Am Morgen des 7. Oktober begann ausgehend von Gaza die größte Militäroperation des palästinensischen Widerstands der letzten Jahre. Neben dem konzentrierten Beschuss des israelischen Staatsgebiets mit Raketen drangen hunderte Kommandoeinheiten nach Israel ein, um Dörfer und militärische Ziele in der Nähe von Gaza anzugreifen.

Sowohl in Bezug auf die eingesetzten Mittel und Widerstandskämpfer:innen als auch in im Bezug auf die erreichten taktischen militärischen Erfolge sucht diese Operation in den letzten Jahrzehnten ihresgleichen.

Durchgeführt wurde sie von verschiedenen palästinensischen Widerstandsorganisationen gemeinsam; die Führung und den größten Einfluss hatte dabei der militärische Arm der islamistischen Hamas, die zugleich in Gaza regiert. Doch auch der Iran hat diese Operation offenbar gezielt mit vorbereitet und unterstützt.

Die aus kommunistischer Sicht offensichtlichen reaktionären Eigenschaften des bürgerlichen palästinensischen Nationalismus und islamischen Fundamentalismus haben sich hier zum Teil auch in den Aktionsformen niedergeschlagen, die zum Tod zahlreicher Zivilist:innen geführt haben. So verstellt ein Verständnis, nach dem es in Israel keine Zivilist:innen, sondern nur militärische Ziele für den bewaffneten palästinensischen Widerstand gibt, den Weg zu einer Annäherung und letztlich einem Bündnis zwischen allen Völkern und ethnischen Gruppen, der Region und einer revolutionären Lösung des Konflikts.

Der bewaffnete Kampf gegen den Zionismus ist legitim!

Zugleich muss aber mit aller Deutlichkeit gesagt werden, dass es sich hier nicht um einen Konflikt unter gleichrangigen bürgerlichen Regimen handelt, die schlicht und ergreifend ihre jeweilige Bevölkerung gegeneinander aufhetzen. Vielmehr wird das palästinensische Volk seit der Gründung Israels systematisch vertrieben, entrechtet und unterdrückt. Sein Kampf, auch sein bewaffneter Kampf gegen dieses rassistische, kolonialistische System ist grundsätzlich legitim und unterstützenswert. Hier stehen sich ein bis aufs äußerste militarisierter imperialistischer Staat mit einem großen Teil seiner rassistisch verhetzten Bevölkerung, dem unterdrückten und entrechteten palästinensischem Volk und seinem militanten Widerstand von Reaktionären bis Revolutionär:innen gegenüber.

Gerade in den letzten Jahren unter der besonders reaktionären israelischen Regierung, die offen das Ziel ausgibt, Israel die letzten Reste palästinensischer Gebiete einzuverleiben, haben sich die vor Ort herrschenden Bedingungen massiv verschärft. Sodass die Situation schon vor dem 7. Oktober zum Äußersten gespannt und von täglichen Übergriffen auf Palästinenser:innen geprägt war. Insbesondere haben sich in den vergangenen Monaten immer mehr Formen des bewaffneten palästinensischen Widerstands entwickelt, die nicht unter direkter Führung einer der großen und etablierten Organisationen der Palästinenser:innen standen.

Die Situation ist also hochdynamisch und ihre weitere Entwicklung ist noch kaum absehbar. Da Israel der Hamas den Krieg erklärt und beispiellose Vergeltung angekündigt hat, ist wohl zumindest klar, dass wir in den nächsten Wochen schwere Kämpfe in Gaza erleben werden, die von Bombardements bis hin zu einer Bodeninvasion durch die zionistische Armee reichen. In jedem Fall wird die israelische Kriegsführung die unmenschlichen Bedingungen, die in Gaza herrschen, ganz klar zeigen und aufs Äußerste verschärfen. Auch eine regionale Ausweitung der Kämpfe auf die umliegenden Länder ist dabei nicht ausgeschlossen. Die USA haben für diesen Fall bereits einen Flugzeigträger-Verband im östlichen Mittelmeer positioniert.

