Broschüre: Wieviel Staat steckt in rechten Terror-Strukturen – und wie können wir uns schützen?

Zum Download der Broschüre auf das Cover klicken

1. Einleitung

Haben sie schonmal etwas von der schwarzen Reichswehr gehört?“, fragt der Regierungspräsident den Kommissar Gereon Rath ohne ihn anzusehen. „Nur Gerüchte, geheimes Militär, irreguläre Kampfverbände.“, murmelte Rath zurück. „Was ich ihnen jetzt sage obliegt schwerster Geheimhaltung“, fuhr der Regierungspräsident fort…

Diese Szene stammt aus der Kultserie Babylon Berlin über das Berlin der 20er Jahre. Wenige Episoden später wird der Regierungspräsident durch eine Bombe in seiner Wohnung zerfetzt. Organisiert wurde das Attentat durch SA-Schergen, die sich als Kommunisten getarnt hatten. Zuvor hatten er und Rath Anschlagspläne einer faschistischen Schattenarmee verfolgt, dies wurde jedoch von höchster Stelle gestoppt.

Die Gemeinschaftsproduktion von ARD und Sky wurde 2016 gedreht, ein Jahr später bekommen die Geschehnisse erschreckende Aktualität.

2017 wird ein Netzwerk von faschistischen Elite-Soldaten und -Polizisten aufgedeckt, das sich systematisch auf den „Tag X“, den Tag der Machtübernahme vorbereitet. Ihr Ziel: Die Errichtung einer faschistischen Diktatur und die Ermordung von MigrantInnen, Linken und politischen GegnerInnen. Ein Oberstleutnant plante als Teil davon Anschläge gegen PolitikerInnen um sie anschließend Geflüchteten in die Schuhe zu schieben. Der Kasseler Regierungspräsident Walter Lübcke (CDU) wird von einem bekannten Neonazi erschossen. Spuren führen zu Combat 18, einem Netzwerk, das schon den Nationalsozialistischen Untergrund (NSU) unterstütze. Angeführt werden all diese Strukturen oftmals von Personen aus dem Herzen der deutschen Repressionsorgane: (Elite)-Soldaten, Polizisten, Geheimdienstler, bezahlten Spitzel. Hinzu kommt: Rund 500 Rechte werden per Haftbefehl gesucht und sind zum Teil untergetaucht. Die Zahl der Reichsbürger wächst weiter. Mit der Alternative für Deutschland (AfD) hat sich eine faschistische Partei im ganzen Land ausgebreitet, die besonders viele Anhänger in Polizei und Militär hat.

Wie gehen staatliche Behörden damit um? Kein Vorgehen gegen die Schattenarmee, kein Verbot von Combat 18, keine Debatte über Faschisten im Kommando Spezialkräfte – der Eliteeinheit der Bundeswehr. Derweil bereitet der ehemalige Chef des Inlandsgeheimdienstes Hans-Georg Maaßen öffentlich zukünftige Koalitionen von CDU und AfD vor.

Wie ist das zu erklären? Mit dieser Frage wollen wir uns in diesem längeren Artikel beschäftigen.

Dafür wollen wir zuerst die Fakten über rechterroristischen Strukturen anschauen, die in den letzten zwei Jahren vermehrt in die Öffentlichkeit gekommen sind: Uniter e.V. und das Kreuz-Netzwerk, Combat 18 und den NSU 2.0. Ebenso wollen wir auf ihre Verbindungen zur AfD und deren Unterstützer im Staatsapparat eingehen. Einen Überblick über das dargestellte Netzwerk ist außerdem auf S.18/19 zum Herauslösen sowie auf der Rückseite des Hefts abgebildet.

Anschließend wollen wir die Funktion dieser faschistischen Strukturen innerhalb der bürgerlichen Demokratie einschätzen: Handelt es sich um „Rassisten“ in Polizei und Bundeswehr die „außer Kontrolle geraten“ sind? Ist der Staat auf dem „rechten Auge blind“? Oder trifft doch die These „Hinter dem Faschismus steht das Kapital“ genau ins Schwarze?

Zuletzt wollen wir eine Strategie in Hinblick auf die schwierige Frage vorschlagen: Was können wir dem Faschismus in Parlament, Staat und auf der Straße entgegensetzen?

2. Rechte Terrorstrukturen in Deutschland

Schattenarmee der
Elitekämpfe

Im November 2018 schreibt der Focus unter dem Titel „Die Verschwörung“, dass sich in Deutschland ein „konspiratives Netzwerk aus circa 200 ehemaligen und aktiven Bundeswehrsoldaten gebildet“ habe. Mitglieder dieses Netzwerks legen Waffenlager an, richten „sichere Häuser“ ein, absolvieren Schießtrainings, stellen in einem abgrundtiefen „Hass auf Linke“ Listen mit politischen GegnerInnen auf, diewegmüssten – alles in Vorbereitung auf den „Tag X“. Angeführt wird dieses Netzwerk von Soldaten der geheimen Spezialeinheit der Bundeswehr – dem Kommando Spezialkräfte, sowie von Mitarbeitern deutscher Geheimdienste.

Was sich wie ein Agententhriller anhört, sind Ergebnisse von Recherchen verschiedener Zeitungen sowie „Ermittlungen“ gegen gleich drei rechte Terrorzellen, die sich innerhalb dieses konspirativen Netzwerks gebildet haben sollen, welches wir als Kreuz-Netzwerk bezeichnen können.

Zu den bisher bekannten Anführern des Kreuz-Netzwerk gehören unter anderem André S. (alias „Hannibal“) sowie Robert P. (alias „Petrus“). Beide waren Elitesoldaten der Bundeswehrspezialeinheit Kommando Spezialkräfte (KSK). Hannibal war auch Vorsitzender des KSK-Veteranen-Vereins Uniter, welcher möglicherweise als Tarnstruktur für das konspirative Kreuz-Netzwerk agierte.

Um das Kreuz-Netzwerk also zu verstehen müssen wir uns zuerst auf eine Spurensuche innerhalb des KSK – der geheimsten Einheit der Bundeswehr – machen.

KSK – ein rechtes
Killerkommando

Bei KSK-Soldaten handelt es sich um die am besten ausgebildeten und abgehärtetsten Soldaten des deutschen Militärs. Der als „Höllenwoche“ bezeichnete Einstellungstest ist nach Worten eines ehemaligen Kommandeurs „das Härteste, was man Menschen in einer Demokratie zumuten darf“.

Die 1996 gegründete Truppe handelt nur im Geheimen und unterliegt faktisch keiner parlamentarischen Kontrolle, eine offizielle Mannstärke1 gibt es nicht. Sie wird auf etwa 400 geschätzt. Mit Unterstützungskräften und Stab kommt die gesamte Truppe auf rund 1400 Soldaten. Von ihrem Heimatstandort in der Graf-Zeppelin-Kaserne in Calw nahe Stuttgart kann sie in die gesamte Welt für Tötungseinsätze verschickt werden. Doch auch für den Kampf im Innern wird dieses Kommando ausgebildet: Ich kann das nicht ausschließen. Solange ich das nicht ausschließen kann, muss ich es auch üben”, so der frühere Kommandeur des KSK, Dag Baehr, zur Frage eines Inlandseinsatzes.2 Damit ist davon auszugehen, dass das KSK schon heute darauf vorbereitet ist gegen militante und bewaffnete Kämpfe von ArbeiterInnen und KommunistInnen im Inland vorzugehen.

Schon früh zeigten Führungskräfte des KSK wie sie die Funktion dieser Truppe einschätzten. So erklärte der ehemalige Chef des KSK („Kommandeur“) Reinhard Günzel in einem Buch, welches er mit dem Gründer der GSG9-Spezialeinheit der Bundespolizei, Ulrich Wegener, und einem ehemaligen Wehrmachtsoffizier veröffentlichte: „Die Einsätze der ‚Brandenburger‘, der Vorläufer […] des KSK, gelten in der Truppe als geradezu legendär. Die Operationen der Division ‚Brandenburg‘ sind Lehrbeispiele erfolgreicher Kommandoeinsätze“. Bei den Brandenburgern handelte es sich um eine nationalsozialistische Spezialeinheit, welche an Kriegsverbrechen der Wehrmacht beteiligt war und insbesondere Partisanen auf dem Balkan mit enormer Grausamkeit bekämpfte. Von 2000 bis 2003 war Günzel Kommandeur des KSK, 2003 wurde er entlassen, weil er eine antisemitische Rede des damaligen CDU-Abgeordneten Hohmann öffentlich lobte.

Dabei handelt es sich um keinen vergangenen Einzelfall: Im Frühjahr 2017 feiert ein Kompaniechef des KSK auf einem Schießstand nahe Stuttgart seinen Abschied. Seine Soldaten lassen ihn einen Parcours absolvieren und Köpfe von Schweinen werfen. Auf der Feier sollen außerdem Lieder der faschistischen Band Sturmwehr gespielt worden sein. Der Kompaniechef und andere hätten dabei den Hitlergruß gezeigt.

Wer sonst so zum Führungspersonal des KSK gehört zeigt der Fall des KSK-Oberstleutnant Daniel K., der maßgeblich an der Gründung des KSK beteiligt war und von Anfang an in dessen Dienst stand. Im Jahr 2007 schickte er an den moderaten Oberstleutnant a.D. der Bundeswehr, Jürgen Rose einen eindeutigen Brief. In diesem wurde der kritische Soldat als „Feind im Inneren“ bezeichnet, der in „die Sümpfe des Steinzeitmarxismus“ zurückkehren solle. Und weiter hieß es: „Sie werden beobachtet, nein nicht von impotenten instrumentalisierten Diensten, sondern von Offizieren einer neuen Generation, die handeln werden, wenn es die Zeit erforderlich macht“. Den Brief unterschrieb K. mit den Worten “Es lebe das heilige Deutschland”. Dies zeigt: Faschistische Netzwerke in der Bundeswehr gibt es nicht erst seit ihren Enthüllungen ab 2017 oder seit den Migrationsbewegungen ab 2015 – sie haben eine lange Kontinuität.

Der Brief lag seinem damaligen Kommandeuren vor und doch verblieb Daniel K. bei der Spezialeinheit, ein klares Zeichen von der Führungsebene an andere Faschisten innerhalb des KSK: Führt eure Aktivitäten ruhig fort, wir tun euch nichts, wir finden das gut. Erst im Februar 2019 wurde Daniel K. dann suspendiert, wahrscheinlich drohte er außer Kontrolle zu geraten. So wurde er als klarer Anhänger der Identitären Bewegung erkannt, er selbst bekannte sich zu den Reichsbürgern. In Telefonaten erklärte er, dass der Staat die Lage aufgrund des Zuzugs von Flüchtlingen nicht mehr im Griff habe. Aus diesem Grunde müsse „die Armee die Dinge nun selbst in die Hand nehmen”. Wenn so ein Mann 23 Jahre an führender Stelle das KSK prägen konnte – wie denken dann bloß die anderen Mitglieder dieses am besten ausgebildeten Killerkommandos?

Uniter – Ein Veteranenverein des KSK

Die Eliteeinheit KSK scheint ihre Soldaten stark zu beanspruchen – viele Soldaten verlassen die Truppe schon mit rund vierzig Jahren. Ihre „Erfahrung“ machen sie sich dann außerhalb der Bundeswehr zu nutze, setzen sie im Personenschutz, Werksschutz oder der Kriegsproduktion ein. Um eine Struktur aufzubauen, welche die KSK-Soldaten auch außerhalb der Kaserne organisiert, wurde im Jahr 2012 in Halle der Verein Uniter für Veteranen des Kommando Spezialkräfte gegründet. Als Gründungsmitglied dabei: Der KSK-Soldat André S.

Laut der offiziellen Website geht der „Kern von Uniter (…) auf eine Gruppe von Elitesoldaten zurück, die etwas zum Wohle der Gesellschaft tun wollten“3. Später soll sich der Verein auch für Menschen außerhalb dieser Spezialisierung geöffnet haben und rekrutiert heute Personen sowohl aus „Wissenschaft, dem privaten Sicherheitsbereich, als auch unter Ärzten, Anwälten, Handwerkern oder im Sport.“ Auf einen Ausdruck zusammengefasst beschreibt sich Uniter selbst als „Network SOF and Intelligence“ (Netzwerk für Spezialeinheiten und Geheimdienste). Dem entspricht auch die tatsächliche Mitgliedschaft, die offiziell mit 2000 Personen angegeben wird.

Da ist zum einen das 34-jährige Gründungsmitglied André S. („Hannibal“), der bis zum 31. März 2018 Elitesoldat beim KSK in Calw war. Dort bildete er als Hauptfeldwebel auch andere Spezialkräfte aus. Bis zum Frühjahr 2019 war er stellvertretender Vorsitzender von Uniter. Heute ist er noch immer Teil des „Präsidiums“ aus drei Mitgliedern. André S. weiß starke Kräfte hinter sich: den Militärgeheimdienst Militärischer Abschirmdienst (MAD). So drohte er Journalisten der Taz nach einer Presseanfrage damit, „den MAD“ einschalten zu können, würden diese ihn nicht in Ruhe lassen.

Seine Kontaktperson zum MAD scheint unter anderem der Ex-KSK-Soldat, Oberstleutnant und ehemalige Falschirmjäger Peter W. zu sein. Dieser hat als Agent des MAD André S. seit spätestens 2017 als „Auskunftsperson“ geführt und sich mehrfach mit ihm getroffen – auch einen Tag vor einer Razzia des BKA in der KSK-Kaserne in Calw wo „Hannibal“ stationiert war. Das BKA hatte zuvor den MAD informiert und um Diskretion gebeten. Doch am nächsten Tag wurde dort kein belastendes Material gegen „Hannibal“ gefunden. Später erklärte André S. dazu freimütig, dass er von der Razzia gewusst hatte und einen Laptop sowie Karten beiseite geschafft hat. Die Vermutung liegt nah, dass Peter W. ihn gewarnt und damit gedeckt hat.

Ein weiteres zentrales Mitglied von Uniter ist Ringo M. Dieser hat den Verein im Jahr 2016 gemeinsam mit André S. „neu“ gegründet. In genau dieser Zeit – insgesamt von 2015 bis 2019 – war Ringo M. Mitarbeiter des Landesamtes für Verfassungsschutz (LfV) Baden-Württemberg. Die Vermutung liegt nahe, dass Ringo M. also im staatlichen Auftrag handelte, als er Uniter mitgründete. Seine Person zeigt die komplexe Verstrickung rechter Netze, denn Ringo M. ist nicht irgendwer. 2005 war er Mitglied der Beweissicherungs- und Festnahmeeinheit BFE 523 der Bereitschaftspolizei in Böblingen. Chef dieser Einheit war damals ein Mann, der heute Inhaber einer Sicherheitsfirma ist, die mit Uniter Geschäfte macht. In dieser Polizeieinheit waren auch Mitglieder des Ku-Klux-Klan (KKK), unter anderem Thomas B., der 2007 Einheitsführer von Michèle Kiesewetter war. Kiesewetters Tod im Jahr 2007 wird bis heute den NSU-Mitgliedern Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt zugerechnet, obgleich es unzählige Hinweise auf andere Täter gibt. Ebenso wie André S. scheint auch Ringo M. weitere Kräfte im Rücken zu haben. Als ein Taz-Team ihn interviewen will, fährt er mit einem Porsche Cayenne vor, mit ihm steigen ein Anwalt und zwei muskulöse Typen aus, die sich nicht vorstellen und wie Bodyguards neben seiner Tür positionieren.

Neben Ringo M. soll außerdem noch eine namentlich nicht bekannte Mitarbeiterin des Landesamtes für Verfassungsschutz Bayern Uniter-Mitglied sein. Auch die Verbindung zur Waffenindustrie fehlt nicht: Ein leitender Mitarbeiter des Rüstungsunternehmens Diehl Defence ist ebenfalls dort Mitglied.

Die eigenen Aktivitäten beschreibt der Verein freimütig: Für seine Mitglieder will Uniter „Orientierung in allen Lebenslagen“ anbieten. Dabei wird zum „Schutz“ der Mitglieder „größten Wert auf Diskretion“ gelegt. Auch gibt es „Seminare und Schulungen in unterschiedlichsten Bereichen“. Daneben berät Uniter nach eigenen Angaben auch „in Sicherheitsfragen, erstellt Sicherheitskonzepte und pflegt gute Kontakte zur Sicherheitsbranche, zu Bereichen der Wirtschaft und den Behörden“.

