In der Diskussion um die Corona-Politik in Deutschland nehmen die Schulen immer wieder eine herausragende Stellung ein. Sie standen vom Anfang an im Fokus der Befürworter:innen harter Maßnahmen und wurden zu unsichtbaren Treibern der Pandemie erklärt. Genauso verwenden Befürworter:innen von schnellen, umfassenden Öffnungen die krasse Belastung, der Schüler:innen und Eltern durch die Pandemie ausgesetzt sind, als „menschliches Argument“ für ihre Ziele.
Die Interessen der Schüler:innen und der Jugend werden der Notwendigkeit besonders alte und vorerkrankte Menschen in der Pandemie zu schützen gegenübergestellt. Diese Spaltung der Gesellschaft nach Alter und Lebenssituation müssen wir als kommunistische Jugendliche stets ablehnen. Es gilt, in Pandemie und Krise Verantwortung für die ganze Klasse zu übernehmen, jedoch nicht in einer sich selbst verleugnenden Art und Weise, sondern in dem unsere Interessen klar erkannt und eingefordert werden.
Das ständige Hin und Her um Schulöffnungen und -schließungen hat bereits diverse politische Reaktionen von Schüler:innen hervor gerufen. So ist es in vielen Städten und Schulen zu eintägigen Schulstreiks gekommen, die sich meist gegen überhastete Öffnungen und für gesundheitlich sichere Bedingungen in den Schulen ausgesprochen haben. Ebenso aber ist es schon im letzten Jahr zu Forderungen der Oberstufenschüler:innen nach Durchschnittsabschlüssen auf Grundlage der bisherigen Noten gekommen.
Es ist unsere Aufgabe an diesen teilweise mehr oder weniger spontanen Protesten teilzunehmen und sie zusammen zu führen. Jedoch gilt es hierbei stets nicht in die Falle zu tappen, beispielsweise nur den Befürworter:innen eines harten Lockdowns im Sinne von #ZeroCovid das Wort zu reden. Stattdessen müssen wir Forderungen entwickeln und erkämpfen, die den Grundgedanken „Die Pandemie darf nicht auf unserem Rücken ausgetragen werden“ konkretisieren.
Hierzu kann die Forderung nach Abschlüssen anhand von Durchschnittsnoten gehören, jedoch ist diese Forderung sehr begrenzt, insbesondere da mittlerweile mehr als ein Jahr Schule unter Pandemiebedingungen hinter uns liegt. Es gilt vielmehr die Schule als Ort der Logik der kapitalistischen Reproduktion unterworfen ist, in Frage zu stellen.
In der Schule vollzieht sich ein wesentlicher Teil der gesellschaftlichen Reproduktion der Arbeitskraft. Zwar erholen sich hier die Arbeiter:innen nicht von der täglichen Ausbeutung im Büro, Supermarkt oder der Fabrik, aber ihre Kinder werden als neue Arbeiter:innengeneration herangezogen. Ihnen wird eine Grundbildung vermittelt und sie werden im kapitalistischen Geist erzogen.
Zwar ist dieser Punkt auf den ersten Blick für die Kapitalist:innen nicht ganz so kritisch wie die ununterbrochene Ausbeutung und Mehrwertproduktion zu gewährleisten, eine dauerhafte Unterbrechung des Schulalltags ist aber auch für sie ein großes Problem.
Nicht umsonst wurden in den letzten Jahren diverse Bildungsreformen oft gegen breiten Widerstand in der Jugend durchgesetzt, die zum Beispiel die gymnasiale Schulzeit um ein Jahr verkürzt haben oder mit dem Bachelor einen Universitätsabschluss „light“ eingeführt haben, hier ging es jeweils darum zu erreichen, dass eine neue Generation von Arbeiter:innen dem Arbeitsmarkt früher zur Verfügung steht.
Wenn wir nun die Pandemiepolitik in der Schule vor diesem Hintergrund diskutieren wird deutlich: Uns kann es nicht darum geben eine radikale dauerhafte Schließung der Schulen zu fordern bis irgendwann das Virus verschwunden ist. Denn das richtet sich direkt gegen die Interessen unserer Klasse, die schon jetzt unter der Doppel- und Dreifachbelastung durch Home-Schooling und Home-Office sowie unter sozialer Isolation leidet. Viele Schüler:innen haben technisch gar nicht die Möglichkeit am Home-Schooling teilzunehmen und die ungleichen Voraussetzungen mit denen Kinder immer schon in die Schule gehen und zu Hause gefördert werden, spitzen sich nur weiter zu. Ebenso wenig aber darf unsere Haltung sein, uns voll und ganz der kapitalistischen Konkurrenzlogik zu ergeben und eine möglichst rasche „Normalisierung“ des Schulalltags unter Pandemiebedingungen zu fordern, so dass wir auf dem kapitalistischen Arbeitsmarkt nicht ins Hintertreffen gegenüber Generationen vor oder nach uns geraten.
Vielmehr gilt es, den Leistungsdruck und soziale Ungerechtigkeit im Schulsystem, die durch Homeschooling sogar noch verstärkt wurden, anzugreifen. Termine für Abschlussprüfungen, die um jeden Preis eingehalten werden sollen, müssen in Frage gestellt werden. Forderungen wie zum Beispiel Freiversuche in Prüfungen oder zentral festgelegtes Wegfallen von Zugangsbeschränkungen (NC) zu Studiengängen müssen von uns in die Debatte eingebracht werden.
Aber auch hierbei dürfen wir als Kommunist:innen nicht stehen bleiben. Es ist und bleibt unsere Hauptaufgabe, aufzuzeigen, dass alle Zugeständnisse, die wir dem kapitalistischen Staat abringen nur vorübergehende Erfolge bleiben werden. Ein Schulsystem, in dem die die edlen Ideale bürgerlicher Demokrat:innen aus dem 19. Jahrhundert nach allseitiger, menschlicher Bildung überhaupt erst umgesetzt werden können, ist schlicht mit dem kapitalistischen System nicht zu machen. Unser Ziel bleibt, dass zukünftige Generationen von Jugendlichen im Sozialismus zu den Träger:innen der Gesellschaft, zu Baumeister:innen einer neuen, gerechteren Welt heran gebildet werden.