In den vergangenen Tagen und Wochen lassen die USA und Russland die zwischen ihnen bestehenden imperialistischen Widersprüche auf verschiedenen Ebenen immer weiter eskalieren. Eine Drohgebärde folgt der nächsten. Krisentreffen und die Einbestellung von Botschafter:innen wechseln sich fast täglich ab. In diesem Konflikt gilt es auch für uns als Kommunist:innen klar Stellung zu nehmen und unsere Seite zu wählen: Die Seite des internationalen Proletariats, gegen den imperialistischen Krieg!
Seit Jahren nehmen die Widersprüche zwischen den großen Imperialistischen Mächten USA und Russland kontinuierlich zu. Dies macht sich unter anderem in einer massiven militärischen Hochrüstung und der Aufkündigung sogenannter „Abrüstungsverträge“ bemerkbar. So kündigten die USA den INF Vertrag 2019, nachdem sie Russland vorwarfen, gegen den Vertrag zu verstoßen der boden- und landgestützte Atomraketen und ihre Abschussvorrichtungen verbietet. Gleichzeitig rüsten beide Länder seit Jahren ihre Atomwaffen durch Modernisierungsmaßnahmen der Sprengköpfe und Waffensysteme massiv auf.
Im September 2021 stellten die USA in Wiesbaden eine neue „Multi-Domain Task Force“ in Dienst, im November 2021 reaktivierten sie zudem ihr 56. Artilleriekommando, welches am gleichen Ort in Wiesbaden stationiert ist und in den 80er Jahren für die Kontrolle der Pershing II Raketen zuständig war. Damit einher geht die Vermutung, dass die USA erneut planen Mittel- oder Langstreckenraketen bzw. neu entwickelte Hyperschallraketen in Deutschland oder Europa zu stationieren. Bereits seit Jahren bauen die USA zudem in Osteuropa Raketenabwehrsysteme gegen einen hypothetischen Angriff mit russischen Raketen auf. Hinzu kommen unzählige militärische Übungen und Manöver auf beiden Seiten, die als Drohkulissen gegen die jeweilige imperialistische Konkurrenz dienen.
Aufeinanderprallende geostrategische Interessengebiete
Seit Jahren nehmen die Spannungen zwischen den durch die USA geführten NATO-Staaten und Russland immer weiter zu. Einen Höhepunkt erlebten diese Spannungen rund um die Auseinandersetzungen um die Krim und die östlichen Gebiete der Ukraine rund um Donezk und Lugansk. Heute haben sie erneut eine gefährliche Zuspitzung erreicht.
Hinter diesen Spannungen stehen die zwischenimperialistischen Widersprüche zwischen den NATO-Staaten und Russland. Durch die immer weiter voranschreitende NATO-Osterweiterung bis an das direkte Territorium Russlands nehmen diese Widersprüche immer weiter zu. Beide Lager berufen sich letztlich darauf, dass die osteuropäischen Staaten zu ihrer Einflusssphäre gehören. Beide Seiten haben an der Mitgliedschaft oder eben nicht Mitgliedschaft des westlichen Militärbündnisses und der Anwesenheit seiner Truppen und Waffensysteme ein strategisches geopolitisches Interesse.
Diese Interessen sind vollkommen gegensätzlich und prallen daher mit äußerster Wucht aufeinander. Keines der beiden imperialistischen Lager ist in der Lage diese Interessen aufzugeben oder auch nur einen Schritt zurück zu machen. Vielmehr übertrumpfen sie sich mit immer neuen Drohgebärden wie gigantischen Militärmanövern und dem Zusammenziehen gigantischer Truppenkontingente, um den Preis eines direkten Einschreitens der Gegenseite in die Höhe zu treiben und dadurch abzuschrecken. Genau diese Taktik könnte am Ende jedoch dazu führen, dass das Pulverfass in Osteuropa explodiert.
Widersprüche des deutschen Imperialismus
Der deutsche Imperialismus stimmt entsprechend seiner militärischen und politischen Integration in die imperialistischen Bündnisse NATO und EU grundlegend in die antirussische Propaganda ein, bleibt in dieser Auseinandersetzung aufgrund eigener Widersprüche jedoch stark hinter den verbalen Aggressionen und militärischen Muskelspielen anderer westlicher Imperialisten zurück.