Die Selbstbeschreibung trifft tatsächlich gut auf Uniter zu, jedoch steckt mehr dahinter als auf den Ersten Blick zu erkennen ist. So ist Uniter eine militärisch durchstrukturierte Organisation, die von Aussteigern als „Sekte“ bezeichnet wird, also tatsächlich das Leben der Mitglieder in „allen Lebensbereichen“ organisiert. Und auch mit der „Diskretion“ wird Ernst gemacht: So sollen intern Kopfgelder auf „Maulwürfe“ ausgesetzt worden sein.. Zu den „Seminaren und Schulungen“ gehören unter anderem militärische Trainings, bei der KSK-Soldaten ihre Kenntnisse an andere Soldaten, sowie auch Zivilisten weitergeben. Hier wurde unter anderem geübt, aus einem Helikopter zu schießen. Unterstützt werden die Trainings von Unternehmen wie OPCON, das in Calw sitzt – eben dort, wo das KSK seinen Sitz hat. Auch gibt es Zusammenarbeit mit SOTCON, welches ehemalige KSK-Soldaten ins Sicherheitsgewerbe vermittelt. Die Trainings finden im Rahmen der Ausbildung einer eigenen Medical Response Unit (MRU) und einer Defence Unit statt – also letztlich eigener paramilitärischer Strukturen, welche parallel zu den staatlichen Organisationen bestehen. Tatsächlich scheint Uniter die Erfahrung seiner Mitglieder nicht nur in Deutschland, sondern auch international weiterzugeben. So fand Mitte Februar auf den Philippinen ein Treffen zwischen Uniter-Ausbildern und Vertretern des Polizei- und Militärapparates des faschistischen Diktators Duterte statt. Dort sollen Grundzüge eines „militärtaktischen Trainings” für die berüchtigte Nationalpolizei besprochen worden sein.

Bei Uniter handelt es sich also um einen militärisch aufgebauten „Verein“, gegründet von Elitesoldaten und Geheimdienstlern, der paramilitärische Strukturen aufbaut. Doch das ist nur die Spitze des Eisbergs. Uniter scheint auch als Art „Deckverein“ für andere Strukturen zu fungieren, das Kreuz-Netzwerk.

Das rechtsterroristische Kreuz-Netzwerk

Das Kreuz-Netzwerk scheint eine konspirative Parallel-Struktur innerhalb Uniters zu sein, an der möglicherweise auch Nicht-Uniter-Mitglieder beteiligt sind. Das Netzwerk umfasst die Untergruppen Nordkreuz, Südkreuz, Ostkreuz, Westkreuz, Österreich und Schweiz, dies entspricht exakt der Strukturierung Uniters. Bis heute sind mindestens 12 Personen bekannt, die gleichzeitig Mitglied in Uniter und einem der Kreuz-Netzwerke waren. Wie die Taz berichtet, würden Beteiligte „nicht zwischen den Uniter-Strukturen und den Chatgruppen [unterscheiden]; Für sie ist beides eins.“ Ein Teil der Organisierung im Kreuz-Netzwerk lief über verschlüsselte Chat-Gruppen.

Ein Großteil der rund 200 Mitglieder dieser Chats lässt sich klar dem neu-rechten und neonazistischen Spektrum zuordnen. Einige sehen sich als „Reichsbürger“. Neben lokalen Personen ist der MAD-Spitzel und KSK-Soldat André S. unter dem Pseudonym „Hannibal“ Administrator all dieser Chats. Zusammen organisierten sie paramilitärische Trainings, legten sogenannte „Safe Houses“ und Waffendepots an. Einige werden noch konkreter und planen Terroranschläge. Mittlerweile ist es zu drei Razzien gegen Terror-Zellen innerhalb dieses Netzwerkes gekommen, auf die wir im Folgenden genauer eingehen wollen. Es ist jedoch auch hier davon auszugehen, dass es sich nur um die Spitze des Eisbergs handelt.

Nordkreuz

Die bisher bekannteste „Sektion“ des „Kreuz-Netzwerk“ ist Nordkreuz. Administriert wurde die Chatgruppe mit mehr als 40 Personen neben Hannibal auch vom KSK-Elitesoldaten Robert „Petrus“ P. Dieser agierte zumindest im Jahr 2018 als Spitzel des MAD.4 Ein weiterer wichtiger Protagonist ist Marco G., ebenfalls Admin von Nordkreuz. Er war viele Jahre Beamter beim Landeskriminalamt (LKA) und gehörte dort zum Sondereinsatzkommando (SEK), einer Eliteeinheit der Polizei. Früher war er bei der Bundeswehr Teil der besonders exklusiven Fernspähkompanie. Ihre Aufgabe: die Aufklärung hinter feindlichen Linien. Heute ist er Mitglied bei der Alternative für Deutschland (AfD). An Marco G. zahlten alle Aktiven von Nordkreuz 600€, damit dieser damit geheime Depots angelegt – mit Treibstoff und Nahrungsmitteln. Doch Marco G. legte auch Waffendepots an. Insgesamt wurden mindestens 30.000 Schuss Munition in seinem Umfeld gefunden. Darunter 1400 Schuss großkalibrige Munition.

Abgezweigt wurden diese von ihm und drei weiteren SEK-Beamten seit 2012 aus Polizeibeständen, doch es soll auch Munition aus Lagern der Bundeswehr und von der Polizei anderer Bundesländer darunter sein – ein klarer Hinweis auf ein bundesweit agierendes Netzwerk. Außerdem wurde eine eine Maschinenpistole vom Typ „Uzi“ gefunden, die schon 1993 bei der Bundeswehr „gestohlen“ worden war.

Die Waffenlager sollten für Mordanschläge dienen. So soll sich Marco G. mit drei weiteren Personen – zwei ehemaligen Fallschirmjägern und einem Polizisten – Anfang 2017 bei einer Imbiss-Bude an einer Landstraße nahe Schwerin getroffen haben, um darüber zu debattieren, ob sie an „Tag X“ Linke in Bundeswehr-LKWs zu Orten bringen könnten um diese dort zu erschießen. Dabei handelte es sich nicht um „Planspiele“: So wurde unter anderem eine Bestellliste gefunden, auf der auch 200 Leichensäcke und Ätzkalk vermerkt waren – um die Verwesung der erschossenen Linken und KommunistInnen zu beschleunigen.

Besorgt werden sollten die LKW‘s über Horst S. Er ist Major und war bis März 2017 Vizelandeschef des Reservistenverbandes von Mecklenburg-Vorpommern sowie Vizekommandeur der Regionalen Sicherungs- und Unterstützungskräfte (RSUKr).

Der Reservistenverband organisiert 115.000 ehemalige Soldaten und Unterstützer der Bundeswehr in ganz Deutschland. In dessen Führungsgremien sind auch BND-Geheimdienstler aktiv. Sie bilden eine Reserve der Bundeswehr im Kriegsfall, kommen jedoch auch im Inneren zum Einsatz. Dafür Vorgesehen sind insbesondere rund 3000 Reservisten, die in den Regionalen Sicherungs- und Unterstützungskompanien organisiert sind. Eine solche RSU-Kompanie sollte beim G20-Gipfel in Hamburg eingesetzt werden um Bundeswehrstandorte zu verteidigen, falls Linke diese angreifen sollten. Geführt werden sollte dieser Trupp von Horst S. Erst kurz vorher wurde er von dem Auftrag abgezogen – er hatte Material bei faschistischen Verlagen bestellt. Mehrere Nordkreuz-Mitglieder sollen gezielt versucht haben in diese Einheiten zu kommen.

Bei dem Treffen am Imbiss in Schwerin war unter anderem auch der Kriminalkomissar Haik J. anwesend. Er ist AfD-Mitglied und obgleich gegen den Polizisten ein Terror-Verfahren läuft wurde er Anfang 2018 sogar zum stellvertretenden Vorsitzenden des AfD-internen Arbeitskreises für „Innere Sicherheit“ gewählt. Von seinem Dienstcomputer aus soll er Adressen politischer Gegner-Innen abgerufen und in einer Todesliste vermerkt haben. Darunter sind LandtagspolitikerInnen, LokalpolitikerInnen sowie bürgerliche AntifaschistInnen.

Unterstützt wurde er dabei von Jan-Hendrik H., einem Anwalt der früher bei der FDP war – und scheinbar überzeugter Neonazi ist. So soll er ein Wettschießen veranstaltet haben und den Wanderpokal für den Sieger nach Mehmet Turgut, der am 25. Februar 2004 in Rostock vom NSU erschossen wurde, benannt haben. Er unterhielt auch enge Kontakte zu Daniel Fiß, aktueller Bundesvorsitzender der Identitären Bewegung, sowie dem ehemaligen AfD-Politiker Holger Arppe. In einem internen Chat schrieb Arppe einmal über H.: „Der Typ würde perfekt in unsere Reihen passen. Er hasst die Linken, hat einen gut gefüllten Waffenschrank in der Garage und lebt unter dem Motto: Wenn die Linken irgendwann völlig verrückt spielen, bin ich vorbereitet.“

Sowohl Haik J. als auch Jan-Hendrik H. sollen Kontakte zum österreichischen Faschisten Walter K. Eichelburg gehabt haben, der Admin der erfolgreichen Webseite hartgeld.com ist. Dieser verlautbart, dass man sich auf einen Bürgerkrieg vorbereiten müsse, gegen eine „Muselrevolte“. Muslime müsse man kreuzigen oder pfählen. „Man kann gleich noch einige rote und grüne Politiker und Bürokraten dazu mischen, damit alle sehen, dass sie auch zu den Feinden gehören und was mit ihnen passiert, wenn sie sich nicht freiwillig ergeben.“ 5

Südkreuz

Eine weitere bekannt gewordene Untergruppe ist Südkreuz, welches 2015 gegründet wurde und seit 2016 auf rund 50 bis 60 Personen angewachsen ist. Administriert wurde auch diese Gruppe von Hannibal.

Die heute öffentlich bekannteste Person dieser Untergruppe ist der faschistische Oberleutnant Franco Albrecht. Schon während seines Studiums fiel er mit einer Masterarbeit im Jahr 2014 auf, die von einem Militärhistoriker der Bundeswehr als „radikalnationalistischer, rassistischer Appell“ bezeichnet wurde. Doch er wurde nach einer „mündlichen Ermahnung“ bereits ein Jahr später als Berufsoffizier übernommen.6

Am 3. Februar 2017 wurde er am Wiener Flughafen mit einer Waffe festgenommen und löste die Ermittlungen und Recherchen rund um Uniter und das Kreuz-Netzwerk aus. Bei den anschließenden Razzien wurden bei ihm zwei Gewehre, eine Pistole und 50 Sprengkörper gefunden. Auch fand sich dort ein unter Rechtsterroristen beliebtes Handbuch für Guerillataktiken sowie Wehrmachtreliquien und in Waffen eingeritzte Hakenkreuze. Bei seinem mutmaßlichen Komplizen Matthias F. wurden 1.000 Schuss NATO-Munition gefunden. Außerdem wurden bei Franco Albrecht und einem weiteren mutmaßlichen Komplizen Maximilian T. Listen mit Namen und Institutionen sowie Ausspähnotizen beschlagnahmt. Auf der Liste fanden sich unter anderem die bürgerlichen PolitikerInnen Joachim Gauck, Heiko Maas, Claudia Roth und Bodo Ramelow sowie der Zentralrat der Juden und der Zentralrat der Muslime. Für die Vorsitzende der Amadeu-Antonio-Stiftung, die sich für Betroffene rechter Gewalt einsetzt, wurden konkrete Anschlagsplanungen gefunden.7 In einer anderen gefundenen Notiz hieß es: „Gruppe Antifa: Granate Asylant werfen lassen, filmen“. Bekannt ist zudem, dass sich Franco Albrecht Ende 2016 als Flüchtling aus Syrien hat registrieren lassen – und das obwohl er kein Wort arabisch kann. Sein Ziel war es offenbar, die eigenen Anschläge so aussehen zu lassen, als habe sie ein Flüchtling begangen. Solche Anschläge sind auch bekannt als „False-Flag“-Operationen. Eine Taktik, die schon oft eingesetzt wurde, unter anderem durch Schattenarmeen in den 70er Jahren (Stay-Behind) auf die wir später eingehen werden.

Franco Albrecht war kein Einzeltäter, sondern Teil des Kreuz-Netzwerks. So trat er selbst mit Uniter-Abzeichen auf und versuchte neue Mitglieder zu werben. Er stand auch in direktem Kontakt mit Kreuz-Führer Hannibal. Dieser soll sogar mindestens einmal bei ihm Zuhause gewesen sein.8

Westkreuz, Ostkreuz,
Schweiz und Österreich

Über die anderen Untergruppen des Kreuz-Netzwerk ist bisher kaum etwas bekannt. Eine aufschlussreiche Ausnahme bildet der Fall eines Arztes und ehemaligen Fallschirmjägers, der zu Westkreuz gezählt wird. Die drei Söhne des Arztes sind tief in die rechte Szene zwischen Nordhessen, Südniedersachen und Thüringen verstrickt. Einer von ihnen ist mit einer Tochter von Götz Kubitschek liiert, einem der wichtisten politischen Köpfe der „Neuen Rechten“. Auch zeigt sich hier noch eine weitere bedeutende Verbindung: So zeigt ein Foto aus 2012 den Arzt vor dem Anwesen des bundesweit vernetzten Neonazis Thorsten Heise aus Fretterode. Heise gilt als „geistiger Kopf“ von Combat 18 mit engen Verbindungen zu Ralf Wohlleben, einem Unterstützer des NSU. In Fretterode verschmelzen die Netzwerke der Faschisten zu einem großen Ganzen.

Über die Gruppen in Österreich und der Schweiz gibt es bisher fast keine öffentlichen Infos, doch sie scheinen bedeutend zu sein: So hielt sich Franco Albrecht öfter in Wien auf, mittlerweile ist der Verein Uniter e.V. in die Schweiz umgezogen. Sicherlich können sie dort auf ein festes Unterstützernetzwerk aufbauen.

Wie (re-)agiert der Staatsapparat?

Es liegt so offen wie nie zuvor auf der Hand: In Deutschland existiert ein Netzwerk aus mindestens mehreren hundert faschistischen (Elite)-Soldaten, Polizisten, Anwälten, Politikern und organisiert sich, um im Fall des „Tag X“ Linke zu erschießen und bei der faschistischen Machtübernahme zu helfen.

Man könnte meinen, eine „wehrhafte Demokratie“, welche sich „antifaschistisch“ gibt, würde darauf mit Razzien, Verhaftungswellen, Untersuchungshaft, Verbotsverfahren und hohen Gefängnisstrafen antworten. Doch davon ist außer Maskerade wenig zu sehen. Eine knappe Übersicht:

Anschlagsplaner Franco Albrecht befindet sich nach kurzer Untersuchungshaft wieder auf freiem Fuß. Der Bundesgerichtshof hob den Haftbefehl gegen Franco Albrecht am 29. November 2017 auf, weil es keinen dringenden Tatverdacht zur Vorbereitung einer „schweren staatsgefährdenden Gewalttat“ sah. Aktuell liegt sein Fall beim BGH. Franco Albrecht bezieht weiter Bundeswehrsold und tritt öffentlich auf.9 Das zeigt, wie sicher er sich ist, dass ihm keine größeren Strafen drohen.

Matthias F., der Helfer von Franco Albrecht, wurde im September 2019 wegen des Lagerns von Munition gerade mal zu einer Bewährungsstrafe und 2500€ Geldstrafe verurteilt.

Im Oktober 2018 stellte die Bundesanwaltschaft das Ermittlungsverfahren gegen Maximilian T. ohne Anklageerhebung ein. Dieser hatte mit Franco Albrecht Todeslisten aufgestellt und Munition gebunkert. Mittlerweile ist er Mitarbeiter des AfD-Bundestagsabgeordneten Jan Nolte.

Gegen den Nordkreuz-Gründer Marco G. wurde kürzlich ein Verfahren eröffnet – jedoch nur wegen Verstößen gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz, das Waffengesetz und das Sprengstoffgesetz. Eine „kriminelle“ oder „terroristische“ Vereinigung scheint die Staatsanwaltschaft nicht zu sehen. Der 48-Jährige sitzt seit Juni in Untersuchungshaft – derzeit als Einziger aus dem gesamten Kreuz-Netzwerk. Seine drei SEK-Kollegen sind auf freiem Fuß.

Lediglich gegen Haik J. und Jan Hendrik H. ermittelt die Generalbundesanwaltschaft momentan wegen Terrorvorwürfen – alle anderen aus dem Netzwerk gelten als Zeugen. Die „Ermittlungen“ dauern derzeit jedoch schon zwei Jahre an, genug Zeit um alle Beweise zu vernichten. Noch immer ist keine Anklage erhoben worden, die beiden Faschisten sind nicht in U-Haft.

André „Hannibal“ S. wurde im April 2018 wegen der gegen ihn erhobenen Vorwürfe in eine andere Bundeswehr-Einheit von Fallschirmspringern versetzt. Im Frühling 2019 wurde gegen ihn ein Uniformtrageverbot verhängt. Mittlerweile hat er wegen des besitzes von Granaten usw. eine Geldstrafe bekommen. Doch wegen anderen Delikten – wie z.B. die Bildung einer terroristischen Vereinigung – beschuldigt oder angeklagt ist er nicht. Dabei hat er Uniter und das Kreuz-Netzwerk aufgebaut.

