Je schärfer die Widersprüche zwischen den imperialistischen Mächten und die Angriffe auf die Arbeiter:innenklasse werden, desto mehr zeigen sich die negativen Folgen, welche die ungelöste Frage der (Neu) Schaffung der Kommunistischen Partei in Deutschland, aber auch in vielen anderen europäischen Ländern und auf der Welt mit sich bringt. Ohne eine mit der Arbeiter:innenklasse tief verbundene Partei neuen Typs, die den Klassenkampf gegen die Angriffe der Herrschenden führt, wird es keine erfolgreiche sozialistische Revolution geben können.
In dieser Ausgabe wollen wir auf einige Entwicklungen der vergangenen Jahre in der revolutionären und kommunistischen Bewegung eingehen, ihre Hintergründe, Widersprüche und Probleme darstellen und einige Vorschläge zur Überwindung des aktuellen Entwicklungsstandes herleiten und zur Diskussion stellen. Die hier herausgearbeiteten Schritte sind unserer Meinung nach notwendig zur Schaffung einer neuen Kommunistischen Partei und dem Wiederaufbau einer klassenkämpferischen Arbeiter:innenbewegung in Deutschland.
Manch ein:e Kritiker:in mag uns vielleicht vorhalten, dass wir den Parteiaufbau als universelle Antwort auf alle Probleme der Kommunistischen Bewegung in Theorie und Praxis anpreisen würden. Dem müssen wir entgegnen, dass die Frage des Parteiaufbaus alleine wohl kaum eines der historischen oder aktuellen Probleme und Fragen unserer Bewegung beantwortet, jedoch ohne den Parteiaufbau in der Praxis real Schritt ür Schritt anzugehen, werden alle Versuche die Probleme und Schwächen der Kommunistischen Bewegung zu überwinden oder gar sich auf den Weg in Richtung einer sozialistischen Revolution zu machen zwangsweise scheitern.
Die revolutionäre Bewegung unter dem Feuer rechter und „linker“ Angriffe
Der relative Bedeutungsverlust der klassischen Sozialdemokratie, ihr Sprung nach rechts und das Zerfallen immer größerer Teile der linksradikalen Bewegung führt in den vergangenen Jahren zu zwei entgegengesetzten Tendenzen.
Dieser Entwicklung zugrunde liegen die Verschärfungen und Häufungen der Krisen die der Kapitalismus immer wieder hervorbringt und welche der Arbeiter:innenklasse immer neues Leid und Elend bescheren. Sie führen zu einer Verschärfung der Widersprüche zwischen den imperialistischen Ländern und zwischen den Kapitalist:innen und der Arbeiter:innenklasse.
Damit verkleinert sich der Spielraum ür die Sozialdemokratie, sie geht nach rechts und beschleunigt damit den gesellschaftlichen Rechtsruck. Doch mit ihr nach rechts gehen eben auch alle Kräfte die nicht vollkommen auf der Seite der Revolution mit all ihren Konsequenzen stehen. Sie gehen nach rechts und damit objektiv auf die Seite des eigenen Imperialismus und Staates über.
Genau das haben wir bei großen Teilen der traditionellen linken Bewegung etwa in der Corona-Pandemie, beim Angriff Russlands auf die Ukraine und auch bei den seit dem palästinensischen Angriff vom 7. Oktober andauernden Kriegsverbrechen durch Israel gesehen. Bei all diesen Ereignissen konnten wir beobachten wie weite Teile der politischen Widerstandsbewegung sich direkt auf die Seite des bürgerlichen Staates stellten und seine Forderungen und Inhalte als die eigenen übernahmen.
Auf der einen Seite führt das zu immer mehr Angriffen der Sozialdemokratie und Linksradikaler auf „autoritäre Linke“ als Ausdruck des eigenen Bedeutungsverlustes und des Übergangs auf die Seite des eigenen Imperialismus. Sie werden damit zum linken Feigenblatt der objektiven Verteidiger:innen des bestehenden Status Quo. Und auf der anderen Seite führt diese Entwicklung zu einem langsamen Wachstum der revolutionären und kommunistischen Bewegung.
Wichtig ist bei dieser Entwicklung nicht einen realistischen Blick zu verlieren. Der Bedeutungsverlust der Sozialdemokratie und ihren linksradikalen Ausläufern geht mit einer allgemeinen Schwächung der politischen Widerstandsbewegung einher, was problematisch ist und den gesellschaftlichen Rechtsruck weiter verstärkt. Das Wachstum der revolutionären und kommunistischen Bewegung kann diese Entwicklung bisher quantitativ wie qualitativ nicht ausgleichen.
Eine weitere Tendenz die wir feststellen können ist, dass sich in den vergangenen zwei Jahrzehnten wiederkehrend überall im Land meist kleine rote Jugendgruppen und lokale Zirkel zusammenfinden, welche sich am Marxismus-Leninismus orientieren und den Klassenkampf zu organisieren auf ihre Tagesordnung setzen. Diese sich in den letzten Jahren verstärkende Tendenz gilt es wahrzunehmen und als Potentiale für den Parteiaufbau und den Wiederaufbau einer klassenkämpferischen Arbeiter:innenbewegung wahrzunehmen.
Parallel dazu und im Zusammenhang mit der Veränderung der objektiven Klassenkampfsituation hat in den vergangenen Jahren ein Neuordnungsprozess innerhalb der politischen Widerstandsbewegung, sowie im Besonderen im Lager der „linken“ Sozialdemokratie, als auch der revisionistisch und trotzkistisch geprägten Organisationen an Fahrt aufgenommen. Auf der Suche nach Antworten auf die sich rasch verändernden objektiven Bedingungen kam es in zahlreichen Organisationen, Strömungen und Parteien zu Spaltungen und der Neugründung von Organisationen. Auch wenn diese Prozesse im Großen und Ganzen kaum dazu geführt haben, dass ein größerer Teil der „linken“ Sozialdemokratie und der revisionistischen Organisationen mit ihren falschen Vorstellungen und Traditionen brechen, so haben sie doch eine gewisse Dynamik mit sich gebracht. Diese Dynamik bringt auch über ihre Grenzen hinaus Genoss:innen dazu, über neue Wege nachzudenken und sich aktiv selber Gedanken zu machen über den richtigen Weg hin zum Wiederaufbau der Kommunistischen Partei in Deutschland.
