Die Grundlinie der imperialistischen Strategie ist es, die Arbeiter:innenklasse anhand ihrer Herkunft zu spalten und diese Spaltung zu benutzen, um über besondere Ausbeutungsmechanismen Extraprofite zu erzielen. Beispiele hierfür sind die Lage der Gastarbeiter:innen oder der osteuropäischen Saisonarbeiter:innen in der Landwirtschaft. Rassismus, Nationalismus und Chauvinismus und die entsprechenden Unterdrückungsverhältnisse dienen hierbei als ideologische bzw. politische Instrumente.

Die Grundlinie der kommunistischen Strategie muss es sein, die Arbeiter:innenklasse im Kampf zusammenzuführen und zu einer „organisierten und politisch bewussten Klasse“ zu machen. Das bedeutet, dass wir den Rassismus als imperialistischen Spaltungsmechanismus bekämpfen müssen. Dabei dürfen wir nicht bei oberflächlichen direkten Aktionen stehen bleiben. Wir müssen stets im Kopf behalten, dass wir den Rassismus nur dann ganz in die Knie zwingen werden, wenn wir seinen Ursprung bekämpfen, und dieser liegt in den ökonomischen Verhältnissen der kapitalistischen Gesellschaft.

Unsere grundsätzliche Herangehensweise ist dabei die folgende:

  • Es ist unsere Aufgabe, mit einer Klassenperspektive an den Rassismus heranzugehen. Das bedeutet, dass wir Ausbeuter:innen und Kriminelle (z.B. hochrangige Mitglieder von Mafiastrukturen) bekämpfen, egal woher sie stammen. Die sozialistische Revolution wird auch vor der Enteignung migrantischer Kapitalist:innen nicht halt machen. Wir kämpfen nicht für eine „diverse“ Kapitalist:innenklasse, sondern für ein Zusammenkommen der Arbeiter:innen verschiedener Herkunft im gemeinsamen Kampf gegen die Bourgeoisie.
  • Wir bekämpfen die besonderen Ausbeutungs- und Unterdrückungsverhältnisse der migrantischen Arbeiter:innen und arbeiten dabei die gemeinsamen Interessen der Arbeiter:innenklasse heraus. Wir wissen, dass wir durch die Verbesserung der Lage der migrantischen Arbeiter:innen die Kampfbedingungen der Arbeiter:innenklasse als ganzer verbessern. Diesen Aspekt heben wir besonders dort hervor, wo die Verbesserung der Lage von Migrant:innen scheinbar oder zunächst eine Verschlechterung der Lage anderer Teile der Klasse nach sich zieht (z.B. wenn die oben erwähnten Extraprofite aus der Ausbeutung migrantischer Arbeiter:innen wegfallen und die entsprechenden Jobs nicht mehr nur von Migrant:innen gemacht werden). Wir stellen in unserer Theorie und Praxis heraus, dass wir uns nicht gegeneinander ausspielen lassen und uns nicht gegenseitig den Lebensstandard klein rechnen. Ebenso dürfen wir uns nicht dazu verleiten lassen, in karitative Arbeit oder bürgerliche Fürsorge zu verfallen, denn der Kampf gegen Rassismus ist kein „Gutmenschentum“, sondern elementares Interesse aller Arbeiter:innen. 
  • Eine besondere Rolle spielt der Kampf gegen den Faschismus, egal woher dieser kommt (z.B. deutscher oder türkischer Faschismus) oder welchen Charakter er annimmt. Der Kampf gegen den faschistischen Terror gegen Migrant:innen muss dabei für uns eine besondere Rolle einnehmen. Das bedeutet unter anderem, den Selbstschutz gegen faschistische Angriffe und rassistische Polizeigewalt als eigene Aufgabenfelder zu begreifen. Zur Realisierung hiervon können Sport-Massenorganisationen ein erster Schritt sein.
  • In unserer Arbeit lassen wir uns von den Prinzipien des proletarischen Internationalismus leiten. Das bedeutet, dass wir die Rolle des deutschen Staates in internationalen Konflikten analysieren und bekämpfen, uns mit den antiimperialistischen und Klassenkämpfen in anderen Ländern solidarisieren und für die Aufnahme von Geflüchteten eintreten. Die Tatsache, dass der Imperialismus die internationale Migration trotz geschlossener Grenzen und massiver Repression nicht zu 100 Prozent steuern kann, ist ein Schwachpunkt, den wir für den revolutionären Kampf ausnutzen können. Internationale Migration kann dazu führen, dass Konflikte aus anderen Ländern in die imperialistischen Zentren getragen werden. In fortschrittliche Bahnen gelenkt werden können diese Kämpfe dort wie hier aber nur unter kommunistischer Führung. 