Gegen den Elitesoldaten Robert „Petrus“ P. wurde 2017 ermittelt. Die Ermittlungen wurden jedoch ohne Anklageerhebung abgeschlossen.

Auch gegen Uniter-Mitgründer und VS-Agent Ringo M. läuft kein Verfahren.

Der MAD-Agent Peter W. wurde wegen Geheimnisverrats angeklagt – und freigesprochen.10 Im Gerichtssaal erschien er in Uniform. Das er sie tragen darf, ist ein ein klares Zeichen der Bundeswehr, dass diese sich hinter ihn stellt.

Uniter e.V. musste bisher gar keine Konsequenzen ertragen. Das Landesinnenministerium Baden-Württemberg erklärt, dass Uniter selbst kein Beobachtungsgegenstand des Landesamts für Verfassungsschutz sei.

Die Haltung des Staatsapparats lässt sich gut mit der Aussage MAD-Chefs, Christof Gramm, zusammenfassen. Dieser sagte am 16. November 2018 im Bundestag ohne mit der Wimper zu zucken: „Wir haben keine gewaltbereiten Rechtsextremisten festgestellt.“ Und „Eine Vernetzung von gewaltbereiten Extremisten innerhalb der Bundeswehr findet daher auch nach unserer Wahrnehmung nicht statt.“ Und das obwohl der MAD erklärt, er würde rund „450 Verdachtsfälle möglicherweise rechtsextremer Soldaten“ verfolgen.11 

Fassen wir also zusammen: Ein Elite-Soldat und ein Geheimdienstagent bauen eine 2000 Personen starke Organisation für Soldaten und Geheimdienstler auf, die paramilitärische Strukturen herausbildet und sich faschistischen Diktatoren als Dienstleister anbieten. Innerhalb dieser Tarnorganisation entsteht darüber hinaus eine Organisationsstruktur von rund 200 Personen, die Waffenlager anlegen, sichere Häuser organisieren, Ätzkalk und Leichensäcke bestellen und Anschläge auf Linke vorbereiten. Geleitet wird diese Struktur von Polizisten und den selben Elite-Soldaten, die Uniter aufbauen und als Spitzel des MAD geführt werden – und all diesen Leuten geschieht mehr oder weniger nichts.

Allein der bisherige Überblick der Fakten legt nahe, dass hier niemand „außer Kontrolle“ geraten ist, sondern gezielt eine Schattenarmee aufgebaut wurde, die aus der Führung von (Teilen des) Geheimdiensts und/oder Militärs kontrolliert wurde. Eine Organisation, welche die „Drecksarbeit“ verrichten kann, ohne dass Führungsstellen unmittelbar damit in Verbindung gebracht werden können. Und doch ist eine solche Organisierung ohne Zustimmung der Führung undenkbar.

Der „Nazi-Untergrund“

Während das Kreuz-Netzwerk mittelfristig aufgebaut wird und ein Teil dessen zwar konkrete Attacken vorbereitet, aber noch nicht verübt hat, geht ein anderer Teil der faschistischen Bewegung schon weiter. Dabei handelt es sich um Neonazis, die dem Konzept des „führerlosen Widerstand“ anhängen, wie es von Blood&Honour bzw. dessen bewaffneten Arm Combat 18 entwickelt wurde. In diesen Bereich kann man die Morde und Anschläge des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) von 1999 bis 2007 sowie den jüngsten Mordanschlag auf den CDU-Politiker Walter Lübcke einordnen.

Attentat auf Walter Lübcke

Am 2. Juni 2019 wurde der Kasseler Regierungspräsident Walter Lübcke vor seinem Wohnhaus erschossen. Bei dem CDU-Politiker handelte es sich um die dritthöchste politische Person in Hessen. Die Reaktion der bürgerlichen Politik war erstaunlich passiv. Die Bundeskanzlerin sprach von „bedrückenden Nachrichten“, Vizekanzler Olaf Scholz mahnte, „dass wir als Demokraten zusammenstehen“.

Erst zwei Wochen später wurde der Faschist Stephan Ernst festgenommen. Eine Woche später gestand er, Lübcke ermordet zu haben.12 Neben Ernst wurde auch der Neonazi Markus Hartman wegen Beihilfe verhaftet.

Ernst ist seit den 90ern in der Nazi-Szene aktiv und hat selbst schon mehrfach rechte Angriffe verübt.

1992 griff er auf der Toilette des Wiesbadener Hauptbahnhofs einen migrantischen Mann mit einem Messer an, dieser wurde lebensgefährlich verletzt. 1993 organisierte Ernst einen Anschlag auf eine Geflüchtetenunterkunft im hessischen Hohenstein-Steckenrodt mit einer Rohrbombe. Sie konnte von den BewohnerInnen gerade noch unschädlich gemacht werden bevor sie explodierte. Er wird zu sieben Jahren Haft ohne Bewährung verurteilt. 2009 war er am 1. Mai erneut an einem Angriff mit rund 400 „Autonomen Nationalisten“ auf die Demonstration des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB) beteiligt. Er wird festgenommen und zu sieben Monaten auf Bewährung verurteilt. Außerdem wird er verdächtigt, 2016 einem 22-jährigen Iraker in den Rücken gestochen zu haben, der Angegriffene überlebte schwer verletzt. Noch im gleichen Jahrspendete er 150€ an die AfD.

Spätestens seit Anfang der 2000er Jahre wohnt Ernst in Kassel. Dort beteiligte er sich unter anderem an NPD-Auftritten und Demonstrationen. Des weiteren gehörte er zum engeren Kreis um Mike Sawallich, einem führenden Mitglied der Oidoxie Streetfighting Crew. Diese gab damals vor, das deutsche Combat 18 zu repräsentieren. Kurz nach der Festnahme von Ernst bezeichnet Sawallich diesen in Sozialen Netzwerken als „besten Kamerad“.

Bei Combat 18 handelt es sich um den „bewaffneten Arm“ der in Deutschland verbotenen Neonazi-Organisation Blood&Honour. Combat 18 ist dabei absurderweise selbst nicht verboten. Übersetzt steht Combat 18 für „Kampfgruppe Adolf Hitler“. Die Zahlen entsprechen im Alphabet dem 1. und 8. Buchstaben und damit dem A und H in den Anfangsbuchstaben von Adolf Hitler. Es ist davon auszugehen, dass Combat 18 und Blood&Honour derzeit ein und die selbe Struktur sind. Wir werden deshalb in Zukunft die Abkürzung B&H/C18 benutzen.

Ihre bewaffnete Strategie bezeichnet die Gruppe selbst als „führerlosen Widerstand“.13 Dabei werden Anhänger aufgefordert, kleine rechtsterroristische Zellen zu bilden und Attentate zu verüben. „Führerlos“ bedeutet natürlich nicht, dass es keine faktische Führung gibt. Das ist auch schwer vorstellbar bei einer neonazistischen Struktur, die darum kämpft, einen autoritären Führerstaat zu errichten. Vielmehr geht es darum, formale Führungsstrukturen zu vermeiden, um die Zerschlagung der ganzen Organisationsstruktur zu erschweren.

Auch Ernst selbst gehörte wahrscheinlich zu diesem Netzwerk, worauf nicht nur seine Kontakte zu Sawallich hinweisen. So tauchte ein Foto auf, welches ihn bei einem konspirativen Treffen im sächsischen Mücka im März 2019 zeigt. Auf dem Bild ebenfalls zu sehen: Stanley Röske. Der 43-jährige Neonazi git als Anführer von Combat 18 in Deutschland. Ebenso waren viele weitere Mitglieder von Combat 18, Blood&Honour, Brigade 8 bis Oidoxie dort anwesend.

Erstaunlich ist die anschließende Vernebelungsmaschinerie, die angeworfen wurde. Nur wenige Tage später taucht nämlich ein Neonazi auf, der von sich behauptet, dass er die Person auf dem Foto sei. Eine höchst merkwürdige Geschichte, denn warum sollte sich jemand als Beteiligter eines konspirativen Treffens outen – von einer Organisation, die vom Verbot bedroht ist? Bemerkenswert ist zudem, dass der sächsische Staatsschutz und Verfassungsschutz diese Story Bestätigen.

Einen Tag nach dem Geständnis von Stephan Ernst veröffentlicht dann sogar Combat 18 ihr erstes öffentliches Video, in dem der Dortmunder Neonazi Robin Schmiemann vermummt erklärt, dass Ernst nichts mit ihnen zu tun habe. Schmiemann war im Jahr 2013 aufgrund seiner Brieffreundschaft zu der NSU-Terroristin Beate Zschäpe bekannt geworden.

Durch diese Maßnahmen versucht Combat 18 offensichtlich ein Verbot ihrer Struktur zu verhindern – und die Repressionsbehörden stützten dies, nicht ohne Grund.

B&H/C18 und NSU

Blood&Honour/Combat 18 kann nämlich auf eine lange Geschichte von staatlich finanzierten und kontrollierten Aufbau zurückblicken.

Im Jahr 2000 wurde B&H verboten, doch die Kontinuität wurde gewahrt. So war der Deutschlandvorsitzende Stephan L. alias „Pinocchio“ schon 1997 als V-Mann unter dem Decknamen „NIAS“ angeworben worden. Auch nach dem Verbot führte er die Strukturen weiter – und wurde vom Bundesamt für Verfassungsschutz bezahlt, bis mindestens 2010. Als der NSU aufflog wurde er abgezogen. In seine Zeit als B&H-Chef fallen die Morde des NSU, welcher vom Thüringer LKA im Jahr 1999: „zum harten Kern der Blood and Honour Bewegung” gezählt wurde.

Der NSU verwirklichte nicht nur die Ideologie des „führerlosen Widerstands“. Bei Durchsuchungen einer angemieteten Garage wurde haufenweise Blood&Honour-Progapanda-Materialien gefunden sowie eine Adressenliste mit NSU-Unterstützern – ein Großteil davon B&H-Aktivisten. Auf der Liste fanden sich unter anderem:

Thomas „Corelli“ Richter, führender Kopf bei B&H, er gewährte dem NSU mindestens einmal Unterschlupf bei sich Zuhause. Von 1994 bis 2012 war er V-Mann beim BfV.

Carsten „Piato“ Szczepanski, B&H und KKK-Aktivist sowie NSU-Kontaktmann. Von 1992 bis 2000 war er V-Mann beim säschsischen LfV.

Thomas „VP562“ Starke, besorgte für den NSU Sprengstoff und mietete eine Garage an, organisierte bedeutende B&H-Konzerte u.a. mit Ralf Wohlleben. Von 2000 bis 2010 war er V-Mann des Berliner LKA.

Der NSU kann also zum B&H/C18-Netzwerk gezählt werden. So verwundert es auch nicht, dass bei Stephan Ernst und auch seinem mutmaßlichen Helfer Markus Hartmann ebenfalls Verbindungen zum NSU zu finden sind.

So stammt Markus Hartmann aus der selben Gegend in Thüringen und war seit 1990 aktiver Faschist vor Ort. 2006 war er als Zeuge nach dem NSU-Mord an Halit Yozgat in Kassel befragt worden. Zuvor hatte er mehrfach eine Website des BKA zu dem Fall aufgerufen. Doch die Polizei lies ihn laufen, noch nicht mal eine Notiz zu seinem faschistischen Hintergrund findet sich in den Akten.

Auch Stephan Ernst taucht in den NSU-Akten auf. So wurde im Februar 2016 der V-Mann Benjamin G. zu Ernst und seinen Kontakten zu anderen Faschisten durch den NSU-Untersuchungsausschuss befragt. Der Befragte kannte ihn nur unter dem Spitznamen „NPD-Stephan“ und machte keine näheren Angaben zu ihm, so dass Ernst nicht zum Umfeld des NSU gezählt wurde.

Besonders brisant: dieser V-Mann wurde von dem Geheimdienstagenten Andreas Temme geführt. Temme war selbst am 6. April 2006 in dem Internetcafé in dem Halit Yozgat ermordet wurde.14 Das hielt er zwei Wochen geheim, erst eine komplizierte Ermittlung führte die Polizei auf seine Spur. Seine Telefonanschlüsse wurden abgehört, man observierte sein Tun, wie er sich u.a. mit Vorgesetzten auf einer Raststätte traf. In einem dieser abgehörten Telefonate äußerte sich der Geheimschutzbeauftragte des hessischen Landesamtes für Verfassungsschutzes (LfV) wie folgt: „Ich sage ja jedem: Wenn er weiß, dass irgendwo so etwas passiert, bitte nicht vorbeifahren.“

Bei einer Durchsuchung wurden Waffen, illegale Munition, Ausgaben von Hitlers „Mein Kampf“ und selbstgemalte SS-Runen gefunden. Laut Handy-Bewegungsprofil war er bei noch sechs weiteren NSU-Morden in der Nähe. Man nahm ihn fest. Und doch wurde er wenige Stunden nach seinem Verhör wieder laufen gelassen. Der faschistische Agent wurde durch seinen Geheimdienst geschützt und nur versetzt.

Hinzu kommt: Das Trio war umgeben von mindestens 40 V-Personen, durch die der Staat bedeutende Teile der rechtsterroristischen Strukturen steuern konnte.15 Temme und die dutzenden V-Leute sind der offensichtlichste Beweis dafür, dass die NSU-Morde vom Inlandsgeheimdienst beaufsichtigt, begleitet und kontrolliert wurden.

Die Verbindung von Ernst zu B&H/C18, zum NSU und damit auch zu Geheimdienststrukturen soll auch dieses Mal vertuscht werden: So berichtet der Verfassungsschutz nach außen dass Ernst nach 2009 „nicht mehr aufgefallen sei.“ Gleichzeitig gibt der hessische Geheimdienst das Protokoll der V-Mann-Befragung von 2016 und seine Kenntnisse von möglichen Kontakten von Ernst zum NSU bisher nicht frei. Die Akte über Ernst wurde für Ermittlungsbehörden für die nächsten 120 Jahre gesperrt, aber nicht gelöscht. Mittlerweile wurde die Sperrfirst auf 30 Jahre herunter gesetzt. In einem Gerichtsverfahren hat die WELT erklagt, dass zumindest herausgegeben werden muss, wie oft der Name Stephan Ernst in den Unterlagen auftaucht: Es sind ganze 11 Mal. Und dennoch: Für die Generalbundesanwaltschaft liegen derzeit keine Hinweise vor, dass „der Beschuldigte in eine rechtsterroristische Vereinigung eingebunden gewesen sein könnte“.

Fassen wir die vorhandenen Indizien zusammen, ist also davon auszugehen, dass Stephan Ernst und Markus Hartmann zur B&H-Zelle in Kassel – und damit auch der Unterstützerzelle des NSU – gehörten, welche im NSU-Prozess nicht aufgedeckt wurde. Auf eine Funktion als rechte „Schläfer“ weist auch das umfangreiche Waffenlager mit über 46 Schusswaffen hin, welches bei den Tatverdächtigen gefunden wurde. Nach Ende des NSU führten sie den „Kampf“ im Sinne des Konzepts des „führerlosen Widerstands“ weiter. Sie bildeten eine eigene „Zelle“ und wählten als Opfer Walter Lübcke aus, der schon auf einer Todesliste des NSU stand.16

Höchstwahrscheinlich gibt es von solchen Strukturen noch viele weitere in Deutschland. Und selbst bei Aufgedeckten Straftaten wird die Polizei kaum tätig. So befanden sich vergangenes Jahr offiziell 467 faschistische Straftäter auf freiem Fuß, obwohl sie per Haftbefehl gesucht werden. Im Vergleich zum Jahr 2014 hat sich diese Zahl fast verdoppelt. 2008 waren es lediglich zwei.17 Auch wurden im Jahr 2018 über 1091 Waffen sichergestellt.

Es ist davon auszugehen, dass ein Teil des Nazi-Untergrunds in faschistischen Schläferzellen aktiv ist. Dabei muss bedacht werden, dass „Untergrund“ ein relativer Begriff ist. Alle bekannt gewordenen neonazistischen Täter nach dem NSU handelten nicht aus dem Untergrund, wie zuletzt Stephan Ernst. Sondern sie lebten unter ihren richtigen Namen und waren jederzeit greifbar. Und selbst beim NSU ist die Rede vom Untergrund unangebracht, lebte das Kerntrio doch in Chemnitz und Zwickau mit guten Szenekontakten und umgeben von V-Leuten.

NSU 2.0: Rechte Polizisten

Der Mord an Walter Lübcke führt nicht nur direkt zu B&H/C18, NSU und Geheimdienst, sondern noch zu einer weiteren Institution: Der Polizei in Hessen.

Denn schon drei Tage nach dem Mord – als Stephan Ernst und Markus Hartmann noch gar nicht als Verdächtige bekannt waren – ging bei der Frankfurter Rechtsanwältin Seda Basay-Yildiz ein Bekennerschreiben per Fax ein. Darin stand sinngemäß: „Wir haben Walter Lübcke getötet. Bald bist Du dran!“ Der Brief war wie fünf frühere derartige Drohungen mit dem Kürzel „NSU 2.0“ unterzeichnet.

