Für uns als Kommunist:innen ist klar, dass zur Überwindung des imperialistischen Systems nicht weniger notwendig ist, als eine Revolution der Arbeiter:innenklasse unter Führung der Kommunistischen Partei.
Nicht die Kommunistische Partei, sondern die Arbeiter:innenklasse ist das politische Subjekt der sozialistischen Revolution. In der Kommunistischen Partei hingegen schließen sich lediglich die bewusstesten Teile dieser Klasse zusammen, die den Kampf für den Sozialismus und die Revolution am konsequentesten vorantreiben. Sie ist also das führende Kampforgan der Arbeiter:innenklasse, aber gleichzeitig ein Teil dieser Klasse. Sie ist kein Selbstzweck, sondern besteht lediglich für diese Aufgabe. Sie ist die einzige Organisation, die darum kämpft, sich selbst im Kommunismus überflüssig zu machen.
Wenn der Unterschied zwischen den organisierten Kommunist:innen und den anderen Teilen der Arbeiter:innenklasse in erster Linie in einem unterschiedlichen Grad von Bewusstheit für die eigene Klassenlage und die daraus abgeleiteten politischen Interessen besteht, leitet sich daraus auch direkt ab, woraus die Kernaufgabe der Kommunistischen Massenarbeit besteht: Kommunist:in sein bedeutet vor allem und in erster Linie, die eigene Erkenntnis, dass der revolutionäre Sturz des Kapitalismus und der Aufbau des Sozialismus notwendig und möglich ist, auch dem Rest der eigenen Klasse zu vermitteln. Daran, ob das gelingt, muss sich am Ende des Tages der Erfolg jeder kommunistischen Organisation messen lassen.
Diese wohl zentralste aller Aufgaben der kommunistischen Organisation stellt sich in jeder Phase ihrer Entwicklung von ihrer Gründung bis zum Moment der Revolution und sogar darüber hinaus – während des sozialistischen Aufbaus. Das ist das Wesen der kommunistischen Massenarbeit.
Führen wir uns vor Augen, was der Lehrgang zur Parteigeschichte der Bolschewiki aus dem Jahr 1936 zu diesem Thema zu sagen hatte: „Man kann es als Regel betrachten, dass die Bolschewiki unbesiegbar bleiben, solange sie die Verbindung mit den breiten Massen des Volkes bewahren. Und umgekehrt, die Bolschewiki brauchen sich nur von den Massen loszulösen, die Verbindung mit ihnen zu verlieren, sich mit bürokratischem Rost zu bedecken, um jegliche Kraft einzubüßen und sich in ein Nichts zu verwandeln.“1
Das damals Gesagte gilt auch heute unverändert. Die gesamte Stärke einer Kommunistischen Partei und der gesamten revolutionären und kommunistischen Bewegung stammt aus ihrer Verbundenheit mit der Arbeiter:innenklasse. Ebenso zeigt eine Situation der Schwäche die fehlende Verbindung mit der Klasse.
Die Lage der Kommunistischen Bewegung und der Arbeiter:innenbewegung in Deutschland
Wie ist nun die aktuelle Situation in Deutschland der kommunistischen Bewegung und der politischen Widerstandsbewegung im Hinblick auf das Verhältnis der Organisation der Revolutionär:innen und den Massen einzuschätzen? Die kommunistische und revolutionäre Bewegung in Deutschland ist seit Jahrzehnten dogmatisch zerstritten, nach innen gerichtet, sektiererisch und abgekapselt.
Große Teile der deutschen Linken und auch der revolutionären Bewegung hierzulande sind massen- und arbeiter:innenfeindlich eingestellt und vollkommen abgehoben von den Problemen der Menschen.
Obwohl in den letzten Jahren verschiedene ernsthafte Ansätze entstanden sind, um die Zersplitterung, Theorie- und Organisationslosigkeit der Kommunist:innen zu überwinden, konnte die fehlende Verbindung zwischen den Kommunist:innen und ihrer Klasse bisher im Wesentlichen nicht überwunden werden.
Auch eine kämpferische Arbeiter:innenbewegung ist in Deutschland nahezu nicht existent. Die Betriebe sind keine Hochburgen der Kommunist:innen. Auch suchen wir vergeblich Arbeiter:innenviertel, in denen nicht nur viele Menschen aus unserer Klasse leben, sondern diese auch politisch, ideologisch und kulturell die dominante Kraft sind.
Die heutigen (gelben) Gewerkschaften in Deutschland sind keine Kampforgane der Arbeiter:innenklasse, sondern haben im Gegenteil die Funktion, als Kampfverhinderungs-Organisationen zu wirken. Sie dienen den meisten Arbeiter:innen lediglich als Rechtsschutzversicherungen. Die Gewerkschaften führen keine wirklichen Klassenkämpfe, sondern sie verhindern sie. Sie schaffen eine Nullrunde oder minimale Lohnsteigerung nach der anderen. Ihren Klassenverrat verkünden und rechtfertigen sie mit dem Konzept der „Sozialpartnerschaft“. Gleichzeitig propagieren sie das System des Stellvertretertums. Sie unterdrücken jede Eigeninitiative der Arbeiter:innen und versuchen die Beteiligung und Mitbestimmung dieser auf ein Minimum zu reduzieren.
Doch gerade an der Gewerkschaftsbasis, bei den einfachen Mitgliedern, finden sich auch heute noch hunderttausende ehrliche Arbeiter:innen, die bereit wären, für ihre Rechte zu kämpfen. Diese eigentlich vorhandene Kampfkraft wird jedoch vom degenerierten bürokratischen Gewerkschaftsapparat in sanftere Bahnen gelenkt. Denn letztlich hat dieser sich die Aufrechterhaltung der herrschenden Gesellschaftsordnung auf die Fahne geschrieben, was den objektiven Interessen der Arbeiter:innen diametral gegenübersteht. Zugleich dürfen wir nicht aus den Augen verlieren, dass ein großer Teil der Arbeiter:innenklasse gar nicht gewerkschaftlich organisiert ist.
Bei allen Unterschieden im Detail gilt grundsätzlich das soeben Gesagte auch für all die reformistischen Parteien und Gruppen, die basisdemokratisch und aktivistisch daherkommenden NGOs und das riesige Feld staatlicher und halb-staatlicher Sozialarbeit. Solche Strukturen – und nicht etwa die Kommunist:innen und Revolutionär:innen – erfassen heute real die Massen und führen sie, wenn der Druck von unten zu groß wird, durch zahnlose Massenproteste von Niederlage zu Niederlage.
Knapp zusammengefasst: Die Lage ist schwierig. Aus ihr folgt unmittelbar, dass wir als Kommunist:innen heute nicht nur vor der Aufgabe der Schaffung einer Kommunistischen Partei stehen, sondern zugleich vor der Aufgabe, zum Wiederaufbau einer klassenkämpferischen Arbeiter:innenbewegung beizutragen.
Denn die Kommunistische Partei kann nicht aus der Luft geschaffen werden. Sie kann heute nicht einfach ein Zusammenschluss revolutionärer oder „linksradikaler“ Zirkel und örtlicher Gruppen sein. Sie muss ein Zusammenschluss der fortschrittlichsten Kräfte der Arbeiter:innenklasse sein. Diese allerdings werden wir nicht auf Instagram, TikTok oder per Stellenausschreibung finden, sondern in allererster Linie im gemeinsamen Kampf.
Unsere Antwort auf die hier skizzierte Krise ist, kurz gesagt, die Entwicklung allumfassender kommunistischer Massenarbeit. Sie stellt aus unserer Sicht nicht nur eine von unzähligen Aufgaben der Kommunist:innen heute dar, sondern ist vielmehr als zentraler Hebel für den Parteiaufbau zu verstehen.
Auf die damit verbundenen Fragen und Herausforderungen wollen wir mit diesem Artikel versuchen, eine breitere theoretische Antwort zu geben, welche gleichzeitig eine konkrete Anleitung zum Handeln bieten soll.
Wer sind die Massen und wo finden wir sie?
Entgegen aller bürgerlichen und revisionistischen Entstellungen steht es außer Frage, dass die Arbeiter:innenklasse der Teil der Bevölkerung ist, welcher dieses System zum Stillstand zwingen und es revolutionär überwinden kann. Die Arbeiter:innenklasse ist heute weltweit, wie auch in Deutschland, zahlenmäßig so groß wie noch nie in der Menschheitsgeschichte.
Das Verschwinden einiger „Blaumänner“ aus dem Stadtbild deutscher Städte ist lediglich ein Zeichen für die Veränderungen der Klasse und ihrer Zusammensetzung. Die Arbeiter:innenklasse kann im Kapitalismus nicht verschwinden, denn dieses System ist auf ihre Ausbeutung angewiesen und aufgebaut. Damit sind auch alle bürgerlichen Märchen vom Verschwinden dieser Klasse widerlegt.
Wen meinen wir also konkret mit den Massen? Wer ist die soziale Basis der Kommunist:innen heute? Es sind die unterdrückten Massen der Arbeiterinnen und Arbeiter, der Schüler:innen und Studierenden, der Migrant:innen und Frauen, der Rentner:innen und Arbeitslosen. All jene Schichten und Gruppen der Arbeiter:innenklasse und Teile der kleinbürgerlichen Zwischenschichten, welche von diesem System ausgebeutet und unterdrückt werden und daher ein objektives Interesse an seiner revolutionären Überwindung haben.
Dabei müssen wir verstehen, dass die Arbeiter:innenklasse heute in Deutschland in sehr ausdifferenzierten Schichten besteht. Ein großer Teil typischer deutscher Arbeiter:innenkultur existiert heute nicht mehr beziehungsweise hat sich ebenfalls sehr stark ausdifferenziert. Heute gibt es sicher ein Dutzend unterschiedliche Arbeiter:innenmilieus und auch die dringendsten und schwerwiegendsten Probleme können hier sehr unterschiedlich sein.