Aus diesen allgemeinen Leitlinien ergeben sich die folgenden Grundsätze für die kommunistische Antira- und Migrant:innen-Arbeit in den konkreten Arbeitsfeldern.

Ideologische Arbeit

  • Unsere Aufgabe ist es, die rassistische und chauvinistische Propaganda, die durch den Imperialismus gezielt und organisiert in die Arbeiter:innenklasse hineingetragen wird, mindestens genauso gezielt und organisiert zu bekämpfen. Wir entlarven die Verbreitung rassistischer Ideologien durch den Imperialismus als reaktionäre Instrumente im Klassenkampf und zeigen auf, dass Rassismus und Antikommunismus zwei Seiten einer Medaille sind. 
  • Zur ideologischen Arbeit im Bereich des Antirassismus gehört es auch, die idealistischen und arbeiter:innenfeindlichen Theorien des Postmodernismus zurückzuweisen und zu bekämpfen, die sich in den letzten Jahren stark in den kleinbürgerlich-intellektuellen Teilen der migrantischen und politischen Widerstandsbewegung ausgebreitet haben. Hierzu zählen insbesondere die Critical-Whiteness-Theorien und darin enthaltene Konzepte wie die „Privilegientheorie“, Allyship und andere. Diese politischen Theorien führen in der Praxis zu einer Vertiefung der Spaltung zwischen den Arbeiter:innen. Sie verhindern damit jeden ernsthaften Kampf gegen rassistische Unterdrückung und die besondere Ausbeutung von Migrant:innen. Davon bleibt unbenommen, dass wir unsere eigenen theoretischen Lücken schließen und einen konsequenten Kampf gegen den Rassismus auch in unseren eigenen Reihen führen müssen. 
  • Eine weitere ideologische Aufgabe ist es, herauszuarbeiten, an welchen Stellen die staatliche Integrationsarbeit die migrantischen Arbeiter:innen unter einem „demokratischen“ Etikett gegeneinander ausspielt, z.B. die „perfektintegrierten“ gegen die „nichtintegrierten“. Wir zeigen dagegen auf, dass es keine „besseren“ oder „schlechteren“ Migrant:innen gibt.
  • Wir arbeiten unsere politische Linie anhand des Marxismus-Leninismus und der kommunistischen Strategie zusammen mit den Massen aus, mit denen wir arbeiten. Das bedeutet, dass wir uns nicht passiv nach den Stimmungen der Massen richten, z.B. anhand einer Ausrichtung „Die Betroffenen sollen vorgeben, wo es lang geht“. Da es im Imperialismus letztlich nur die sozialistische und bürgerliche Weltanschauung gibt (wenn auch in unzähligen Schattierungen und in sich widersprüchlichen Zwischenformen), gilt im Gegenteil: Wir streben an, als Kommunist:innen die politische Führung zu übernehmen. Dabei entwickeln wir in der Praxis die nötige taktische Flexibilität. Dazu gehört z.B., dass wir ein Gespür dafür entwickeln, wer in einer konkreten Situation die politischen Diskussionen mit den Betroffenen führt und wie. Hier gibt es keine Allgemeinrezepte wie z.B., dass migrantische Kommunist:innen immer besser für diese Arbeit geeignet wären als nicht-migrantische.