Seitdem die Rechtsanwältin Seda Basay-Yildiz als Nebenklage-Vertreterin im Prozess gegen die faschistische Terrororganisation NSU in München auftrat, wird sie mit Drohungen und Beleidigungen von Faschisten überhäuft.

Bereits am 2. August bekam die Juristin ein anonymes Fax zugesendet. Es beginnt mit den Worten „Miese Türkensau!“ und ist unterschrieben mit „NSU 2.0“. Auch weitere Drohungen wie „Du machst Deutschland nicht fertig. Verpiss dich lieber, solange du hier noch lebend rauskommst, du Schwein!“ sind für die Anwältin leider nichts Besonderes mehr. Doch der Brief ging noch weiter. Er endete damit, dass gedroht wurde, die zweijährige Tochter der Anwältin „abzuschlachten“. Auch der Name und die Wohnadresse von Basay-Yildiz und ihrer Tochter wurden in dem Brief benannt.

Die Ermittlungen führten schließlich in die Reihen der hessischen Polizei: Kurz vor dem Versand des Faxes waren die privaten Daten von Seda Basay-Yildiz und ihrer Tochter im Polizeisystem in einer Frankfurter Wache abgefragt worden, ohne dass es dazu einen Anlass gegeben hätte. Durchsuchungen des Arbeitsplatzes und des Handys der Polizistin, von deren Rechner die Daten abgerufen wurden, förderten dann eine WhatsApp-Gruppe von fünf Frankfurter Polizisten zu Tage, in der rechte und faschistische Inhalte wie z.B. Hitler-Bilder miteinander geteilt wurden.

Doch offenbar ist das faschistische Netzwerk größer: In einem neuen Drohbrief einige Monate später wird nun auf die anschließende Suspendierung der fünf Polizisten Bezug genommen: „Dir hirntotem Scheißdöner ist offensichtlich nicht bewusst, was du unseren Polizeikollegen angetan hast! Allerdings kommt es jetzt richtig dicke für dich, du Türkensau! Deiner Scheiß- [Name der Tochter] reißen wir den Kopf ab … und der Rest eurer Dönercrew wird ebenfalls kompetent betreut werden.“ Erneut ist der Brief mit „NSU 2.0“ unterzeichnet.

Mittlerweile haben sich die Ermittlungen gegen insgesamt 38 Polizisten ausgeweitet. Darunter sind zwei Brüder die mit Reichsbüger-Parolen auf einer Kirmes aufgefallen sind und bei denen Zuhause SS-Uniformen gefunden wurden. Auch soll ein Polizist Informationen aus dem Dienstcomputer an Neonazis der Organisation Aryan weitergegeben haben. Und die Polizei Hessen ist kein Einzelfall. Bei auch die rechtsterroristische Gruppe Freital sollen Polizeibeamte mit Informationen versorgt und vor Maßnahmen von anderen Polizisten gewarnt haben. Sie hatte in nur sechs Monaten fünf Anschläge auf Flüchtlinge, KommunalpolitikerInnen sowie alternative Wohnprojekte verübt.

Solche Verbindungen sind bisher beim Fall Lübcke noch nicht nachgewiesen. Doch obwohl der Drohbrief an Basay-Yildiz offensichtlich Täterwissen beinhaltete, gibt es derzeit keine offiziellen Ermittlungen zu Verbindungen von hessischer Polizei und dem Kasseler Mord an Walter Lübcke.

Dabei meint selbst Rafael Behr, Professor für Polizeiwissenschaften an der Akademie der Polizei Hamburg, zu den Vorkommnissen in der hessischen Polizei: „Das sind dann auch keine Einzeltäter oder sogenannte schwarze Schafe, sondern mehr oder weniger kleine Gruppen, die klandestin operieren, sich aber zu sicher sind, dass sie nicht sanktioniert werden und deshalb anfangen zu prahlen.“ Ein Polizei-Professor stellt also fest, dass Faschisten in der Polizei sich sicher sein können, von ganz oben nicht sanktioniert zu werden – was im Umkehrschluss heißt, dass solche konspirativen rechten Zellen befürwortet werden, möglicherweise auch ihre Verbindungen zu anderen rechten Zellen.

Wenn dies die Schlussfolgerungen eines absolut staatstragenden Polizeiwissenschaftlers bezüglich des Nazi-Untergrunds sind, dann müssen wir in unserer Analyse noch einen Schritt weitergehen. Zuvor wollen wir jedoch noch in einem kleinen Exkurs der Geschichte staatlich geführter Schattenarmeen nachgehen und die Rolle der AfD analysieren.

3. AfD – Partei des rechten Terrors

Schon immer hat die faschistische Bewegung sich darum bemüht neben ihren Terror-Gruppen, Straßenschlägern und Medienorganen auch eine faschistische Massenbasis und Massenpartei aufzubauen. Ihnen ist bewusst, dass rechte Gewalt allein zur Errichtung einer faschistischen Diktatur nicht ausreicht. Man muss auch die Herzen und Köpfe einer Millionenmasse gewinnen.

Jahrzehntelang hat die Neonazi-Bewegung dafür Massenarbeit betrieben. Doch ihre erfolgreichste Partei, die NPD, konnte den wirklichen Sprung zur Massenpartei nie schaffen – trotz massiver Geheimdiensthilfe.18

Doch in den letzten Jahren hat sich die Situation geändert. Grundlage dafür war die zielgerichtete Intervention einer Allianz aus gefährlichen faschistischen Elemente aus der Mitte der deutschen herrschenden Klasse – darunter Kapitalisten, Militärs, Polizisten, Geheimdienstler und führende Politiker. Ihnen ist es in den letzten Jahren gelungen, einen parlamentarischen Arm des Faschismus mit wirklichem Masseneinfluss aufzubauen: die Alternative für Deutschland (AfD).

Schon 2015 haben wir analysiert, dass die AfD diese Funktion einer parlamentarischen faschistischen Partei übernimmt.. Heute wird das im Bezug auf die ideologische Ausrichtung der AfD kaum noch in Frage gestellt. Nach mehreren „Rechtsrucks“ innerhalb der Partei nimmt diese heute offen neofaschistische Positionen ein.

Dies zeigt sich schon bei ihrem Führungspersonal:

Der Bundestags-Fraktionsvorsitzender der AfD, Alexander Gauland, war 40 Jahre CDU-Mitglied und Leiter der hessischen Staatskanzlei. Der Politiker stellte sich offen hinter die deutsche Wehrmacht, das Militär Hitlers: „Wir [haben] das Recht, stolz zu sein auf Leistungen deutscher Soldaten in zwei Weltkriegen“.  Er forderte, endlich Schluss zu machen mit der Beschäftigung mit dem Hitler-Faschismus, als er die Nazi-Zeit als „Vogelschiss” in „1000 Jahren erfolgreicher deutscher Geschichte“ bezeichnete.

Gaulands Co-Vorsitzende Alice Weidel ist ehemalige Analystin bei der US-Investmentbank Goldman Sachs und nimmt ebenfalls klare Nazi-Positionen ein. Diese wurden durch die Veröffentlichung von internen Emails bekannt. Zur damaligen Bundesregierung sagte sie dort: „Diese Schweine sind nichts anderes als Marionetten der Siegermaechte des 2. WK und haben die Aufgabe, das dt Volk klein zu halten indem molekulare Buergerkriege in den Ballungszentren durch Ueberfremdung induziert werden sollen“. Solche Aussagen finden sich sonst nur bei Leuten wie den faschistischen „Reichsbürgern“, die von der Weiterexistenz des deutschen Reichs ausgehen.

Parlamentarischer Arm und terroristischer Arm

Mittlerweile scheut man in der AfD selbst vor faschistischer – den braunen Terror vorbereitender – Rhetorik nicht zurück. Besonders offen zeigt sich dies bei den Vorsitzenden einiger Landesverbände in Ostdeutschland: Der sächsische AfD-Vorsitzende Jörg Urban erklärte: „Auch das derzeitige Regime werden wir mithilfe vernünftiger Menschen zum Einsturz bringen.“ Der Thüringer Vorsitzende Bernd Höcke sprach bei einem Auftritt im Sommer 2018 vom „Verwesungsgeruch einer absterbenden Demokratie“ und von „Wut“ und „Renitenz“ als Bürgerpflicht. In seinem 2018 erschienenem Buch kündigt er „Grausamkeiten” an und dass Deutschland nach der Machtergreifung der AfD ein „paar Volksteile verlieren werde”. Ebenso wie er spricht auch Brandenburgs AfD-Chef Andreas Kalbitz davon dass die AfD „die letzte evolutionäre Chance“ für Deutschland sei. „Danach kommt nur noch Helm auf“.

Kalbitz weiß, wovon er spricht. Er war selbst von 1994 bis 2005 Soldat und Ausbilder in der Fallschirmspringer-Kaserne „Franz-Josef-Strauss“ in Altenstadt. Eine Kaserne, in der die faschistische Tradition hochgehalten wird. Mitte der Neunzigerjahre feiern Fallschirmjägersoldaten „Führers Geburtstag“ mit Reichskriegsflagge, Hitler-Bildern und dem nationalsozialistischen Horst-Wessel-Lied. Auf dem Dachboden der Kaserne findet man ein Waffenlager. Kommandeur zu dieser Zeit: Fritz Zwicknagl. Heute sitzt dieser für die AfD im Bundestag.

Die Kaserne Altenstadt zeigt die Verbindung von AfD, Staatsapparat und rechtem Terror auf: Denn nicht nur Kalbitz und Zwicknagl waren dort, sondern auch auffallend viele Mitglieder des rechsterroristischen Kreuz-Netzwerks, darunter dessen Anführer „Hannibal“ und „Petrus“. Auch Hannibals MAD-Agent Peter W., Franco Albrecht, Marco G. und der Westkreuz-Arzt sind dort gewesen..

Und es gibt noch weitere Verbindungen des Kreuz-Netzwerk in deutsche Parlamente:

So hat der AfD-Abgeordnete Jan Nolte – selbst Oberbootsmann der Reserve – Südkreuz-Mitglied Maximilian T. bei sich als „persönlichen Referenten“ angestellt. Dieser hatte mit Franco Albrecht mögliche Anschlagsziele ausgekundschaftet. Uniter-Gründer Ringo M. sowie Thomas B. kennen den AfD-Abgeordneten Martin Hess noch aus ihrer gemeinsamen Zeit in der Polizeieinheit BFE 523. Und Haik J. ist im Ausschuss „innere Sicherheit“ der AfD in Mecklenburg-Vorpommern.

Es zeigt sich: AfD und terroristische Bewegung gehen Hand in Hand – vermittelt von faschistischen Militärs. Und davon gibt es eine ganze Menge in der AfD: So z.B. der Chef des Landesverband Rheinland-Pfalz, Oberstleutnant a.D. Uwe Junge. Zum Antritt von CDU-Politikerin Annegret Kramp-Karrenbauer als Verteidigungsministerin fragte er per Twitter: „Wann kommt endlich der Aufstand der Generale?”. Stellvertretender Parteivorsitzender sowie Landes- und Fraktionschef in Berlin ist Georg Pazderski im Rang eines Oberst im Generalstab. Seinen Angaben zufolge war er Referent bei der NATO und im Verteidigungsministerium. Mittlerweile kandidiert mit Joachim Wundrak sogar ein ehemaliger General der Luftwaffe für die AfD, nämlich für das Amt des Oberbürgermeisters in Hannover. Das Bild an der Spitze zeigt sich auch in ihrer Struktur. Von den 35.000 Parteimitgliedern sollen laut AfD rund 2100 Berufssoldaten sein.

Förderung aus der Mitte des Staatsapparats

Diese Dynamik der Verbindung von AfD und Militär wird aufmerksam von langjährigen Strategen des deutschen Imperialismus registriert, die derzeit noch auf eine andere Partei setzen. So erklärte CDU-Politiker Friedrich Merz, dass immer größere Teile der Bundespolizei und der Bundeswehr an die AfD „verloren gehen“ würden. Seine Schlussfolgerung ist aber: Die Politik müsse sich – auch wegen des Mordes an Walter Lübcke – „ohne Wenn und Aber hinter unsere Sicherheitsorgane stellen“. Eine Aufforderung jegliche Kritik an rechten Tendenzen in Polizei und Bundeswehr zu unterlassen – also offene Schützenhilfe für die faschistischen Elemente in diesen Strukturen.

Merz ist nicht irgendwer. Der Deutschland-Chef des größten Vermögensverwalters der Welt, Blackrock, saß insgesamt 20 Jahre lang für die CDU im Europaparlament und im Bundestag, wo er zwei Jahre Fraktionsvorsitzender war. Er gilt als einer der zentralen Strategen der deutschen herrschenden Klasse. So ist er Gründer der von Kapitalistenverbänden getragenen Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) und in mehreren transatlantischen Think-Tanks aktiv. 2011 brachte Hans-Olaf Henkel, der Ex-Chef des Bundes Deutscher Industrieller (BDI) – immerhin der wichtigste Kapitalistenverband Deutschlands – Friedrich Merz als Anführer einer neuen Partei rechts der CDU ins Spiel. Merz blieb jedoch bei der CDU, Henkel gründete die AfD mit. Doch beide scheinen sich in der Notwendigkeit einer rechten Regierung für Deutschland einig zu sein. So treibt Merz seit kurzem eine Annäherung der CDU an die AfD voran. Während er die AfD Ende 2018 noch als „offen nationalsozialistisch“ bezeichnete, fordert er keine sechs Monate später einen „unaufgeregten Umgang“ mit dieser Partei und erklärte: „Ich hätte auch längst im Deutschen Bundestag einen Vizepräsidenten der AfD gewählt“.

Das Ziel, mit der AfD eine faschistische Partei zu etablieren und zu normalisieren die gleichzeitig Potenzial für eine rechte Koalition bietet, teilen auch andere Kräfte, die darin eine mögliche Option für die Interessen des deutschen Imperialismus sehen.

Dabei sticht besonders CDU-Mitglied Hans-Georg Maaßen hervor. Er war von 2012 bis 2018 Chef des deutschen Inlandsgeheimdienst Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) – also genau in der Zeit in der sich die AfD gründete und ihre sprunghafte Entwicklung hinlegte.

In dieser Zeit traf er sich selbst mehrfach mit führenden AfD-Politikern, um sie bei der Entwicklung ihrer Partei zu beraten – unter anderem wie sie vermeiden kann, zu einen „Verdachtsfall“ für den Verfassungsschutz zu werden. Tatsächlich verhinderte Maaßen eine „Beobachtung“ durch das BfV während seiner gesamten Amtszeit, obgleich die Partei immer weiter nach rechts rückte. Es ist davon auszugehen, dass Maaßen diese Linie auch versucht hat in den anderen Landesämtern durchzusetzen, was ihm auch für lange Zeit geglückt ist. Offenbar wollte er die positive Entwicklung dieser faschistischen Organisation.

Das scheint nicht nur für den parlamentarischen, sondern auch für den terroristischen Arm des Faschismus zu gelten. So wies er konsequent jede Verantwortung des BfV in Bezug auf den NSU von sich. Sein Amt sei „nicht zuständig“ gewesen. Ein Hohn, wenn wir an die vielen V-Männer des Geheimdienstes rund um den NSU denken.

Selbst für längst verstorbene Nazis scheint Maaßen etwas übrig zu haben. So verhinderte er die Herausgabe von Akten über SS-Hauptsturmführer und NS-Kriegsverbrecher Alois Brunner. Darin sollten sich Erkenntnisse finden, wie er sich lebenslang seiner Verhaftung und seinem Prozess entziehen konnte und welche Geheimdienstler und offiziellen Kanäle ihm 1954 geholfen haben, sich aus Deutschland nach Damaskus abzusetzen. Brunner war einer der wichtigsten Mitarbeiter Adolf Eichmanns bei der Vernichtung der europäischen Juden. Wie wichtig es Maaßen ist, die Nazi-Seilschaften innerhalb des Geheimdienstes zu decken zeigte sich, als er erklärte, dafür zu sorgen, das  Bundesarchivgesetz zu ändern, sollte die Akte freigegeben werden.

