Länger arbeiten, mehr zahlen, weniger bekommen. Ungefähr so lassen sich die Forderungen und Vorhaben der Regierung und der herrschenden Klasse in Deutschland in den vergangenen Monaten zusammenfassen. Passend dazu hat Bundeskanzler Friedrich Merz Mitte September einen „Herbst der Reformen“ ausgerufen. Der Klassenkampf von oben nimmt also immer stärker an Fahrt auf und bereitet noch größere Angriffe vor, weshalb wir durch den organisierten Klassenkampf von unten unsere erkämpften Errungenschaften, Rechte und Interessen verteidigen, Kampferfahrungen sammeln und den Kampf für den Sozialismus vergrößern müssen.
Ein Großangriff auf unsere Klasse
Laut dem Kanzler gehe es bei diesen Reformen „um nicht mehr und um nicht weniger als um die Zukunft unseres Landes“. Dabei will Merz nicht nur neu definieren wie gearbeitet, zusammengelebt und gewirtschaftet wird, sondern gleich „einen neuen Konsens darüber, was Gerechtigkeit in unsere Zeit eigentlich heißt“, schaffen.
Im Klartext bedeutet das die Vorbereitung eines Großangriff der Kapitalist:innenklasse auf die Rechte, Interessen und Errungenschaften unserer Klasse.. Mit sozialchauvinistischer und rassistischer Hetze wird die passende Stimmung geschaffen, um die größten Angriffe seit der Agenda 2010 zu starten und damit nochmals deutlich mehr Reichtum von unten nach oben umzuverteilen. Passend dazu kündigte Wirtschaftsministerin Katherina Reiche Mitte November begleitet von aggressiver Rhetorik eine „schmerzhafte“ Agenda 2030 an. Diese müsse auch gegen Widerstände durchgeführt werden.
Der „Herbst der Reformen“ soll die Kriegsfähigkeit insbesondere durch die Wiedereinsetzung der Wehrpflicht erhöhen, die Aufrüstung beschleunigen, sowie Polizei, Militär und Geheimdiensten weitreichendere Befugnisse erteilen. Die Sozialsysteme sollen grundsätzlich in Frage gestellt und zusammengestrichen werden. Dazu gehören geplante Angriffe auf den 8-Stunden-Tag, Erwerbslosen- und Grundsicherung, die Erhöhung des Renteneintrittsalters (Rente ab 70) und die Aushöhlung der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und des Kündigungsschutzes.
„Herbst der Reformen“ ist nur der Anfang
Der Staat solle sich wieder auf seine „Kernfunktionen“ beschränken und ansonsten rigoros streichen,fordert etwa Reiche. Auf gut deutsch: Endlich den Sozialstaat über Bord werfen und wieder mehr Neoliberalismus wagen! Während schon jetzt die Kommunen- und Länderhaushalte massiv unter Sparzwängen leiden und insbesondere im Sozialen und Bildungsbereich den Rotstift ansetzen, hat die Bundesregierung nach den Verhandlungen um den Haushalt 2025 und 2026 bereits jetzt massive Einschnitte und Sparmaßnahmen für den Bundeshaushalt 2027 angekündigt.
Die aktuell diskutierten und nach und nach beschlossenen Angriffe auf unsere Klasse sind jedoch nur der Anfang. Der Kanzler kündigte weitere einschneidende „Reformen“ über die kommenden zwei Jahre an. Mit den aktuell laufenden Diskussionen und ersten Beschlüssen soll also nur der Boden bereitet werden, um dann im vollen Umfang zuzuschlagen. Merz wird dabei nicht müde zu wiederholen, dass die Angriffe des „Herbst der Reformen“ nur ein kleiner Schritt sind auf dem Weg, den deutschen Imperialismus wieder an die Spitze der imperialistischen Weltmächte zu bringen.
Begleitet werden die Angriffe auf unsere sozialen und ökonomischen Rechte durch ein Erstarken der faschistischen Bewegung innerhalb und außerhalb der Parlamente sowie eine seit Jahrzehnten nicht mehr dagewesene Aufrüstung nicht nur des Militärs, sondern auch der Geheimdienste und der Polizei. Dabei werden aktuell auf Bundes- und EU-Ebene die Voraussetzungen geschaffen, einen KI-optimierten Überwachungsstaat zu schaffen, der jeden Widerstand oder auch nur Widerspruch zur herrschenden Meinung und Ordnung im Keim erstickt und verfolgt. Bereits mit den Repressionen gegen die Palästina- und Antikriegsbewegung, so wie aktuell gegen militante Antifaschist:innen werden die legalen Spielräume eines organisierten Widerstands immer weiter eingeschränkt. Diese Entwicklung werden die Herrschenden in den kommenden Jahren weiter vorantreiben.