Politische Organisierung

  • Aus der besonderen Lage der Migrant:innen ergibt sich, dass kommunistische Organisationen gezielt Kader:innen für die politische Arbeit in den unterschiedlichen migrantischen Teilen der Arbeiter:innenklasse entwickeln müssen, um diese genauso anzusprechen wie die anderen Teile der Arbeiter:innenklasse.
  • Bei der Organisierung von Migrant:innen, die bereits Kommunist:innen sind, muss gegebenenfalls auf besondere Aspekte Rücksicht genommen werden, dazu zählen unter anderem länderspezifische Klassenkampferfahrungen, Sprachbarrieren, kulturelle Unterschiede u.ä.
  • Die deutsche Arbeiter:innen-klasse zeichnet sich dadurch aus, dass sie multinational zusammengesetzt ist. Dies ist eine Besonderheit, die sich durch die gesamte Geschichte des deutschen Kapitalismus zieht. Für uns muss das Ziel in der Organisierung sein, dass wir die multinationale Arbeiter:innenklasse zusammenbringen. Das bedeutet, dass wir migrantische und nicht-migrantische Genoss:innen gemeinsam organisieren. Eigene kommunistische Migrant:innenorganisation halten wir nicht für zielführend. Dies schon allein deshalb, weil wir damit organisatorisch hinter die reale Situation in den Betrieben zurückfallen würden, in denen Arbeiter:innen aus allen Nationen tagtäglich zusammenarbeiten. Kommunistische Sammlungsorganisationen für Migrant:innen stünden zudem vor dem Problem, dass nationale Konflikte und Rassismus auch zwischen Migrant:innen verschiedener Herkunft herrschen. Wollte man dies völlig vermeiden, wäre die Konsequenz eine Aufspaltung der Organisationen nach nationaler Herkunft, was politisch völlig kontraproduktiv wäre. Deshalb kann die Schlussfolgerung aus unserer Sicht nur sein, die Arbeiter:innen jeglicher Herkunft gemeinsam in einer kommunistischen Partei / Aufbauorganisation zu organisieren. 
  • Innerhalb unserer Organisationsstrukturen leisten wir politische Bildungsarbeit zu den Themen Rassismus, Nationalismus, Faschismus. Wir untersuchen die Einflüsse dieser Ideologien auf unsere eigenen Genoss:innen und drängen diese zurück. Wir achten darauf, sowohl offene, als auch versteckte rassistische Verhaltensweisen zu kritisieren und im Rahmen des Kampfes um die revolutionäre Persönlichkeitsveränderung auszumerzen. Methoden zur Bekämpfung des Rassismus in der eigenen Organisation könnten z.B sein, dass auf verschiedenen Ebenen der Organisation eigene Verantwortliche geschaffen werden, eigene Gesprächskreise unter Migrant:innen/Menschen mit Migrationshintergrund stattfinden oder das Thema in regelmäßige Kritikrunden aufzunehmen.
  • Rassismus darf kein Tabuthema bleiben. Bei Auswertungen von Aktionen müssen wir darauf achten, diese auch explizit unter dem Gesichtspunkt des Rassismus zu betrachten und auszuwerten. Gab es bspw. eine rassistische Äußerung durch einen Polizeibeamten? Dabei geht es zum einen darum, ein stärkeres Bewusstsein für Alltagsrassismus zu schaffen und zum anderen den Genoss:innen beizustehen, die davon betroffen sind.
  • All die genannten Grundsätze vermitteln wir auch bei der Organisierung neuer Genoss:innen. 