Jahrelang saß Maaßen auf dem Chefposten des deutschen Inlandsgeheimdienstes. Seine rechten Positionen waren allseits bekannt, zum „Problem“ wurden sie erst, als er damit massiv an die Öffentlichkeit ging. So leugnete er im September 2018 nach dem gemeinsamen Auftritt von AfD-Prominenz und Neonazis in Chemnitz Hetzjagden auf MigrantInnen – und kam damit der AfD zur Hilfe. Dieser öffentliche Widerspruch zur Bundesregierung machte es nötig, ihn als BfV-Chef abzuberufen, damit die Regierung ihr Gesicht wahren konnte. Doch obwohl für ihn eine persönliche Beraterstelle an der Seite Horst Seehofers geschaffen werden sollte, setzte er nach. Gegenüber dem Berner Club, immerhin ein inoffizielles Treffen aller europäischen Geheimdienstchefs, sprach er von „linksradikalen Kräften in der SPD“, die gegen ihn vorgehen wollen, weil er „in Deutschland als Kritiker einer idealistischen, naiven und linken Ausländer- und Sicherheitspolitik bekannt“ sei. So spricht nur ein antikommunistischer Hardliner. Daraufhin war er öffentlich nicht mehr tragbar und wurde in den Ruhestand versetzt – natürlich mit vollen Pensionsbezügen. Der AfD-Vorsitzende Jörg Meuthen lud Maaßen dazu ein, in seiner Partei mitzuarbeiten. Doch Maaßen blieb in der CDU und treibt deren Rechtsentwicklung mit der CDU-Untergruppe Werteunion voran – in Richtung AfD. Im Sächsischen Wahlkampf brach er dann ein Tabu und brachte eine zukünftige Koalition mit der AfD ins Spiel: „Man weiß nie.“ 19

Gar nicht gelegen kam ihm bei seinen strategischen Plänen die „Ibiza-Affäre“ in Österreich. Im Mai 2019 war ein Video aufgetaucht, in dem der faschistische FPÖ-Frontmann Strache unter anderem über ein illegales Spendernetzwerk großer Kapitalisten gesprochen hatte. Problematisch, scheint doch die damalige rechte Koalition aus ÖVP und FPÖ in Österreich das zu sein, was Maaßen auch für Deutschland anstrebt. So äußerte sich dann der ehemalige Geheimdienstchef auch öffentlich sehr klar: „Für viele linke und linksextreme Aktivisten rechtfertigt der ‚Kampf gegen rechts‘ jedes Mittel. Ich bin da anderer Meinung. Der Einsatz derartiger aktiver Maßnahmen ist ein Tabubruch.“ Deutschland sei es „den Österreichern“ – also der FPÖ – „schuldig, aktiv an der Aufklärung der Hintergründe mitzuwirken, da deutsche Medien die Regierungskrise in Österreich mit herbeigeführt haben”.

Die öffentlich bekannten Fakten zu Maaßen zeigen also: An der Spitze des Geheimdienstes saß ein strammer Antikommunist, der öffentlich rassistische Hetzjagden leugnete, Alt-Nazis beschützte und die AfD als zukünftigen Koalitionspartner der CDU voran treibt. Kann da noch von einem Zufall gesprochen werden, dass der Aufstieg der AfD gerade in seine Amtszeit fällt? Ist es nicht viel naheliegender davon auszugehen, dass der Geheimdienst aus strategischen Überlegungen die AfD mit aufgebaut hat? Doch was für eine Strategie kann das sein und wie wird sie bestimmt?

Zwischenfazit:

Fassen wir kurz das bisher gesagte zusammen. Wir haben in den Abschnitten dargelegt, dass in Deutschland

eine Schattenarmee aus hunderten Faschisten existiert, die meisten davon hoch ausgebildete Elitekämpfer. Diese bereiten sich systematisch auf den Tag der faschistischen Machtübernahme vor – mit Waffenlagern, Schießtrainings, sicheren Häusern und Todeslisten. Einige wollen jetzt schon zur Tat schreiten. Angeleitet wird dieser Trupp von Elitesoldaten, V-Männern und Geheimdienstlern.

innerhalb der offiziellen Bundeswehr faschistische Netzwerke bestehen, die sich durch Eliteeinheiten wie das Kommando Spezialkräfte und die Fallschirmjäger aus der Kaserne in Altenstadt ziehen.

ein neonazistischer „Untergrund“ existiert, der sich nach dem Konzept des führerlosen Widerstands organisiert, die feigen Anschläge des NSU bereits durch Morde – wie an Walter Lübcke – fortsetzt und die Infrastruktur dafür bereitstellt. Die gesamte Struktur ist durchsetzt von Spitzeln verschiedenster Geheimdienste.

Rechte Zellen innerhalb der Polizei bestehen, die sich selbst als NSU 2.0 bezeichnen.

In allen deutschen Parlamenten eine faschistische Partei existiert, die als parlamentarischer Arm der faschistischen Bewegung innerhalb und außerhalb des Staatsapparats, inklusive ihrer terroristischen Strukturen fungiert. Aufgebaut und gefördert wird sie von führenden Mitgliedern aus deutschen Geheimdiensten und dem Militär.

Gleichzeitig geschieht von Seiten der Repressionsorgane nichts nennenswertes: Kein Verbot von Uniter, dem Kreuz-Netzwerk, Combat 18 oder gar der AfD. Keine Auflösung von Truppenteilen wie dem KSK, der Kaserne Altenstadt oder dem Verfassungsschutz. Keine Verfolgung der Führung des Kreuz-Netzwerks, Suche nach den Hintermännern des Lübcke-Mords oder gar von Geheimdienstlern.

Nachdem wir nun diese – für jeden öffentlich zugänglichen – Informationen zusammengetragen haben, wollen wir die Frage stellen:

Wie ist die Existenz staatlich geführter rechter Terrorgruppen sowie die massive Förderung einer faschistischen Partei durch führende Mitglieder des Staatsapparats zu erklären? Was sagt das über die Verbindung von Staat und Faschismus aus?

Um diese Fragen zu beantwortet ist es notwendig die Ökonomie zu betrachten, die Lage des deutschen Imperialismus, des deutschen Finanzkapitals sowie die Dynamik des internationalen Konkurrenzkampfs wie auch des Klassenkampfs.

Erst auf dieser Grundlage kann der Faschismus als strategische Option des deutschen Finanzkapitals begriffen werden – ebenso wie seine Rolle in der bürgerlichen Demokratie.

4. Wozu braucht das Kapital den Faschismus?

Deutschland ist wie jedes andere Land im heutigen imperialistischen Weltsystem eine Klassengesellschaft. Die 45 reichsten Menschen besitzen soviel wie die ärmere Hälfte der deutschen Bevölkerung. Ihren Reichtum haben sie – ebenso wie die restliche Kapitalistenklasse – aus der Ausbeutung der ArbeiterInnenklasse in Deutschland und der Ausplünderung anderer Länder gewonnen. Die deutsche Finanzoligarchie steht deshalb notwendigerweise im Kampf mit den Imperialisten anderer Länder um Welthegemonie auf der einen Seite und im Kampf mit der ArbeiterInnenbewegung im eigenen Land auf der anderen Seite. Ihr Instrument, um diesen Kampf durchzuführen, ist der imperialistische Staatsapparat. „Der deutsche Staat ist ein Instrument des deutschen Kapitals und insbesondere der deutschen Monopolbourgeoisie zur Ausbeutung der Lohnarbeit durch das Kapital – in einem umfassenden Sinne. Er hat die Aufgabe, ihre Herrschaft zu organisieren und aufrecht zu erhalten.“ 20

Welche politische Form der Staatsapparat als Herrschaftsinstrument annimmt hängt von der Entwicklung der kapitalistischen Widersprüche ab:

Wird die imperialistische Unterwerfung anderer Länder sowie der zwischenimperialistische Konkurrenzkampf im wesentlichen durch Mittel der Diplomatie und der wirtschaftlichen Durchdringung durchgeführt, oder werden im wesentlichen Krieg und offene Besatzung in den Auseinandersetzungen eingesetzt?

Kann der Schein der Sozialpartnerschaft noch irgendwie aufrecht erhalten werden, oder benötigt es eine offenere und intensivere Unterdrückung der ArbeiterInnenklasse im Innern?

Kann das Protestpotenzial der ArbeiterInnenklasse in den ausgebeuteten Ländern, ebenso wie im Inland durch Integration und Betrug eingefangen werden, oder benötigt es schon den Terror gegen eine mächtige ArbeiterInnenbewegung, welche den Staat und die Herrschaft des Kapitals herausfordert?

In der Beantwortung dieser Fragen – und der damit einhergehenden strategischen Ausrichtung des Staatsapparats – ist sich die Kapitalistenklasse dabei nicht immer einig. So gibt es Teile, die noch lange vor allem vermittels Betrug und Diplomatie voran gehen wollen, solche welche Betrug und offene Eroberung und Unterdrückung kombinieren wollen sowie solche, welche im wesentlichen auf imperialistischen Chauvinismus und Terror noch innen und außen setzen. Je nachdem wie der entscheidende Teil der Kapitalistenklasse diese Fragen beantwortet, nimmt der Staat die Form einer bürgerlichen Demokratie oder die der faschistischen Diktatur an. Dazwischen besteht keine chinesische Mauer, sondern ein Prozess der Faschisierung, in welcher der bürgerlich-demokratische Staat immer mehr autoritäre Züge annimmt – bis an den Punkt, wo der reaktionärste Teil der Herrschenden den direkten Übergang zu einer faschistischen Diktatur durchsetzen kann.

Bestimmend ist im deutschen imperialistischen Staat die Haltung des Finanzkapitals und insbesondere der Finanzoligarchie, die sich den Staatsapparat vermittels unzähliger Kanäle und Methoden untergeordnet hat. Diese zeichnet sich in Deutschland durch eine hohe personelle und familiäre Kontinuität bei gleichzeitig starker Flexibilität bezüglich der Herrschaftsmethoden aus.

Faschistische Kontinuität der Finanzoligarchie

So gibt es innerhalb dieser Finanzoligarchie im heutigen Deutschland einen hohen Anteil von Familien, welche in einer über ein Jahrhundert lang währenden Kontinuität alle erdenklichen Staatsformen und Herrschaftsmethoden angewendet haben. Von der Monarchie, über die Entfesselung des ersten Weltkrieges; von der Niederschlagung der sozialistischen Revolution, zur Weimarer Demokratie; von Weltwirtschaftskrise und drohender Revolution, hin zum Hitler-Faschismus und dem Zweiten Weltkrieg; von der Niederlage über den Aufbau einer bürgerlichen Demokratie, hin zur imperialistischen Weltmacht BRD heute.

Da ist zum Beispiel die Familie Reimann. Schon seit Ende des 18. Jahrhunderts bestimmt diese Kapitalistenfamilie den Weg Deutschlands mit. Die Fabriken der späteren Firmen-Patriarchen Albert Reimann sen. und Albert Reimann jun. galten schon vor der Machtergreifung Hitlers als NS-Musterbetriebe. Beide waren überzeugte Nazis und Antisemiten, in der Privatvilla der Reimanns in Ludwigshafen kam es zu Ausbeutung, Gewalt und Missbrauch an ZwangsarbeiterInnen. Heute ist sie mit ihrer JAB Holding die wahrscheinlich reichste Familie Deutschlands.

Oder sehen wir uns die Familie Quandt an, ebenfalls eine Kapitalistenfamilie seit Ende des 18. Jahrhunderts. Deren Textilienbetriebe belieferten das deutsche Militär – in der Kaiserzeit, der Weimarer Republik und später unter Hitler-Deutschland. Auch stiegen die Quandts in das Rüstungsgeschäft ein. Die Bedeutung dieser Familie für das spätere faschistische Regime zeigte sich darin, dass Familienpatriarch Günther Quandt 1937 zum Wehrwirtschaftsführer ernannt wurde. Vom NS-Staat enteignete Konkurrenzunternehmen jüdischer EigentümerInnen konnten von Quandt günstig übernommen werden. Die Söhne übernahmen nach Ende des zweiten Weltkriegs mit diesem blutgetränkten Erbe die Bayrischen Motoren Werke (BMW). Noch heute halten sie fast die Hälfte der Aktien an BMW – einem der wichtigsten deutschen Monopole – und gehören zu den reichsten Familien Deutschlands.

Eine ähnliche Historie kann für die Familien Porsche und Piech (Volkswagen), Braun (B.Braun) oder Schaeffler (Schaeffler AG) nachgewiesen werden, die allesamt heute zu den reichsten deutschen Familie gehören und ihr Vermögen insbesondere in der Hitler-Zeit massiv ausgeweitet haben.

Von Seiten dieser Familien ist noch keine Finanzierung des modernen Faschismus á la AfD bekannt. Das muss nicht so bleiben, die AfD selbst dient sich bereits als Vertreter genau dieser Familien an. Ein Paradebeispiel dafür ist die Rede der AfD-Chefin Alice Weidel bei der kürzlichen Generaldebatte, bei der Weidel über die kommende Wirtschaftskrise sprach:

Die nächste Rezession wird weder ein vom Himmel gefallendes Schicksal sein, noch das Werk böser Mächte; sie ist in erster Linie hausgemacht. Die Schwierigkeiten, in die die Deutsche Wirtschaft und damit das ganze Land hineinrutscht, sind die Folge ihrer [der Merkel-Regierung, Anm. d Autoren] verhängnisvollen und wirtschaftsfeindlichen Politik (Beifall) – Einer im Kern, grün-sozialistischen Ideologie, die unser Land ruiniert und seiner Zukunftsfähigkeit beraubt. Diese Regierung trägt die Verantwortung für die Demontage der Autoindustrie durch Klimaschutz-Wahn und E-Auto-Planwirschaft.“

Hier wird demagogisch als Ursache für die Krise insbesondere in der Automobilindustrie „wirtschaftsfindliche Politik“, „grün-sozialistische Ideologie“, ja sogar „Planwirtschaft“ ausgegeben. Besser kann es für eine Auto-Kapitalisten-Familie wie Quandt, Porsche und Piech oder Schaeffler gar nicht kommen.

Von einem der Milliardäre aus Dynastien mit Nazi-Vergangenheit ist bereits eine Finanzierung der AfD mit Millionenbeträgen bekannt: Der 87-Jährige Unternehmer und Bänker August von Finck. August von Finck junior ist der zweite von vier Söhnen von August von Finck Senior, einem frühen Bewunderer Hitlers und Profiteur der Arisierung während der Hitler-Zeit. Dessen Privatbank Merck Finck & Co konnte im Jahr 1938 u. a. das jüdische Bankhaus S. M. v. Rothschild übernehmen. Mit dem Nazi-Vermögen seines Vaters hat er von Finck Junior weiter gemacht. Heute ist er unter anderem Hauptaktionär der Restaurant- und Hotelgruppe Mövenpick. Er verfügt über ein Vermögen von 9,2 Milliarden US-Dollar. Damit liegt er auf Platz 16 der reichsten Menschen Deutschlands und auf Platz 167 der reichsten Menschen der Welt. Wie Journalisten herausfanden, hat der Multimilliardär auf verschiedenen Wegen auch der AfD geholfen ihre Positionen zu verbreiten:

Der Geschäftsführer der Finckschen Vermögensverwaltung soll sich im März 2017 mit einem rechten Verleger getroffen haben. Dabei ging es um das Konzept der AfD-nahen Zeitung Deutschland-Kurier. Die Zeitung wurde von der AfD mehrfach zu Wahlkampfzwecken eingesetzt. In ihr schreiben verschiedene AfD-Politiker.

2013 wurden mehrere AfD-Veranstaltungen von einer Münchener PR-Agentur bezahlt, die enge Beziehungen zu Finck unterhält. Der Betrag wird vom damaligen Bundesschatzmeister der AfD, Norbert Stenzel, auf „100.000 bis 120.000 Euro“ geschätzt.

Bereits in der Vergangenheit hat er das rechte Projekt Bürgerkonvent um die heutige AfD-Politikerin Beatrix von Storch mit einer Millionensumme unterstützt.

Laut internen Unterlagen war Finck auch über seine Handelsfirma Degussa an einem gewinnbringenden Goldhandel beteiligt, mit dem die AfD in den ersten Jahren ihre finanzielle Basis gestärkt haben soll. Laut einer Lieferliste der AfD war die Degussa einer der Hauptlieferanten des Goldes.

Und nicht nur die deutsche Finanzoligarchie kann auf eine über einhundertjährige Herrschaftsgeschichte zurückschauen. Auch der deutsche Staatsapparat kann auf eine jahrzehntelange Kontinuität blicken, welche das Kapital durch alle politischen Hüllen ihrer Herrschaft begleitet hat.

