Kommunismus #13 – Nov 2018

1. Kapitalismus
2. Staat
3. ArbeiterInnenklasse
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Unter welchen Bedingungen leben und kämpfen wir?

Erste Schritte zur Klassenanalyse

Im politischen Kampf sind wir laufend dazu gezwungen, Annahmen zu machen und Einschätzungen zu treffen. Wenn wir unsere kurzfristigen und langfristigen Ziele erreichen wollen, müssen wir gesellschaftliche Verhältnisse, politische Stimmungen und vor allem zu erwartende Umbrüche realistisch bewerten. Das geht im Kleinen bei der Frage los, wie groß die Unterstützung im Stadtviertel für die Besetzung eines neuen Luxuswohnblocks sein wird, und führt im Großen zu der Aufgabe, die gesellschaftlichen Kräfte zu bestimmen, die in Zukunft das größte Potenzial für revolutionäre Kämpfe haben werden.

Richtige Einschätzungen zu treffen ist aber oftmals leichter gesagt als getan. Denn unsere Mittel sind erst einmal begrenzt – wir haben nicht wie die modernen bürgerlichen Staaten große Institute von Analysten und massenhaft Geldmittel zur Verfügung. Wir sind naturgemäß erst einmal besonders von den Eindrücken und Einflüssen geprägt, denen wir in unserem Leben und unserer politischen Arbeit am meisten ausgesetzt sind: Unserem Wohn- und Arbeitsort und den Problemen, die dort am meisten vorherrschend sind, Familie und Freundeskreis, unserem sozialen Milieu, u.v.m. Und wir sind laufend der Propaganda von Staat und Kapital sowie den Einflüssen der bürgerlichen Ideologie in all unseren Lebensbereichen ausgesetzt, die gerade dem Ziel dienen, unsere Urteilskraft zu trüben und uns politisch auf falsche Fährten zu locken.

KommunistInnen stützen sich
auf Wissenschaft

Trotz all dieser Schwierigkeiten haben wir KommunistInnen einen ganz entscheidenden Vorteil: Denn im Gegensatz zu anderen politischen Strömungen machen wir uns bewusst, dass wir unser Programm und unsere Strategie und Taktik nicht auf Glauben, Wünsche, Vorurteile und Dogmen, sondern auf Wissenschaft gründen müssen. Seit Marx und Engels den historischen Materialismus entwickelt und gezeigt haben, wie der Kapitalismus aufgrund seiner inneren Bewegungsgesetze seinen eigenen Untergang vorbereitet, wissen wir, dass der Sozialismus keine Utopie von idealistischen Weltverbesserern ist, sondern eine historische Notwendigkeit, die durch die ArbeiterInnenklasse durchgesetzt werden muss.

Um ernsthaft den revolutionären Kampf der ArbeiterInnenklasse voranzutreiben, reicht es aber nicht, bei diesen allgemeinen Erkenntnissen stehenzubleiben. Das Programm und die Strategie, welche die kommunistische Bewegung benötigt, lässt sich nicht einfach aus alten Büchern zusammenschreiben. Es reicht nicht, das alte Programm der KPD oder der Kommunistischen Internationale zu nehmen – nach dem Motto: „Wird schon noch halbwegs passen“. Der Kapitalismus hat sich seit den 1920er Jahren weiterentwickelt – weltweit und in Bezug auf Deutschland. Die Entwicklungen beginnen bei der nationalen und internationalen Veränderung der Organisierung der Produktion, der Durchdringung fast aller Lebensbereiche durch das Kapital und enden in ihrer Konsequenz bei den heute veränderten Lebens- und Arbeitsbedingungen der ArbeiterInnenklasse. All das hat Einfluss auf das Leben, Arbeiten, Denken und Fühlen der Menschen. Deshalb müssen diese analysiert und entsprechende Schlussfolgerungen daraus gezogen werden.

Ganz zentral für das kommunistische Programm ist die Frage nach dem revolutionären Subjekt. Dabei geht es darum, wie die ArbeiterInnenklasse heute strukturiert ist, wie sie sich im Zuge der kapitalistischen Entwicklung immer weiter ausdifferenziert und welche Teile der Klasse infolgedessen eine besonders vorwärtstreibende Rolle für die sozialistische Revolution spielen werden. Darüber hinaus geht es darum, auf welche Bündnispartner sich die ArbeiterInnenklasse in der Revolution stützen kann.

Erste Schritte zur Klassenanalyse

Auch als noch relativ kleine und junge Organisation haben wir die Verpflichtung, mit der Untersuchung der gesellschaftlichen Verhältnisse anzufangen und diese Untersuchung Schritt für Schritt weiterzuentwickeln und so die Aufgabe, ein kommunistisches Programm für Deutschland zu entwickeln, zu erfüllen.