Kommunistische Massenarbeit kann dabei nicht erfolgreich sein, wenn sie als eine elitäre, nach innen gerichtete „Szene-Arbeit“ verstanden wird, wie sie in Teilen der deutschen Linken vorherrschend ist. Sie kann nicht aufgebaut sein auf einem „Lifestyle“ oder einem „Dresscode“. Sie muss offen und ansprechend für verschiedene Teile der Klasse sein.
Sie darf auch nicht beschränkt sein auf eine Altersklasse, etwa lediglich auf Jugendliche oder eine bestimmte Schicht der Arbeiter:innenklasse, zum Beispiel nur die ökonomisch gut gestellten Stammbelegschaften der großen Monopole oder die „prekären“ Leiharbeiter:innen. Sie darf nicht nach Nationalitäten gespalten sein, etwa nur Deutsche oder Migrant:innen einer bestimmten Nation ansprechen. Kurz gesagt: Kommunistische Massenarbeit muss mit allen Teilen der Arbeiter:innenklasse und überall dort, wo diese arbeiten und leben, stattfinden.
Die Arbeit in der Arbeiter:innenklasse muss unserer Meinung nach nicht nur im Betrieb, sondern an viel mehr Orten stattfinden. Damit wird nicht nur an die Erfahrungen der KPD aus den 20er und 30er Jahren des vergangenen Jahrhunderts angeknüpft, sondern auch auf die heutigen veränderten Bedingungen der Produktion und Reproduktion eingegangen. Sicher haben die Betriebe ihre Bedeutung sowohl als potenzielle Bastionen und Schlachtfelder im Kampf für die unmittelbare Verbesserung der Lebensverhältnisse der Arbeiter:innen als auch im Kampf gegen dieses System als Ganzes nicht verloren. Jedoch haben sich die Bedingungen für diese Kämpfe entschieden verändert.
Anders als vor 100 oder auch noch vor 50 Jahren sinkt die Zahl der Arbeiter:innen tendenziell, die über viele Jahre und Jahrzehnte in ein und dem selben Betrieb, mit immer den selben Kolleg:innen arbeiten. In immer mehr Betrieben und Abteilungen wechseln Arbeiter:innen bereits nach wenigen Jahren den Betrieb oder werden immer wieder arbeitslos. Rotationen und Wechsel von Belegschaften nehmen in vielen Bereichen deutlich zu. Es gibt immer mehr Versuche der Kapitalist:innen, die Arbeitsplätze in den Betrieben so zu arrangieren, dass eine Kommunikation zwischen den Arbeiter:innen möglichst gering gehalten wird.
All diese Aspekte machen die Massenarbeit in Fabrik und Betrieb nicht unwichtiger oder unmöglich, doch sie erhöhen die Notwendigkeit der Massenarbeit auch in anderen Lebensfeldern. So muss die Arbeit mit und in der Arbeiter:innenklasse in den Stadtteilen, auf den Plätzen ebenso wie beim Sport und überall sonst, wo die Menschen regelmäßig wiederkehrend zusammen kommen, stattfinden. Kurz gesagt muss Massenarbeit überall dort ansetzen, wo sich das Leben der Massen abspielt.
Strategische und taktische Ziele der Massenarbeit
Wie können wir das bisher Genannte nun in unsere strategischen und taktischen Überlegungen übertragen?
Strategisch verfolgen wir als Kommunist:innen mit unserer Massenarbeit drei Ziele, die bis zur sozialistischen Revolution und darüber hinaus maßgeblich für die Orientierung unserer Arbeit sein müssen.
1. Die Massen müssen eigenen Kampferfahrungen im Klassenkampf machen.
2. Die Massen müssen sich den Marxismus-Leninismus aneignen.
3. Die Massen müssen sich in eigenen Organisationen zusammenschließen, um ihre Interessen durchzusetzen.
Bei allen drei Zielen müssen wir ein bestimmtes quantitatives und qualitatives Niveau erreichen, um überhaupt nur die Vorbedingungen der sozialistischen Revolution zu erfüllen. Nur aus diesen drei Elementen im Zusammenhang kann das entstehen, was wir kurz als Klassenbewusstsein bezeichnen.
1. Die Massen müssen eigene Kampferfahrungen im Klassenkampf machen
Eine zentrale Voraussetzung dafür, Teile der Massen dauerhaft für das Ziel der sozialistischen Revolution zu gewinnen besteht darin, dass sie eigene Kampferfahrungen machen.
Unsere Massenarbeit und auch die dafür gewählten Organisationsformen müssen deshalb etwas anderes als einfache Selbsthilfevereine, Debattenclubs oder Interessensgemeinschaften sein. Sie stellen auch keine Dienstleister im bürgerlichen Sinne dar, zu denen die Massen gehen können, wenn sie mit Vermieter oder Chef Probleme bekommen.
Die selbstständige Aktivität im Klassenkampf ist für uns zentral. Das Ziel jeder Arbeit mit den Arbeiter:innen muss es sein, sie zu aktivieren, zu politisieren und zu organisieren.
Aktivieren werden wir die Massen, indem wir ihre konkreten vordergründigen Probleme aufgreifen und ihnen konkrete Lösungen oder Alternativen anbieten. In einem zweiten Schritt werden wir die Arbeiter:innen politisieren müssen, ihnen die Zusammenhänge der verschiedenen Probleme erklären, die sie jeden Tag erleben und in ihrem Umfeld und den Medien mitbekommen, und ein Interesse und Verständnis für gesamtgesellschaftliche Prozesse schaffen.
Zuletzt geht es uns darum, die Arbeiter:innen für den Kampf um ihre eigenen Interessen und zum Sturz der Kapitalismus dauerhaft zu organisieren und mit ihnen gemeinsam zu kämpfen. Wobei diese drei Schritte nicht dogmatisch zum Beispiel als zeitliches Schema aufgefasst werden dürfen, sondern als widersprüchliche Einheit in ihrer Wechselwirkung verstanden werden müssen.
2. Die Massen müssen sich den Marxismus-Leninismus aneignen
Kommunistische Massenarbeit muss sich zugleich an dem Anspruch messen lassen, die Arbeiter:innen nicht nur in den Kampf zu führen, sondern auch ihnen die theoretische Grundlage der kommunistischen Weltanschauung zu vermitteln.
Realistisch gesehen wird dies natürlich nicht bei der ganzen Klasse in der gleichen Tiefe gelingen, vor allem nicht vor der sozialistischen Revolution. Ebenso realistisch ist aber, dass es niemals in diesem Land zu einer Revolution kommen wird, wenn nicht wenigstens einige hunderttausend Arbeiter:innen mit den Grundlagen des Marxismus-Leninismus vertraut sind.
Auch die Erfahrung des Revisionismus muss unter anderem so ausgewertet werden, dass die Bewaffnung der Arbeiter:innen mit revolutionärer Theorie von Anfang an eine zentrale Aufgabe unserer Massenarbeit sein muss. Ebenso gilt es, sie zum selbständigen und kritischen Denken zu ermutigen. Notwendig ist hierfür, die kommunistische Theorie einfach zugänglich, greifbar, anhand von allgemein bekannten Beispielen veranschaulicht zu vermitteln.
Konkret muss die politische Arbeit, die ständige Mobilisierung für die Forderungen der Arbeiter:innenklasse, also durch eine ebenso kontinuierliche Bildungsarbeit ergänzt werden, für die die Kommunist:innen vielfältigste Formen von Lehrvideos bis hin zu Arbeiter:innenakademien im Stadtteil entwickeln müssen.
3. Die Massen müssen sich in eigenen Organisationen zusammenschließen, um ihre Interessen durchzusetzen
Drittens ist es wie gesagt notwendig, dass die Massenorganisationen sich zu Kampforganen der Arbeiter:innenklasse entwickeln. Auch diese werden sich nur durch die aktive Beteiligung und Entwicklung im Feuer des Klassenkampfes, in der direkten Auseinandersetzung mit dem Klassenfeind, der Bourgeoisie und aller ihr anhängenden Repressionsorgane entwickeln.
Auch die Organisierung der Arbeiter:innenklasse ist eine unverzichtbare Voraussetzung für die sozialistische Revolution. Zwar wird sich der Organisationsgrad der Arbeiter:innenklasse in der Revolution sprunghaft vergrößern, wie alle bisherigen Erfahrungen zeigen. Damit dieser Prozess aber erfolgreich ist, sind zu einem gewissen Maße verbreitete Erfahrungen in politischer Selbstorganisierung notwendig. Dieses Bedürfnis kann eben nicht nur durch die Kommunistische Partei erfüllt werden.
In diesem Sinne müssen wir heutige Massenorganisationen als Keime der künftigen Kampforgane unserer Klasse verstehen, zum Beispiel als Keimform von Räten, der elementarsten Form unserer sozialistischen Staatsmacht.
Taktische Ziele unserer Massenarbeit
Die fortschrittlichsten Teile der Arbeiter:innenklasse
Auf taktischer Ebene kann es uns heute, hier und jetzt, nicht darum gehen, die gesamte Arbeiter:innenklasse zu organisieren. Ja wir hätten nicht einmal die Strukturen oder Kader:innen, um zehntausende oder tausende Arbeiter:innen zu organisieren, sie in den Grundlagen des Marxismus-Leninismus zu schulen und sie im Klassenkampf anzuleiten.