Faschistische Kontinuität im Tiefen Staat

In unserem Artikel „Der deutsche imperialistische Staats–apparat“21 schreiben wir: „Die Kontinuität zur Ausführung aller für das Kapital notwendigen Funktionen wird – über alle Regierungswechsel hinweg – durch den „Tiefen Staat“ gewährleistet. Dieser setzt sich zusammen aus langjährigen Mitarbeitern im Geheimdienst- und Militär-Apparat, der Justiz, der Ministerialbürokratie, sowie Vertretern der Monopolkonzerne. Sie sorgen für die langfristige Kontinuität der deutschen imperialistischen Strategie, auch wenn das wechselnde Spitzenpersonal (MinisterInnen und parlamentarische Staatssekretäre) Einfluss auf das taktische und operative Tagesgeschäft nimmt.“

Der Tiefe Staat bildete sich mit dem Übergang vom Kapitalismus der freien Konkurrenz zum Imperialismus in Deutschland mit Beginn des 20. Jahrhunderts. Innerhalb des Staatsapparats entstand in Militär, Geheimdienst und Justiz eine Bürokratie, welche sich den imperialistischen Expansionsbestrebungen Deutschlands widmete – und das mit ausgesprochener Kontinuität. So hatte zum Beispiel die Führung der Obersten Heeresleitung im Ersten Weltkrieg, Paul von Hindenburg und Erich von Ludendorff, auch nach dem verlorenen Krieg bedeutende Rollen. Ludendorff versuchte sich gemeinsam mit Adolf Hitler am Hitler-Ludendorff-Putsch, der nach dem Vorbild von Mussolinis Marsch auf Rom im November 1923 stattfinden sollte. Was damals nicht gelang setzte Hindenburg später um. Er war jahrelang Reichspräsident in der Weimarer Republik. Am 30. Januar 1933 ernannte er Adolf Hitler zum Reichskanzler. Der Tiefe Staat hatte den Übergang von der parlamentarischen Demokratie zum Faschismus vollzogen, die Kontinuität an der Spitze zeigte sich auch in der Basis. Das änderte sich auch nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs und dem Übergang zur „bürgerlichen Demokratie“ nicht. Den Kern des Tiefen Staats bildeten nach dem zweiten Weltkrieg durchweg ehemalige führende Nazis. Hier nur drei von hunderten Beispielen:

Der deutsche Auslandsgeheimdienst wurde von Reinhard Gehlen aufgebaut. Gehlen war General der faschistischen Wehrmacht und wurde 1942 Chef der Abteilung Fremde Heere Ost des Generalstabs der Wehrmacht. Dabei handelte es sich um den Auslandsgeheimdienst der Faschisten, dessen Aufgabe es war die Überwachung, Subversion und den geheimen Kampf gegen die Sowjetunion zu organisieren. Nach 1945 wurde er von der US-Militärverwaltung mit dem Aufbau eines neuen Geheimdienstes betraut. Seine Organisation Gehlen wurde 1956 in Bundesnachrichtendienst umbenannt, dessen Chef er bis 1968 blieb. Abgelöst wurde er von Gerhard Wessel, dieser war erster Mitarbeiter von Gehlen in Hitlers Auslandsgeheimdienst Fremde Heere Ost.

Auch das Bundesamt für Verfassungsschutz wurde von Faschisten aufgebaut: Hubert Schrübbers leitete dieses von 1955 bis 1972. Schrübbers war vor dem Zweiten Weltkrieg Mitglied bei SA-Sturm Münster und Oberstaatsanwalt von 1938 bis 1941. Er vertrat unter anderem die Anklage des faschistischen Deutschlands im Hochverrats-Prozess gegen die Attentäter des 20. Juni 1944. Nach dem Krieg stellte er als Chef des Bundesamtes für Verfassungsschutz bewusst Personen ein, die aus der faschistischen SS und dem SD (Sicherheitsdienst) stammten, also der überzeugtesten faschistischen Elite angehörten. Erst 1972 trat er zurück.

Das deutsche Militär wurde zentral vom ehemaligen General der faschistischen Wehrmacht Adolf Heusinger aufgebaut. Er wurde Militärberater von Konrad Adenauer und von 1956 bis 1964 erster Generalinspekteur der Bundeswehr, das oberste Amt der Bundeswehr.

Selbstverständlich zogen diese Leute keine „überzeugten Demokraten“ nach, sondern überzeugte Faschisten. Wie offensichtlich sich diese Kontinuität bis heute durchzieht zeigen die oben genannten Beispiele.

Wir können sehen: Die herrschende Finanzoligarchie hatte in der Vergangenheit kein Problem mit Hilfe des Tiefen Staats eine faschistische Diktatur in Deutschland zu errichten und noch heute sitzen die geistigen Kinder dieser Zeiten in hohen Ämtern. Und doch leben wir heute in Deutschland noch nicht im Faschismus.

Der Faschismus als
strategische Option

Das hängt im wesentlichen damit zusammen, dass die deutsche Finanzoligarchie die parlamentarischen Demokratie in den letzten Jahrzehnten als beste Antwort auf die oben genannten Fragen gesehen hat: der imperialistische Kampf Deutschlands fand nach dem zweiten Weltkrieg im wesentlichen auf ökonomischem und diplomatischem Gebiet in Verbindung mit einem „kalten“ Krieg statt; hinzu kommt, dass eine aggressivere deutsche Außenpolitik durch die Besatzung der Alliierten begrenzt wurde; die eigene Konkurrenzfähigkeit konnte mit den etablierten Formen der „Sozialpartnerschaft“ aufrecht erhalten und sogar weiterentwickelt werden; die ArbeiterInnenbewegung in Deutschland konnte keine Stärke entwickeln, die mit den Zeiten der Weimarer Republik vergleichbar wäre.

Doch seit der Weltwirtschaftskrise 2008/2009 und insbesondere in den letzten Jahren ändert sich diese Lage und zwar durchaus sprunghaft:

1. Die zwischenimperialistischen Widersprüche spitzen sich massiv zu: Die USA verlieren ihre Position als alleinige führende imperialistische Macht, welche sie dennoch versuchen immer aggressiver gegen aufsteigende Mächte zu verteidigen. Dazu gehört insbesondere China, ein Land, mit dem die USA bereits jetzt in einen heftigen Handelskrieg eingestiegen sind. In den nächsten drei Jahrzehnten will China mit den USA militärisch gleichziehen, was die Weltkriegsgefahr erhöht. Immer öfter drohen regionale Kriege wie in Syrien oder der Ukraine in direkte militärische Auseinandersetzungen zwischen verschiedenen Großmächten zu eskalieren. Demgegenüber steht Deutschland zwar ökonomisch verhältnismäßig stark, jedoch militärisch schwach da. Aufrüstung und militaristische Beeinflussung der deutschen Bevölkerung in Vorbereitung auf eine eigene Kriegsführung ist deshalb zur absoluten strategischen Notwendigkeit für das deutsche Finanzkapital geworden, will es im weltweiten Kampf mithalten.

2. Ökonomisch findet derzeit weltweit eine Revolutionierung der Produktionstechnik durch künstliche Intelligenz, Digitalisierung und E-Mobilität statt. Im Kampf um die technologische Vorherrschaft werden die Karten zwischen den imperialistischen Mächten neu gemischt: Dies bringt Veränderung für Deutschlands Schlüsselindustrien, die Automobil-, Energie-, Chemie- und Maschienenbau-Industrie, mit sich. Deutschland muss seine Produktionsbasis umbauen, um im internationalen Konkurrenzkampf mitzuhalten. Hier könnte das „sozialpartnerschaftliche Modell“ in Zukunft noch stärker an seine Grenzen kommen. Zusätzlich wird die Situation kurzfristig dadurch verschärft, dass Deutschlands Wirtschaft im Jahr 2019 bereits in der Krise ist, die vollen Auswirkungen sind noch nicht absehbar. Aufgrund von Produktionsrevolutionierung und Wirtschaftskrise greift das Kapital bereits zu Massenentlassungen, die auch die Stammbelegschaften und FacharbeiterInnen der großen Monopolbetriebe erreichen. Die deutsche „sozialpartnerschaftliche“ Integration wird mehr und mehr zu einem Hindernis für die Monopole um in der internationalen Konkurrenz zu bestehen.

3. Klimakrise, Kriege, wirtschaftliche Zerrüttung und Ausplünderung führen weltweit zu umfassenden Klassenkämpfen. In den letzten zehn Jahren ist der gesamte Erdball zum Schauplatz einer Welle von Massenprotesten, Streiks und Aufständen geworden, die selbst eine bürgerliche Denkfabrik wie die Friedrich-Ebert-Stiftung mit den Bewegungen von 1848, 1917 oder 1968 verglichen hat. Der globale Klassenkampf hat sich in reichen und armen Ländern entfaltet. Er umfasst Demonstrationen auf der Straße, Blockaden und Besetzungen – gegen soziale Ungerechtigkeit, Krieg, Korruption und für „wirkliche Demokratie“. Gegen G8, G7 und G20, gegen IWF und Weltbank, gegen die EU, gegen weltweite Spardiktate. Er besteht aus Aufständen in Afrika gegen Erhöhungen der Lebensmittel- und Benzinpreise sowie Riots in westlichen Großstädten wie London und Paris. Er schließt Streikkämpfe von ArbeiterInnen u.a. in China, Indien, Brasilien, Südafrika, Iran, der Türkei, Mexiko, den USA sowie in ganz Europa ein. Er umfasst Bewegungen, die korrupte und pro-imperialistische Regierungen zu Fall gebracht haben, wie in Nordafrika oder erst kürzlich in Südkorea. Er umfasst bewaffnete Kämpfe in Rojava, Indien und den Philippinen.22 Dieser Dynamik des Klassenkampfs ist sich auch das deutsche Finanzkapital bewusst. Es muss damit rechnen, dass auch die seit Jahrzehnten anhaltende „Friedhofsruhe“ in Deutschland aufzubrechen droht und ArbeiterInnenkämpfe wieder in größerer Zahl und Kraft entstehen.

All diese Widersprüche bergen in sich das Potenzial sowohl zur quantitativen „schleichenden“ Entwicklung, aber auch zur explosiven, sprunghaften, qualitativen Veränderung: Weltkrieg, Weltwirtschaftskrise, zerfallende/r EU/Euro, Umweltkrise, heftige Klassenkämpfe im Innern usw. Das sind Szenarien auf die sich das deutsche Kapital vorbereiten muss. Dafür braucht das Kapital die Option des Faschismus als strategische Alternative.23 Diese Alternative muss schon innerhalb der bürgerlichen Demokratie vorbereitet werden und nimmt bereits zu der Zeit, in der der Faschismus noch nicht an der Macht ist, eine nützliche Rolle für die Herrschenden ein.

Die Rolle der
faschistischen
Bewegung in der bürgerlichen Demokratie

Der marxistische Theoretiker Reinhard Opitz hat in seinem Standartwerk „Faschismus und Neofaschismus“ die Funktion der faschistischen Bewegung im Kapitalismus gut zusammengefasst. Wir wollen uns im Folgendem an den acht von ihm genannten Punkten24 orientieren und sie auf die von uns dargestellten Strukturen, die AfD (v.a. 1-5) und die faschistischen Terror-Netzwerke (v.a. 6-8), anwenden.

1. Die Auffangfunktion

Der AfD gelingt es heute in in diesem Umfang nie gekannter Weise unzufriedene Menschen unter einem rechten Banner zu sammeln. Dass ihnen das gelingt, zeigt sich in Gesprächen auf der Straße, in Familien, im Betrieb, in Umfragen zu „ProtestwählerInnen“. Dies gelingt ihr, in dem sie in ihrer Agitation (Facebook, Reden, durch mit ihnen verbundene Medienkanäle usw.) nicht nur um Rassisten buhlt, sondern vor allem mit dreister und systematischer Demagogie Auswirkungen des Kapitalismus – niedrige Renten, geringe Löhne, wenig Geld für Infrastruktur – anprangert. Die Wut dieser Menschen wird dann gegen MigrantInnen oder Linke gerichtet. Dies dient dem Kapital indem zum einen die Klasse gespalten wird und zum anderen Potenziale für die Linke gegen eben diese selbst gerichtet werden. Zuletzt stärkt sie das parlamentarische System in dem sie Menschen, die sich enttäuscht vom Parlamentarismus abgewendet haben, wieder in den Stellvertretermechanismus integriert werden. Besonders in Anbetracht innerer Verwerfungen im Zuge einer Weltwirtschaftskrise ist eine solche Organisation jetzt notwendig, um den Übergang von unzufriedenen Menschen auf die Seite der Linken zu verhindern.

2. Die Barometerfunktion 

Der AfD ist es gelungen das faschistische Potenzial in Deutschland, welches sich seit Jahrzehnten zwischen zehn und zwanzig Prozent bewegt hat, in einer Partei zu bündeln und sichtbar zu machen. Gleichzeitig können durch diese Bündelung weitere Teile der Bevölkerung noch systematischer angesprochen werden. So kann die herrschende Klasse nun z.B. anhand von Wahlerfolgen zusätzlich beobachten wie groß ein weiterer Anteil ist, aus dem sich eine systemunzufriedene Massenbasis entwickeln kann. Gerade in den kommenden unsicheren Zeiten ist dies eine wichtige Funktion zur strategischen Planung.

3. Die Alibifunktion für reaktionäre Regierungspolitik

Heute kann die Regierung notwendige Maßnahmen für das Kapital umsetzen, die ohne die ständigen Forderungen der AfD in der „Öffentlichkeit“ nur sehr schwer durchzusetzen wären. Dazu gehört zum einen die systematische Faschisierung des Staatsapparats durch neue Polizeigesetze oder die Aufstellung neuer Spezialeinheiten im Kampf gegen potenzielle zukünftige ArbeiterInnenkämpfe.

Zum anderen die völlige Auflösung des deutschen Asylsystems und massive Ausweitung der Repressionen gegen MigrantInnen. Auch das ist eine notwendige Reaktion sowohl im Kampf gegen tatsächlich mögliche massenhafte Migrationswellen wie auch als Spaltungselement der Klasse im Innern.

Umgekehrt können gleichzeitig unter dem Banner des „Kampfs gegen Rechts“ weitere rückschrittliche Maßnahmen eingeführt werden, die letztendlich insbesondere gegen antikapitalistische Kräfte eingesetzt werden, so z.B. das Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG), welches politische Zensur in Zukunft ermöglicht. Aber auch die systematische Aufstockung der Geheimdienste mit mehr Personal und Geld als Antwort auf ihre „Skandale“ und „Versäumnisse“ im „Kampf gegen rechten Terror“ sind Ausdruck davon.

4. Die aktive Antreiberfunktion in der Rechtsentwicklung

Ganz offensichtlich ist es durch die massive Entwicklung der faschistischen Bewegung, das heißt ihrem parlamentarischen Arm, wie durch rechte Massenproteste, Medienkanäle und terroristische Elemente, zu einem Rechtsruck in Staat und Gesellschaft gekommen. Dieser geht dabei von den Regierungsparteien aus, welche in vorauseilendem Gehorsam dem „Massendruck“ nachgeben. Mit der AfD verfügen nun die reaktionärsten Teile des Monopolkapitals über ein faschistisches Massenpotential um auch in Zukunft immer weiter Druck auf die gemäßigteren Kapitalfraktionen auszuüben. Letztendlich könnte dies in einer AfD-CDU-Koalition münden. Opitz spricht hier von einem „Eskalationseffekt von Rechtsverschiebung der Regierungspolitik und wachsendem faschistischen Druckpotential“, den wir auch in Deutschland beobachten können.

5. Die langfristige ideologische Umorientierungsfunktion

Ideologische „Influencer“ des Monopolkapitals wie die Bild-Zeitung oder Thilo Sarrazin (dessen Bestseller-Bücher im Bertelsmann-Verlag erschienen sind) haben den Boden bereitet, auf dem die AfD systematsich die „Grenzen des Sagbaren“ ausdehnt. Dazu gehört der Stolz auf die Nazi-Wehrmacht (Gauland), die Beurteilung eines Holocaust-Denkmals als „Denkmal der Schande“ (Höcke), die Wiedereinführung des Begriffs „völkisch“ (Petry), die Rückbesinnung auf „1000 Jahre erfolgreiche deutsche Geschichte“ (Gauland). Angetrieben durch massive mediale Berichterstattung sickern diese Gedanken auch in die deutsche Bevölkerung ein. Dies bereitet den Boden für die für das Kapital notwendige Militarisierung Deutschlands wie auch für eine aggressive „Heimatfront“-Agitation, sollte Deutschland in größere kriegerische Auseinandersetzungen einsteigen.

6. Die terroristische Einschüchterungs- und Hilfspolizei-Funktion gegenüber demokratischen Bewegungen

Diese Funktion wird vor allem von den militanten und terroristischen faschistischen Strukturen übernommen, wie wir sie weiter oben untersucht haben. Welche Auswirkungen haben die Morde des staatlich kontrollierten B&H-Netzwerk? Die Morde des NSU haben ein klares Signal an die migrantische Bevölkerung gesendet: „Verhaltet euch ruhig, denn dieser Staat ist gegen euch“. Der B&H-Mord an Walther Lübcke sendete ein Zeichen an solche Teile im bürgerlichen Staatsapparat, die sich der Faschisierung partiell entgegenstellen: „Wer nicht mitzieht wird als Verräter untergehen“. Auch wenn in den letzten Jahren kein Linker gezielt erschossen wurde, verfehlen Todeslisten des Kreuz-Netzwerks und konkrete Anschlagspläne auf AntifaschistInnen, wie die von Franco Albrecht, ihr Ziel nicht: „Wir haben euch im Visier!“ Es ist nur eine Frage der Zeit bis die Faschisten von den alltäglichen körperlichen Übergriffen gegen AntifaschistInnen zu gezielten Hinrichtungen übergehen. Ideologisch und organisatorisch steht dem nichts im Wege. Für kommende potenzielle Zuspitzungen im Klassenkampf hat dies eine überlebenswichtige Funktion für das Kapital.

