre Arbeitsmethoden und Herangehensweisen hinterfragen und revolutionieren.
In der kommenden Periode steht unsere Jugendorganisation nun vor der Aufgabe, ihre organisatorische Unabhängigkeit zu verwirklichen, das bedeutet, eine eigenständige, demokratisch-zentralistische Organisation zu schaffen, die politisch und ideologisch an unsere Organisation gebunden bleibt. Es gilt, einen Kongress durchzuführen, eine eigene bundesweite Leitung zu wählen; eigene Leitungsstrukturen auf regionaler und lokaler Ebene zu schaffen; ihr Statut den neuen Entwicklungen entsprechend anzupassen; Entwicklungspläne für die eigene politische Arbeit festzulegen.
Es ist die Aufgabe unserer Organisation, den kommunistischen Jugendlichen mit Rat und Tat zur Seite zu stehen und ihnen gleichzeitig die Verantwortung für ihre eigenständige Entwicklung zu übertragen. Es ist Zeit, selber die richtigen Wege zu finden. Nur so kann die kommunistische Jugendorganisation ihre oben skizzierten Aufgaben voll und ganz erfüllen und noch viel mehr als bisher in ihrer Entwicklung ihre Rolle als Motor der Entwicklung der gesamten Organisation wahrnehmen und ausfüllen. Nur so kann sie wirklich zu einer kommunistischen Massenorganisation der gesamten proletarischen Jugend werden. Nur so kann sie es schaffen, die gesamte Organisation zu revolutionieren und mit neuer jugendlicher Dynamik anzustecken.
4. Resolution: Unsere Aufgaben als revolutionäre Internationalist:innen
Überall auf der Welt bringt die aktuelle Entwicklung des Imperialismus für die Arbeiter:innenklasse sowie für die unterdrückten und abhängigen Völker neue Katastrophen hervor, doch diese Katastrophen sind zugleich neue Gründe, sich dem Widerstand gegen das imperialistische Weltsystem anzuschließen. Die Herrschenden sind sich dessen sehr bewusst, folgerichtig konzentrieren sie einen Großteil ihrer Kräfte auf die Bekämpfung von revolutionären Widerstandspotenzialen. Es ist unsere Aufgabe, diesen Angriffen unsere internationalistische Solidarität entgegenzustellen.
Im Ukraine-Krieg – als Vorspiel des III. Weltkriegs – leidet die ukrainische Arbeiter:innenklasse massiv, während russische und ukrainische Arbeiter:innen an der Front verheizt werden. Im inneren beider Länder werden die Rechte von Gewerkschaften und kämpferischen Arbeiter:innen angegriffen und Anti-Kriegs-Organisationen verfolgt. In Westasien leistet das palästinensische Volk weiter unermüdlich Widerstand, während der israelische Staat versucht, die Situation nach dem 7. Oktober zu nutzen, um mittels eines völkermörderischen Krieges den Kampf gegen ihre Besatzung zu brechen und zugleich den eigenen Einfluss – und damit den des westlich-imperialistischen Blocks – in der Region weiter auszubauen. Auch der türkische Staat bemüht sich, die veränderte Lage zu nutzen um den kurdischen Freiheitskampf einzuhegen und die Errungenschaften der demokratischen Revolution in Rojava zu erdrosseln. In Indien und auf den Philippinen versuchen die reaktionären Kräfte die kämpfenden Bewegungen zu vernichten, die dort seit Jahrzehnten auf revolutionärer Grundlage einen bewaffneten Kampf führen. Derweil ringen die Imperialisten verstärkt um Osteuropa und versuchen Einfluss auf Massenbewegungen zu nehmen, die sich gegen die politische Unterdrückung und wirtschaftlichen Nöte der Massen entwickeln. Auch in Afrika und Lateinamerika sehen wir immer wieder, wie sich spontan zu ähnlichen Themen Massenproteste stattfinden.
Antworten wir mit proletarischem Internationalismus!
In dieser unübersichtlichen Situation – in der Regierungsstürze, Verschiebung von Grenzen, Massenbewegungen, Fluchtbewegungen usw. international immer mehr zum Alltag gehören – liegt es an den Kommunist:innen, Orientierung zu geben. Orientierung auf eine kommunistische Welt, in der Krieg, Ausbeutung und Unterdrückung überwunden sind. Orientierung auf einen sozialistischen Aufbauprozess, mit dem die wichtigsten Übel des Kapitalismus beseitigt werden können und der eine reale Alternative darstellt. Orientierung auf eine sozialistische Revolution, als strategisches Ziel einer klassenkämpferischen Bewegung, die nicht nur im Abwehrkampf aufgeht, sondern eine eigene Perspektive entwickeln will. Orientierung auf den Aufbau kämpfender kommunistischer Parteien, welche in der Lage sind an der Spitze der Klassenkämpfe zu stehen.
