November 1918 – Ein Blick zurück
Am 9. November 1918 strömten die Berliner ArbeiterInnen in riesigen Demonstrationszügen aus den proletarischen Vororten ins Regierungsviertel im Stadtzentrum. Die Revolutionären Obleute hatten nach dem Januarstreik 1918 angefangen Waffen zu beschaffen, da ihnen wie allen RevolutionäreInnen klar war, die nächste Massenaktion wird der Aufstand sein. So liefen am 9.11.1918 bewaffnete Arbeiter an der Spitze und versuchten so etwas wie Struktur in die spontane Massenerhebung zu bringen, die durch die erfolgreiche Meuterei und Machtübernahme des Arbeiter- und Soldatenrats in Kiel wie ein Lauffeuer das ganze Reich erfasste. Schon seit Monaten agierte der Spartakusbund für die revolutionäre Erhebung.
Nach der gescheiterten letzten Offensive der deutschen Armee an der Westfront im Sommer 1918 kam der politische Versuch der Herrschenden zu retten, was zu noch retten war, zunächst zu spät. Die konterrevolutionäre Oberste Heeresleitung unter Hindenburg und Ludendorff versuchte eine bürgerliches Reformkabinett zu installieren. Das wurde durch die Massen am 9. November hinweggefegt. Am Nachmittag dieses historischen Tags wurde in Berlin die Republik gleich zweimal ausgerufen: Als bürgerliche Republik durch die Sozialdemokratie (Scheidemann) und als sozialistische Republik der Arbeiter- und Soldatenräte durch Karl Liebknecht.
Was recht erfolgversprechend angefangen hatte, der Versuch ein sozialistisches Deutschland aufzubauen, sollte zunächst nicht erfolgreich Enden und in den folgenden Monaten und Jahren bis 1923 zu eine Reihe revolutionären Erhebungen führen. Die Bourgeoisie konnte sie alle mit Hilfe der Konterrevolution (z.B. den Freikorps) wie dank der tatkräftigen Mithilfe der Sozialdemokratie politisch zersetzen und die kämpfenden RevolutionärInnen militärisch besiegen. Wie schon beim Großen Deutschen Bauernkrieg 1525 und der bürgerlichen Erhebung 1848 sollte die Zersplitterung der revolutionären Kräfte und eine fehlende, das gesamte Land erfassende schlagkräftige Organisationsstruktur als notwendige Koordination eine maßgebliche Ursache für die Niederlage sein.
November 2018 – Zuspitzung der imperialistischen Widersprüche auf allen Ebenen
Bundesregierung und IWF haben ihre Wachstumsprognosen für die Wirtschaft massiv abgesenkt. Alle bürgerlichen Ökonomen und Politiker reden von der kommenden Wirtschaftskrise. Nebenbei wird in der – zumindest in Deutschland gefühlten Hochkonjunktur – dem staunenden Publikum in den Medien erklärt, dass das Finanzsystem heute viel instabiler als beim Crash 2007/2008 ist. Imperialistische Stellvertreterkriege toben auf dem halben Globus und die nächste Eskalationsstufe eines begrenzten konventionellen Kriegs zwischen den offiziellen Armeen der Imperialisten wird schon logistisch und propagandistisch vorbereitet. Politisch und ideologisch hat der Kapitalismus nur noch einen bekannten Ausweg zu bieten: Faschismus. Mittlerweile ist die AfD in alle Parlamente eingezogen ist und rechte Schlägergruppen üben den Straßenterror in Chemnitz und anderswo. Diese Entwicklungen und vor allem die weiteren Zukunftsperspektiven lassen nur einen Schluss zu: Die Zeit über die moralische Berechtigung, die Möglichkeit oder Notwendigkeit eines Systemwechsel akademisch zu diskutieren geht zu Ende. Die Zeit zum Handeln wird kommen und wahrscheinlich viel schneller als wir es uns heute vorstellen können. Wir müssen uns darauf vorbereiten, dass 1918 bis 1923 gescheiterte Werk zu vollenden und die erste erfolgreiche sozialistische Revolution in der deutschen Geschichte zustande zu bringen.
Aus der Geschichte lernen heißt siegen lernen!
Die ArbeiterInnenklasse in Deutschland verfügt über eine besondere Kampferfahrung. Dazu zählen auch die Arbeiter- und Soldatenräte der Novemberrevolution und die Erfahrungen der Revolutionsjahre 1918 bis 1923, sowie die Erfahrung, dass die unterdrückten Massen sich spontan erheben und Regierungen hinwegfegen können. Aber dazu gehören auch die Erfahrungen der Niederlage und ihrer Gründe. Wie schon Lenin feststellte, wäre die Sozialistische Oktoberrevolution in Russland ohne die gescheiterte Revolution 1905 nicht denkbar gewesen. Auch in den Tiefen des kollektiven Bewusstsein der ArbeiterInnenklasse in Deutschland finden wir diese Erfahrung. Heute zumeist als Negation in Form von Aussagen wie z.B. „Ihr habt ja Recht, aber eine Revolution klappt eh nicht in Deutschland“; „Revolution, schön und gut, aber das heißt Bürgerkrieg – Bundeswehr und NATO werden euch einfach platt machen“ oder auch „Die Linken streiten sich doch nur untereinander, so zersplittert kann das nichts werden“.
Ja, es stimmt. Eine zersplitterte Bewegung, die weder ein einheitliches Zentrum hat, noch sich über das Ziel, den Weg und das taktische Vorgehen verständigt, muss solche Niederlagen erleiden, wie die verschiedenen Räterepubliken (Bremen, München usw.) und Aufstände (Mitteldeutschland, Rote Ruhrarmee, Hamburg usw.) in den vergangenen 100 Jahren. Deswegen müssen wir das Vermächtnis von Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht ernst nehmen und Lenins Forderung nach einer Kommunistischen Partei neuen Typs als professionellem und zentralisiertem Kampfstab der ArbeiterInnenklasse in die tat umsetzen. Eine solche Partei alleine wird noch nichts bewirken. Aber auch eine Massenbewegung von unten in Räten organisiert ohne eine solche Partei muss gegenüber der hochzentralisierten Konterrevolution und ihren militärischen wie politischen Apparaten scheitern – in Deutschland 1918 wie bei vielen anderen historischen Beispielen. Beides – Kommunistische Partei und Räte – gehört zusammen und nur in dieser Einheit haben wir eine Chance als Klasse die Unterdrückung zu überwinden.
Während Bewegungen spontan entstehen, wie die Geschichte immer wieder gezeigt hat, bedarf der Aufbau einer leninistischen Partei neuen Typs eines geplanten und bewussten Vorgehens. Die Partei mitten im Kampf zu schaffen ist zu spät. Das beweist der Verlauf der Novemberrevolution samt nachträglicher KPD-Gründung.
Eine weitere Lehre aus der Novemberrevolution zeigt, dass die Zersplitterung in Deutschland nicht nur ideologischer/politischer und organisatorischer Natur ist, sondern auch die spezifischen Bedingungen eines ausgeprägten Regionalismus in Deutschland überwinden muss. Solange auch RevolutionärInnen in „Städten“ und „Regionen“ denken, wird die sozialistische Revolution eine wünschenswerte aber unrealistische Utopie bleiben. Lasst uns daher anfangen, eine wirklich das gesamt Land umfassende Kommunistische Partei zu schaffen.
Die revolutionären Traditionen der ArbeiterInnenklasse in Deutschland aufgreifen!
Die Kommunistische Partei neuen Typs aufbauen!
Es lebe die sozialistische Revolution!
Vorwärts zum Kommunismus!