7. Die Destabilisierungsfunktion

Terroristische Anschläge – seien es solche die offen von Rechtsterroristen begangen werden, oder solche die anderen Kräften in die Schuhe geschoben werden (s.o. am Beispiel von Franco Albrecht) – führen zu Angst in der Bevölkerung. Diese „Strategie der Spannung“ dient dazu, dass sich die noch nicht auf die Seite der KommunistInnen übergegangen Kräfte an den Staat wenden und ihn um mehr „Sicherheit“ bitten. Die weitere Einschränkung von Grundrechten, der Aufbau von Überwachung usw. sind dann die „Reaktion“ des Staates auf „Forderungen aus der Bevölkerung“. Unter dem Banner des „Schutzes der Nation“ kann so von „oben“ der Staat sprunghaft in Richtung einer faschistischen Diktatur – oder eines dauerhaften „Ausnahmezustands“ als Zwischenstufe – entwickelt werden. Diese Option wird in Deutschland vor allem im Falle einer massiven Zerrüttung der Gesellschaft vermehrt zur Anwendung kommen, muss jedoch für diesen Fall auch ausgebildet und vorbereitet sein.

8. Die Straßenkampf- und Bürgerkriegsfunktion 

Diese Funktion wird von den oben untersuchten Terrororganisationen selbst benannt. Waffenlager, Schießtrainings, sichere Häuser, Leichensäcke, Ätzkalk und Faschisten die in der Lage und bereit sind den kompromisslosen Kampf aufzunehmen – das sind notwendige Unterdrückungsinstrumente des Kapitals gegen potenzielle revolutionärer Klassenkämpfe in der Zukunft, welche die Armee und Polizei ergänzen. Um es auf den Punkt zu bringen: Diese Todesschwadrone können RevolutionärInnen und KommunistInnen töten, ohne dass der Staat direkt damit in Verbindung gebracht wird. Die Ermordung Rosa Luxemburgs und Karl Liebknechts durch das historische Kreuz-Netzwerk – die Freikorps – sind das beste Beispiel dafür. Ebenso würden diese Netzwerke notwendig werden, sollten die reaktionärsten Teile des Kapitals tatsächlich in Richtung einer faschistischen Diktatur drängen.

Kritik der
bürgerlichen Kritik

Wir gehen davon aus, dass die aktuellen Entwicklungen der faschistischen Bewegung – sowohl des parlamentarischen, wie auch des terroristischen Arms – nur im Lichte der marxistisch-leninistischen Faschismustheorie erklärt werden können.

Wir möchten deshalb an dieser Stelle noch auf andere Erklärungsansätze kritisch eingehen, die versuchen insbesondere das Phänomen des rechten Terrors zu erläutern:

Weit verbreitet ist tatsächlich bis heute der Gedanke, es handele sich um systematisches „Staatsversagen“ bei dem der Staat „auf dem rechten Auge blind“ sei. So erklärte beispielsweise die Linkspartei-Bundestagsabgeordnete Petra Pau im Bezug auf den NSU im Jahr 2014 : „Der Aufklärungswille der Behörden verharrt weiterhin nahe Null. … Das Staatsversagen geht weiter.“ Der Spiegel zieht 2019 zwar Parallelen von dem Mord an Walter Lübcke zur schwarzen Reichswehr in den 1920er Jahren, bleibt dann jedoch im Staatsglauben hängen. Seiner Meinung nach „fehlt der Wille, die Gefahr des neuen braunen Terrors zu erkennen und mit Macht zu bekämpfen. Die Politik und die Behörden sind auf dem rechten Auge immer noch arg sehbehindert.“25

Wie wir oben gezeigt haben, hat der Staat bei B&H/C18 und Kreuz-Netzwerk überhaupt nicht „versagt“ oder „weggeschaut“! Im Gegenteil zeigt der Überblick der Fakten, dass der Staat selbst mittels V-Männern, Geheimdienstlern und Militärs direkt am Aufbau dieser Strukturen beteiligt war und ist. Sie zeigen, dass er seiner Rolle, die Herrschaftsstruktur der BRD zu sichern, gerade sehr wohl gerecht geworden ist.

In eine ähnliche Richtung wie oben geht ein weitere Ansatz, der davon ausgeht, dass dem Grunde nach „gesunde demokratisch Strukturen“ von Rechten „unterwandert“ wurden.

So erklärt beispielsweise der Wehrbeauftragte des Bundestages Hans-Peter Bartels (SPD): „Hierarchien, Waffen, Uniform – das zieht manchen Bewerber an, den die Bundeswehr nicht haben wollen kann“. Der bürgerliche Kriminologen Dirk Baier meint, die Polizei sei „eine für Recht und Ordnung stehende Organisation“, was dazu führe, dass sie diejenigen anziehe, „die autoritär denken“. Das Problem sind also die Rechten, nicht der Staatsapparat selbst.26

Dazu ist zu sagen, dass natürlich nicht jede einzelne Person innerhalb Polizei und Bundeswehr ein Faschist ist. Solche faschistische Terrorstrukturen sind auch auf die Säuberung von – im neurechten Sprachjargon – „rot-grün-versifften“ Teilen des Staatsapparats ausgerichtet und selbstverständlich können auch Kämpfe zwischen verschiedenen Kapitalfraktionen um den Staatsapparat und innerhalb des Staatsapparats ausgefochten werden.

Falsch ist es jedoch zu behaupten, dass die Repressionsorgane von Rechten „unterwandert“ seien. Die Kontinuitäten von Geheimdienst, Polizei und Militär nach 1945 zeigen ja gerade, dass es genau umgekehrt ist. Diese Institutionen wurden von Faschisten aufbaut und erst Stück für Stück kamen auch bürgerliche Demokraten in einige Strukturen. Die Kontinuität in der strategischen Ausrichtung wurde derweil von den Rechten im „tiefen Staat“ bis heute gewahrt. Maaßen ist das beste Beispiel dafür.

Neben den bürgerlichen Erklärungen schweigt die Linke zu den neuen Enthüllungen weitgehend. Publikationen beschränken sich im Wesentlichen auf eine Darstellung.27 Eine Einordnung und systemische Erklärung fehlt. So wird in einem Aufruf einer Antifa-Gruppe zum Tag der deutschen Einheit zwar richtig gesagt, dass „in der Polizei und beim Militär (…) immer mehr bewaffnete Nazi-Terrorgruppen auf[fliegen], die MigrantInnen und Linke bedrohen, Todeslisten anfertigen und sich Aufstandspläne ausdenken.“ Als Ursache wird jedoch genannt: „Die Grundlage dafür ist das weitverbreitete rechtsradikale Gedankengut im Staatsapparat“. Mit dieser These wird der Faschismus von seiner materiellen Basis, dem Kapitalismus, gelöst und damit das Kapital tendenziell aus der Schusslinie genommen. Etwas was uns als Linken und RevolutionärInnen auf keinen Fall passieren darf.

Zuletzt möchten wir einer Kritik zuvorkommen, die uns versuchen wird anzukreiden, wir würden eine „eindimensionale“ und „verschwörungstheoretische“ Analyse vorlegen, die alles auf das Kapital bezieht und damit die unterschiedlichem Interessen innerhalb des Kapitals, wie auch die „Eigendynamik“ faschistischer Organisationen und ihrer Täter leugnet.

Schon der bulgarische Kommunist Dimitroff betonte gegen mechanische Auffassungen, dass man sich den Machtantritt des Faschismus „nicht so glatt und einfach vorstellen” dürfe, „als faßte irgendein Komitee des Finanzkapitals den Beschluss, an dem und dem Tage die faschistische Diktatur aufzurichten. Tatsächlich gelangt der Faschismus gewöhnlich in gegenseitigem, zuweilen scharfem Kampf zwischen dem Faschismus und den alten bürgerlichen Parteien oder einem bestimmten Teil dieser Parteien zur Macht; im Kampf sogar innerhalb des faschistischen Lagers selbst, der manchmal bis zu bewaffneten Zusammenstößen führt …”.28  

Tatsächlich sind Kapital, Staat wie auch faschistische Bewegung komplexe Systeme, die selbst in sich widersprüchlich sind. So gibt es innerhalb des Kapitals sicherlich aktuell Fraktionen, die eine Anti-Umwelt-Politik überhaupt nicht gebrauchen können, weil sie in erneuerbaren Energien genau eine strategische Perspektive für die Neuausrichtung des Imperialismus sehen.29 Umgekehrt gibt es eben auch solche „reaktionärsten, am meisten chauvinistischen, am meisten imperialistischen Elemente“ (Dimitroff) des Finanzkapitals, die sich eben einen nächsten Krieg herbeisehnen, z.B. weil sie dann viele Waffen verkaufen wie z.B. die Rüstungsindustrie. Auch werden innerhalb des Staatsapparats Gefechte zwischen dem Tiefen Staat und bürgerlichen Demokraten ausgefochten, bei der Säuberungsaktionen in die eine oder andere Richtung stattfinden können. Und auch die faschistische Bewegung marschiert nicht immer einheitlich in eine Richtung, wie z.B. die Auseinandersetzungen innerhalb der AfD rund um den „Flügel“ zeigen. Es gibt nicht den einen „Masterplan“ den ein kleines Komitee vor X Jahren gefasst hat und der nun zu 100% durchgeführt wird ohne Garantie, dass z.B. faschistische Gruppen „außer Kontrolle“ geraten.

Und doch können wir weiterhin festhalten, dass der Kapitalismus gesetzmäßig eine Verschärfung der Widersprüche zwischen den imperialistischen Mächten bringt, sowie zwischen den Imperialisten und unterdrückten Nationen, zwischen Lohnarbeit und Kapital. Das alles bedarf der strategischen Herrschaftsplanung, wozu notwendigerweise die Option des Faschismus gehört. Philosophisch ausgedrückt sind die Fragen, welche Fraktion wann wie stark wird, welche faschistische Struktur aufsteigt oder untergeht, letztlich nur Zufälle innerhalb einer gesetzmäßigen Entwicklung. Eine notwendige Entwicklung die aktuell nahezu zeitgleich in allen größeren westlichen kapitalistischen Staaten mit „bürgerlichen Demokratien“ ablaufen: Zum einen massiven Zuwächse für „alte“ rechte und faschistische Parteien wie die italienische Lega, die französische Ressemblement Nacional, die österreichische FPÖ, die schweizerische SVP, die Dänische Volkspartei, die niederländische Partei für die Freiheit, die Perussuomalaiset in Finnland, die Schwedendemokraten oder auch die brasilianische Partido Social Liberal von Jair Bolsonaro. Zum anderen Neugründung und sprunghafte Entwicklung wo solche Parteien noch nicht bestehen, z.B. Vox in Spanien, die Brexit-Party im Vereinigten Königreich und eben auch die AfD. Mit diesen Parteien einher gehen vielfach „Massenbewegungen“ auf der Straße, aber auch progromartige Übergriffe bis hin zu terroristischen Gruppen und Anschlägen.30

Aus diesem Grund denken wir, dass es auch heute noch legitim ist von der komplexen Analyse des Faschismus auf die populäre Parole „Hinter dem Faschismus steht das Kapital“ zu schließen.

Dieses klare Verständnis des Faschismus ist notwendig, da sich eine korrekte antifaschistische Strategie aus der Analyse dieser Strukturen ableiten muss. Darum soll es im letzten Abschnitt gehen.

5. Was tun?

Dieser ganze Apparat – das was sie als die schwarze Reichswehr kennen – diese Leute sind nicht zimperlich. Tausend Morde in fünf Jahren. Morde an Spitzeln, Journalisten, plötzliche Tode von Geheimnisträgern. Nur ein paar Täter vor Gericht – und immer freigesprochen.“ stammelte Samuel Katelbach und sah Gereon Rath an, der ihm mit fahlem Gesicht gegenüber saß. „Wissen Sie, was sie da tun? Sie legen sich mit dem Staat höchst selbst an!“

Mit diesen Worten bringt der Journalist Katelbach in Babylon Berlin unsere Aufgabe gegenüber dem Faschismus auf den Punkt. Wer sich mit dem Faschismus anlegt, sei es in Form der AfD, des Kreuz-Netzwerk oder B&H/C18 der muss sich sich „mit dem Staat höchst selbst“ anlegen. Das ist der Kernpunkt der Analyse von der wir unsere antifaschistische Strategie leiten lassen müssen.

Da der Faschismus so lange existieren wird, wie der kapitalistische Staat existiert, müssen wir den kapitalistischen Staat und die Klasse, dessen Instrument er ist, überwinden – müssen wir den Kapitalismus abschaffen. Diese Schlussfolgerung muss unsere Ausrichtung konsequent und auf allen Ebenen durchdringen. Damit steht fest: Antifaschismus muss antikapitalistisch sein.

Doch Antikapitalismus alleine reicht nicht. Wie wir gesehen haben, wird der Faschismus gerade jetzt gestärkt, da der Kapitalismus in eine Phase zugespitzter Krisenhaftigkeit eintritt – eine Zeit in der viele Menschen beginnen, das System grundlegend in Frage zu stellen. Mit abgeschmackten Parolen im Stil von „Nazis sind doof“ oder „Wir bleiben bunt“ werden wir nicht weit kommen. Die Klasse fordert Antworten auf grundlegende Fragen, insbesondere nach der gesellschaftlichen Perspektive: „Wie soll es weitergehen?“.

Deshalb reicht es für uns nicht bei einer ominösen „befreiten Gesellschaft“ stehen zu bleiben. Wir brauchen eine alternative Vision – den Sozialismus und Kommunismus. Und dieser darf nicht abstrakt bleiben, sondern muss konkretisiert werden. Wie werden wir Arbeit und vor allem Auskommen für Alle in Zeiten der Digitalisierung organisieren? Welche Antworten werden wir auf die globale Klimakrise geben? Wie werden wir ohne Ausplünderung anderer Länder wirtschaften? Wie werden wir die Gesellschaft organisieren, sodass die ArbeiterInnenklasse wirklich die Macht in den Händen hält? Wie kann das Patriarchat tatsächlich beseitigt werden?

Es benötigt also ein modernes sozialistisches Programm für Deutschland, welches den Übergang zu dieser Gesellschaft und den sich anschließenden revolutionären Prozess hin zum Kommunismus zeigt.

Doch auch das reicht noch nicht aus. Wir benötigen noch eine revolutionäre Strategie vom jetzigen Zustand hin zum Sozialismus. Eine revolutionäre Strategie, mit der wir wirklich Millionenmassen für unser Ziel gewinnen können, mit der wir auch dem Faschismus mit dem Systemunzufriedene entreißen können. Eine solche Strategie entsteht nicht von heute auf morgen. Mit unseren ersten Schritten zur Klassenanalyse haben wir die Grundlage für eine solche Strategie gelegt, auf die wir aufbauen können.31

Darauf aufbauend können wir schon jetzt vorläufige Antworten für den heutigen antifaschistischen Kampf entwickeln. Dieser umfasst den „Kampf um die Köpfe“, und den „Kampf um die Straße“.32

Die strategische Leitlinie kann in diesem Zeitraum mit „überleben und wachsen” beschrieben werden: Da wir anfangs unendlich viel schwächer sind als der imperialistische Staat und die Faschisten, müssen wir unsere Existenz als kommunistische Bewegung verteidigen und dabei Kräfte akkumulieren, d.h. unsere Organisationen vergrößern, mehr KaderInnen entwickeln, uns ideologisch und organisatorisch festigen und die Basis unserer Politik erweitern. Angriffe auf unsere Existenz als kommunistische Organisation müssen wir in dieser Phase unterlaufen. Damit meinen wir nicht nur physische Angriffe der Faschisten auf unsere Mitglieder und SympathisantInnen, sondern alle Gefahren der vollständigen Zerschlagung, sowie der ideologischen Zersetzung und der Integration.

Kampf um die Köpfe

Die Basis unserer Politik erweitern wir durch die schrittweise Entwicklung einer direkten kommunistischen Massenarbeit in der ArbeiterInnenklasse und anderen Teilen der unterdrückten Massen sowie dem Aufbau entsprechender Massenorganisationen. Diese Arbeit muss an allen Orten stattfinden, an denen die Klasse zusammen kommt. Sei es in der Schule und Universität, im Betrieb oder den Stadtteilen.