Gaza ist nicht nur das größte Freiluftgefängnis der Welt, sondern auch extrem dicht besiedelt und es ist somit schon jetzt sicher, dass die hochmoderne israelische Kriegsmaschinerie zahlreiche Zivilist:innen ermorden wird. Das ist jedoch in Palästina, dessen Befreiungskampf militärisch dem Kampf Davids gegen Goliath gleicht, keine grundlegend neue Situation. Es mehren sich vielmehr in den letzten Monaten die Anzeichen, dass die Palästinenser:innen ihre Angst vor dem militärisch weit überlegenen Gegner immer mehr verlieren.

Unsere Solidarität gilt dem palästinensischen Volk, nicht dem Führungsanspruch reaktionärer Kräfte

Als Kommunist:innen in Deutschland ist es unsere Aufgabe, diesen Krieg gegen die Palästinenser:innen ebenso wie ihre andauernde Unterdrückung zu verurteilen, denn die bedingungslose Solidarität mit dem israelischen Apartheidsstaat sind eine Heilige Kuh deutscher Außenpolitik und auch militärisch kooperiert Deutschland intensiv mit Israel.

Ob der nun mit ununterbrochenen Bombardements begonnene Krieg gegen Gaza, aber zu einem Flächenbrand in Palästina und der arabischen Welt wird und vor allem unter welchen politischen Vorzeichen ist nicht klar. Eine Entwicklung hin zu einer neuen Intifada scheint ebenso denkbar, wie eine weitere Eskalation der Lynchmorde und Progrome an Palästinenser:innen, die von zionistischen Siedler:innen gerade in den letzten Wochen im Westjordanland verübt wurden.

Während also noch äußerst ungewiss ist, ob die Kommandoaktionen des 7. Oktobers zu einem Funken für einen allgemeinen palästinensischen Volksaufstand werden; scheint schon jetzt klar zu sein, dass die herrschende Klasse sowohl auf palästinensischer als auch auf israelischer Seite politisches Kapital aus dieser Eskalation schlagen werden.

So haben zahlreiche israelische Oppositionsparteien bereits erklärt, dass sie in der aktuellen Situation ihre Oppositionsrolle aufgeben werden und dem Netanjahu-Regime die Treue im Krieg gegen Palästina geschworen. Die seit etwa mehreren Jahren anhaltende politische Krise in Israel und die auch in der israelischen Bevölkerung stark umstrittene, reaktionäre Justizreform dürften somit zunächst vom Tisch sein.

Außerdem hat die nun folgende Eskalation auch den Effekt, von der Unzufriedenheit der Bevölkerung in Gaza mit der Hamas-Regierung abzulenken. Sicherlich handelt es sicher hier ebenso um einen Versuch der Hamas, sich in Anbetracht vom vermehrten Auftreten politisch ungebundener Widerstandsaktionen wieder als Speerspitze des palästinensischen Befreiungskampfes zu inszenieren und ihren Führungsanspruch durchzusetzen. Dem iranischen Staat bietet sich hier ebenfalls die willkommene Möglichkeit, von seiner tiefen inneren Krise abzulenken und seine Position in der Region zu stärken und eine Annäherung Israels mit den Staaten der arabischen Halbinsel zu verhindern.

Als Kommunist:innen verteidigen wir das Selbstbestimmungsrecht der Nationen bis zur Lostrennung beziehungsweise ihrer freiwilligen Vereinigung in einer sozialistischen Föderation. Gerade im Anbetracht der aktuellen Situation betonen wir: Unsere Solidarität gilt zuallererst der palästinensischen Bevölkerung, nicht den bürgerlichen oder reaktionären, politischen Kräften, die sich an die Spitze ihres legitimen Widerstands setzen wollen.