Zirkel, Sammlungsbewegung oder Kampfpartei? Zentrale Widersprüche der kommunistischen Bewegung in Deutschland
Bei der Gründung unserer Organisation im Jahr 2014 haben wir festgehalten, dass das Zirkelwesen, die Engstirnigkeit und das Gruppendenken, die lokale bzw. Arbeitsfeld/Teilbereichs Fixierung in der politischen Arbeit der größte Mangel der kommunistischen Bewegung, dessen Behebung gerade die Voraussetzung für einen Aufschwung der kommunistischen und Arbeiter:innenbewegung bildet.1
Seit dem hat sich in der politischen und ökonomischen Landschaft einiges geändert und wir leben und kämpfen heute in vielerlei Hinsicht in einer anderen gesellschaftlichen Situation als noch vor 10 Jahren. Was sich hingegen kaum geändert hat ist die subjektive politisch-ideologische und organisatorische Schwäche der kommunistischen und Arbeiter:innenbewegung in Deutschland.
Noch immer steckt die Kommunistische Bewegung im Zirkelwesen und einer damit verbundenen starken Zersplitterung und ideologischen Orientierungslosigkeit großer Teile der kommunistischen, revolutionären und politischen Widerstandsbewegung fest. Dieser Zustand reproduziert sich in den vergangenen Jahrzehnten wieder und wieder und geht soweit, das nicht nur von den Überresten der antideutschen Bewegung und anarchistischen Gruppen jeder Schritt hin zu einer organisierten kommunistischen Kraft bekämpft und verteufelt wird, sondern antikommunistische Vorurteile und Organisations- und Parteifeindlichkeit bis weit in die revolutionäre Bewegung hineinreichen. Auch hier werden historische Erfahrungen und Lehren, sowie konkrete bundesweite Aufbaukonzepte oder auch nur die Idee des Parteiaufbaus im 21. Jahrhundert mit den Kampfbegriffen dogmatisch und schematisch abgelehnt.
Aus der Konsequenz des Verharrens der Kommunistischen Bewegung im Zirkelwesen und dem damit verbundenen ständigen Auftauchen immer neuer kleiner politischer Zirkel, die auf der einen Seite regional eng beschränkt sind und auf der anderen Seite keine politische und organisatorische Kontinuität erreichen können, ist die Situation unserer Bewegung nach wie vor maßgeblich geprägt.
Objektiv notwendig war jedoch solch eine Zirkelphase ausschließlich während der Entstehung der kommunistischen Bewegung (z.B. in Russland um die Wende zum 20. Jahrhundert). In dieser Phase war der Zirkelcharakter der Bewegung – und das auch nur für eine gewisse kurze Periode – eine notwendige Wachstumskrankheit, wie Lenin in seinem Werk „Was tun?” ausführlich erläuterte.
Das in der Kommunistischen Bewegung und diesen Zirkeln immer wieder aufkommende Argument, man müsse auch heute erst die Kommunistische Bewegung von unten aufbauen, verkennt, dass es seit mehr als 150 Jahren eine Kommunistische Bewegung, mit all ihren Fehlern und Schwächen, ihren Höhen und Tiefen, in Deutschland gibt. Der Kampf um ihre Vereinigung und Entwicklung auf der Grundlage des Marxismus-Leninismus ist gerade die Voraussetzung für die Hebung ihres ideologischen, praktischen und organisatorischen Niveaus sowie für ihre Verbreiterung.
Mit dem Argument, man müsse erst lokal für den Aufbau einer Kommunistischen Bewegung arbeiten – und zwar ohne das Bewusstsein über die Notwendigkeit der Schaffung der Partei neuen Typs herzustellen, das immer mit dem konkreten Kampf um den Parteiaufbau verbunden ist – wird man nicht über das Niveau von lokalistischen Zirkeln hinauskommen. Letztlich führt das dazu, dass man dann immer wieder in eine Struktur und Politik zurückfallen wird, die sich vor allem auf die politische Widerstandsbewegung bezieht und sich aus dieser reproduziert.
Mit all den damit verbundenen politischen, ideologischen und organisatorischen Konsequenzen und einer entsprechenden darauf ausgerichteten Strategie und Taktik müssen wir heute den Parteiaufbau vorantreiben, um uns gerade nicht in der politischen Widerstandsbewegung oder anderer natürlicherweise immer wieder aufkommenden spontanen Bewegungen oder auch begrenzten ökonomischen und politischen Kämpfen zu verlieren und in ihnen aufzugehen.
Auch die in der politischen Widerstandsbewegung und revolutionären Bewegung immer wieder aufkommende Behauptung, eine einheitliche revolutionäre bundesweite Organisation würde letztlich unweigerlich eine lähmende Bürokratisierung und Ablenkung von den wirklichen Aufgaben der Praxis mit sich bringen, richtet sich gegen ein revisionistisches und nicht gegen ein kommunistisches Organisationskonzept. Auch bei dem Argument, dass feste organisatorische Strukturen über das ganze Land hinweg nur die Repression des Staates anziehen würden, beißt sich die Bewegung sprichwörtlich wie die Katze in den eigenen Schwanz. Aus Angst vor der Gefahr der Zerschlagung unserer Strukturen, wenn sie zu groß und stark werden gleich ganz auf deren geplanten, einheitlichen und bundesweiten Aufbau zu verzichten, gleicht einer Kapitulation schon vor der ersten Schlacht. Dabei wollen wir diese Gefahr gar nicht kleinreden, sondern eben nur eine gegensätzliche Antwort auf die aufgeworfene Frage geben. Anstatt direkt auf den Aufbau von Strukturen zu verzichten, muss es uns eben darum gehen uns so zu organisieren, dass die Schläge unserer Gegner ins Leere laufen und wir im Feuer der Repression bestehen und uns weiter entwickeln können.
Unsere obigen Ausführungen und die Praxis zahlreicher kommunistischer Gruppen der vergangenen Jahrzehnte in Deutschland zeigen glasklar, dass ohne den konkreten Aufbau einer Partei neuen Typs und mit ihr ideologisch verbundener klassenkämpferischer Organisationen der Arbeiter:innenklasse keine dauerhaften Schritte im Klassenkampf gegangen werden können. Stattdessen bleibt die Bewegung stecken in einem dauerhaften Neuentstehen und Zerfallen lokaler Gruppen, welches sich immer wieder in neuer Zusammensetzung wiederholt.
Dabei ist klar, dass diese lokalen Zirkel zwangsweise begrenzt sein müssen in fast allen Bereichen der politischen Arbeit, auch jenseits der Kontinuität und einem kollektiven Erfahrungsschatz. Auch eine Sammlungsbewegung und ihr basisdemokratischer Zusammenschluss kann das Problem der Kontinuität und der Erfahrungs- und Wissensweitergabe nicht lösen und hat erst recht keine Antwort auf die Fragen einer einheitlichen Entwicklungsstrategie, einer einheitlichen Kultur und Arbeitsweise und kann es nicht schaffen ein ausreichend quantitativ und qualitativ robustes Rückgrat der Organisation zu schaffen.