Patriarchat und Antirassismus

  • Das Patriarchat als Unterdrückungsverhältnis durchzieht alle Bereiche unseres Lebens. Daher muss der antipatriarchale Kampf auch ein wesentlicher Bestandteil des antirassistischen Kampfes sein. Es ist wichtig, den antirassistischen Kampf auch aus dem Blickwinkel der Frauen zu beleuchten.
  • Von Seiten der Faschist:innen wird immer wieder die These aufgestellt, dass patriarchales Verhalten vor allem ein Problem migrantischer Männer sei, vor dem man die deutschen Frauen schützen müsse. Unsere Aufgabe als Kommunist:innen ist es, diese rechte Propaganda zu entlarven und klar zu stellen, dass das Patriarchat in der gesamten Gesellschaft über alle Nationalitäten hinweg besteht und bekämpft werden muss.
  • Wir müssen die besondere Situation migrantischer Frauen in unserer Arbeit berücksichtigen. Das gilt insbesondere für Frauen, die flüchten mussten. Auf der Flucht müssen Frauen häufig nicht nur um ihr Leben bangen, sondern erleben auch sexualisierte Gewalt und Übergriffe. Zusätzlich müssen sie sich nach der Ankunft im neuen Land häufig allein um ihre Kinder kümmern und kommen so schlechter in Kontakt mit anderen. Um mit ihnen arbeiten zu können, muss diese Isolation aufgebrochen werden.

Massenarbeit

  • Die unseren Alltag durchdringenden Spaltungsmechanismen spielen natürlich auch in der Massenarbeit eine enorme Rolle. Um gegen diese ankommen zu können, müssen wir allen Tendenzen der Konkurrenz innerhalb der Arbeiter:innenklasse das Prinzip der Solidarität in Theorie und Praxis entgegenstellen.
  • Wir treten für gleiche demokratische Rechte für alle Arbeiter:innen ein. Daneben ist es für die Massenarbeit von essentieller Bedeutung, ein Augenmerk auf die Frage zu richten, wie und wo sich der Rassismus im Alltag zeigt, um darauf angemessen reagieren zu können. Schlussendlich müssen wir es schaffen, in allen Bereichen der Massenarbeit zu einem politischen Anziehungspunkt für migrantische Arbeiter:innen zu werden und diese bei uns zu organisieren. Aufgrund der verschiedenen Barrieren, denen unterschiedliche Gruppen von Migrant:innen in dieser Gesellschaft ausgesetzt sind, wäre es jedoch eine Illusion, zu glauben, dass man sofort alle Migrant:innen gleichermaßen ansprechen kann. 
  • Um unsere migrantischen Kolleg:innen und Nachbar:innen zusammenzubringen und mit ihnen Kämpfe zu organisieren, müssen wir unsere Praxis entwickeln, konkrete Lösungswege aufzeigen und potentielle Kampffelder erschließen. Wenn man sich die akuten Probleme von vielen Migrant:innen ansieht, wird man beispielsweise Nachteile auf dem Wohnungsmarkt, bei der Jobsuche, oder Probleme mit dem Aufenthaltsstatus feststellen. Nur durch konkrete Analysen dieser Probleme in unseren Betrieben und Stadtteilen werden wir erkennen, welche Gruppen von Migrant:innen besonders hiervon betroffen sind, und welche Kampfformen und Mittel in der Massenarbeit zielführend sein können.
  • Zugleich arbeiten wir in der Massenarbeit immer wieder heraus, dass migrantische und nicht-migrantische Arbeiter:innen vom selben Ausbeutungsverhältnis betroffen sind, dass die wesentliche gesellschaftliche Spaltungslinie im Kapitalismus zwischen Bourgeoisie und Proletariat verläuft. 
  • Inhaltliches Material für die Agitation und Propaganda unter migrantischen Arbeiter:innen ist in vielen Fällen bereits vorhanden und muss diesen nur in der richtigen Form zugänglich gemacht werden, etwa durch Übersetzungen in andere Sprachen. Daneben wird es erforderlich sein, Agitation und Propaganda zu entwickeln, die sich speziell an bestimmte migrantische Teile der Arbeiter:innenklasse richtet. Hierauf müssen wir ein besonderes Augenmerk legen. 
  • Der Kampf gegen Rassismus und Chauvinismus unter Arbeiter:innen verschiedener Herkunft muss in allen Arten von Massenkämpfen bewusst geführt werden. Dabei müssen wir begreifen, dass Rassismus ein vielseitiger Spaltungsmechanismus ist. Das bedeutet, er besteht nicht nur zwischen Menschen mit und und denen ohne Migrationshintergrund, sondern auch zwischen verschiedenen migrantischen Teilen der Arbeiter:innenklasse. Dies spiegelt sich unter anderem darin wieder, dass sich viele von Rassismus Betroffene und einige migrantische Strukturen – zumindest spontan – nur mit dem Rassismus ihnen gegenüber beschäftigen und ähnliche, teils gleiche Rassismus-Erfahrungen von anderen Migrant:innen ausgeblendet werden. Hier ist es unsere Aufgabe, ein Bewusstsein für die gemeinsamen Probleme zu schaffen und so die Spaltung der verschiedenen Teile der Arbeiter:innenklasse aufzuheben.