Und nicht nur für das Programm der sozialistischen Revolution benötigen wir eine Klassenanalyse, sondern auch für unsere direkte Praxis heute. Wir wollen eine kommunistische Massenarbeit in der ArbeiterInnenklasse entwickeln und daraus zunächst die fortschrittlichsten Menschen für den Aufbau der Kommunistischen Partei gewinnen. Es liegt auf der Hand, dass die erfolgreiche Bewältigung dieser Aufgabe davon abhängt, wie gut wir die Lage der Klassen in Deutschland heute verstehen.

Wie sieht es also bezüglich der Klassen in Deutschland aus? Die Bourgeoisie beutet das Proletariat aus und unterdrückt es durch seinen Staat. So weit, so gut. Aber wie sieht es konkret aus? Gehören die IndustriearbeiterInnen heute noch alle zum revolutionären Subjekt oder sind Teile von ihnen angesichts üppiger Löhne, kleinbürgerlicher Lebensverhältnisse mit Eigenheim, zwei Autos und den entsprechenden Wertvorstellungen schon so „verbürgerlicht“, dass sie für den Sturz des Kapitalismus nicht mehr zu gewinnen sind? Eine Diskussion, die übrigens schon zu Engels‘ Zeiten begonnen hat und nicht zuletzt in der 68er Bewegung sehr erhitzt geführt wurde! Besteht überhaupt ein direkter, linearer Zusammenhang zwischen der Höhe des Einkommens und der Integration ins bürgerliche System? Ist der Kioskbesitzer, der 12 Stunden am Tag in seinem eigenen Laden steht und kläglich über die Runden kommt, per se leichter für die Revolution zu gewinnen als der fest angestellte Werkzeugschlosser bei Porsche? Was ist mit den LeiharbeiterInnen? Wo geht die Reise überhaupt hin? Wo arbeiten LohnarbeiterInnen heute, und wo werden sie in zehn, zwanzig Jahren arbeiten? Welche Industriezweige gibt es in Deutschland und welche Bedeutung haben sie? Werden die Industriebetriebe mit nennenswerter Belegschaft im Zuge der Digitalisierung verschwinden oder wird das Proletariat durch das Kapital nur immer wieder an neuen Stellen konzentriert? Welche sind die drängendsten Probleme der proletarischen Frauen? Wie sieht eigentlich heute die Sozialstruktur in Stadt und Land aus? Gibt es noch wirkliche ArbeiterInnenviertel in den Städten? Welche Rolle spielt der imperialistische Staat in dieser Gesellschaft? Und wie ist er heute aufgebaut?

Diese und viele weitere Fragen müssen wir klären, um ein zeitgemäßes kommunistisches Programm und eine revolutionäre Strategie für Deutschland entwickeln zu können und unsere nächsten Schritte zu planen. Wir haben nun angefangen, uns mit diesen Fragen zu beschäftigen und erste Ansätze von Ergebnissen erzielt, die wir im folgenden vorstellen möchten.

Unsere Herangehensweise

Es mag der Eindruck entstanden sein, dass eine konkrete Klassenanalyse etwas unlösbares ist. Können so etwas nur Gelehrte leisten, die sich jahrelang in Bibliotheken einschließen und Statistiken auswerten? Wir meinen nein. Eine Klassenanalyse ist keine rein theoretische Aufgabe. Es geht nicht darum, den Ist-Zustand einer Gesellschaft einfach möglichst genau in Zahlen wiederzugeben – auch wenn wir natürlich einen gewissen Überblick über Größenverhältnisse benötigen. Schon gar nicht geht es darum, schematisch gesellschaftliche Gruppen zu definieren und dann zu schauen, wen man heute dort einsortieren kann (bei der „ArbeiterInnenaristokratie“ könnte die Versuchung z.B. groß sein, das zu tun). Letzteres ist leider allzu häufig das, was in revisionistischen Büchern tatsächlich drinsteckt, auf denen „Klassenanalyse“ draufsteht.

Eine Klassenanalyse entsteht vielmehr aus der Verallgemeinerung der Erfahrungen aus den realen Kämpfen der ArbeiterInnenklasse, an denen wir im Idealfall direkt beteiligt sind. Sie umfasst nicht nur statische Größenverhältnisse, sondern die Wechselwirkungen und Bewegungen, denen die Klassen in der Gesellschaft unterliegen. Mit einer solchen allumfassenden Analyse kommt eine entwickelte Kommunistische Partei auch in die Lage, qualitative Sprünge vorherzusehen, die auf den ersten Blick unerwartet auftreten. Zu diesem Prozess der kollektiven Verarbeitung von Erfahrungen trägt aber jede/r KommunistIn bei, nicht nur eine Handvoll Spezial-istInnen.