Auf die grundsätzliche Entwicklung der politischen Lage, sowohl international als auch national, haben wir aktuell nur einen begrenzten Einfluss. Es liegt aber in unserer Hand, ob wir es schaffen, richtig in diese einzugreifen und die Bruchstellen und Krisen, welche das verfaulende kapitalistische System mit sich bringt, zur Stärkung unserer Seite auszunutzen.
Die politische Antwort auf die internationalen zwischenimperialistischen Zuspitzungen muss allseitig sein – sie erfordert die Entlarvung der bürgerlichen Propaganda, über alle uns zur Verfügung stehenden Wege, die Entfaltung einer lebendigen, revolutionären Agitations- und Propagandaarbeit, welche die Notwendigkeit der sozialistischen Revolution über die gewaltsame Machtergreifung verbindet mit den konkreten Problemen, Ängsten und legitimen Bedürfnissen unserer Klasse; das Eingreifen in die Klassenkämpfe um sie als vorantreibendster Teil weiterzuentwickeln.
Der politische Kampf gegen alle kapitalistischen Krisenerscheinungen muss dabei beinhalten, den proletarischen Internationalismus in Theorie und Praxis zu leben.
Für uns als Kommunist:innen in Deutschland bedeutet dies im Bezug auf den nationalen Rahmen, die Arbeiter:innenklasse in Deutschland über unterschiedliche Nationalitäten hinweg zu organisieren, Spaltungslinien, Chauvinismus und Rassismus innerhalb der Klasse zurückzudrängen und über diesen Weg für die gemeinsamen Interessen als Klasse zu kämpfen – jenseits von Herkunft, Hautfarbe und Aufenthaltstitel. Es bedeutet zudem, in der Klasse ein Bewusstsein darüber zu entwickeln, für mehr zu kämpfen als nur für sich selbst und die vermeintlich „nationale“ Arbeiter:innenklasse. Es ist unsere Aufgabe, eine emotionale Verbindung und ein tiefes Bewusstsein bei uns und in der Arbeiter:innenklasse für die Lage und Kämpfe unserer unterdrückten Klassengeschwister weltweit zu schaffen. Ein Bewusstsein über die Notwendigkeit zu schaffen, die imperialistische Ausbeutung durch Deutschland beenden zu wollen, denn „ein Volk was ein anderes Volk unterdrückt, kann nicht frei sein“.
Im internationalen Rahmen gilt es, die Kämpfe unserer Klasse in anderen Ländern zu unterstützen: Etwa in dem wir die Kollaboration des deutschen Imperialismus mit dem Völkermord in Gaza oder dem Faschismus in der Türkei angreifen oder indem wir durch Solidaritätsaktionen und Kampagnen Aufmerksamkeit auf Arbeitskämpfe in anderen Ländern und die Rolle deutscher Konzerne in der dortigen Ausbeutung legen.
Internationale Beziehungen aufbauen und voneinander lernen
Doch als kommunistische Kräfte müssen wir auch unsere Verbindungen zu anderen revolutionären und kommunistischen Kräften stärken – insbesondere da, wo der deutsche Imperialismus am meisten Unheil anrichtet. Die internationale Zusammenarbeit zwischen revolutionären Kräfte ist weiterhin unterentwickelt und hinkt den objektiven Notwendigkeiten stark hinterher.
Wir sehen es als unsere Aufgabe, internationale Beziehungen zu anderen kommunistischen und revolutionären Kräften auszubauen und ihre Erfahrungen, Kampfmethoden und theoretischen Errungenschaften der wachsenden kommunistischen Bewegung in unserem Land zur Verfügung zu stellen.
Obwohl wir heute keine Kommunistische Internationale haben und die Voraussetzungen für ihre Neugründung auch nicht kurzfristig geschaffen werden können, gilt es, gewisse Teilfunktionen wie den systematischen Austausch von Erfahrungen, die gezielte gemeinsame Arbeit an Methoden des Parteiaufbaus, die gemeinsame ideologische Arbeit und vor allem die gemeinsame Praxis im Klassenkampf schrittweise wieder aufzubauen. Obwohl wir eine noch vergleichsweise junge und unerfahrene Organisation sind, sehen wir uns in der Verantwortung, hierzu einen Beitrag zu leisten.