Betriebsarbeit

  • Migrantische Arbeiter:innen unterliegen im Kapitalismus häufig einer besonderen Ausbeutung, die den kapitalistischen Unternehmen Extraprofite verschafft. Nicht ohne Grund machen migrantische Arbeiter:innen in einigen Branchen mit schlechter Bezahlung und kurzen Ausbildungszeiten, wie bspw. der Fleischproduktion, einen wesentlichen Teil aller Beschäftigten aus. Die Organisierung von Arbeiter:innen in diesen Bereichen der Produktion hat daher für die kommunistische Betriebsarbeit eine besondere Bedeutung. 
  • Die besondere Ausbeutung und Unterdrückung von migrantischen Arbeiter:innen äußert sich daneben auch in bürokratischen Hürden, wie z.B. der Nicht-Anerkennung von Qualifikationen, welche migrantische Arbeiter:innen in ihren Heimatländern erworben haben. Auch dies ist ein Mittel, die Löhne der Arbeiter:innen zu senken. Aus Sicht der kommunistischen Betriebsarbeit ist dies ein Anknüpfungspunkt, um den Kampf für höhere Löhne mit dem politischen Kampf um gleiche Rechte für alle zu verbinden.
  • Auf der anderen Seite werden manche hochqualifizierten Arbeiter:innen durch Bestechung in Form besserer Löhne aus ihren Heimatländern für die Arbeit in den imperialistischen Zentren abgeworben. Wir dürfen die Arbeit auch unter diesen Teilen der Arbeiter:innenklasse nicht vernachlässigen. 
  • Im Kampf gegen Lohndumping und für gleiche Rechte stellen wir heraus, dass dieser sich nicht gegen die Kolleg:innen richtet, die besser bezahlt werden, sondern gegen die Kapitalist:innen, die von der besonderen Ausbeutung der Migrant:innen profitieren. 
  • Eine weitere Aufgabe der kommunistischen Betriebsarbeit ist es, die besonderen Unterdrückungsverhältnisse gegenüber Saisonarbeiter:innen, Leiharbeiter:innen, Papierlosen, usw. aufzuheben. Hierbei ist es besonders wichtig, die häufige Isolation der betroffenen Arbeiter:innen zu überwinden, der sie durch ihre Chefs sowie die kurze Dauer ihrer Beschäftigung ausgesetzt sind. 
  • Daneben ist es im Rahmen der Betriebsarbeit wichtig, die Arbeiter:innen über die verschiedenen betrieblichen Bereiche und Tätigkeiten hinweg zu vernetzen. Hierbei unterwerfen wir uns nicht der kapitalistischen Definition von Belegschaft, sondern zählen alle zu unseren Kolleg:innen, die regelmäßig im selben Betrieb arbeiten. Dazu zählen wir ebenfalls externe bzw. „outgesourcte“ Arbeitskräfte (z.B. Reinigungs- und Küchenpersonal und Sicherheitskräfte). 