Unsere Mittel sind heute beschränkt. Wir können jedoch zu den oben aufgeworfenen (sowie vielen weiteren) Fragen bereits erste Antworten geben, die uns als Orientierung dienen können. Hier werden wir erste Ausarbeitungen und Ergebnisse zu den Themenkomplexen der Struktur des deutschen Kapitalismus (Seite 8f), der deutsche imperialistische Staatsapparat (Seite 24f) und der Lage der ArbeiterInnenklasse heute (Seite 38f). Im folgenden wollen wir die Ergebnisse der einzelnen Themenbereiche knapp veröffentlichen.

Struktur des Kapitalismus

Deutschland ist im Gesamtgefüge des Weltkapitalismus heute ein imperialistisches, d.h. eines der führenden Länder, weil deutsche Weltmonopole wie VW, Daimler, Allianz, Siemens u.a. die wichtigsten Weltmärkte zusammen mit Kapitalisten aus anderen Ländern unter sich aufgeteilt haben. Im Zentrum des deutschen Kapitalismus stehen die Monopole der Automobilindustrie als wichtigstem Industriezweig, dem die Chemieindustrie und der Maschinenbau an Relevanz folgen. Die Produktion in diesen Industriebereichen ist heute in der Form globaler Produktionsketten organisiert: Weltmonopole wie VW, die am Ende einer solchen Produktionskette stehen und diese kontrollieren, entwerfen die Produkte (z.B. Autos) nur noch und fertigen die technologisch anspruchsvollsten Teile (z.B. Motoren), während weitere Komponenten und Teile auf verschiedenen Stufen von kleineren Unternehmen gefertigt werden, die über die gesamte Welt verteilt sein können. Die Zulieferbetriebe umfassen Unternehmen, die selbst Weltmonopole sind (z.B. Bosch) bis hin zu Hinterhofbetrieben in Slums, in denen Kleinteile produziert werden. Auf allen Stufen der Produktionskette besteht die Tendenz zur Monopolisierung. Letzlich stehen aber alle Unternehmen, auch wenn sie formal eigenständig sind, unter der Kontrolle der Weltmonopole an der Spitze.

Angesichts der anstehenden technologischen Umwälzungen und zu erwartenden Neuorganisation der weltweiten Produktion (Umstieg von konventionellen zu Elektroautos, Digitalisierung) müssen die deutschen Weltmonopole darum kämpfen, ihre internationale Stellung zu verteidigen. Im Bereich der Finanzmonopole sind sie deutlich schwächer aufgestellt als ihre wichtigsten Konkurrenten. Die Bedeutung der Logistik und der Telekommunikation / IT wird in Zukunft zunehmen und aus Sicht der ArbeiterInnenklasse Angriffspunkte auf den Produktionsprozess bieten. Ebenso werden die Betriebe als geographische Orte nicht verschwinden, sondern unterliegen einer komplizierteren Auf- und Abwärtsbewegung sowie der regelmäßigen Konzentration von LohnarbeiterInnen in neuen Sektoren.

Oft wird der „deutsche Mittelstand“ als Rückgrat des guten „rheinischen Kapitalismus“ besungen. In Wahrheit erhalten sich Familienunternehmen mittlerer Größe heute noch als Hersteller von Spezialprodukten, falls sie sich einen Platz im Rahmen der Produktionsketten erkämpfen können, und befinden sich durch Unternehmensbeteiligungen und Kredite fest in der Hand des Finanzkapitals. Das vormals durch zünftlerische Regeln geschützte Handwerk wird immer mehr für Kapitalinvestitionen geöffnet und unterliegt in weiten Teilen der Tendenz zur Monopolisierung. Dasselbe gilt für die Landwirtschaft, wobei hier erhebliche regionale Unterschiede bestehen: Der klassische bäuerliche Familienbetrieb, den es vor allem in Süddeutschland noch gibt, stirbt immer mehr aus und wird durch kapitalistische Agrarunternehmen ersetzt, die in Ostdeutschland bereits beinahe die gesamte landwirtschaftliche Produktion ausmachen.

Der kapitalistische Staat spielt bei alldem die Rolle, die Öffnung für den freien Kapitalverkehr zu organisieren, den Unternehmen durch Subventionen Gewinne zu sichern und dem Finanzkapital über die Staatsverschuldung Zugriff auf den Lohn der ArbeiterInnenklasse von morgen zu geben – denn es ist die ArbeiterInnenklasse, die den allergrößten Teil der Steuerlast trägt. Gleichzeitig sorgt er u.a. als größter „Arbeitgeber“ in Deutschland (öffentlicher Dienst) für gesellschaftliche Stabilität, wobei er von den Kirchen unterstützt wird.

Der deutsche imperialistische
Staatsapparat

Der deutsche Staat, den wir in seinen einzelnen Bestandteilen untersucht und auch in Zahlen dargestellt haben, bleibt das unverzichtbare Machtinstrument der deutschen Monopolbourgeoisie.