Je nach unserer Ausgangslage und unserem Weg zum Ziel bestimmen wir auch, was wir heute als Erfolge verbuchen und als Schwerpunkte unserer Arbeit setzen unterschiedlich. Für uns ergeben sich all diese Punkte aus unserem strategischen Zwischenziel: dem Aufbau einer Partei neuen Typs.
Was würde es aber bedeuten, wenn die Kommunist:innen in einer Phase, in welcher der Kampf um den Parteiaufbau ihre Hauptaufgabe darstellt, ihre Gesamtarbeit danach ausrichten, maximale Mobilisierungserfolge zu erzielen? In einer Phase der Schwäche der Kommunist:innen, in der es noch kein ausgebildetes Rückgrat der Bewegung gibt, das in der Lage ist, die verschiedenen gesellschaftliche und politischen Bewegungen in eine Richtung zu lenken?
Es würde bedeuten, dass die Kommunist:innen nicht in den strategisch wichtigen gesellschaftlichen Sektoren und Bewegungen arbeiten, sondern sich passiv der spontanen politischen Konjunktur anpassen; Dass sie sich in der Arbeit auf die schon politisch aktiven Menschen beschränken, die möglicherweise für einzelne Themen auf die Straße gehen, aber eben nicht allseitig interessiert sind; Dass sie sich nicht bewusst und aktiv auf die in den verschiedenen Teilen der Arbeiter:innenklasse zu findenden fortgeschrittensten Teile der Klasse konzentrieren.
Eine solche Ausrichtung der Arbeit würde unweigerlich zu immer neuem Spontaneismus führen und im heutigen Zustand der Bewegung das Zirkelwesen verewigen. Genau das ist es, was wir seit Jahrzehnten in Deutschland erleben. Dabei ist es egal wie militant und „antagonistisch“ einige Bewegungen oder Kämpfe sein mögen, solange wir es nicht schaffen einen Bruch mit der Anbetung des Spontaneismus als vermeintlichen Entwicklungsweg der revolutionären Bewegung zu organisieren, werden diese Bewegungen und Kämpfe so schnell vergehen wie ein Funke im Wind.
Gleichzeitig dürfen wir aus dieser Erkenntnis natürlich nicht den falschen Schluss ziehen, dass wir die politische Widerstandsbewegung und die immer wieder neu entstehenden revolutionären Zirkel einfach links und rechts liegen lassen könnten. Es ist unsere Aufgabe als Kommunist:innen überall wo es uns möglich erscheint Anknüpfungspunkte für eine Zusammenarbeit, für ideologische, politische und organisatorische Diskussionen und Austausch auf Augenhöhe zu suchen und von der Praxis und den Erfahrungen zu lernen, auch wenn unsere Strategien und Taktiken aktuell noch so weit auseinander zu liegen scheinen.
Doch diese prinzipielle Herangehensweise darf nicht damit verwechselt werden, dass erst wenn wir es schaffen die Widersprüche und Entwicklungsprobleme der revolutionären und kommunistischen Bewegung über unsere Organisationsgrenzen hinweg positiv aufzuheben, wir einen grundsätzlichen quantitativen Sprung in der Entwicklung der Kommunistischen Bewegung in Deutschland als Ganzes organisieren und den scheinbar undurchdringbaren Kreislauf des Zirkelwesens sprengen können.
Die nächsten Schritte auf dem Weg zur Partei – oder wie man eine Partei nicht gründet
Die große Frage der Parteigründung und des Parteiaufbaus lässt sich nicht einfach am Schreibtisch oder in diesem Dokument klären und sie wird nicht durch eine einfache Deklaration oder einen Beschluss gegründet, auch wenn das geschichtlich und auch heute immer wieder versucht wird. Vielmehr ist die Frage der Parteigründung oder nennen wir es passender der Parteiwerdung die Frage der planvollen und materiellen Entwicklung und Reifung einer Organisation hin zu einem qualitativen Sprung. Auf diesem Weg muss jede Organisation, will sie konkrete Schritte hin zur Parteiwerdung gehen, mit alten Arbeits- und Verhaltensweisen, mit ihrer alten Organisationsweise und Praxis brechen und neue mutige Schritte auf einer neuen höheren Ebene voran gehen. Die Partei ist eben von ihrer Struktur, ihrer Arbeitsweise und ihren Zielen etwas anderes als eine x-beliebige sich kommunistisch oder revolutionär verstehende Organisation, die es heute in Deutschland ja zu dutzenden gibt und zu denen natürlich auch wir zählen.
In der Resolution zum Parteiaufbau auf unserem 4. Kongress haben wir festgehalten: „Jeder erfolgreiche Versuch einer sozialistischen Revolution setzt eine entwickelte und im Klassenkampf gestählte Kommunistische Partei, eine Kampfpartei neuen Typs, eine Organisation professioneller Revolutionär:innen voraus. Das haben die russischen Bolschewiki mit der sozialistischen Oktoberrevolution bewiesen. Bolschewisierung bedeutet deshalb, das von ihnen entwickelte Parteikonzept und ihre revolutionäre Arbeitsweise auf die Bedingungen im imperialistischen Deutschland lebendig anzuwenden und zur Grundlage des Parteiaufbaus zu machen.“2
Die Erkenntnis das der Parteiaufbau ein planvoller Prozess sein muss, darf jedoch nicht damit verwechselt werden, dass die Entwicklung hin zur Partei natürlich ein dynamsicher Prozess mit sich abwechselnden langsameren und schnelleren, ruhigeren und stürmischeren, qualitativen und quantitativen, positiven und negativen Entwicklungen, voller Niederlagen und Fehler, voller Erfolge und Siege ist. Gleichzeitig müssen wir deshalb auch allen destruktiven, dogmatischen und unproduktiven Mystifizierungen und Fetischisierungen der Frage der Parteigründung eine klare Absage erteilen. Diese führen dazu, dass die Parteigründung in eine unerreichbare Ferne geschoben oder sie gar mit der erfolgreichen sozialistischen Revolution verwechselt wird. Sie greifen prinzipiell jeden Schritt hin in Richtung Parteigründung als zu verfrüht an. Verneinen die Möglichkeit einen grundsätzlichen Plan zum Parteiaufbau und den dafür notwendigen Schritten für den Aufbau von Strukturen schaffen zu können.