Widerstand auf allen Ebenen organisieren
Die breit gefächerten Angriffe der herrschenden Klasse auf unsere Errungenschaften, Rechte und Interessen in den vergangenen Jahren und die angekündigten Angriffe in der kommenden Zeit sind zusammengenommen ein Großangriff auf unsere gesamte Klasse. Doch der notwendige Widerstand gegen diesen bleibt bisher weitgehend aus.
Die Gründe für das Ausbleiben sind vielfältig wie die Angriffe selbst: Chauvinistische und rassistische Hetze spalten unsere Klasse und verhindern dadurch einen vereinten Widerstand. Der weitgehende Übergang quasi aller Flügel der Sozialdemokratie auf die Seite des Imperialismus mit der Corona-Pandemie, dem Ukrainekrieg und dem Genozid in Gaza lähmt von ihr beeinflusste Teile unserer Klasse. Der DGB verdammt durch sozialpartnerschaftlich verhandelte Reallohnverluste, „konzertierte Aktion“ und die im Einklang mit der Industrie organisierte Abwicklung von Teilen der Auto- und Stahlindustrie auch die gewerkschaftlich organisierten Teile unserer Klasse zur Passivität. Gleichzeitig verhindern sie mit dem Verzicht auf konsequente und großangelegte Streiks ganzer Belegschaften und Branchen die notwendigen Kampferfahrungen in den Betrieben. Daran ändern auch „linke Feigenblätter“ nichts, sondern verstärken oftmals nur die Illusionen in den Gewerkschaftsapparat.
Der gleichzeitige Rückgang der politischen Widerstandsbewegung und ihr deutlicher Schwung nach rechts sowie eine sich weiter vertiefende Spaltung innerhalb dieser lässt diese weitgehend blind und gleichgültig gegenüber den Angriffen der Herrschenden..
Gleichzeitig regt sich vereinzelt eben doch auch spontaner Widerstand. Insbesondere in den Kommunen, wo die Kürzungen zum Wegfall zahlreicher sozialen Leistungen und Beratungsstellen führt, regt sich Protest. Auch an den Universitäten gibt es erste Aktionen gegen Kürzungen und die Schulstreiks und Aktionen gegen die Wehrpflicht sind ein wichtiges Zeichen dafür, dass auch breiter Protest außerhalb des gewohnten Rahmens möglich ist. Bei den Betriebsschließungen und Massenentlassungen gelingt des den DGB-Gewerkschaften hingegen bisher weitgehend, kämpferische Aktionen und Streiks zu verhindern und selbstständige Aktionen der Belegschaften möglichst schnell wieder einzufangen. Doch gleichzeitig wächst auch hier der Unmut.
Was all diesen Protesten bisher fehlt ist auf der einen Seite das Zusammenbringen der vereinzelten Kämpfe gegen alle Angriffe des Kapitals, und auf der anderen Seite eine klare klassenkämpferische und revolutionäre Perspektive.
Sicherlich wäre es eine reine Illusion, einfach den objektiv dringend notwendigen „heißen Herbst“ voller Proteste und Streiks gegen die Angriffe des Kapitals auszurufen. Doch gleichzeitig müssen wir eben alles dafür tun, dieser Notwendigkeit näher zu kommen. Dabei ist genauso klar, dass wir diese Angriffe nicht alleine zurückschlagen können. Deshalb ist es unsere Aufgabe jeden Unmut in unserer Klasse, jeden Funken an Widerstand und Protest aufzugreifen und anzufachen. Wir müssen dort sein, wo die Wut unserer Klasse über die Politik der Herrschenden gärt und nach einem Ventil sucht.
Es ist unsere Aufgabe als Kommunist:innen die fehlende klassenkämpferische Perspektive und revolutionäre Positionen in alle aufkommenden politischen, sozialen und ökonomischen Kämpfe und spontan aufkeimenden Proteste zu tragen. Darüber hinaus müssen wir eine eigenständige Massenarbeit entfalten, ob in den Betrieben, Unis, Schulen, Stadtteilen oder Sportvereinen sowie klassenkämpferische Aktionen und Bündnisse organisieren, um den revolutionären Widerstand zu vergrößern.
Schaffen wir eine sichtbare und greifbare Alternative überall dort wo sich Widerstand regt und überall dort, wo unsere Klasse lebt, arbeitet und kämpft!
Lasst uns dafür sorgen, dass die Angriffe des Kapitals nicht unbeantwortet bleiben!
Lasst uns durch unsere Praxis eine revolutionäre Antwort auf den „Herbst der Reformen“ und das, was darauf folgt geben!
Klassenkampf statt Sozialpartnerschaft und Sozialkahlschlag!