Als in Deutschland lebende Kommunist:innen ist es unsere Aufgabe, dem deutschem Imperialismus den Todesstoß zu versetzen. Dieser Kampf wird jedoch umso entschlossener, je stärker er im Bewusstsein um seine Bedeutung für die internationalen Klassenkämpfe geführt wird. Der proletarische Internationalismus, der Klassenzusammenhalt über alle Grenzen hinweg, ist deshalb eine strategische Waffe auf dem Weg zum internationalen Sieg des Sozialismus.
Grußbotschaft unseres 5. Kongresses
Grüße an unsere Kampfgefährt:innen!
Liebe Genoss:innen,
als junge kommunistische Organisation mit dem festen Willen und Ziel, den deutschen Imperialismus durch eine sozialistische Revolution zu Fall zu bringen, haben wir Anfang Mai 2025 unseren fünften Kongress durchgeführt.
Im Namen dieses Kongresses grüßen wir euch, als unsere Genoss:innen, die im gleichen Kampf stehen wie wir, auch wenn sich unsere Kampfbedingungen oft stark unterscheiden.
Wir grüßen euch, von denjenigen, die auf den Straßen von Los Angeles Widerstand gegen die faschistische Politik der mächtigsten imperialistischen Regierung der Welt leisten, bis zu denjenigen, die auch nach Jahrzehnten noch den bewaffneten Kampf gegen den mörderischen indischen Staat fortführen.
Wir grüßen alle Kampfgenoss:innen, die das heuchlerische Schweigen der westlichen Staaten im Angesicht des Völkermords in Gaza mit ihren Aktionen durchbrochen haben, bis hin zu denjenigen, die dort trotz aller Gewaltmittel des israelischen Staates unnachgiebig an ihrem Kampf für Würde und ihre Menschlichkeit festhalten.
Wir grüßen die indigenen Aktivist:innen in Lateinamerika, die sich der rücksichtslosen Zerstörung der natürlichen Umwelt für Profite in den Weg stellen ebenso wie die LGBTI+ Genoss:innen und kämpfenden Frauen, die überall auf der Welt der Gefahr von Mord und Gewalt trotzen, um ihre vollständige Gleichstellung und die Beseitigung des Patriarchats durchzusetzen.
Wir grüßen alle Widerstandskämpfer:innen gegen Krieg und Faschismus, die täglich mutig ihr Leben und ihre Freiheit aufs Spiel setzen. Wir grüßen euch, egal, ob ihr zwangsrekrutiert in Schützengräben liegt, euch in der Illegalität befindet oder in Deutschland und Ungarn in Gefängniszellen sitzt.
Wir grüßen alle Kommunist:innen von Frankreich bis nach Kurdistan, von Kenia bis nach Kolumbien, die auch in schwierigen Zeiten, auch unter den Angriffen des Klassenfeindes und auch, wenn andere sich vom Kampf abwenden, das rote Banner unserer Bewegung nicht sinken lassen.
Wir sind uns der Verantwortung, die als Kommunist:innen in Deutschland, auf unseren Schultern lastet, wohl bewusst. Deutschland gehört zu den wichtigsten imperialistischen Mächten der Welt, auch nach zwei verlorenen Weltkriegen ist es nicht bereit, sich in die zweite Reihe zurückzuziehen, sondern rüstet auf und militarisiert seine Gesellschaft massiv, um künftige Kriege vorzubereiten.
Das Bewusstsein, dass die größten Bewährungsproben und Angriffe auf dem Weg zum Sozialismus noch vor uns Kommunist:innen in Deutschland liegen, zwingt zur Bescheidenheit. Doch wir gehen diesen Weg nicht allein, schon jetzt ziehen wir immer wieder Kraft und Motivation, weiterzumachen, gerade aus euren Kämpfen.
Bei der Entwicklung eines für die Kampfbedingungen in Deutschland passenden Parteimodells stützen wir uns auf eure Erfahrungen und versuchen, sie konkret anzuwenden. Unser Kampf steht auf euren Schultern, den Schultern der unzähligen Genoss:innen, die ihr Leben nicht nur in Deutschland, sondern überall auf der Welt dem Kampf für die Befreiung der Menschheit gewidmet haben!
Euch alle grüßen wir!