Auf der Ebene der Taktik geht es uns heute darum, aus den Massen die fortschrittlichsten Teile für den Kampf zu gewinnen und aus ihnen Kommunist:innen, kommunistische Kader:innen zu entwickeln. Das heißt, wir können heute weder den Anspruch haben, im Name der Arbeiter:innenklasse zu sprechen und zu handeln, noch sie als Klasse zu führen. Das hat konkrete Auswirkungen auf die Ausrichtung und Praxis unserer Arbeit.
Doch wer sind diese fortschrittlichsten Teile?
Eine allgemeine Definition lautet: Die Teile der Klasse, die allseitig politisch interessiert sind, eine Alternative zum herrschenden System suchen und politisch aktiv werden wollen.
Dabei geht es nicht darum, diese drei Aspekte als Schablone anzuwenden und alle Menschen, mit denen wir arbeiten, nur danach zu beurteilen. Vielmehr geht es darum, das Gesagte als eine Richtschnur für die Ausrichtung unserer Arbeit zu nehmen.
Diese Richtschnur soll uns davor schützen, heute jeden Arbeiter und jede Arbeiterin auf Teufel komm raus organisieren zu wollen und uns an in der Klasse weit verbreiteten rassistischen, chauvinistischen und antikommunistischen Elementen die Zähne auszubeißen. Natürlich werden wir durch unsere Arbeit in der Klasse diese reaktionären Elemente und ihren Einfluss zurückdrängen müssen. Aber das kann heute nicht unsere Hauptaufgabe sein. Wir würden diese Aufgabe mit unseren heutigen Kräften zudem nur sehr begrenzt angehen können.
Diese Ausrichtung ist auch keine Erfindung von uns, denn Lenin schrieb Ähnliches schon 1897 in seinem Aufsatz über „Die Aufgaben der russischen Sozialdemokraten“: „Die Agitation unter den fortgeschrittensten Schichten des Proletariats ist der sicherste und einzige Weg (in dem Maße, wie sich die Bewegung ausdehnt), auch das gesamte russische Proletariat zu erwecken. Die Verbreitung des Sozialismus und der Idee des Klassenkampfes unter den städtischen Arbeitern wird unvermeidlich dazu führen, dass sich diese Ideen auch in kleinere, vielverzweigtere Kanäle ergießen …“2
Warum ist das so wichtig? Es geht eben nicht darum, einfach die am meisten unterdrückten oder ausgebeuteten Teile der Klasse zu finden, da diese durch die sozialistische Revolution am meisten zu gewinnen haben. Dass sie deshalb automatisch auch am meisten dazu bereit wären, gegen dieses System zu kämpfen, ist in dieser Einseitigkeit nämlich ein Trugschluss!
Die Geschichte zeigt uns, dass nicht allein der Grad der Unterdrückung, ja nicht einmal alleine die Klassenzugehörigkeit im engeren Sinne, ausschlaggebend für den konsequentesten Kampf gegen den Kapitalismus ist. Viel ausschlaggebender ist das Klassenbewusstsein! Und dieses ist in der Klasse sehr unterschiedlich ausgeprägt.
Man darf hier keinesfalls den Fehler machen, unsere Ansprüche, Positionen und Forderungen abzuschwächen oder zurückzunehmen, nur weil sie bei Teilen der unterdrückten Massen nicht auf Gegenliebe, vielleicht sogar auf massiven Widerspruch stoßen. Sondern es muss genau andersherum sein. Die Kommunist:innen müssen das Bewusstsein der Massen heben und ihnen die revolutionären Ansprüche, Positionen und Forderungen nahe bringen, so dass sie diese als ihre eigenen annehmen und offensiv vertreten.
Andersherum wäre es jedoch vollkommen verkehrt, anknüpfend an diesen Gedanken ausufernde Debatten darüber zu führen, welche Teile der Massen denn nun die Fortschrittlichsten sind. Frauen? Jugendliche? Migrant:innen?
Natürlich geraten Teile der Arbeiter:innenklasse an unterschiedlichen Punkten und in unterschiedlicher Intensität in Widerspruch zu diesem System. Doch es gibt auch in jeder sozialen Lage passende, ausgefeilte bürgerliche Integrationsmechanismen als vermeintliche Antwort. Dementsprechend gehen wir weiterhin davon aus, dass die fortschrittlichsten Teile der Arbeiter:innenklasse eben in allen Teilen der Arbeiter:innenklasse zu finden sind und wir jeder neuen Person, der wir in unserer Massenarbeit begegnen, unabhängig von allen äußerlichen Merkmalen zunächst mit der gleichen Offenheit gegenübertreten müssen.
Quantität und Qualität
Eine mit dem zuvor Ausgeführten eng im Zusammenhang stehende Frage lautet: Was steht heute in unserer Massenarbeit im Vordergrund? Das quantitative Wachstum, also eine möglichst große Anzahl an Menschen zu organisieren oder die Ansammlung an Qualität, also die Entwicklung von Arbeiter:innen zu bewussten Kommunist:innen?
Es geht heute in Deutschland in erster Linie darum, dass wir die vor uns stehende Aufgabe, eine bundesweite Kampforganisation der Arbeiter:innenklasse aufzubauen, angehen. Eine solche Kommunistische Partei muss eben aus den gerade erwähnten fortschrittlichsten Teilen der Arbeiter:innenklasse hervorgehen.
Die Qualität der Genoss:innen, die wir aus den Massen gewinnen, steht dabei heute im Vordergrund vor der Quantität. Das zentrale Erfolgskriterium unserer Massenarbeit besteht darin, ob es uns gelingt aus unserer Massenarbeit kommunistische Kader:innen zu gewinnen. Quantität und Qualität bilden dabei natürlich keine Gegensätze, die gegeneinander ausgespielt werden dürfen: Denn um zum Beispiel zwölf Berufsrevolutionär:innen zu entwickeln, müssen wir vielleicht hundert Kommunist:innen und tausend Sympathisant:innen des Sozialismus gewinnen.
Wenn wir es aber schaffen, diese zwölf Berufsrevolutionär:innen aus unserer Massenarbeit zu gewinnen, dann wird das zu viel größeren Sprüngen in der organisatorischen Entwicklung und damit der Stärkung der Kommunistischen Bewegung führen, als wenn wir es heute schaffen, einige tausend Menschen auf eine Demonstration zu mobilisieren. Das Erste wird auf Dauer die Vorbedingung für das Zweite sein.
Methoden der Massenarbeit
Kommunistische Massenarbeit kann jedoch nicht von einzelnen Kommunist:innen erfolgreich durchgeführt werden. Sie ist eine Aufgabe für die ganze kommunistische Organisation von ihren neusten Mitgliedern bis hin zu ihren talentiertesten Theoretiker:innen.
Es geht hierbei darum, dass die kommunistische Vorhut ein System aufbauen muss, das den ständigen wechselseitigen Austausch mit der Arbeiter:innenklasse sicherstellt. Was hat man sich darunter vorzustellen? Die verschiedenen Elemente eines Ökosystems tauschen ständig Nährstoffe miteinander aus und in einer modernen Maschine wird dauerhaft die eine Energieform in die andere umgewandelt. Was aber wird im System der kommunistischen Massenarbeit ausgetauscht?
Der Mechanismus, den wir benötigen, muss einerseits in der Lage sein, die kommunistische Ideologie allgemein und die politischen Positionen der Kommunist:innen zu aktuellen Geschehnissen im Besonderen in möglichst breite, weitverzweigte Teile unserer Klasse zu tragen.
Neben der kommunistischen Organisation selbst ist ein vielfältiges Netz von Massenorganisationen notwendig, die den Kommunist:innen mehr oder weniger nahestehen, um diese Funktion zu erfüllen. Die Massenorganisationen dienen hier politisch gesehen als Übertragungsmechanismus, der wie Zahnräder, politisches Bewusstsein in breitere Teile der Massen trägt, als es die kommunistische Organisation alleine könnte.
Hinzu kommen verschiedenste und vielfältige Formen der Agitation und Propaganda: Bücher, Broschüren, Zeitschriften, tagesaktuelle Zeitungen, Videos, Podcasts, Radiosender, Theaterstücke, Musikstücke, bildende Kunst, Plakate, Sticker und an Häuserwände gesprühte Parolen. Auch diese müssen mit den Massenorganisationen zu einem harmonischen Ganzen vereinigt werden.
Doch dieser Mechanismus ist keine Einbahnstraße. Der Austausch ist wechselseitig und auch die Kommunist:innen ziehen ihre Kraft, Einschätzungen und Analysen daraus. Funktioniert der Mechanismus, dann nimmt die Klasse auf sie Einfluss durch unzählige Reaktionen, Kritiken, Anregungen und Forderungen. Aber nicht nur das, ihr fortschrittlichster Teil wird durch dieses System ständig in die Bewegung hineingezogen und geht vom Teil der spontan handelnden Masse in das Lager der organisierten Arbeiter:innenbewegung über. Er organisiert sich – häufig zunächst in breiten und offenen Massenorganisationen, aber letztlich auch in der kommunistischen Organisation selbst.
Selbstverständlich kann keine Rede davon sein, dass dieser System ein statisches Modell darstellt. Auf dem Weg zur Revolution werden sich seine verschiedenen Elemente, ihre Funktionen und ihre Beziehung untereinander ohne Zweifel noch häufig ändern.
Dennoch muss unser Anspruch sein, eine Maschinerie der kommunistischen Massenarbeit zu schaffen, die möglichst verlässlich arbeitet und sich so stetig weiterentwickelt. Die einzelnen Teile dieser Maschinerie jedoch sind nicht aus Stahl oder Kunststoff, es sind Menschen, die miteinander agieren, sich entwickeln und damit zur dauerhafter Erneuerung des gesamten Mechanismus beitragen.
Der Charakter der Massenorganisation
Zunächst bleibt festzuhalten, dass der Begriff der Massenorganisationen sehr breit gefasst ist. Auch ist das Konzept der Massenorganisationen nicht allein eine Erfindung der Kommunist:innen, sondern wird heute von fast allen politischen Bewegungen genutzt. Der entscheidende Unterschied ist jedoch, dass lediglich die von Kommunist:innen und Revolutionär:innen angeführten und geleiteten Massenorganisationen die Arbeiter:innen wirklich auf Grundlage ihrer objektiven Interessen dauerhaft zusammenschließen und mit ihnen gemeinsame Kämpfe führen und gewinnen können.
Massenorganisationen können sowohl ihrer Form als auch ihrem Inhalt und ihrer Ausrichtung nach scheinbar vollkommen verschieden sein. So gibt es Massenorganisationen sowohl als Teil der Kommunistischen Partei (beispielsweise die Kommunistische Jugendorganisation) als auch außerhalb dieser.
Massenorganisationen können also etwa Gewerkschaften, Mieter:innen-Initiativen, Stadtteilversammlungen, Vereine, Jugendgruppen, Lesekreise, Frauencafés, Sportgruppen, Studierenden- und Schüler:innengruppen sein. Doch auch die Selbstverteidigungs- und Kampforgane der KPD in den 1920er und 1930er Jahren waren Massenorganisationen, wie etwa die proletarischen Hundertschaften, Roter Frontkämpferbund oder die Antifaschistische Aktion. Doch was haben all diese unterschiedlichen Formen der Organisierung gemeinsam?
Verallgemeinert können wir sagen, dass all jene Organisationen, in denen sich die Massen aufgrund ihrer Probleme und ihrer objektiven Interessen niederschwellig zusammenschließen, um diese zu be- bzw. erkämpfen, Massenorganisationen sind.
Doch was zeichnet nun den besonderen Charakter der Massenorganisationen der Arbeiter:innen aus? Die Massenorganisationen sind die erste Stufe der kollektiven und dauerhaften Organisierung der Arbeiter:innenklasse. Dabei müssen die verschiedenen Gruppen und Schichten anhand ihrer konkreten Probleme angesprochen, aktiviert, politisiert und organisiert werden. Seien es die Probleme im Betrieb, im Stadtteil, der Schule oder Universität. Seien es die zu hohen Mieten, rassistische Ausgrenzung oder die Unterdrückung in Familie und Partnerschaft.
Ebenso vielfältig wie die Probleme unserer Klasse, so müssen auch unsere Angebote der Organisierung und die Behandlung der verschiedenen Thematiken beziehungsweise Auswüchse dieses modernen kapitalistischen Systems sein. Zusammen kommen sie jedoch alle darin, dass die letztendliche Ursache all dieser Probleme das kapitalistische System ist. Ebenso wie die gemeinsame Lösung die Ermächtigung des Proletariats durch den Sturz des alten Systems und den Aufbau einer sozialistischen Gesellschaft ist.
Die Arbeit der Massenorganisationen muss sich deshalb direkt an den Problemen und Fragen der Klasse orientieren. Viele von ihnen decken darum nicht alle politischen Themengebiete auf einmal ab und beschränken sich auf bestimmte Teile des Klassenkampfes.
Nach Möglichkeit werden die Massen so direkt anhand ihrer spezifischen Probleme in der jeweiligen Massenorganisation organisiert. Sie müssen eine möglichst niedrige Schwelle haben, so dass es für Arbeiter:innen aller verschiedenen Schichten der Klasse sehr leicht ist, dort mitzumachen und sich zu organisieren. Durch diese niedrige Einstiegsschwelle können die Massenorganisationen ihre Mitglieder direkt aus ihrer konkreten Praxis gewinnen. Somit ist es auch nur logisch, dass die Arbeit der Massenorganisationen grundsätzlich im offenen, legalen beziehungsweise begrenzt im darüber hinausgehenden legitimen Rahmen stattfindet.
Als Kommunist:innen arbeiten wir in den Massenorganisationen, um dort unsere Standpunkte zu verbreiten und die Weltanschauung des Marxismus-Leninismus in die Massen zu tragen. Durch die gemeinsamen Kampferfahrungen und Bildung über die Grundlagen des wissenschaftlichen Sozialismus können die Massen im gemeinsamen Kampf revolutionäres Klassenbewusstsein entwickeln. Die Massenorganisationen werden hier zum entscheidenden Bindeglied zwischen den Massen der Arbeiter:innenklasse und der Kommunistischen Partei. Sie sind, wie Lenin es ausdrückte, „Transmissionsriemen“ zwischen der Partei und den Massen.
Auf einige Massenorganisationen, welche sich sehr eng an die Kommunistische Partei anlehnen beziehungsweise im weiteren Sinne ein Teil von dieser sind, müssen auch nicht immer alle der oben genannten allgemeinen und grundsätzlichen Kriterien zutreffen. So etwa auf die kommunistische Jugendorganisation oder bestimmte Organisationen zur Agitation und Propaganda und zur Massenselbstverteidigung. Insbesondere der offene und legale Rahmen wird für die Massenorganisationen innerhalb der Partei und ihre Selbstschutzorganisationen kein bindender Rahmen sein. Auch können die Möglichkeiten, wie schnell und einfach sich neue Menschen an diesen Organisationen beteiligen können, variieren, um die Sicherheit der Strukturen und Aktionen zu garantieren.
Verhältnis zwischen Kommunistischer Partei und Massenorganisationen
Doch in welchem genauen Verhältnis stehen die Massenorganisationen zur Kommunistischen Partei? Zunächst einmal sind beides Instrumente der Arbeiter:innenklasse im Kampf um ihre gesellschaftliche Befreiung.
Wie bereits anhand der oben genannten Ausnahmen zu sehen ist, kann das Verhältnis von Massenorganisationen zur Kader:innenorganisation, der Kommunistischen Partei, nicht immer einheitlich beschrieben werden. Grundsätzlich versuchen die Kommunist:innen jedoch auch durch die Massenorganisationen die Politik der Partei in die Praxis umzusetzen und in die Massen der Arbeiter:innenklasse zu tragen, beziehungsweise sie durch sie materielle Realität werden zu lassen.
Sie nutzen die Massenorganisationen, um die Ansichten der Partei und die Grundsätze des Marxismus-Leninismus in die Arbeiter:innenklasse zu tragen und dort zu verbreiten. Gleichzeitig lernen wir Kommunist:innen aus den Massen, analysieren ihre Stimmungen, Gefühle und Bedürfnisse und berichtigen damit dauerhaft unsere Politik.
Die Massenorganisationen haben ein eigenes organisatorisches Leben und sind organisatorisch eigenständig. Sie treffen selbst Entscheidungen über die Fragen ihrer Organisationsstruktur und ihres politischen Kampfes, auch wenn die Kommunist:innen sehr einflussreich in ihnen sind. Es ist eine zentrale Voraussetzung dafür, dass die Massenorganisationen ihre Funktion überhaupt erfüllen können, dass sie sich selbst als eigenständige Struktur ernst nehmen. Wenn sie bloße Anhängsel der Kommunistischen Organisation werden, dann kann in ihnen auch keine Entwicklung und Ausbildung der Massen im Sinne der gerade aufgeführten strategischen Ziele unserer Massenarbeit erfolgen.
Dementsprechend ist es auch sinnvoll an dieser Stelle noch mal zu betonen, dass die Kommunist:innen innerhalb der Massenorganisationen grundsätzlich nur mit dem Mittel der Überzeugung leiten. Wenn Vorschläge oder Beschlüsse nicht richtig begründet werden, sondern stattdessen mehr oder weniger darauf verwiesen wird, dass „die Partei“ das so beschlossen habe, dann wird die richtige Beziehung zwischen den Massenorganisationen und der Partei verletzt. Geschieht das dauerhaft, dann werden die Massenorganisationen aufhören, Massenorganisationen der kommunistischen Partei zu sein, entweder weil sich ihre Mitglieder enttäuscht von den Kommunist:innen abwenden oder weil in ihnen nur die Teile der „Massen“ verbleiben, die ohnehin in allen Punkten von der Linie der Partei überzeugt sind oder sogar ihrer Organisationsdisziplin unterliegen.
Die Massenorganisationen und die Massenarbeit sind die Lebensader der Partei, welche ihr ihre gesamte Stärke verleiht. Beispielsweise Kommunistische Kader:innen wird die Kommunistische Partei perspektivisch hauptsächlich aus ihrer Massenarbeit gewinnen.
Hinzu kommt der Aspekt, dass im Falle großer Repressionen die Massen die Kommunist:innen schützen werden, wenn diese wirklich in den Massen verankert sind und sich in den Massen der Arbeiter:innen wie Fische im Wasser bewegen. Ist dies nicht der Fall, dann werden die Kommunist:innen auf lange Zeit gesehen eine kleine marginalisierte und von der Klasse getrennte Gruppe bleiben, welche keinen Einfluss auf die Entwicklung der Gesellschaft und des Bewusstseins der Klasse hat und dauerhaft im Fadenkreuz des Feindes aufleuchtet.
Lenin beschrieb den Aufbau der Partei und ihr Verhältnis zu den verschiedenen Massenorganisationen wie folgt:
„1. Organisationen der Revolutionäre
2. Organisationen der Arbeiter, und zwar möglichst breite und mannigfaltige
Diese beiden Kategorien bilden die Partei.
3. Arbeiterorganisationen, die sich an die Partei anlehnen;
4. Arbeiterorganisationen, die sich an die Partei nicht anlehnen, aber sich faktisch ihrer Kontrolle und Leitung unterordnen;
5. die unorganisierten Elemente der Arbeiterklasse, die sich zum Teil ebenfalls der Leitung der Sozialdemokratie unterordnen, wenigstens dann, wenn sich der Klassenkampf wuchtig äußert.“3
Das was Lenin hier auf der ersten und zweiten Ebene beschreibt, ist die Partei im engeren Sinne, also die Berufsrevolutionär:innen und Kader:innen der Kommunistischen Partei, samt ihrer lokalen Mitglieder. Auf der dritten und vierten Ebene haben wir Organisationen der Arbeiter:innenklasse, welche nicht direkt Teil der Partei sind, sich jedoch an diese anlehnen oder faktisch der Partei folgen, ohne irgendeine organische Beziehung zu ihr zu haben. Als letztes folgen die unorganisierten Massen der Arbeiter:innenklasse, welche erst bei der Zuspitzung der Klassenkämpfe in Aktion treten und sich dann der Leitung des Klassenkampfes durch die Kommunistische Partei unterordnen.
Wir wollen diese Auflistung hier nennen, um ein Verständnis für den Charakter und die Funktion von Massenorganisationen vermitteln zu können. Es geht nicht darum, jede Massenorganisation in eine der genannten Ebenen zu sortieren oder diese Einteilung als Dogma zu verstehen..
Hier sollte dann auch das oben Genannte eingeordnet werden. So sind die kommunistische Jugend- oder Frauenorganisation, ebenso wie Agitations-, Propaganda- und Selbstverteidigungsstrukturen natürlich direkter Teil der Kommunistischen Partei, auch wenn sie kommunistische Massenorganisationen sind.
Andere viel offenere Massenorganisationen, wie Stadtteilversammlungen, Stammtische oder ähnliche können dabei ebenso Massenorganisationen seien, die nicht direkt zur Partei gehören, aber deren Mitglieder sich an der Politik der Partei orientieren und mit dieser sympathisieren.
Zentral ist: Wo die Partei durch die Ausübung ihrer politischen Führung in der Lage ist, eine bestimmte Ebene in diesem Schema in Bewegung zu setzen, gehört diese Ebene auch im weiteren Sinne zur Partei beziehungsweise zu den Kräften der Partei und muss von uns Kommunist:innen dementsprechend mit großer Aufmerksamkeit behandelt werden.
Ständige Veränderung des Verhältnisses zwischen Massenorganisationen und Partei
Wie oben schon kurz angedeutet, ist das Verhältnis zwischen Massenorganisationen und Partei nicht statisch. Es reicht nicht, ein bestimmtes Schema zu formulieren, zu schulen und zu hoffen, dass sich die Realität entsprechend entwickelt.
Vielmehr müssen wir als Kommunist:innen den realen Zustand der Massenorganisationen, in denen wir arbeiten immer wieder kritisch diskutieren und überprüfen, ob er noch den aktuellen Erfordernissen des Klassenkampfes entspricht.
Logischerweise zentral ist, dass ein gewisser Unterschied im Niveau der Arbeit, in den Anforderungen an die Mitglieder und in der politischen Identität zwischen Kommunistischer Organisation und Massenorganisationen besteht, da sonst ihre Existenz absurd wird und sie eben nicht die Rolle eines Transmissionsriemens in die Arbeiter:innenklasse spielen können.
Auch wenn der Antikommunismus in Deutschland heute verbreitet ist, bedeutet das aber zum Beispiel nicht, dass nicht auch Massenorganisationen für den Sozialismus eintreten könnten. Ein solches Herangehen entspricht vielmehr unseren strategischen Zielen. Schließlich wollen wir eine ganze Arbeiter:innenbewegung aufbauen, die wieder so wie vor vielen Jahrzehnten ganz natürlich den Sozialismus als ihr einheitliches Ziel betrachtet, selbst wenn es keine restlose Einigkeit darüber gibt, wie er genau zu erreichen ist.
Andererseits kann der Beitritt zu Massenorganisationen oder ihre Schaffung notwendig sein, obwohl sie rein demokratische Ziele verfolgen. Ein besonders klares, aber nicht das einzige Beispiel hierfür wäre eine Repressionswelle und die weitgehende Illegalisierung aller offen sozialistischen Aktivitäten.
Auch der richtige Grundsatz, dass die Massenorganisationen keine „Mini-Partei“ werden dürfen, kann nicht einfach proklamiert und dadurch Realität werden. Wenn wir Tendenzen in die Richtung feststellen, dass sich die Arbeitsweise der Massenorganisationen zu stark an die der Partei annähert und damit ihre Fähigkeit, größere Teile der Gesellschaft zu organisieren und anzusprechen abnimmt, dann liegt das aller Wahrscheinlichkeit daran, dass wir als Kommunist:innen Fehler in der Anleitungsarbeit dieser Organisationen machen.
Zum Beispiel weil wir diffus in ihre Reihen wirken und Genoss:innen von Aspekten des Marxismus-Leninismus überzeugen, es uns aber gleichzeitig nicht gelingt eine ausreichend zielstrebige und erfolgreiche Arbeit zur Organisierung dieser Genoss:innen zu machen, sodass sie sich auf einer Ebene organisieren könnten, die ihrem Bewusstseinsstand entspricht.
Andersherum ist es durchaus möglich, dass sich Massenorganisationen in ihrer Orientierung und politischen Arbeit zu weit von der Partei entfernen. Besonders wahrscheinlich ist so eine Entwicklung in Zeiten, in denen die Partei sich nach innen kehrt oder Krisen durchlebt und darunter auch ihre Anziehungskraft leidet. Auch in einer solchen Lage müssen wir analysieren, wie wir das Verhältnis zwischen Kommunistischer Partei und Massenorganisationen wieder mehr in die Richtung verschieben, die wir anstreben, z. b. indem wir mehr Kräfte auf die Diskussion und die Überzeugung der Genoss:innen in den Massenorganisationen legen oder indem wir gezielt mit einem gewissen politischen Erfolg, den wir gezielt organisieren, die Krisenstimmung aufbrechen.
Die Arbeitsweise der Kommunist:innen in den Massenorganisationen
Insbesondere in den Massenorganisation ist es wichtig, dass wir als Kommunist:innen in diesen mit Hilfe einer kommunistischen Arbeitsweise arbeiten und führen. Das heißt für uns in erster Linie, nicht formalistisch und bürokratisch zu arbeiten, sondern entstehende Dynamiken zu lenken und die Massen und die Organisationen durch Überzeugung zu leiten. Dabei ist es besonders wichtig, selbst als gutes Vorbild voranzugehen. Es gilt durch eine disziplinierte und revolutionäre Praxis zu einer natürlichen Autorität in den Massenorganisationen heranzuwachsen.
Besonders in den Massenorganisationen, die nicht Teil der Partei sind, müssen wir als Kommunist:innen sensibel sein, wenn wir versuchen, unsere Ideologie, Politik und Praxis in diese Organisationen zu tragen. Wenn wir hier als die aktivsten, verlässlichsten und solidarischsten Genoss:innen auffallen und das Vertrauen der Massen gewinnen, dann können wir auch einen Einfluss auf sie und diese Massenorganisationen ausüben.
Eine Massenorganisation erfolgreich anzuleiten, sei es auf zentraler oder lokaler Ebene, erfordert die Kombination aus verschiedenen Fähigkeiten. Hierzu gehören: Zuhören können, menschliches Feingespür, dauerhafte Beschäftigung mit der politischen Lage, die Fähigkeit, Aktionen, Aktionsformen und Losungen aus der politischen Lage abzuleiten, Menschen die richtige Aufgabe geben können, Überzeugungskraft und viele mehr.
Nur selten werden all diese Eigenschaften in einer einzelnen anleitenden Person vereinigt, sodass wir uns als Kommunist:innen gegenseitig in unserer Arbeit in den Massenorganisationen kontrollieren und korrigieren müssen. Zugleich aber müssen wir durch unser Verhalten eine Atmosphäre der Offenheit zwischen uns und anderen Genoss:innen der Massenorganisationen schaffen, sodass Kritiken an unserer Arbeitsweise offen geäußert werden. Und in unserem Umgang mit diesen Kritiken gilt es dann, genau darauf zu achten, dass wir nicht zurückweisend reagieren, sondern unsere Wertschätzung für die Kritiken zeigen, weitere Kritiken ermutigen und selbst, wenn die Kritik nicht in allen Aspekten richtig ist, bemüht sind durch eine selbstkritische Analyse den richtigen Kern einer Kritik zu erkennen, der in aller Regel darin steckt.
Kontaktarbeit
Gerade in einer Situation, in der die kommunistische Bewegung noch relativ unentwickelt ist – wie es heute in Deutschland der Fall ist – geschieht es leicht, ein beschränktes Verständnis von kommunistischer Massenarbeit zu entwickeln.
Typisch ist hier ein Verständnis, das vom Zirkelwesen geprägt ist. Es bildet sich in der Regel wie folgt heraus: Eine kommunistische Kerngruppe gründet sich, wächst, sammelt Mitstreiter:innen und gewinnt an Einfluss, auch wenn dieser gesellschaftlich gesehen marginal sein mag. Nach einigen Experimenten in diese oder jene Richtung greift man das Konzept der Massenorganisationen auf, sie können politisch unterschiedlich ausgerichtet sein, formell oder nur informell unter Anleitung der Kommunist:innen stehen; aber letztlich entstehen sie, weil die Entwicklung der Arbeit dahin drängt, eine zusätzliche Ebene zu schaffen, in der breitere Teile der Massen organisatorisch erfasst werden können.
Auch die kommunistischen Organisationen, die höhere Ansprüche verfolgen und sich in einem schmerzhaften Prozess von den Merkmalen des Zirkelwesens befreien, bleiben in ihrer konkreten Arbeitsweise oft genug auf diese Ebenen beschränkt und haben alle Hände damit zu tun. Ist es nicht so, dass eine – gemessen an unseren Zielen – bescheidene Massenorganisation von ein oder zwei Dutzend Personen in einer Stadt uns bereits häufig „überfordert“? Wir fühlen uns voll und ganz ausgelastet damit, diesen engen Personenkreis zu politisieren, zu Aktionen zu mobilisieren und im besten Falle zu führenden Genoss:innen zu entwickeln.
Auf unserem heutigen Entwicklungsstand krankt die kommunistische Bewegung überall daran, dass ihre Aufmerksamkeit fast voll und ganz von ihren „eigenen Angelegenheiten“ (der notwendige Meinungskampf um das richtige Vorgehen, die Aneignung und Anwendung des Marxismus-Leninismus, die Kader:innenausbildung) beansprucht wird. Häufig gelingt darüber hinaus nur der Aufbau und die Belebung eines vergleichsweise engen Umfelds.
Mit anderen Worten: Die Teile unserer Klasse, die es (noch) nicht auf die Ebene unserer Massenorganisationen geschafft haben, werden von uns häufig sträflich mit Vernachlässigung behandelt. Wir treten ihnen mit Kundgebungen, Demonstrationen, Plakaten, Flugblättern und feurigen Reden entgegen, aber um dauerhaft mit uns in Kontakt zu treten, haben wir nicht viel mehr anzubieten als die regelmäßigen Treffen unserer Massenstrukturen. Und das ist oft viel zu wenig.
Für einen Großteil der Klasse sind solche Strukturen mit ihrer Arbeitsweise heute noch nicht erreichbar. Natürlich hängt diese Tatsache eng damit zusammen, wie wenig verbreitet beziehungsweise auf was für einem niedrigen Entwicklungsstand das Klassenbewusstsein heute ist. Viele Arbeiter:innen haben letztlich die Notwendigkeit, sich für ihre Interessen gegen das Kapital zusammenzuschließen, noch nicht erkannt oder sie erkennen sie, sind aber nicht davon überzeugt, dass sie die Macht entfalten könnten, etwas zu ändern.
Aber es muss nicht das politische Bewusstsein sein, das Teile unserer Klasse daran hindert, sich harmonisch in die Strukturen einzufügen, die wir ihnen anzubieten haben.
Es kann verschiedene andere Gründe geben: Wir können an Arbeiter:innen denken, die in Wechselschichten arbeiten, oder an alleinerziehende Mütter, die vermutlich noch einige Jahre jeden einzelnen Tag zu dem Zeitpunkt, wo typischerweise das Treffen unserer Strukturen beginnt, mit dem zu Bett bringen ihrer Kinder beschäftigt sind.
All das läuft auf die Binsenweisheit hinaus, dass wir Kommunist:innen nicht darauf warten dürfen, dass die anderen Teile der Arbeiter:innenklasse zu uns kommen, sondern wir zu ihnen gehen müssen. Unsere bisherigen ziemlich entwickelten Formen der Massenarbeit gilt es, um die Methode der systematischen Kontaktarbeit zu ergänzen.
Worin besteht diese Methode? Wie der Name schon sagt: Sie besteht darin, dass die Kommunist:innen und organisierten Teile der Arbeiter:innenklasse es sich zum Ziel setzen, systematisch Kontakte in die Arbeiter:innenklasse aufzubauen, sie zu halten und dies zu einem lebendigen Teil ihrer politischen Arbeit zu machen.
Die Funktionen der Kontaktarbeit
Die konkreten Ziele, die wir bei dieser Kontaktarbeit verfolgen, lassen sich grob in folgende Bereiche teilen:
1. Unsere politische Linie verbreiten – die Massen in den Kampf einbeziehen.
Diese erste, grundlegendste Funktion der Kontaktarbeit bedarf vermutlich relativ wenig Erläuterung. Die Politik der Kommunist:innen ist nie damit getan, eine scharfsinnige Analyse oder mitreißende Erklärung zu verfassen und diese in den Äther des Internets zu blasen. Unsere Politik und unsere Aktionen müssen wir zu den Menschen bringen.
Ein typisches Hilfsmittel, um dieses Ziel zu erfüllen, besteht darin, mit jeder neuen Ausgabe einer kommunistischen Zeitschrift oder einer an die fortschrittlichsten Teile der Arbeiter:innenklasse gerichteten Massenzeitung zu einem bestimmten Kreis von Personen zu gehen, die eher am Rand der politischen Arbeit stehen – also solche Menschen, die wir als Kommunist:innen nicht ohnehin in regelmäßigen Abständen im Rahmen unserer Arbeit sehen.
Zugleich gilt es aber auch zu versuchen, bei unseren Gesprächspartner:innen den Wunsch zu wecken, selbst aktiv zu werden und sich am Klassenkampf zu beteiligen. Natürlich ist es wünschenswert, dass möglichst große Teile der Klasse dauerhaft und organisiert an diesem Kampf teilnehmen. Wir streben danach, sie zum festen und aktiven Bestandteil unserer Organisationsstrukturen zu machen.
Hier gilt es, eben nicht schematisch an die Menschen heranzugehen, sondern sich mit ihnen, ihrer Lebenssituation und den Punkten, an denen sie am stärksten mit dem kapitalistischen System in Konflikt geraten, zu beschäftigen und daraus jeweils den richtigen Weg in die Arbeiter:innenbewegung zu bestimmen.
Ebenso muss unser Anspruch sein, auch den Wert vermeintlich kleiner Beiträge zum Klassenkampf zu erkennen und oft genug wird es an uns sein, den Menschen, mit denen wir Kontakte halten, diese Möglichkeiten überhaupt erst aufzuzeigen. Hier wäre zum Beispiel an Redebeiträge, die über die zugespitzte Ausbeutung im eigenen Betrieb berichten, zu denken oder an Interviews mit unserer Massenpresse. Auch die Weiterverbreitung unserer Literatur oder unserer Flugblätter in der eigenen Schule, der Universität, dem Betrieb oder sogar „nur“ im eigenen Bekanntenkreis kann, wenn es uns gelingt, massenhaft dafür zu sorgen, zu einem sprunghaften Anwachsen unserer Bekanntheit und unserer Verbindung mit der Klasse führen.
2. Unterstützung durch die Massen.
Selbst wo es uns nicht gelingt, unsere Kontaktpersonen für eine eigene Aktivität zu begeistern, wird sich unsere Arbeit langfristig nur erfolgreich entwickeln, wenn wir es auch verstehen, selbst die passivste Form der Unterstützung zu einem weiteren Tropfen zu machen, der dem Strom der kommunistischen Bewegung Kraft verleiht.
Ein klassisches und simples Beispiel hierfür ist die regelmäßige oder einmalige finanzielle Unterstützung für unsere Arbeit. Auch wenn die Arbeiter:innenklasse unter der Verschärfung kapitalistischer Ausbeutung zu leiden hat: Oft genug mangelt es weniger an der Bereitschaft, ein konkretes Projekt finanziell zu unterstützen, als vielmehr an dem Schritt, danach zu fragen.
Diese Tatsache wird vor allem dadurch belegt, dass wir regelmäßig beim Verteilen unserer Literatur – selbst wenn sie kostenlos ist – erleben, dass Arbeiter:innen bereitwillig einen kleinen Beitrag dafür anbieten oder wir Zuschriften und E-Mails von (Online-)Leser:innen erhalten, die aktiv nach Möglichkeiten fragen, uns finanziell zu unterstützen.
Hierbei gilt es zu verinnerlichen und auch nach außen zu tragen, dass die Unterstützung der revolutionären Arbeit eine legitime und lohnenswerte Entscheidung ist, insbesondere wenn man sie mit allen tausendfach an die Arbeiter:innen gerichteten Appellen vergleicht, ihr Geld als „Ergänzung“ zu ihrer Armutsrente in Aktien oder Fonds zu investieren.
Nicht weniger wichtig ist der Aufbau infrastruktureller Kapazitäten durch diese Form der Massenarbeit. Im Zuge des Wachstums unserer Arbeit entsteht ganz natürlich ein schier unendlicher Bedarf an Fähigkeiten und Unterstützung: von Fahrzeugen über Gaststätten und andere Räumlichkeiten, zu denen unsere Kontakte Zugang haben, bis hin zu Materialien, Lebensmitteln oder Dienstleistungen, von denen wir vergünstigt oder ganz kostenlos profitieren können.
3. Von den Massen lernen.
Ganz unabhängig von unserem Erfolg auf den beiden bisher genannten Ebenen gilt jedoch immer: Sobald wir mit Teilen der Arbeiter:innenklasse diskutieren, gibt es etwas für uns zu lernen – sogar, wenn wir nur lernen können, warum sie eben nicht mit uns einverstanden sind, warum sie den Sozialismus ablehnen oder warum sie nicht bereit sind, selbst aktiv zu werden.
Alle Zweifel, Gegenargumente und Einwände sind nämlich Elemente des aktuell vorherrschenden Bewusstseins in unserer Klasse. Sie können uns wertvolle Hinweise dafür geben, wo wir an unserer eigenen Argumentation feilen müssen, welche Wissenslücken wir schließen müssen, welche Themen es in den nächsten Zeitungsartikeln oder Flugblättern aufzugreifen gilt und so weiter.
Mindestens ebenso häufig werden wir aber vermutlich eher erfahren, an welchen Punkten unsere Klasse konkret in Konflikt mit dem System gerät und wie sich das in ihrem Bewusstsein widerspiegelt.
