Über Olga Benario wird oft gesagt, sie sei das Mädchen, das keine Angst kennt. Ob das tatsächlich so war oder ob sie zu den jungen Frauen gehörte, die ihre Angst spüren und ständig die Entscheidung treffen, sie zu überwinden, werden wir vielleicht nicht erfahren können. Sicher ist jedoch, dass Olga in ihrem Leben unendlichen Mut bewiesen hat. So begann auch ihr politischer Werdegang mit einer mutigen Entscheidung. Sie wurde 1908 als Tochter eines sozialdemokratischen Anwalts in München geboren und lebte in guten Verhältnissen. Ihr Vater war Anwalt und Sozialdemokrat, er vertrat vor Gericht oft mittellose ArbeiterInnen – besonders diese Arbeit politisierte Olga. Je mehr sie sich mit marxistischer Literatur bildete, desto unzufriedener war sie allerdings mit der sozialdemokratischen Einstellung des Vaters, der Streit um sozialen Frieden oder Klassenkampf wird als häufiger Auslöser für Streit beschrieben.

Sie entschied sich also gegen den Frieden in der Familie und schloss sich mit 15 Jahren der Kommunistischen Jugend München an. Dort hatte sie den Erzählungen nach einen schweren Start, sie war eines von wenigen Mädchen und die Einzige, die nicht aus ärmlichen Verhältnissen kam. Doch sie bewies immer wieder Mut, lernte von den Arbeiterkindern und die GenossInnen fassten Vertrauen zu ihr.

Zeit im Neuköllner KJVD

Mit 18 lernt Olga Otto Braun kennen. Er ist Kommunist; lebt und arbeitet zu dem Zeitpunkt in der Illegalität. Olga begleitet ihn nach Berlin-Neukölln und schließt sich dort dem Jugendverband KJVD an. Damals beschreiben ihre GenossInnen sie als belesen, mutig, verantwortungsbewusst, aber auch als engstirnig. Schließlich wird sie sogar zur Leitung des Neuköllner KJVD gewählt. In dem biographischen Roman „Olga Benario“ wird beschrieben, wie sie bei ihrer ersten Rede in Berlin zögert, den Faden verliert, sich schämt und am allerwichtigsten: wie sie dennoch weiter spricht und die Menschen begeistert.  Während dieser Zeit führen Olga und Otto eine Liebesbeziehung in der Illegalität, Olga lehnt ab, zu heiraten, denn das findet sie kleinbürgerlich.

Die Beiden werden wegen Hochverrat und Spionage inhaftiert, Olgas Vater kann jedoch Olgas Freilassung erwirken. Im April 1928 starten einige GenossInnen des KJVD eine waghalsige Befreiungsaktion, in der sie mit Holzgewehren bewaffnet Otto Braun befreien. Nach Informationen der Moabiter Gefangenenanstalt ist Olga selbst an dieser Aktion nicht beteiligt gewesen, dennoch war auch für sie ein Aufenthalt in Deutschland nicht mehr möglich. Also schleust die KPD Olga und Otto aus dem Land, sie gelangen nach Moskau.

Leben und Arbeit in der Sowjetunion

In ihren Briefen beschreibt Olga, wie anstrengend und unkomfortabel, wenn auch erfüllend, das Leben in der Sowjetunion ist. Vor ihr, den GenossInnen und allen ArbeiterInnen, die die Arbeitermacht aufbauen, liegen ungeheure Aufgaben. Während ihres Aufenthalts lernt sie Russisch und Französisch, wird in der Roten Armee im Reiten, Fliegen und Schießen ausgebildet. Außerdem unternimmt sie immer wieder Reisen nach Westeuropa und hält dort Kontakte aufrecht. Ihre GenossInnen wählen sie als Präsidiumsmitglied der Kommunistischen Internationalen Jugend, zu dieser Zeit beendet sie ihre Beziehung zu Otto Braun.

Weg nach Brasilien

Im Jahr 1934 erhält Olga von der Kommunistischen Internationale den Auftrag, nach Brasilien zu reisen. Obwohl sie sich zu dieser Zeit sehr danach sehnt, in ihr Heimatland zurückzukehren, in dem der Hitlerfaschismus die Macht erlangt, nimmt sie die Aufgabe an und wird Luiz Carlos Prestes Personenschützerin. Dieser ist bekannt als „Ritter der Hoffnung“ und führte bis zu dem Zeitpunkt einen zweijährigen Protestmarsch einer Armee aus ArbeiterInnen. Ihre Reise tarnten die beiden zunächst als „Flitterwoche“, bald verbindet die beiden tatsächlich eine Liebesbeziehung. Nach einer Reihe militärischer Misserfolge, weil die Aktionen verraten wurden, wird Prestes in Brasilien verhaftet und die – zu dem Zeitpunkt schwangere – Olga nach Deutschland ausgeliefert. Auf der Überfahrt lernt sie die Berufsrevolutionärin Sabo kennen. Ihre tiefe Verbindung zueinander hilft den beiden, die Folter zu ertragen, die sie auf dem Schiff erleben.

Leben und Kampf im deutschen Faschismus

Am 27. November 1936 wird Anita Leocadia Prestes im Frauengefängnis Barnimstraße geboren. Dort überlebt Olga unter widrigsten Umständen und durch den Zusammenhalt mit den anderen gefangenen Frauen. Nachdem sie lang dafür kämpfte, wird ihre Tochter der brasilianischen Großmutter übergeben. Im Anschluß wird sie selbst ins KZ Lichtenburg transportiert, wo sie ihre gute Freundin und Genossin Sabo wieder trifft. Sie organisieren politische Arbeit selbst im KZ, bauen Versorgungsnetze auf und schaffen eine Frauensolidarität unter den Gefangenen. Zum Beispiel sparen und horten die Frauen Essen, um gemeinsam den 8. März feiern zu können, was ihnen auch gelingt. Im Nachhinein wird die Feier entdeckt und Olga, die die Verantwortung übernimmt, wird bestraft.

Weil die Blockwärter wissen, wie gefährlich der Zusammenhalt ist und sehen, dass auch die härtesten Strafen den Gefangenen nicht ihren Lebensmut und Kampfgeist nehmen, wird Olga in einen anderen Block versetzt. Dort ist sie die einzige politische Gefangene, doch der Plan der Aufseher scheitert: Auch im jüdischen Block kämpft Olga unentwegt für bessere Lebensumstände und wird zur „Blockältesten“ gewählt.

Am 23. April 1942 wird Olga Benario-Prestes im KZ Ravensbrück vergast. In einem letzten Brief an Prestes und ihre Tochter schreibt sie:
„„Ich habe für das Gerechte und Gute gekämpft, für die Verbesserung der Welt. (…) Ich werde stark bleiben und bin entschlossen, bis zum letzten Moment zu leben. Jetzt muss ich schlafen, damit ich morgen kräftig bin. Ich küsse Euch beide zum letzten Mal.““