„Un violador en tu camino“ schallt es über die Plätze und Straßen Chiles. Dazu hunderte, eher tausende Frauen vereint in ein und der selben Bewegung, sprechend im selben Takt. Dieses Bild bietet die von der feministischen Gruppe „Latesis“ angestoßene Performance. Ihr Name trägt eine klare Botschaft in sich, übersetzt bedeutet er „Ein Vergewaltiger auf deinem Weg.“.
Albertina Martinez Burgos hat als Fotografin an den Protesten gegen die Regierung von Sebastián Piñera in Chile teilgenommen und den Missbrauch von Frauen und JournalistInnen durch staatliche Sicherheitskräfte dokumentiert. Immer mehr Frauen brechen das Schweigen und machen darauf aufmerksam, dann die von der Polizei festgenommen, vergewaltigt und brutal misshandelt werden.
Viele Frauen, die festgenommen wurden, sind plötzlich verschwunden, ohne dass deren Familien Antworten auf Fragen bekommen. Genau darüber wollte Albertina Martinez Burgos berichten, doch dazu kommt es nicht mehr. Man fand die 38 Jährige Tod in ihrer Wohnung vor. Vor ihrem Tod war sie verprügelt worden und ihr Körper war mit Stichwunden übersät. Ihre Kamera und der Computer sind verschwunden.
Das ist leider kein Einzelfall. Der bürgerliche Staat schreckt vor keinen Mitteln zurück, uns zum schweigen zu bringen und Beweise gegen ihn und seine Leute zu vernichten.
Das ist ein Grund mehr für uns auf die Straßen zu gehen und einzufordern, was uns längst zusteht: Eine Welt in der wir gleichberechtigt sind, in der wir nicht allein durch die Zugehörigkeit zu einem Geschlecht abgewertet und angegriffen werden. Denn auch wenn es in einigen Ländern offensichtlicher scheint als in anderen, so ist unsere Unterdrückung etwas, was uns weltweit vereint. Es gibt im Kapitalismus keine Gleichberechtigung. Denn er ist von Grund auf ein faulendes System, das nur funktionieren kann wenn viele für den Profit weniger leiden.
Und viele Leiden, viele Menschen, viele Frauen. Jeden Tag geschieht Frauen Unrecht, wir werden nicht Ernst genommen, wir dürfen nicht sprechen, nur bestimmte Charakterzüge sind angesehen und werden von der Gesellschaft akzeptiert. Wir erfahren Gewalt. Und die passiert uns nicht einfach, die wird uns angetan.
Nicht nur durch einzelne Männer, sondern durch ein ganzes System das die Unterdrückung von Frauen fördert, sich von ihr nährt, gar von ihr lebt. Auf diesen Umstand machen auch die Aktivistinnen von Latesis aufmerksam, sie klagen nicht nur die einzelnen Täter an, sie sprechen von der Polizei, den Richtern, dem Staat.
Was macht sie zu Tätern? Jeder Akt von Polizeigewalt macht sie zu Tätern. Jeder Missbrauch der in ihren Reihen geschieht macht sie dazu. Jedes Mal wenn sie wieder einer Frau nicht glauben, sie sie nicht ernst nehmen, wenn sie eine gefährliche Situation schildert machen sie sich schuldig. Jedes Urteil das zu Gunsten des Täters gefällt wird trägt seinen Teil zur Unterdrückung bei. Jedes Gesetz, das Frauen benachteiligt kommt vom Staat.
Von einem Staat der Täter schützt. Ein Staat der uns alleine lässt. Ein Staat von dem wir nichts anderes erwarten können. Denn ein Staat kann immer nur das Instrument der herrschenden Klasse sein, er dient ihrem Schutz. Im Kapitalismus schützt dieser die Unterdrückung von Frauen, beschützt sich selbst vor ihrer Befreiung. Denn der Kapitalismus profitiert vom Patriarchat. Durch weniger Lohn und Hausarbeit kann der weibliche Teil der ArbeiterInnenklasse noch effektiver ausgebeutet werden. Doch nicht nur dass eine Spaltungslinie zwischen allen Geschlechtern soll auch verhindern, dass die Menschen begreifen wie wenig sie trennt und wie viel sie vereint. Uns alle vereint der Wunsch nach einer nachhaltigen, friedlichen Gesellschaft. Eine Gesellschaft ohne Gewalt an Frauen und ohne Unterdrückung.
Eine Gesellschaft wie sie uns der Kapitalismus nicht bieten kann. Deshalb müssen wir eine Gesellschaft aufbauen in der der Staat uns schützt. Und das kann nur eine Gesellschaft seien in der wir die herrschende Klasse sind. So lange bis es keine Klassen mehr braucht. Nur dann kann die Frauenrevolution über all auf der Welt real werden.
Wir dürfen nicht schweigen zu der Gewalt! Albertina Martinez muss unser Vorbild sein. Es ist nun unsere Aufgabe Gewalt gegen Frauen in Chile und überall auf der Welt öffentlich zu machen und ihr etwas entgegenzusetzen!