Doch während die einen der Parteigründung letztlich im Wege stehen, in dem sie versuchen sie durch einen relativ losen Zusammenschluss von lokalen Zirkeln, unter größtmöglicher Beibehaltung lokaler Besonderheiten, zu erreichen, versuchen die anderen im Wege einer immer diffus bleibenden Sammlungsbewegung eine revolutionäre Organisation alleine über die Praxis zu schaffen. Letztlich führen sowohl alle Herangehensweisen mit der Vorstellung der irgendwann hauptsächlich aus den spontanen Kämpfen und Bewegungen entstehenden Partei, als auch auf die Mystifizierung der Partei, als etwas das ohne Fehler und Begrenztheiten entstehen wird und zuvor nicht so benannt werden darf, zu einem praktischen Hemmnis des Parteiaufbaus.
Dabei ist es sicher richtig, dass es nicht den einen geradlinigen Weg zum Parteiaufbau gibt und man sich der Frage über verschiedene (Um)wege und verschiedene Erfahrungen und aus verschiedenen Traditionen her kommend unterschiedlich nähern kann, aber angesichts der sich immer schneller zuspitzenden Widersprüche zwischen den Imperialisten und auch innerhalb der imperialistischen Zentren, haben wir keine Zeit zu verlieren, die heute notwendigen Schritte im Parteiaufbau zu gehen. Dabei gilt es für uns, die in der Vergangenheit von uns und der Kommunistischen Bewegung bereits einmal gemachten Fehler und eingeschlagenen Irrwege nicht noch einmal zu wiederholen, sondern aus ihnen lernend und auf den positiven Erfahrungen aufbauend bewusst voranzuschreiten.
Die Frage der Kommunistischen Partei ist eben keine Frage, die wir auf die lange Bank schieben können, für die die Klassenkämpfe von unten entwickelter sein müssen oder es eine besondere revolutionäre Aktivität der Arbeiter:innenklasse bräuchte. Sie ist eine prinzipielle Frage, an der wir in jeder Klassenkampfsituation arbeiten müssten. Die parallel zu lösende Frage des gezielten Wiederaufbaus einer klassenkämpferischen Arbeiter:innenbewegung dürfen wir dabei nicht einfach mit der Frage des Parteiaufbaus gleichsetzen oder gegeneinander diskutieren.
Dabei ist das Geschriebene natürlich kein Aufruf heute in Voluntarismus und Abendteurertum zu verfallen, sondern ein dringender Appell an uns alle in der Frage der Parteigründung, der Kommunistischen und Massenarbeit, der Kader:innenentwicklung und allen Arbeits- und Aufgabenbereichen eine uns selbst antreibende kämpferische Dynamik zu schaffen und sich militant und organisiert den nächsten Schritten im Parteiaufbau zu widmen.
Kurz gesagt: wir stehen heute und in der kommenden Zeit vor der Aufgabe selbst zur Kommunistischen Partei zu werden. Und zwar im Wesentlichen nicht, indem wir das bei einem in den nächsten Jahren zu organisierenden Gründungsparteitag proklamieren, sondern indem wir uns ganz konkret mehr wie eine Partei entwickeln, arbeiten und verhalten. An diesem Anspruch wollen wir uns selber messen und damit wollen wir auch auf alle anderen Kommunist:innen und an uns interessierten Menschen aus der Arbeiter:innenklasse zugehen und sie einladen diesen Weg mit uns zusammen zu gehen.
Wir wollen das nicht nur nach innen, sondern explizit auch nach außen als Aufruf richten, sich gemeinsam mit uns auf den Weg des Parteiaufbaus zu machen und in der Praxis den Aufbau einer Partei neuen Typs anzugehen, die in der Lage ist, die Arbeiter:innenklasse zur erfolgreichen sozialistischen Revolution zu leiten und den deutschen Imperialismus auf den Müllhaufen der Geschichte zu werfen.
Auf die Frage der Einheit der organisierten Kommunist:innen in einer Organisation bzw. Partei wollen wir am Ende dieses Textes noch einmal gesondert eingehen. Zunächst wollen wir jedoch darstellen, welche nächsten Schritte auf dem Weg des Parteiaufbaus bzw. der Parteiwerdung ganz konkret in der kommenden Zeit vor uns stehen. In der Auswertung3 unserer eigenen Entwicklung und Erfolge, unserer eigenen Fehler, Schwächen und Begrenztheit sehen wir aktuell in den folgenden vier Punkten die wichtigsten Hebel, um die nächsten Schritte und Sprünge im Parteiaufbau organisieren zu können:
- Teilnahme am Klassenkampf als führende Kraft
- Ausdifferenzierung und Professionalisierung aller Arbeitsbereiche
- Entwicklung eines Parteimäßigen Arbeits- und Organisationsstils
- Weitere Ausdehnung der Organisation im Land
Teilnahme am Klassenkampf als führende Kraft
Seit Gründung unserer Organisation formulieren wir den politischen Anspruch zu einer führenden Kraft im Klassenkampf zu werden und in diesem, dem politischen Verständnis der Aufgabe der Kommunist:innen gerecht zu werden eine Avantgarderolle einzunehmen. Aufgrund unserer eigenen quantitativen und qualitativen Schwäche war dies allerdings lange Zeit eine hauptsächlich theoretische Frage und spielte in der politischen Praxis kaum eine Rolle. Dies gilt es in der kommenden Zeit aufzubrechen und zu verändern.
Zwar sind die Klassenkämpfe in Deutschland nach wie vor extrem niedrig entwickelt und die quantitative und qualitative Entwicklung unserer Organisation ist bei allen positiven Entwicklungen der letzten Jahre weiter begrenzt. Das darf jedoch nicht weiter als Ausrede dienen, um eine Teilnahme am oder eine führende Rolle im Klassenkampf zu verneinen. Dabei ist natürlich klar, dass wir in bestimmten Bereichen nach wie vor erst am Anfang unserer Entwicklung stehen und dass das Einnehmen einer führenden Rolle sich eben nicht am Schreibtisch beschließen lässt, doch allein diese Frage heute aufzuwerfen und sich konkret zu stellen, stellt einen gewissen Bruch mit dem Status Quo da.