Die Grundvoraussetzung, um hiervon jedoch nicht nur individuell zu profitieren, sondern als ganze Organisation und letztlich als kommunistische Bewegung, besteht darin, diesen Rückmeldungen und Hinweisen aus den Massen einen Wert beizumessen. Es gilt also, solche Erfahrungen nicht vorschnell als „bürgerliches Bewusstsein“ oder „reaktionäres Denken“ abzutun, sondern ein System zu entwickeln, um sie im eigenen Kollektiv zu sammeln und von dort aus weiterzuleiten, um sie zu zentralisieren und auswerten zu können.
Die Umsetzung der Kontaktarbeit
Vielleicht regt sich bei einigen Leser:innen hierbei der Gedanke „Das ist ja alles gut und schön, aber wie soll das noch zu schaffen sein?“. Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass sich gerade viele der Genoss:innen, die im Zentrum unserer Massenarbeit stehen, häufig überlastet fühlen. Auf den ersten Blick scheint es da durchaus verständlich, dass sie diesem Artikel die Frage entgegenhalten, wie bei allem, was sie bereits leisten, noch eine vertiefte Dimension der Massenarbeit hinzukommen soll.
Zwei Antworten hierzu: Erstens handelt es sich bei der Kontaktarbeit nicht um eine Aufgabe, die sich nur den entschlossensten und bewusstesten Kommunist:innen stellt. Ganz im Gegenteil: Es muss uns darum gehen, im eigenen Umfeld unter den Aktiven, mit denen wir tagtäglich unsere Politik auf die Straße tragen so zu arbeiten, dass auch in ihnen das notwendige Selbstvertrauen geweckt wird, um selbst zu Multiplikator:innen zu werden.
Zweitens gilt es selbstverständlich, immer wieder die eigenen Kräfte sowie die konkreten Möglichkeiten für eine Kontaktarbeit miteinander abzugleichen und bei der Kräfteverteilung die zu einem gegebenen Zeitpunkt richtigen Schwerpunkte zu setzen. Klar ist dabei, dass für zwei Kommunist:innen, die sich gerade erst das Ziel gesetzt haben, eine Stadt oder auch nur einen bestimmten Stadtteil, einen Betrieb oder ein anderes Arbeitsfeld zu erobern, andere Prioritäten gesetzt werden müssen, als für eine Organisation, die von zwanzig bis vierzig Aktivist:innen umgeben ist.
Machen wir dazu einmal ein kurzes mathematisches Beispiel: Sind wir zu zweit in einer Stadt, sollte es für uns doch ein Leichtes sein, uns monatlich mit vier Menschen zu treffen, die mit unserer Arbeit und unserer Politik sympathisieren, seien es Freund:innen, Familie, Kolleg:innen, Mitschüler:innen oder Nachbar:innen. Sind wir in einer Stadt zu fünft, sollten zehn solcher Gespräche unser kleinster Anspruch sein. Haben wir in einer Stadt gar 10 oder 20 Mitglieder und Aktivist:innen gesammelt, so sollten 20 bzw. 40 Treffen oder Besuche für uns ohne große Anstrengungen möglich sein.
Wollen wir unsere eigenen Ansprüche ein Stück erhöhen und nehmen uns zum Beispiel vor, das wir uns jede Woche wenigstens zwei oder drei Stunden für solche Gespräche und Diskussionen einplanen und dies auch umsetzen, dann können wir mit 10 Aktivist:innen jeden Monat gleich mit 80 bis 100 Menschen aus unserem Umfeld ausführlich über unsere politischen Ansichten, Analysen und praktische Arbeit reden, ihnen unsere Agitations- und Propagandamaterialien bringen und so unsere Arbeit systematisch auf immer größere Teile unserer Klasse ausweiten. Multiplizieren wir nun die Zahl der Gespräche mit der Anzahl der Städte, in denen sich unsere Arbeit entwickelt, sagen wir einmal fünf oder zehn, so kommen wir schnell auf 500 bis 1.000 Menschen mit denen wir jeden Monat über unsere politische Linie diskutieren und sie damit in unsere kommunistische Massenarbeit einbeziehen.
Wenn wir diese Arbeit also konsequent, diszipliniert und kontinuierlich in Angriff nehmen, dann wird sich das Umfeld und die Zahl der Kontakte, mit denen wir arbeiten, innerhalb kürzester Zeit vergrößern und viele Ziele, die uns noch vor kurzem unerreichbar schienen, werden schon bald durch neue größere Ziele ersetzt.
Kommunistische Massenarbeit und Persönlichkeitsentwicklung
Der Erfolg der Massenarbeit ist letztlich ein entscheidender Faktor für die Frage, ob der Parteiaufbau und die Organisierung der Revolution gelingt oder nicht.
Der Klassenkampf zwischen Bourgeoisie und Proletariat ist ein sehr ungleicher, asymmetrischer Kampf. Während sich die Bourgeoisie auf einen hochgerüsteten Staatsapparat und auf die Kontrolle eines Großteiles der Produktion stützen kann, hat das Proletariat seine ganz eigenen Stärken, die für die Bourgeoisie immer unerreichbar bleiben werden. Hierzu zählt zum Beispiel seine erdrückende, zahlenmäßige Überlegenheit.
Doch solange die Millionenmassen der Arbeiter:innenklasse nicht aktiv und vor allem nicht organisiert sind, nützt ihnen diese Stärke wenig. In unserer Klasse schlummern mehr Potentiale als wir hoffen können vor dem Aufbau des Sozialismus auch nur zu erkennen. Nur sind diese Potentiale den einzelnen Arbeiter:innen in der Regel selbst gar nicht bewusst, ganz im Gegenteil: Je niedriger ein Mensch in der sozial-ökonomischen Hierarchie des Imperialismus zu verorten ist, desto stärker und nachhaltiger wird sein Selbstbewusstsein in der Regel zerstört. Es bedarf also unserer gezielten Arbeit, um diese Potentiale zum Vorschein und zur Entfaltung zu bringen.
Schon Lenin hat diesen Anspruch wieder und wieder an seine Genoss:innen gestellt: „Menschen sind in Massen da, und es fehlt an Menschen – auf diese widerspruchsvolle Formel ließen sich seit jeher die Widersprüche des Organisationslebens und der organisatorischen Anforderungen der Sozialdemokratie bringen. […] Von allen Seiten hört man leidenschaftliche Rufe nach neuen Kräften und Klagen über den Mangel an Menschen in den Organisationen, während gleichzeitig überall unzählige Menschen ihre Hilfe anbieten, während immer wieder junge Kräfte heranwachsen, besonders in der Arbeiterklasse.“ 4
Was können wir aus diesem Zitat ableiten? Sobald ein Mensch in Berührung mit der kommunistischen Bewegung kommt – sei es auch zunächst nur in ganz loser Form – müssen es sich die Kommunist:innen zur Aufgabe machen, diesem Menschen Aufmerksamkeit zu schenken, ihn kennenzulernen, sein Unrechtsbewusstsein Stück für Stück zum Klassenbewusstsein zu formen und zugleich genau den richtigen Platz in der Bewegung für ihn zu finden.
An dieser Stelle muss noch mal betont werden: Diese Aufgabe ist sicherlich eine der schönsten Aufgaben der kommunistischen Arbeit, aber es ist zugleich eine Aufgabe, die ein ungeheuer großes Maß an menschlichem Feingefühl, Frustrationstoleranz und den unerschütterlichem Glauben an die Arbeiter:innenklasse und ihre Fähigkeit, den Kapitalismus zu zerschlagen, erfordert.
Als Kommunist:innen müssen wir nicht nur Politiker:innen sein, sondern im Umgang mit den Menschen zugleich zahlreiche pädagogische und psychologische Fähigkeiten entwickeln. Eine kommunistische Pädagogik und eine kommunistische Psychologie für diese Aufgabe finden wir jedoch in keinem Lehrbuch und erst Recht können wir sie uns nicht in bürgerlichen Studiengängen aneignen. Die „Pädagogik“ und „Psychologie“, die wir benötigen, müssen wir als Teil unseres Arbeitsstils herausbilden. Hierzu gilt es Erfahrungen zu sammeln, auszuwerten und den Austausch zwischen allen Genoss:innen, die in unseren Reihen dauerhaft mit dem Organisieren, Entwickeln und Leiten von Menschen beschäftigt sind, zu organisieren.
Massenarbeit heißt, den Individualismus zu durchbrechen
Eine der wesentlichsten Voraussetzungen für jede Massenarbeit besteht darin, nicht bloß oberflächliche, sondern intensive zwischenmenschliche Beziehungen aufzubauen. In diesem Sinne bedeutet Massenarbeit auch, gegen den verinnerlichten Individualismus und die Vereinzelung anzukämpfen, von denen alle Menschen tief geprägt sind, die im Kapitalismus aufwachsen.
Selbst in den Reihen der Kommunist:innen ist es ein sehr häufig anzutreffendes Phänomen, dass wir uns vor dem Zugehen auf „fremde Menschen“ scheuen oder es uns größte Überwindung kostet. Noch viel schwerer wird es für viele von uns, wenn die gestellte Aufgabe nicht nur darin besteht, ein Flugblatt die Hände wechseln zu lassen, sondern möglichst auch noch spontan ein politisches Gespräch zu entwickeln und eine noch größere Hürde stellt es für viele dar, allen Mut zusammen zu nehmen, um unser Gegenüber nach Kontaktdaten oder einer Telefonnummer zu fragen und diese dann auch tatsächlich zu nutzen, um im Kontakt zu bleiben.