Stadtteilarbeit

  • Für viele migrantische Arbeiter:innen ist es deutlich schwerer, eine bezahlbare, gute Wohnung zu finden, als für nicht-migrantische Arbeiter:innen. Der Grund hierfür ist nicht nur offener Rassismus bei Vermieter:innen und Wohnungskonzernen, sondern der im Kapitalismus gesetzmäßig bestehende Mangel an bezahlbaren Wohnungen für Arbeiter:innen. Dieser ist die Grundlage dafür, dass zwischen verschiedenen Teilen der Arbeiter:innen ein Kampf um den knappen bezahlbaren Wohnraum entsteht. Migrant:innen haben dabei oft geringere Chancen, eine Wohnung in guter Lage zu bekommen, wodurch eine Ballung von Migrant:innen in städtischen Randgebieten zustande kommt. Geflüchtete werden darüber hinaus meist in Erstaufnahmestellen/Asylheime außerhalb der Stadtzentren zusammengepfercht und umzäumt. In beiden Fällen kann von Ghettoisierung gesprochen werden: Es sind die kapitalistischen Verhältnisse bzw. der Staat, die bestimmen, wo bestimmte Teile der Arbeiter:innen leben müssen. Den Menschen wird also die Möglichkeit genommen, ihren Wohnort frei zu wählen, und ihnen wird ein bestimmtes Gebiet zugewiesen. Der Kampf gegen diese Art der Ghettoisierung ist ein besonderer Bestandteil unserer Massenarbeit in den Städten. Der Kampf für bezahlbaren Wohnraum und gegen Gentrifizierung muss mit dem antirassistischen Kampf verbunden werden. Das bedeutet, dass wir die rassistischen Seiten der Verdrängungspolitik herausstellen und gemeinsam mit den Bewohner:innen der verschiedenen Stadtteile den Kampf dagegen organisieren.
  • Außerdem müssen in der Stadtteilarbeit der Massenorganisationen Themen wie die Jobsuche oder Umgang mit Stress bei Ämtern und Behörden mit Blick auf die besondere Situation von Migrant:innen aufgegriffen und behandelt werden. Dadurch können migrantische Arbeiter:innen politisiert werden. Das kann beispielsweise in Form von Arbeiter:innen-Selbsthilfen geschehen. Dabei müssen die Massenorganisationen allerdings ihren politischen Zweck wahren. Sie dürfen weder in die Sozialarbeit abgleiten noch Stellvertreter:innenorganisationen werden.
  • Das Stellvertretertum, welches durch Integrationsräte, Sozialarbeiter:innen, NGOs und andere Institutionen und Anhängsel des bürgerlichen Staates repräsentiert und verfestigt wird, zwingt die migrantischen Kolleg:innen in Abhängigkeit und Passivität („Wir können selber nichts machen“). Diese Tendenzen müssen wir in der Praxis durchbrechen.
  • Migrant:innen ohne deutsche Staatsbürgerschaft oder Aufenthaltserlaubnis werden durch den deutschen Staat zusätzliche Schikanen auferlegt. So erhalten sie z.B. oft keine Arbeitserlaubnis, dürfen nicht frei über ihren Wohnort bestimmen oder diesen wechseln, oder haben kein Recht auf einen Sprachkurs. Zusätzlich sind sie von Abschiebung bedroht. Diese Probleme müssen wir in unserer Massenarbeit gezielt aufgreifen.

Wir haben im vorliegenden Text die kommunistische Strategie gegenüber Migration und Rassismus skizziert und eine Reihe von konkreten Schlussfolgerungen für die verschiedenen Felder unserer Arbeit gezogen. Diese Grundzüge einer kommunistischen Teilstrategie gilt es in Zukunft im engen Zusammenhang mit unserer politischen Praxis weiterzuentwickeln. Das bedeutet auch, die inhaltlichen Fragen, auf die wir im Rahmen unserer Artikelserie zu den Themen Migration und Rassismus gestoßen sind, weiter zu vertiefen.