Für die kommende Zeit wird es für uns eben genau darum gehen, uns gezielter und bewusster in die Klassenkämpfe einzumischen und eine sie vorantreibende Rolle einzunehmen, jedoch weiterhin so,
dass wir nicht in ihnen aufgehen oder unsere aktuelle Hauptaufgabe, den Parteiaufbau, aus den Augen verlieren. Wo es möglich ist dürfen wir auch nicht zögern Klassenkämpfe als führende Kraft auszulösen. Voraussetzung dafür ist insbesondere die Entwicklung des politischen Niveaus und der politischen Analysefähigkeit in der Organisation und die zielgerichteten Umsetzung in die politische Praxis. Nur durch eine quantitative, wie qualitative Steigerung unserer eigenen politischen Reflexfähigkeit und ein ausgeprägtes Selbstbewusstsein, unsere Positionen auch in politisch komplexen Fragen klar nach außen hin zu vertreten und zu erläutern, können wir dieses Ziel erreichen. Doch um in den Klassenkämpfen auch tatsächlich führend und unsere Klassengeschwister anleitend sein zu können, müssen wir dies auch in der direkten Konfrontation mit den Gegner:innen unserer Klasse sein. Sei es um die Errungenschaften und Freiheiten vergangener Kämpfe zu bewahren und uns gegen Angriffe zur Wehr zu setzen oder die Spiel- und Handlungsräume unserer Klasse und ihrer Kämpfe offensiv auszuweiten.
Zu unseren Aufgaben gehört auch die Entwicklung und der Neuaufbau einer starken klassenkämpferischen Arbeiter:innenbewegung hin zu einem realen gesellschaftlichen und politischen Faktor und einem dynamischen Transmissionsriemen zwischen Kommunistischer Partei und Arbeiter:innenklasse. Für den notwendigen gezielten Aufbau dieser Bewegung und der ihr entsprechenden Organisationsformen müssen wir schon heute die notwendigen ersten Schritte gehen und die Weichen für ihre Entwicklung hin zu wirklichen Organisationen der Arbeiter:innenmassen stellen. Diese Organisationen müssen sich in ihrem Arbeitsstil und ihren Methoden, in ihrer Agitation und Propaganda, in ihrer Schwerpunktsetzung und den Anforderungen an ihre Mitglieder von der Kommunistischen Partei unterscheiden, nicht aber in ihrem Ziel, des Erreichens einer klassenlosen Gesellschaft.
Die Kommunistische Partei und die klassenkämpferische Arbeiter:innenbewegung sind so zwei sich ergänzende notwendige Bedingungen die erfüllt bzw. erfolgreich aufgebaut werden müssen auf dem Weg zur sozialistischen Revolution. Je erfahrener, kampferprobter und ideologisch, politisch und organisatorisch entwickelter beide sind, desto besser vorbereitet kann die Arbeiter:innenklasse in den nächsten Versuch der Überwindung der Herrschaft des Kapitals starten und mit dem Aufbau einer sozialistischen Gesellschaft beginnen. Doch auf dem Weg dorthin haben wir noch jede Menge zu tun.
Ausdifferenzierung und Professionalisierung der Arbeitsbereiche
Auf dem Weg hin ein dynamisches Organisationsmodell und -gerüst zu schaffen, welche den Herausforderungen des revolutionären Klassenkampfes im imperialistischen Zentrum im 21. Jahrhundert gewachsen sind, heißt es für uns vergangene Erfahrungen auszuwerten, aktuelle Beispiele zu analysieren und neue Wege zu finden.
Wie oben bereits ausgeführt, heißt das aber vor allem eben auch dauerhaft den eigenen erreichten Status Quo zu analysieren und zu hinterfragen, bewusst daraus auszubrechen und so die vor uns stehenden notwendigen Schritte und Entwicklungen richtig zu bestimmen und dann auch praktisch zu gehen. Dazu gehört insbesondere auch eine vertiefte Arbeitsteilung und dadurch mögliche Ausdifferenzierung und Professionalisierung der verschiedenen Arbeitsbereiche innerhalb der Organisation.
Stärkung der Kommunistischen Frauenorganisation
Seit mehr als fünf Jahren organisieren sich alle Genossinnen unserer Organisation nun parallel zu ihren Strukturen in der Gesamtorganisation zusätzlich in den Strukturen der Kommunistischen Frauen. Alleine der Fakt das diese Organisation existiert und mit ihrer Arbeit begonnen hat, hat innerhalb der Organisation eine kaum zu überschätzende Wirkung entfaltet. Die zuvor oftmals im Hintergrund agierenden wenigen Frauen der Organisation haben sich bis heute nicht nur vervielfacht, sondern nehmen heute eine unverzichtbare und vorantreibende Rolle in der Entwicklung aller Organe und Ebenen der Organisation ein.
Für den weiteren Aufbau und die Stärkung der Frauenorganisation ist die Konzentration von Kräften für diese Aufgaben eine unbedingte Voraussetzung. Dieser Bedarf muss bei den immer schneller wachsenden politischen, ideologischen und organisatorischen Aufgaben der Frauenorganisation und insbesondere bei der Verteilung und Ausbildung von Kaderinnen innerhalb der Organisation mit einer besonders großen Priorität behandelt werden. Wichtig ist hier vor allem das Verständnis, dass eine Konzentration von Kräften auf den Aufbau der Frauenorganisation dazu dient, die Kaderinnenentwicklung der weiblichen Genossinnen so voranzutreiben, dass sie perspektivisch tatsächlich nicht nur grundsätzlich an allen lokalen und zentralen Leitungsfunktionen der Gesamtorganisation beteiligt sind und die Frauenorganisation somit die Frauengenossinnen wie eine Kette, die sich durch die ganze Organisation zieht, verbindet und in ihrer Entwicklung als Revolutionärinnen stärkt, sondern dass sie auch in allen Arbeitsbereichen der Theorie und Praxis eine führende Rolle einnehmen können. Dies gilt insbesondere für alle Bereiche, in denen die bürgerlich-patriarchalen Rollenbilder und -verteilung in der politischen Arbeit sich besonders stark reproduzieren, wie in der ideologischen Arbeit, direkten Auseinandersetzungen und dem Auftreten für die Organisation.
Die Stärkung der Kommunistischen Frauenorganisation wird zudem auch den Kampf gegen das Patriarchat in der Organisation und den Ansätzen der klassenkämpferischen Arbeiter:innenbewegung stärken und Möglichkeiten für eine weitere Systematisierung schaffen. Auch die gezielte Entwicklung und Förderung von nicht-binären und trans-Genoss:innen wird mit der Entwicklung der Frauenorganisation ein deutlich höheres Niveau erreichen und mit ihnen gemeinsam einen politischen und ideologischen Kampf gegen die Angriffe postmoderner bürgerlicher Ideologie führen.
Der Aufbau einer unabhängigen Kommunistischen Jugendorganisation
„Die Jugend ist die reinste Flamme der Revolution“, so charakterisierte einst Karl Liebknecht das ungeheure Potential welches die Jugend der Arbeiter:innenklasse im Kampf für die sozialistische Revolution und im Parteiaufbau darstellt. Um dieses Potential voll und ganz entfalten zu können müssen wir die Kommunistische Jugendorganisation zu einer selbstständigen und organisatorisch unabhängigen Kraft entwickeln. Sie soll der Jugend als Schule des revolutionären Klassenkampfes dienen, in der sie alle Fähigkeiten lernen und Eigenschaften herausbilden kann, die sie im Anschluss zur Leitung der Partei brauchen wird.
Die Unabhängigkeit der Kommunistischen Jugendorganisation und ihr unbedingter Charakter als kommunistische Massenorganisation der Jugend, sind zwingende Voraussetzungen dafür, dass hier tatsächlich die fortschrittlichsten Jugendlichen unserer Klasse organisiert und entwickelt werden und eine möglichst dynamische, militante und nach vorne treibende Rolle in allen Klassenkämpfen eingenommen werden kann.
Beim richtigen Verhältnis und Entwicklung der Kommunistischen Jugendorganisation und der Kommunistischen Partei wird die Jugendorganisation zu einem dauerhaften Motor und Antreiber der Entwicklung der Partei werden. Genau aus diesem Grund muss der Entwicklung der Jugendorganisation und dem Aufbau eigener Organisations- und Leitungsstrukturen eine besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden. Ein mögliches Hinauszögern dieser Entwicklung würde sich im weiteren Verlauf des Parteiaufbaus bitter rächen.
Entwicklung der Agitation und Propaganda
Sowohl um in den Klassenkämpfen eine größere Rolle spielen zu können, als auch um immer größere Teile und verschiedene Schichten unserer Klasse zu erreichen müssen wir unsere Agitation und Propaganda weiter entwickeln und professionalisieren. Auch wenn es sicher in der Aufbereitung und dem Layout der Agitation und Propaganda ebenso zahlreiche Aspekte gibt, die wir verbessern können, so sollte der Schwerpunkt hier doch vor allem auf der Entwicklung der politischen Inhalte und der Arbeit damit liegen.
Zentrale verbindende Herausforderung wird es dabei sein, dass es uns gelingt, das politische Profil unserer Agitation und Propaganda zu schärfen. Es geht also darum, von einer mehr oder weniger bewussten Wiedergabe oder Aufnahme von einzelnen Parolen oder Phrasen hin zu konkreten Enthüllungen und Analysen der gesellschaftlichen Realität zu gelangen, bei denen wir den Sozialismus auf natürliche und überzeugende Weise als die einzig logische Alternative herleiten können die er ist.
So gilt es einerseits, auf allen Ebenen eine tagesaktuellere Agitation und Propaganda zu entwickeln, die politische Ereignisse auf lokaler, regionaler, nationaler und internationaler Ebene aufgreift, einordnet und einen politischen Standpunkt dazu entwickelt und selbstbewusst vertritt. Die theoretische Klarheit über die Notwendigkeit und richtige Bestimmung eines Systems von Losungen muss hier erst noch in den Organisationsalltag auf allen Ebenen wirklichen Einzug finden. Gleiches gilt für eine Ausweitung bzw. den Aufbau einer regelmäßigen Pressearbeit sowie der regelmäßigeren Herausgabe von Stellungnahmen, Erklärungen und Flugblättern für die alltägliche politische Arbeit, die mit der Zeit immer breitere Schichten der Arbeiter:innenklasse erreicht und ihnen als politisches Bildungsmaterial und Orientierung dient.
Entwicklung eines Parteimäßigen Arbeits- und Organisationsstils
Auf dem weiteren Weg hin zum Aufbau einer Kommunistischen Partei werden wir auch mit den bisher vorherrschenden Arbeitsweisen und Organisationsmodellen brechen und diese zum entsprechenden Zeitpunkt jeweils durch neue höhere Formen ersetzen müssen.
Die Parteimäßige Arbeitsweise definieren wir als eine Arbeitsweise, die auf freiwilliger und bewusster Disziplin, Planmäßigkeit und Kontrolle anhand konkreter Entwicklungsziele basiert und alle Mitglieder zur selbstständigen und verantwortungsbewussten Arbeit und politischen Rfexfähigkeit anhand der allgemeinen politischen Linie der Organisation erzieht. Von diesem Ziel sind wir in der Breite der Kommunistischen Bewegung, aber auch in unserer Organisation noch verhältnismäßig weit entfernt. Trotzdem ist genau dieses Ziel ein wichtiger Entwicklungsschritt auf dem Weg der Parteiwerdung. Diese Arbeitsweise kann dabei nicht nur von einer kleinen Minderheit der Organisation als Leitlinie ihrer Arbeit und Entwicklung angenommen werden, sondern muss in der gesamten Breite der Organisation vereinheitlicht werden und bis in die klassenkämpferische Arbeiter:innenbewegung und ihre Strukturen reichen. Ohne einen solchen Arbeitsstil zu entwickeln, der sich anhand der objektiven Notwendigkeiten ausrichtet und weiter entwickelt, werden zukünftige quantitative wie qualitative Schritte und Sprünge kaum möglich sein.
Es sollte wohl klar sein, dass die Arbeitsweise einer Organisation oder Struktur immer auf ihr jeweiliges Ziel ausgerichtet und von diesem abgeleitet werden muss. So können wir für unsere Organisierung heute weder grundsätzlich die in der politischen Widerstandsbewegung vorherrschenden Arbeitsweisen und Stile übernehmen bzw. beibehalten, noch einfach historische Beispiele kopieren oder übernehmen. Wir müssen einen Arbeitsstil entwickeln, der den Herausforderungen der Entwicklung und des Wachstums unserer Organisation heute im imperialistischen Zentrum angemessen ist. Er muss eben so ausgestaltet sein, dass er die strategische Weiterentwicklung der Organisation bestmöglich unterstützt und sich an den von uns zu lösenden Aufgaben und Herausforderungen misst und nicht an Vergangenem festhält. Es ist eben nicht das gut und richtig, was schon immer so gemacht wurde, sondern dass was den Anforderungen und Zielen in der gegebenen Entwicklungsstufe am meisten nützt.
Um es konkret auf den Punkt zu bringen: unsere Arbeit muss sich grundlegend ändern, wenn wir in einer oder zwei Städten eine revolutionäre Politik entwickeln wollen oder wenn wir das in ein bis zwei Dutzend Städten einheitlich machen wollen. Ebenso ist die Organisierung und Entwicklung von einer Handvoll Genoss:innen eine andere Aufgabe, die wir mit anderen Methoden organisieren können, als die von einigen hunderten Genoss:innen.
Auch die Frage des Organisationsstils oder des Organisationsmodells stellt sich mit der Entwicklung und Veränderung der Organisation, aber auch der Klassenkampfsituation immer wieder neu. Modelle und Methoden die noch vor einem oder zwei Jahren eine vorantreibende Rolle gespielt haben können, müssen heute hinterfragt und überprüft werden. Organisatorische Mechanismen dürfen kein Fetisch oder Selbstzweck sein, sondern müssen ihre Funktion im Organisationsgerüst erfüllen und sich mit der Organisation mit entwickeln oder durch neue ersetzt werden.
Dabei müssen Organisationsstil und -modell nicht nur mit der inneren Entwicklungsdynamik der Organisation übereinstimmen und dieser folgend entwickelt werden, sondern auch den vor uns stehenden Aufgaben im Klassenkampf entsprechen. In diesem Spannungsfeld gilt es für die vor uns stehenden Kämpfe passende Formen der Organisierung zu schaffen, die unserem Ziel, dem Aufbau einer dynamischen Kampfpartei neuen Typs, entsprechen.
Weitere Ausdehnung der Organisation im Land
Ganz im Gegensatz zu den skeptischen Stimmen, die anzweifeln in wie weit es zur Zeit sinnvoll oder möglich ist eine einheitliche bundesweite Organisation aufzubauen, die über das ganze Land ausgedehnt ist und in möglichst vielen Orten und Regionen ihre Arbeit entfaltet, ist gerade auch diese Frage ein elementarer Teil des Parteiaufbaus. Ohne steigende Quantität in der Anzahl der Genoss:innen und Städte und Regionen in denen wir arbeiten, wird man immer wieder an einen Punkt kommen, in denen auch die Entwicklung der Qualität der Arbeit stockt.
Gerade wenn man in einem Land wie Deutschland kommunistische Politik macht, dass nicht nur in seiner Geschichte, sondern bis heute geprägt ist von Regionalismus; in dem die Spaltung in Ost und West politisch, ökonomisch und auch in den Köpfen und Herzen der Bevölkerung immer noch nicht überwunden ist; in dem die ökonomische und politische Lage, sowie die Stimmung in der Bevölkerung nach wie vor sehr unterschiedlich in den verschiedenen Regionen ist, ist es von besonderer Bedeutung real in allen Teilen des Landes organisiert und politisch aktiv zu sein.
Auch in der Geschichte der revolutionären und Kommunistischen Bewegung in den letzten einhundert Jahren war genau das immer wieder ein entscheidender Schwachpunkt der revolutionären Arbeit und Organisierung. Dies gilt sowohl für die 1920er und 30er Jahre, in der die KPD vor allem in bestimmten Gebieten in denen sich die Arbeiter:innenklasse um die damalige Industrie herum ansiedelte besonders stark war und in anderen Teilen des Landes insbesondere außerhalb der großen Städte zum Teil kaum Strukturen hatte, als auch für die Zeit der 1970er und 80er Jahre in denen die verhältnismäßig großen kommunistischen Gruppen und Parteiprojekte jeweils fast ausschließlich in bestimmten Regionen existierten. Das ist nicht erst in der Revolution ein Problem, sondern führt schon heute dazu, dass nur ein regional eingeschränkter Blick auf die Stimmung in unserer Klasse existiert und zum Teil wichtige Kämpfe nicht verfolgt oder unterstützt werden, da sie außerhalb des eigenen regionalen Wirkbereichs liegen.
Wir müssen auf der einen Seite den Regionalismus in den Köpfen und Herzen unserer Klassengeschwister, aber auch in der politischen Widerstandsbewegung und der Kommunistischen Bewegung zurückdrängen, damit diese ihre gesamte Kraft entfalten und auch diese Spaltungslinie überwinden kann. Auf der anderen Seite hat die Präsenz und Arbeit im gesamten Land nicht nur eine strategische Bedeutung im Prozess der Revolution, der hier über Sieg oder Niederlage mit entscheiden kann, sondern ist schon für das gezielte Eingreifen in alle Klassenkämpfe und die Beeinflussung der Stimmung in den fortschrittlichsten Teilen der Massen von großer Bedeutung.
Gleichzeitig ist natürlich klar, dass wir heute nicht in den Großstädten, Provinzen und Dörfern gleichermaßen präsent sein können, wie wir es in der Zukunft sein müssen. Auch in der Ausbreitung auf das ganze Land müssen wir daher heute möglichst planvoll herangehen und unsere Kräfte nicht überspannen, so dass diese Ausbreitung die Kräfte für den Parteiaufbau dadurch stärkt und vervielfältigt und auf eine breitere Basis stellt, anstatt diese zu schwächen.
Zusammenfassend müssen wir zudem festhalten, dass alle diese Bereiche und vor uns stehenden Aufgaben durch die allgegenwärtige Frage der Kader:innenentwicklung verbunden ist. Sowohl bei einer Minderheit der Genoss:innen, die sich schon heute zu Berufsrevolutionär:innen entwickeln wollen, als auch in der Breite der Organisation. Konkrete praktische Schritt bei der Herausbildung von Berufsrevolutionär:innen, als auch bei dem Ziel das Niveau aller Genoss:innen in der gesamten Organisation zu heben sind Voraussetzungen dafür, dass wir in den genannten vier Aspekten und damit der Gesamtentwicklung der Organisation und der Kommunistischen Bewegung dauerhaft Erfolg haben können. Die Frage des Parteiaufbaus und der Kader:innen lassen sich nicht von einander trennen oder nacheinander angehen und lösen. Sie sind eine unzertrennbare Einheit die wir nur in einem engen dialektischen Zusammenhang entwickeln können.
Die Kader:innen sind das Herz einer jeden Organisation. Die bewusste Arbeit mit ihnen, die gezielte Entwicklung ihrer Fähigkeiten, ihres Bewusstseins (Klassenbewusstsein, Feindbewusstsein und Geschlechtsbewusstsein)4 und ihrer Persönlichkeit hat damit höchste Priorität und entscheidet in nicht unerheblichem Maße über die Möglichkeiten einer „gesunden“ und vereinheitlichten Entwicklung der gesamten Organisation.
Die Frage der Einheit der Kommunist:innen
Wer vom Parteiaufbau spricht, kann zur Einheit der Kommunist:innen nicht schweigen. Dabei stellt sich diese Frage in den verschiedenen Entwicklungsstufen der Kommunistischen Bewegung und ihrer auch heute sehr unterschiedlichen Organisationen, aus verschiedenen Traditionen kommend, mit verschiedenen Fehlern und Widersprüchen behaftet, immer wieder neu.
Da wir davon ausgehen, dass alle Erscheinungen von inneren Widersprüchen bestimmt sind, die ihre Entwicklung vorantreiben, ist es also keine Frage, dass Widersprüche auch im Kampf um die Einheit der Kommunist:innen auftreten müssen – und dass sie auch hier die Entwicklung vorantreiben. Der Kampf um die Vereinigung der Kommunist:innen und um den Parteiaufbau ist ein unablässiger Kampf, das Neue – die Kommunistische Partei – aus dem Alten – einer Bewegung, die von Zirkelwesen, Spontaneität, Lokalismus, revisionistischen und reformistischen Einflüssen u. v. m. geprägt ist – zu entwickeln. Dieser Kampf ist damit verbunden, alle zwangsläufig auftretenden Widersprüche und Fehler konkret aufzudecken und bewusst so anzuleiten, dass sie die Bewegung, ausgehend vom Ziel der prinzipiellen Einheit, vorantreiben. Soviel zu unserem abstrakten Verständnis der Einheit der Kommunist:innen in einem Land.
Wenn wir die Frage der Einheit in der Praxis betrachten, dann kommt sie meist in Form der beiden folgenden Fragen auf, die wir in der Massenarbeit als Kommunist:innen aus unserer Klasse nur all zu oft hören und diese sind natürlich vollkommen berechtigte Fragen, auf die wir unserer Klasse Antworten geben müssen: 1. Wie wollt ihr eure Ziele erreichen wenn ihr so wenige sind? Und 2. Es gibt so viele Gruppen die doch das Selbe wollen, warum vereinigt ihr euch nicht?
Die erste Frage ist so simpel zu beantworten, wie sie in der Praxis natürlich mühevoll umzusetzen ist. Durch jeden geführten Kampf, durch jede praktische Erfahrung sammeln wir und die an diesen beteiligten Teile unserer Klasse Kampferfahrungen auf der wir aufbauend Klassenbewusstsein entwickeln und damit immer mehr Menschen davon überzeugen müssen, sich heute dem organisierten Kampf gegen das kapitalistische System anzuschließen.
Die zweite Frage ist dabei sicherlich nicht nur in der Praxis, sondern auch der Theorie die schwierigere. Für uns ist klar, dass unsere Klasse die größtmögliche Schlagkraft dadurch gewinnt, wenn sie sich in den Reihen einer Organisation bzw. Partei versammelt und von dieser im Klassenkampf geführt wird. Gleichzeitig ist ebenso klar, dass die vergangenen 150 Jahre der Kommunistischen und Arbeiter:innenbewegung in diesem Land und auch international dazu geführt haben, dass sich verschiedene revolutionäre Strömungen und auch Abweichungen vom Marxismus-Leninismus herausgebildet haben, die sich bis heute in politischen, ideologischen und organisatorischen Differenzen widerspiegeln. So hat es sich in der Vergangenheit immer wieder gezeigt, dass der Kampf um die Vereinigung in einer Kampforganisation unserer Klasse auf prinzipieller und strategischer Grundlage eine dauerhafte Aufgabe ist und nicht an einem bestimmten historischen Punkt die Alleinige oder irgendwann einfach abgeschlossen ist.
Neben dem, dass es bei den heute existierenden und sich als revolutionär oder kommunistisch verstehenden Organisationen in unzähligen Punkten eben keine prinzipielle, strategische oder auch nur taktische Einheit gibt, ist die Einheit in einer Organisation eben auch kein Selbstzweck, sondern muss immer zur Auflösung von Widersprüchen führen, anstatt diese zu verdecken oder einfach in den Hintergrund zu schieben. Eine Einheit, alleine um der Einheit willen muss daher über kurz oder lang in einer Katastrophe enden. Solche verzweifelten Versuche hat es zahlreiche gegeben und sie sind alle gescheitert. Herauskommen kann dabei nur eins: eine nicht überlebensfähige und von politischen Flügelkämpfen gezeichnete Organisation statt einer einheitlichen Kommunistischen Partei. Die Antwort auf die allgemeine Zersplitterung der Bewegung kann dabei gerade nicht darin bestehen ideologische und politische Unterschiede zuzuschütten, um einfach schnellstmöglich eine größtmögliche Zahl von Genoss:innen unter einem organisatorischen Dach zu vereinen. Die Zersplitterung unserer Bewegung ist eben keinesfalls nur ein organisatorischer Mangel oder ein Ergebnis persönlicher Eitelkeiten und regionaler „Herrschaftsansprüche“. Sie ist vor allem ein Ausdruck der ideologischen und politischen Orientierungslosigkeit; ein Ergebnis dessen, dass es nicht ausreichend gelingt, den Marxismus-Leninismus auf die heutigen Verhältnisse anzuwenden und in revolutionäre Praxis zu verwandeln.
In unserer Organisation hat sich eine Herangehensweise an die Frage der Einheit herausgebildet, die von den Bedürfnissen des Klassenkampfes ausgeht. Daher kann sich aus unserer Sicht eine Einheit gerade nicht vor allem aus ideologischen Diskussionen und ähnlichen historischen oder theoretischen Annahmen ergeben, sondern muss weit darüber hinaus gehen. Sicher sind ideologische Diskussionen und theoretischer Austausch ein wichtiger Bestandteil der Annäherungen zwischen verschiedenen Organisationen, aber mindestens genauso wichtig ist das Zusammenwachsen in der praktischen Arbeit, im Klassenkampf. Denn letztlich wird sich nur in der Praxis zeigen, welche ideologisch-theoretischen Positionen richtig sind und welche verworfen werden müssen.
Auf dem Weg zur Einheit der Kommunist:innen gilt es klar Gemeinsamkeiten und Unterschiede in Theorie und Praxis herauszuarbeiten, dabei jedoch stets die Gemeinsamkeiten in den Vordergrund zu stellen und damit eine Basis zu schaffen, auf der eine vertrauensvolle praktische Vernetzung und Zusammenarbeit wachsen kann und solidarische Diskussionen und Auseinandersetzungen geführt werden können. Nur so können wir unserem erklärten Ziel näher kommen, möglichst viele Kommunist:innen in einer Organisation zu vereinigen, wo ihre Kräfte optimal, nach einem einheitlichen Konzept für den Aufbau der Kommunistischen Partei eingesetzt werden können.
An der Umsetzung der hier formulierten Aufgaben und Ansprüche wollen wir unsere kommende Entwicklung selbst messen und von anderen gemessen werden!
1Mehr dazu in unserem Text „Kommunistische Partei im 21. Jahrhundert“
2Aus: „Resolution: Die Bolschewisierung als notwendige Grundlage des Parteiaufbaus“
3Mehr dazu in unserem Text „10 Jahre Kommunistischer Aufbau: Aufbruch und neue Perspektiven“
4Mehr dazu in unserem Text „Revolutionäres Denken, Fühlen und Handeln“