Neben einer gewissen Abhärtung gegen die Fluchtreflexe, die bei einigen von uns aufkommen, wenn wir vor einer solchen Aufgabe stehen, ist es wichtig sich vor Augen zu halten, das dies nicht etwa nur unser individuelles Problem ist, sondern ein gesellschaftliches. So groß die Hindernisse für diesen Schritt bei uns selbst oder auf Seiten von Menschen, die wir ansprechen wollen, im ersten Moment also auch erscheinen, wir müssen begreifen: Ist es uns erst mal gelungen, die Isolation zu durchbrechen, liegt darin auch ein besonderes Potential, die besten Seiten in den Menschen, die wir im Kampf mitreißen wollen, zum Vorschein zu bringen.
Immer wieder erleben wir schon heute in unserer Massenarbeit, dass Menschen, die wir neu kennenlernen schlichtweg begeistert vom Umgang der Kommunist:innen untereinander und mit anderen Menschen sind. Mindestens ebenso häufig erleben wir aber leider auch, dass Menschen, die ein Interesse an uns und unserer Arbeit zeigen, missachtet oder gar nicht erst wahrgenommen werden. Allzu leicht verfallen wir in solchen Situationen darin, einfach „unter uns“ weiter zu diskutieren, ohne uns bewusst zu machen, welch verheerende Wirkung das wohl auf einen Menschen haben muss, der selbst alle innere Scheu und Nervosität überwunden hat, um auf uns zuzutreten und uns und unsere Arbeit kennenzulernen.
Massenarbeit heißt, die Angst vor Unbekannten zu überwinden
Im Zuge unserer bisherigen Beiträge zu einer Klassenanalyse von Deutschland haben wir bereits herausgearbeitet, dass die Arbeiter:innenklasse in Deutschland als Ganze zwar wächst, sich zugleich jedoch ihrer Lebensrealität und ihrem Selbstverständnis nach stark ausdifferenziert.5
Für uns Kommunist:innen ist es eine Selbstverständlichkeit, dass alles Trennende, ob objektiv in den Produktionsverhältnissen oder subjektiv im Bewusstsein begründet, in der Arbeiter:innenklasse bekämpft werden muss und wir diesen Elementen die gemeinsamen Klasseninteressen und das gemeinsame Ziel der sozialistischen Revolution entgegensetzen. Zumindest könnte man das meinen.
Betrachten wir jedoch nüchtern den heutigen Zustand unserer Massenarbeit in Deutschland, dann stellen wir als typisches Phänomen folgendes fest: Wir wachsen am schnellsten und ziehen am meisten neue Kräfte an unter den Teilen der Arbeiter:innenklasse, aus denen wir selbst stammen, deren Lebensrealität uns nahe kommt, deren „Sprache“ wir im wahrsten Sinne des Wortes sprechen. Bis zu einem gewissen Grad ist diese Tendenz natürlich und kann nicht nur als Schwäche, sondern auch als Potential betrachtet werden. Dies ist einer der Gründe, warum es auch heute beispielsweise richtig bleibt, eine organisierte Jugendmassenarbeit, die wiederum selbst von Jugendlichen organisiert wird, zu betreiben.
Zugleich besteht hierin heute eine wichtige Begrenzung für unsere Massenarbeit. Wollen wir also unsere Arbeit ausweiten, dann sollten wir es uns bewusst zur Herausforderung machen, gerade zu den Teilen der Arbeiter:innenklasse Kontakt aufzubauen, die sich ihrem Alter, ihrem Beruf, ihrer Herkunft oder ihrer Lebensrealität nach am meisten von uns selbst unterscheiden.
Insbesondere gilt es hierbei, objektive Kriterien für die Einschätzung und Bewertung von Menschen zu entwickeln. Nur allzu oft wird sich zeigen, dass das Bewusstsein von Personen, die sexistische oder rassistische Beschimpfungen ganz natürlich verwenden, insgesamt weit offener für fortschrittliches Denken und Handeln ist, als bei denjenigen, die aus vermeintlich „kultivierteren“ Kreisen stammen, in denen die Verachtung für Frauen und Migrant:innen hinter intellektuellen Floskeln versteckt wird.
„Digitale Massenarbeit“
Die kapitalistische Entwicklung der Produktivkräfte hat das Internet schon vor Jahrzehnten hervorgebracht, seitdem durchdringt es in einem scheinbar grenzenlosen Siegeszug alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens. Dies gilt auch für die Form, die moderne Medien annehmen, ebenso wie für die heute – unter jüngeren Menschen – etablierten Formen der Kommunikation und des Auslebens sozialer Kontakte.
Diese Entwicklung hinterlässt unverkennbar Spuren im Sozialverhalten der Menschen. Hieraus ergibt sich die Gefahr, in die Illusion zu verfallen, der eigenen Massenarbeit könne eine reine oder hauptsächliche digitale Form verliehen werden.
Es geht dabei nicht darum, die Bedeutung des Internets im Allgemeinen und der sozialen Medien im Besonderen für die Massenarbeit zu verneinen. Die Bourgeoisie hat längst zahlreiche Methoden entwickelt, um über diese Kanäle Bewusstsein und Bedürfnisse von Milliarden Menschen zu formen. Nichts wäre also alberner als zu behaupten, wir Kommunist:innen könnten grundsätzlich darauf verzichten, den Kampf um die Herzen und Köpfe unserer Klasse auch in dieser Arena aufzunehmen.
Bewusst machen müssen wir uns jedoch, dass unsere „digitalen Beziehungen“ zu unseren Klassengeschwistern immer nur eine Ergänzung und Unterstützung zum Aufbau realer Beziehungen darstellen können. Alles, was wir im Internet tun, muss auf dieses Ziel hin ausgerichtet sein. Diese Ausrichtung ergibt sich direkt aus dem strategischen Ziel unserer Arbeit: Dem Sturz des Kapitalismus im revolutionären Bürgerkrieg.
So notwendig das Internet für die modernen Formen der kapitalistischen Produktion auch geworden ist, unzählige Beispiele aus aller Welt zeigen uns bereits heute klar und deutlich, dass die herrschende Klasse keinerlei Probleme damit hat, nicht nur einzelne soziale Medien, die scheinbar frei zugänglich sind, stärker als gewöhnlich zu zensieren oder zu kontrollieren, sondern sogar das Internet für die breitesten Teile der Bevölkerung ganz und gar unzugänglich zu machen, wenn sie sich davon versprechen, die Verbreitung einer Aufstandsbewegung gegen ihre Herrschaft einzuhegen.
Erfolgreiche Massenarbeit als Hebel zum Parteiaufbau
Häufig haben wir es heute damit zu tun, dass in der kommunistischen Bewegung ein scheinbarer Widerspruch zwischen Massen- und Kader:innenarbeit diskutiert wird. Diese Betrachtungen berufen sich in der Regel auf die Auswertung der Bolschewiki ihrer eigenen Parteigeschichte anhand von zwei Phasen des Parteiaufbaus.
Jedoch ergibt sich aus der oben herausgearbeiteten elementaren Bedeutung jeder kommunistischer Massenarbeit, dass wir zu keinem Zeitpunkt auf sie verzichten können. Sie ist eine wesentliche Bedingung dafür, dass sich überhaupt kommunistische Kader:innen entwickeln können.
Weiterhin ist heute selbst die Gesamtheit der zersplitterten revolutionären und kommunistischen Bewegung in Deutschland schon zahlenmäßig viel zu klein, um auch nur den Kern einer kommunistischen Partei, wie wir sie benötigen, zu stellen.
Richtig ist, dass wir uns gerade in der Aufbauphase der kommunistischen Partei auf die Arbeit mit den Kader:innen konzentrieren müssen. Das heißt aber eben nicht, auf eine entwickelte Massenarbeit zu verzichten, sondern diese auf die fortschrittlichsten Teile der Massen auszurichten und hier gezielt die kommenden Kader:innen der kommunistischen Partei zu organisieren.
Das ist die Grundlage dafür, aus der quantitativen Ansammlung von Menschen einen qualitativen Sprung als Organisation zu organisieren, um dann auf neuer höherer Stufe erneut breitere Massen an Arbeiter:innen um unser nun qualitativ und quantitativ gewachsenes Organisationssystem zu sammeln.
Schon heute sehen wir sofort die Auswirkungen auf unsere Arbeit und unsere Wirksamkeit in der Klasse, wenn wir uns von der Massenarbeit abwenden, wenn wir uns nach innen richten und hauptsächlich mit uns selber beschäftigen.
Wo solche Tendenzen in der Praxis auftreten, greifen Frustration, ideologische Zweifel und zwischenmenschliche Konflikte um sich, die Organisation beginnt zu faulen, weil sie sich von ihrer Lebensader, ihrer zentralsten Existenzberechtigung entfremdet, der Verbindung mit immer breiteren Teilen der Massen.
Wenn wir diese Aufgabe hingegen ernst nehmen, täglich an ihr arbeiten, sei es im Betrieb, im Stadtteil, in der Schule oder der Universität, dann werden wir unseren Zielen auch Stück für Stück näher kommen. Dann wird auch in den sich zuspitzenden Widersprüchen der nahen Zukunft in Deutschland und den kommenden Klassenkämpfen wieder eine klassenkämpferische Arbeiter:innenbewegung, eine starke revolutionäre Bewegung und eine kämpfende Kommunistische Partei entstehen.
1Geschichte der KPdSU (B). Verlag Roter Morgen, Dortmund 1976, S. 450
2Die Aufgaben der russischen Sozialdemokraten. LW 2, S. 133
3Ein Schritt vorwärts, zwei Schritte zurück. LW 7, S. 264
4Neue Aufgaben und neue Kräfte. LW 8, S. 210
5Kommunismus Ausgabe Nr. 13 und Nr. 19