Die Betriebe haben dabei als die Stätten, in denen die ArbeiterInnen ständig zusammenkommen und die ökonomischen Hebel des kapitalistischen Systems bedienen, besonderes strategisches Gewicht. Der antifaschistische Kampf ist dabei kein von anderen Kampffeldern wie dem betrieblichen oder Mietkampf isoliertes Gebiet, sondern vielmehr ein besonderes Element jedes dieser Kampffelder. Der Antifaschismus ist Bestandteil des betrieblichen „Kampfes ums Teewasser”, der darin seinen Ausdruck findet, dass wir bewusste Anstrengungen unternehmen: Um zum Beispiel die Trennung unserer KollegInnen nach Nationalitäten zu überwinden, ein solidarisches Verhältnis zwischen ihnen aufzubauen, rassistischer Hetze und Vorurteilen entgegenzutreten, die Spaltung zwischen Stammbeschäftigten und LeiharbeiterInnen, die häufig mit einer Spaltung nach Nationalitäten verbunden ist, abzubauen, gegen die betriebliche Borniertheit zu kämpfen und Verbindungen mit anderen Betrieben aufzunehmen, gegen den Standortchauvinismus aufzutreten, der auch von den sozialdemokratischen Gewerkschaftern vertreten wird. Daneben beinhaltet der antifaschistische Kampf im Betrieb das direkte Zurückdrängen des Einflusses von Faschisten auf die KollegInnen, das Entlarven ihrer Propaganda, das Organisieren eines Schutzes vor Übergriffen, sowie den Kampf gegen die „Faschisierung” der Verhältnisse im Betrieb, z.B. durch die Verschärfung von Kontrollmechanismen gegen die ArbeiterInnen, Streikbruch, Aussperrung, Gewalt durch den Werksschutz, Angriffe auf die Arbeit von Betriebsräten und Gewerkschaften u.v.m.

Auch in der Nachbarschaft und im Stadtviertel kämpfen wir um die Überwindung der Spaltung innerhalb der ArbeiterInnenklasse und verbinden dies mit den alltäglichen Kämpfen gegen Mieterhöhungen und Verdrängung („Gentrifizierung”) oder gegen Polizeiterror. Wir arbeiten unermüdlich daran, Verbindungen zwischen verschiedenen Nationalitäten im Viertel aufzubauen. Wir wirken daran mit, die Isolation der Geflüchteten in unserer Nachbarschaft zu überwinden und Kontakte auf Augenhöhe herzustellen. Wir entlarven gegenüber unseren NachbarInnen die Funktionen der staatlichen Repressionsbehörden und ihr Image als „Freunde und Helfer”, sofern dieses bei Teilen der Massen noch besteht. Auch im Viertel organisieren wir den Schutz gegen Faschisten, treten gegen faschistische Hetze auf, stellen ihre Demagogie und ihre Verbindung mit Staat und Kapital bloß, oder erklären unseren NachbarInnen, warum Faschisten eben keine Alternative sind.

Wir arbeiten in eben diesem Sinne an allen anderen Orten, an denen wir tätig sind, ob in der Schule, Uni, im Sportverein. In die antifaschistische Massenarbeit beziehen wir außerdem bewusst die Teile der Massen ein, die besonderen Angriffen durch den Faschismus ausgesetzt sind: Das sind vor allem MigrantInnen, Geflüchtete, LGBTI, Menschen mit Behinderung sowie Menschen, die aufgrund ihres demokratischen oder sozialen Engagements zur Zielscheibe der Faschisten werden. Zu letzteren können auch einzelne, aufrichtige Funktionäre bürgerlicher Parteien gehören.

Auf der anderen Seite dürfen wir keine Berührungsängste mit KollegInnen und NachbarInnen haben, die von der faschistischen Propaganda beeinflusst sind, die nationalistische und rassistische Vorurteile haben. Genau so müssen wir in den Gewerkschaften, Organisationen und Vereinen arbeiten, die unter bürgerlicher Führung stehen, sofern dies dazu geeignet ist, den Zusammenschluss mit anderen ArbeiterInnen voranzutreiben. 

Neben der Organisierung des direkten Schutzes vor faschistischen Angriffen und des Widerstandes gegen die Faschisierung des Staates kommt der ideologischen Arbeit in den genannten Teilen der Massen eine hervorgehobene Bedeutung zu. Diese Arbeit ist darauf ausgerichtet, den Einfluss erstens des Faschismus selbst und zweitens der bürgerlichen Ideologie in den Massen zurückzudrängen.

Mit ideologischer Arbeit meinen wir nicht das bloße Verteilen von Flugblättern oder das Abhalten von Kundgebungen. Wir müssen den Einfluss des Faschismus auf die Köpfe, den alltäglichen Nationalismus, Rassismus, Chauvinismus, den gerade in Deutschland sehr ausgeprägten Untertanengeist gegenüber staatlichen Autoritäten und den Willen zur Zusammenarbeit mit ihnen, überwinden wir nicht auf die Schnelle durch ein Flugblatt oder ein einzelnes Gespräch. Es handelt sich dabei um Denkgewohnheiten und bequeme Vorurteile, die nicht „mal eben” abgelegt werden. Das Zurückdrängen ist ein langer Prozess, der es z.B. voraussetzt, dass unsere KollegInnen und NachbarInnen positive praktische Erfahrungen sammeln, wie etwa durch die erlebte Solidarität mit migrantischen KollegInnen in vielen kleinen Situationen am Arbeitsplatz. Unsere Arbeit muss sich darauf richten, solche Erfahrungen zu organisieren.

Ebenfalls benötigt es für den ideologischen Kampf eine kommunistische Massenpresse, welche alltäglich die Demagogie der Faschisten ebenso wie die Missstände des Kapitalismus entlarvt und dem unsere eigene Perspektive entgegensetzt.

Kampf um die Straße

Die Massenarbeit und der antifaschistische Selbstschutz sind untrennbar miteinander verbundene Arbeitsfelder. Wer sich einmal die Existenz solcher Terrorstrukturen wie dem Kreuz-Netzwerk und B&H/C18 bewusst gemacht hat, der erkennt: Der Selbstschutz ist keine Aufgabe, die erst irgendwann in der Zukunft relevant wird, sondern vom ersten Moment an ein notwendiger Bestandteil des antifaschistischen Kampfes. Egal wie lange wir z.B. in einer Situation der starken Unterlegenheit die direkte Konfrontation mit den Faschisten unterlaufen und hinauszögern können – früher oder später kommt diese auf uns zu. Der Selbstschutz kann sich nicht spontan in der Reaktion auf faschistische Übergriffe entwickeln, sondern bedarf einer planmäßigen Vorbereitung, die von einer realistischen Einschätzung der Gefahr durch faschistische Banden ausgehen muss. 

Den organisierten, paramilitärisch ausgebildeten Banden des Faschismus kann man nicht mit Lichterketten entgegentreten. Deshalb ist es für die AntifaschistInnen notwendig, sich für die kommenden Auseinandersetzungen, den Schutz von Personen und Objekten auszubilden und zu organisieren. Das bedeutet, einerseits die Massen selbst so breit wie möglich in den Selbstschutz z.B. in Form von (Kampf-)Sportclubs einzubeziehen und andererseits SpezialistInnen auf höherem Niveau auszubilden und passende organisatorische Strukturen aufzubauen. 

In den untersuchten faschistischen Terrorgruppen arbeiten heute geschulte Kader und faschistische Elitesoldaten und Polizisten, die nicht nur militärisch ausgebildet sind, sondern ideologisch fest für ihre Sache stehen. Die Herausbildung und Schulung von ideologisch gefestigten, führenden KaderInnen für den Aufbau des antifaschistischen Selbstschutzes auf allen Ebenen sowie der notwendigen Logistik ist daher eine notwendige Voraussetzung, um den Faschisten wirksam entgegentreten zu können.

Im Verständnis der faschistischen Kampftruppen als formal illegaler, aber integraler Bestandteil des imperialistischen Staates wissen wir, dass wir diesen Staat nicht gegen die Faschisten um Hilfe bitten können. Wir wissen auch, dass die Faschisten sich nicht an die Gesetze dieses Staates halten. Wenn wir den Faschisten wirksam entgegentreten wollen, können wir uns daher selbst keine Grenzen auferlegen. Der antifaschistische Selbstschutz kann sich daher nicht nach dem Gesetzbuch, sondern muss sich nach dem Gefahrenpotenzial der Faschisten richten. 

KommunistInnen lehnen linkes Abenteurertum ab. Das bedeutet u.a., dass wir nicht in die Offensive gegen die Faschisten gehen, wenn wir nicht dauerhaft über die entsprechenden Kräfte verfügen, um dem Gegenschlag der staatlichen Repression wie der faschistischen Mörder standzuhalten. Auf taktischer Ebene starten wir z.B. keine antifaschistischen Abenteuer in anderen Städten, greifen dort Faschisten an und lassen dann die AntifaschistInnen, die dauerhaft vor Ort sind, mit den Konsequenzen allein. 

Dass wir bei für uns ungünstigen Kräfteverhältnissen nicht in die Offensive gehen, heißt auf der anderen Seite nicht, dass wir uns nicht mehr zeigen, dass wir uns gegenüber den Massen zurückziehen oder faschistischen Strukturen nicht mehr entgegen treten, wenn sie in die Öffentlichkeit drängen. Klassische „Blockaden“ und Störaktionen gegen die AfD bleiben wichtiger Teil antifaschistischer Politik. Gleichzeitig sollten wir es vermeiden, in eine rein reagierende Politik zu verfallen und damit faktisch aktionsunfähig zu werden, z.B. indem wir die Fehler der Antifa-Bewegung der letzten Jahre wiederholen, uns nur auf die NPD oder AfD konzentrieren, jedem Nazi-Aufmarsch oder jeder Konferenz hinterherfahren und darüber die Schaffung einer eigenen Basis für den antifaschistischen Kampf vernachlässigen. 

Wie oben entwickelt haben faschistische Strukturen auch eine Alibi-Funktion für die Faschisierung des Staatsapparats. Reaktionäre Maßnahmen wie die neuen Polizeigesetze, Zensurinstrumente und der Ausbau von Überwachungsmaßnahmen bilden die Infrastruktur, welche ein zukünftiges faschistisches Regime oder auch nur eine CDU-AfD-Koalition wird gegen uns einsetzen können. Deshalb benötigt es schon heute einen entschiedenen Kampf gegen solche Planungen.

Unser Instrument für den antifaschistischen Kampf

Die vorgeschlagenen Maßnahmen lassen sich nicht alle vermittels einer einzigen Organisationsstruktur verwirklichen. Es benötigt gewerkschaftliche Organisationen, Nachbarschaftsinitiativen, Schul- und Frauengruppen, Medienorgane, offene und verdeckte Selbstschutzstrukturen. Wollen wir langfristig erfolgreich sein, müssen all diese Organisationen gleichzeitig einer einheitlichen Strategie untergeordnet sein. Dies gelingt nur, wenn die LeiterInnen der Massenstrukturen in einer gemeinsamen KaderInnenstruktur, einer Kommunistischen Organisation zusammen geschlossen sind.

Nur eine solche Struktur, die verdeckt aufgebaut ist, kann zum einen gegen die kommenden Schläge von Staat und Faschisten gewappnet sein und ist zum anderen fähig, selbst Strukturen aufzubauen, die mittelfristig dem bewaffneten Nazi-Untergrund entgegentreten können.33

Einzig revolutionäre und kommunistische KaderInnenorganisationen waren in der Vergangenheit in der Lage dem entwickelten Faschismus wirklich etwas entgegenzusetzen. Historisch konnten wir das bei der KPD sehen, welche nicht nur leitend bei der Niederschlagung des faschistischen Kapp-Putsch war, sondern u.a. mit dem Rotfrontkämpferbund (RFB) auch eine hunderttausende ArbeiterInnen umfassende Selbstverteidigungsstruktur gegen den Faschismus geschaffen hat.

Die Organisierung und systematische Aufbauarbeit einer Kommunistischen Partei sollte deshalb unserer Meinung ein Herzensanliegen einer/s jeden konsequenten AntifaschistIn sein. Wir wollen und werden unseren Beitrag zum Kampf gegen den Faschismus und für den Aufbau der Kommunistischen Partei in Deutschland leisten.

1Bis heute wurden im KSK tatsächlich nur Männer aufgenommen.

2https://www.Focus.de/politik/deutschland/bundeswehr-frueherer-kommandeur-haelt-ksk-einsatz-im-inland-fuer-denkbar_id_7341119.html

3https://www.Uniter-network.de/ein-kleiner-Uniter-bericht/

.https://www.youtube.com/watch?time_continue=4200&v=ANR8CzIVKcY

4https://www.imi-online.de/download/IMI-Studie2019-4b-Hannibal-Web.pdf

5https://www.maz-online.de/Nachrichten/Politik/Mecklenburg-und-die-Eiserne-Reserve

6Sowohl die deutschen Vorgesetzten in Frankreich als auch als letzte Instanz der Chef des Streitkräfteamtes, Generalmajor Werner Weisenburger, hatten von einem Disziplinarverfahren abgesehen – erklärtermaßen, um die Übernahme als Berufssoldat nicht zu gefährden. Ein gutes Beispiel dafür wie selbst von der Ebene der Generalität aus Rechte innerhalb der Bundeswehr gefördert werden. Ein späteres „Disziplinarverfahren“ gegen Weisenburger wurde eingestellt und er wurde vollständig rehabilitiert.

7https://www.rnd.de/politik/rnd-exklusiv-terroranschlag-in-berlin-so-perfide-plante-soldat-franco-a-den-ablauf-NYG7YPLV6ZALVDRGJ5I7YDARKE.html

8https://www.Focus.de/politik/deutschland/rechtsterrorist-rechtsterrorist-franco-a-hatte-enge-verbindungen-zu-verein-von-elitesoldaten_id_9929683.html

9https://www.belltower.news/franco-a-der-mutmassliche-rechtsterrorist-taucht-im-bundestag-und-im-gericht-auf-91267/

10https://Taz.de/MAD-Prozess-in-Koeln/!5581449/

11https://www.spiegel.de/politik/deutschland/bundeswehr-mehr-rechtsextreme-soldaten-als-bislang-bekannt-a-1256878.html

12Einige Tage später nahm er dieses Geständnis, was acht Stunden gedauert hatte, zurück.

13 Im Handbuch von Blood&Honour, dem „Field Manual“, heißt es dazu: „Führerloser Widerstand ist in Deutschland zwingend notwendig“.

14https://www.welt.de/politik/deutschland/article137918258/Wie-nah-war-der-Verfassungsschutz-den-NSU-Moerdern.html

15https://www.welt.de/politik/deutschland/article163970309/Spuren-die-keine-sein-duerfen.html

16https://www.spiegel.de/panorama/justiz/walter-luebcke-stand-auf-liste-des-nsu-a-1273763.html

17https://perspektive-online.net/2018/12/467-faschistische-straftaeter-im-untergrund/

18„Ohne das Geld des Verfassungsschutzes hätte die NPD in Nordrhein-Westfalen gar nicht aufgebaut werden können.“ erklärte beispielsweise der führende Kopf der NPD NRW, Wolfgang Frenz. Er hatte über 36 Jahre Geld vom Verfassungsschutz bezogen. Auch erklärte er fast alle seiner zehn Führungsagenten im Laufe der Zeit zu „überzeugten Nationaldemokraten“ gemacht zu haben. Des weiteren erklärte das Bundesverfassungsgericht im ersten Verbotsverfahren die NPD nicht verbieten zu können – wegen „fehlender Staatsferne“.

.Faschismus Reloaded – die AfD und ihre Funktion für das deutsche Kapital; https://komaufbau.org/841-2/ https://komaufbau.org/841-2/

.https://www.ejz.de/blick-in-die-welt/politik/die-rechtsradikale-kreuz-connection-und-die-bundeswehr_241_111769755-122-.html

19https://www.merkur.de/politik/maassen-haelt-koalitionen-von-cdu-und-afd-fuer-moeglich-man-weiss-nie-zr-12468715.html

20https://komaufbau.org/der-deutsche-imperialistische-staatsapparat/

21https://komaufbau.org/der-deutsche-imperialistische-staatsapparat/

22Vgl. https://komaufbau.org/perspektive-sozialismus/

23Historisch war dies die Ersetzung des Bismarck-Stresemann-Wegs durch den Hitler-Weg einer aggressiven kriegerischen Politik nach innen und außen.

24Opitz, Reinhard (1980): Faschismus und Neofaschismus, S. 14-16

25Der Spiegel vom 22. Juni 2019, S. 6

26https://www.tagesspiegel.de/politik/braune-staatsdiener-rechtsradikale-in-sicherheitsbehoerden-bedrohen-die-demokratie/25010400.html

27Vgl. beispielsweise https://www.imi-online.de/download/IMI-Studie2019-4b-Hannibal-Web.pdf

28Heftigen kämpfe innerhalb des bürgerlichen Lagers können derzeit in den USA bei den Auseinandersetzungen um Trump oder beim Brexit beobachtet werden – auch wenn hier natürlich keine Diktaturen errichtet worden sind.

29Auch das bedeutet nicht automatisch „Fortschritt“: Schon die Nazis haben an Kohleverflüssigung zur synthetischen Herstellung von Treibstoffen geforscht

30z.B. in Brasilien: https://www.zeit.de/politik/ausland/2018-10/jair-bolsonaro-wahlsieg-angst-demokratie-diktatur-brasilien/seite-2

31https://komaufbau.org/category/organisation/klassenanalyse/

32https://komaufbau.org/die-antifaschistische-strategie/

33 Ausführlich dazu: https://komaufbau.org/organisation/kommunistische-partei-im-21-jahrhundert-ein-gespenst-kehrt-zuruck/

Diesen Beitrag teilen: