Wahlen in Thüringen und Sachsen: Klassenkampf statt Resignation oder Hysterie

Mit Spannung und Aufregungen wurden die Ergebnisse der diesjährigen Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen erwartet. Von den unterschiedlichen politischen Kräften und Lagern wurden diese Wahlen bereits im Vorhinein zu einer Art „Schicksalswahl“ hochstilisiert.

Mit Spannung und Aufregungen wurden die Ergebnisse der diesjährigen Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen erwartet. Von den unterschiedlichen politischen Kräften und Lagern wurden diese Wahlen bereits im Vorhinein zu einer Art „Schicksalswahl“ hochstilisiert.

Die Wahlergebnisse brachten dann jedoch kaum Überraschungen. Sie wichen nicht stark von den Umfragewerten ab und bescherten CDU, AfD und BSW in beiden Bundesländern entsprechende Wahlsiege. Alleine AfD und CDU bekamen in Thüringen gemeinsam 56,4 % und in Sachsen 62,5 % der Stimmen.

Der größte Verlierer ist in beiden Bundesländern die Linkspartei, wie nach der Abspaltung des BSW zu erwarten war. Auch die Parteien der Bundesregierung (SPD, Grüne und FDP) haben an Stimmen verloren. Setzt man die Wahlergebnisse jedoch ins Verhältnis, so sieht man, dass diese Parteien bei den Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen in den vergangenen 10 Jahren stets auch zusammen nur maximal knapp über 20% der Stimmen erreicht hatten.

Währenddessen haben rechte Parteien (von CDU bis NPD) in Thüringen in den letzten 10 Jahren immer mehr als 45 % der Stimmen bekommen und in Sachsen mehr als 54 %. Die NPD saß in Sachsen zwischen 2002 und 2014 gar mit 9,2 % bzw. 5,6 % im Landtag. Nimmt man noch hinzu, dass die CDU in Sachsen und Thüringen zwischen 1990 und 2004 bei jeder Wahl mehr als 40 % und zum Teil sogar die absolute Mehrheit der Stimmen auf sich vereinigen konnte, so sieht man, dass sich in diesen beiden Bundesländern rechte Kräfte schon lange auf eine stabile rechte bis faschistische Wählerbasis stützen konnten. Daran änderten auch zum Teil hohe Wahlergebnisse der Linkspartei nichts, die gerade in Thüringen über Jahrzehnte zu einer stabilen Stütze des kapitalistischen Status Quo wurde.

Was die Ergebnisse in Sachsen und Thüringen vor allem zeigen, ist also kein Erdrutschsieg des Faschismus und kein neues 1933, sondern eben die seit Jahren voranschreitende gesellschaftliche Rechtsentwicklung, die hier auf eine seit Jahrzehnten existierende breite Massenbasis fällt.

Zur Wahrheit gehört aber eben auch, dass heute das gesamte Spektrum der im Parlament vertretenen Parteien deutlich weiter rechts stehende Politik vertritt und verwirklicht, als noch vor wenigen Jahren und damit die Bedeutung rechter Wahlsiege umso schwerer wiegt. Diese Entwicklung müssen wir ernst nehmen, sie sollte uns wachrütteln und als Ansporn dienen unsere revolutionäre und antifaschistische Arbeit zu steigern und auszubauen.

Der Prozess der Rechtsentwicklung vollzieht sich in der ganzen bürgerlichen Politik, die AfD und ihre Stärkung ist ein Teil dieses Prozesses. Sie ist aber nicht ihre alleinige Ursache. Ebenso wenig ist der Wahlerfolg der AfD in seiner konkreten Auswirkung auf die Lebensbedingungen unserer Klasse und die politischen Rahmenbedingungen des Klassenkampfes der heute zentrale Aspekt. Viel entscheidender sind hier im Augenblick noch die Gesetzesverschärfungen und Kürzungen, die aber ja bekanntlich aus der Feder von CDU-, SPD-, FDP- und Grünen-Minister:innen stammen.

„Die AfD macht die Hetze, die Regierung die Gesetze!“ ist nicht nur eine treffende Parole, sondern seit Jahren Realität in diesem Land. Wir müssen diese Rechtsentwicklung dabei als ein entscheidendes Puzzlestück des deutschen Imperialismus zur Vorbereitung auf größere Widersprüche und Auseinandersetzungen im In- und Ausland verstehen.

Vor allem muss uns aber klar sein, dass der Faschismus weder an der Wahlurne, noch durch breite Bündnisse mit Teilen der herrschenden Parteien und Institutionen gestoppt werden kann. Es sind die bürgerlichen Parteien von CDU bis Grünen und SPD bis Linkspartei und BSW, die in Regierung und Opposition die Argumente der Faschist:innen aufgreifen, mehrheitsfähig machen und so zu einer dauerhaften Rechtsentwicklung beitragen. Ein dauerhafter Schulterschluss im „antifaschistischen Kampf“ mit diesen Kräften kann deshalb nur scheitern.

Doch so wie der Faschismus nicht über Nacht kommt und sich seine Machtübernahme nicht (hauptsächlich) über Wahlergebnisse vollzieht, so kann auch unsere Gegenwehr, die Abwehrkämpfe gegen den Faschismus und der Kampf für die Revolution, nicht von heute auf morgen erfolgreich sein.

Wer also den Faschismus stoppen will, muss auf der einen Seite den Faschist:innen auf der Straße offensiv entgegentreten und einen effektiven antifaschistischen Selbstschutz aufbauen und auf der anderen Seite insbesondere eine revolutionäre Alternative zu diesem System schaffen. Um der momentan immer erfolgreicheren Selbstinszenierung der Faschist:innen als einzige echte Opposition effektiv etwas entgegenzusetzen, ist das unverzichtbar.

Auch wenn für uns natürlich klar ist, dass die einzige Alternative gegen Faschismus, Krieg und Kapitalismus die sozialistische Revolution und der Aufbau einer sozialistischen Räterepublik ist und wir dieses Ziel nicht ohne eine im Klassenkampf gestählte Partei erreichen werden, so müssen wir diese Erkenntnis eben in alle Kämpfe gegen Faschismus und Rechtsentwicklung tragen.

Dabei können auch breite antifaschistische Bündnisse und Aktionseinheiten ein Mittel im praktischen Kampf gegen die Faschist:innen auf der Straße sein. Dauerhafte Siege und den Aufbau einer Alternative werden wir jedoch nur auf revolutionärer Basis schaffen können, wenn es gelingt den Abwehrkampf gegen den Faschismus als organischen Teil einer sich stärkenden und sich radikalisierenden Arbeiter:innenbewegung zu führen.

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