Dies liegt auf der einen Seite an den starken Wirtschaftsbeziehungen zu Russland und anderen osteuropäischen Ländern. Ein größerer Krieg in der Region oder weitreichende Wirtschaftssanktionen bzw. ein längerer Stopp des Warenverkehrs, insbesondere der Lieferung von Ressourcen wie Erdgas, zwischen Russland und Deutschland würde den deutschen Imperialismus vor erhebliche Probleme stellen.
Auf der anderen Seite scheinen zumindest einige Teile der herrschenden Klasse und des deutschen Militärs der Ansicht zu sein, dass Deutschland bzw. die NATO Russland im Kampf gegen China benötige. Dies auszusprechen kostete jüngst den Chef der deutschen Marine Vizeadmiral Kay-Achim Schönbach Amt und Würden.
Die deutsche Bourgeoisie scheint im Moment jedenfalls nicht an einer weiteren Eskalation der Lage interessiert zu sein und schickt die neue Außenministerin als vermeintliche Vermittlerin und scheinheiligen „grünen Friedensengel“ ins Rennen. Doch alle öffentlichen Appelle der Deeskalation der deutschen Imperialisten richten sich stets allein an Russland, während sie gleichzeitig größere Waffenlieferungen an die Ukraine verweigern, ganz im Gegensatz zu allen anderen führenden NATO-Staaten.
Russland und China verteidigen?
In der revolutionären Bewegung in Deutschland geistert seit Jahren die Parole von der Verteidigung Russlands und Chinas durch verschiedene Organisationen. Kann es unsere Aufgabe als Kommunist:innen sein, ein imperialistisches Land gegen ein anderes zu verteidigen? Niemals!
Selbst die Rosa-Luxemburg-Konferenz der Zeitung Junge Welt Anfang Januar stand in diesem Jahr unter dem Motto „Hände Weg von Russland und China“. Die DKP ruft zudem bereits seit Jahren zum „Frieden mit Russland und China“ auf. Viele der in der Jungen Welt oder der Parteizeitung der DKP „Unsere Zeit“ veröffentlichten Artikel und Stellungnahmen verklären die imperialistischen Großmächte China und Russland zu Garanten des Friedens oder sehen in China noch immer ein sozialistisches Land.
Es reicht in der aktuellen Situation auch überhaupt nicht aus die NATO als alleinigen Aggressor zu identifizieren, denn wenn es erst einmal zu einem Krieg zwischen der NATO und Russland kommt, wird es niemandem mehr interessieren, welcher imperialistische Räuber wann welchen Schritt der Eskalation gegangen ist. Ja selbst wer den ersten Schuss abfeuerte wird dann nur noch eine geschichtliche Notiz sein. Als Aggressor wird ohnehin die jeweils andere Seite diffamiert werden, so wie es auch jetzt schon geschieht. Im Vordergrund steht dann der Krieg zwischen zwei imperialistischen Lagern der sich schnell zu einem regionalen oder noch größeren Krieg ausweiten könnte.
Dieser Krieg entsteht dann aber eben nicht aufgrund einer mehr oder weniger aggressiven Politik des einen oder anderen Lagers, sondern letztendlich aufgrund der Gesetzmäßigkeiten des Imperialismus. In diesem System fällt die Profitrate tendenziell und die Imperialisten sind somit stets auf der Jagd nach neuen Märkten, Rohstoffen, Handelsrouten und ausbeutbaren Arbeitskräften, um ihren Reichtum aufrecht zu erhalten und auszubauen.
Krieg dem imperialistischen Krieg!
Die Position, die wir in einem möglichen Krieg zwischen der NATO und Russland (und den anderen Staaten der „Organisation des Vertrages über kollektive Sicherheit“ – also Kasachstan, Armenien, Belarus, Kirgisistan, Tadschikistan) einnehmen müssen, ist dieselbe die unsere Genoss:innen bereits im ersten Weltkrieg entwickelt haben: Krieg dem imperialistischen Krieg!
Nicht den Interessen des einen oder anderen imperialistischen Landes dürfen wir uns anschließen, nicht nach dem vermeintlichen kleineren oder „weniger aggressiven“ Übel suchen, sondern wir müssen klar für die objektiven Interessen der internationalen Arbeiter:innenklasse eintreten.
Dieses Interesse ist die Destabilisierung und schließlich die revolutionäre Überwindung des imperialistischen Weltsystems und der kapitalistischen Produktionsweise. Dieses Ziel zu propagieren und für seine reale Umsetzung zu kämpfen ist unsere Aufgabe. Dafür steht heute der Aufbau starker kämpfender Kommunistischer Parteien in unserem und vielen weiteren Ländern als dringendste Voraussetzung auf der Tagesordnung.
Der Hauptfeind steht im eignen Land!
Dabei muss unser Hauptaugenmerk als Kommunist:innen in Deutschland eben auf unserem Hauptfeind, dem deutschen Imperialismus und die hiesige herrschende Klasse gerichtet sein. Als führende Kraft im imperialistischen Bündnis EU und eine der größten Wirtschaftsmächte der Welt, versuchte Deutschland in den letzten Jahren auch militärisch aufzuholen. Entsprechend steigert sich das jährliche Militärbudget von Jahr zu Jahr und auch die Innenpolitik wird immer weiter militarisiert.
Konkret heißt das natürlich auch, dass wir uns gegen die imperialistische Propaganda vom russischen Aggressor richten müssen, ebenso wie wir gegen einen Kriegseintritt oder irgendeine Art von indirekter Kriegsbeteiligung des deutschen Imperialismus kämpfen müssen – gegen Russland und China oder sonst wen. Das aber ist etwas ganz anderes als die Parole „Frieden mit Russland und China“, die diese letztlich zu Friedensmächten verklärt.
Auch der in der Geopolitik momentan noch zerrissene deutsche Imperialismus ist kein taktischer Verbündeter oder dergleichen im Kampf gegen die nächsten imperialistischen Kriege. Dass dieser momentan eine Eskalation nicht so scharf wie andere vorantreibt, ist nur ein vorübergehendes Phänomen. Ein Phänomen das entsteht, weil der deutsche Imperialismus weder militärisch noch politisch auf große Kriege vorbereitet ist und zugleich als mehr oder weniger unangefochtene Führungsmacht in Europa ökonomisch noch immer in einer enorm komfortablen Situation ist.
Anders ausgedrückt: Der deutsche Imperialismus hat bei einer Neuverteilung der Welt momentan relativ viel zu verlieren, aber aufgrund seiner militärischen und politischen Schwäche wenig zu gewinnen. Daran Heer und Bevölkerung kriegstauglich zu machen arbeitet er aber genau deswegen mit Hochdruck.
Zwar sind deutsche Soldat:innen seit Jahrzehnten ununterbrochen in zahlreichen Auslandseinsätzen aktiv, diese sind jedoch meist auf wenige tausend Soldat:innen beschränkt und oftmals keine hauptsächlichen Kampfmissionen. Die Missionen finden zudem fast ausschließlich unter Schirmherrschaft der EU, NATO oder UN statt. Der deutsche Imperialismus will dies zukünftig ändern und drängt darauf auch seine militärischen Fähigkeiten weiter quantitativ und qualitativ auszubauen, um eher früher als später auch militärisch eigenständiger und flexibler zu werden.
Es ist unsere Aufgabe, den deutschen Imperialismus und seine militärischen Träume hier zu stoppen wo sie entstehen. Deshalb kämpfen wir gegen den deutschen Militarismus und seine Aufrüstung, gegen deutsche Waffenfabriken und Rüstungsexporte und gegen den deutschen Staat und seine bewaffneten Organe als Garant für das fortbestehen des kapitalistischen Wirtschaftssystems.
Diesen Feind werden wir nicht mit Friedensdemonstrationen stoppen, sondern nur durch die unermüdliche Arbeit für die Organisierung unserer Klasse im Kampf für die sozialistische Revolution!