Wirtschaftlich unterstützt und fördert er die Weltmonopole durch Subventionen, Forschung, Ausbildung von Spezialisten, Privatisierung, Industriespionage, Handelskriege, direkte Kriege u.v.m. Während seine unmittelbare wirtschaftliche Betätigung u.a. durch die Privatisierungen zurückgeht, wächst die Herrschaft der Monopole über den Staat. Es zeichnet sich ab, dass der Staat im Zuge der nächsten Krise in eine Staatsschuldenkrise geraten könnte, was starken Einfluss auf die Lebensbedingungen der ArbeiterInnenklasse nach sich ziehen wird, u.a. durch einen möglichen Abbau des Sozialversicherungssystems. Im allgemeinen ist für die nächsten Jahre ein verstärkter Klassenkampf „von oben“ durch den Ausbau der kapitalorientierten Arbeitsmarkt- und Wirtschaftspolitik (Flexibilisierung, Ausbau des Niedriglohnsektors, Abbau der Arbeitsschutzregelungen, Abbau des Mieterschutzes usw.) zu erwarten. Sollten sich die DGB-Gewerkschaften, die faktisch Teil des Staatsapparates sind, hieran mehr oder weniger offen beteiligen, wird dies die Widersprüche zwischen Führung und Basis dort verschärfen.

Militärisch findet im Inneren ein Ausbau des Repressionsapparates statt, der eine Stärkung der Polizei, ihre Ausstattung mit militärischen Befugnissen und die Abschaffung weiterer Beschränkungen wie der Trennung zwischen Polizei und Geheimdiensten beinhaltet. Nach außen bereitet sich der Staat heute schon auf die kommenden imperialistischen Zusammenstöße durch einen sprunghaften Anstieg von Militärausgaben zum Umbau der Bundeswehr auf internationale Kriegsfähigkeit vor. Dafür benötigt es einer ideologischen und personellen Offensive, um sowohl die Kriegsbegeisterung der deutschen Bevölkerung zu steigern, als auch neue SoldatInnen zu rekrutieren. Dabei kommt es zu einer engeren Zusammenarbeit auf europäischem Niveau und weiteren europäischen Rüstungsprojekten. Die Europäische Union (EU) nimmt im Kampf um Welthegemonie für den deutschen Imperialismus eine immer bedeutendere Rolle ein.

Auch ideologisch kommt dem Staat eine zentrale Rolle zu. Der weitere Ausbau des Repressionsapparats wird die ideologische Krise des Parlamentarismus verschärfen und das Vertrauen der ArbeiterInnenklasse in die etablierten Parteien weiter schrumpfen lassen. Das Entstehen und die Stärkung „neuer“ bürgerlicher Parteien – ähnlich wie Frankreich „En Marche“ – ist dabei möglich, wird die ideologische Krise jedoch nicht langfristig aufhalten. Um sie aus Sicht des Staates zu lösen, ist ein verstärkter Einzug offen chauvinistischer, rassistischer und militaristischer Agitation in die staatlichen Propagandakanäle wahrscheinlich. Daneben wird der Staat durch weitere Unterstützung und Aufbau von faschistischen Organisationen und Bewegungen versuchen, unzufriedene ArbeiterInnen an das kapitalistische System zu binden.

Die ArbeiterInnenklasse

Im Gegensatz zu dem, was die bürgerliche Soziologie mitunter behauptet, ist die ArbeiterInnenklasse heute weder verschwunden noch zahlenmäßig dezimiert. Sowohl weltweit als auch in Bezug auf Deutschland wächst sie sogar. Verbunden mit der Entwicklung der Technik verändert sich jedoch der Produktionsprozess und damit auch die Erscheinung und Zusammensetzung der ArbeiterInnenklasse: Es gibt einen relativen und absoluten Rückgang des deutschen Industrieproletariats, der jedoch keinesfalls so stark ist, wie allgemein propagiert wird. Auch das Märchen von der „Dienstleistungsgesellschaft“ lässt sich leicht widerlegen, da große Bereiche der sogenannten Dienstleistungsjobs zum unmittelbaren Produktionsprozess gehören.

Die ArbeiterInnenklasse ist heute – vor allem durch die immer komplexere Verflechtung verschiedener Arbeitsverhältnisse – stark ausdifferenziert, wobei die allgemeine Tendenz bei allen Schichten der ArbeiterInnenklasse sinkende Löhne, flexiblere Arbeitszeiten und schlechtere Lebensbedingungen sind. Der rasante Anstieg atypischer Beschäftigungsverhältnisse – allein die Leiharbeit ist seit 1994 um 1.000% gestiegen! – drückt die Löhne bei den Stammbeschäftigten.

Hinzu kommen Proletarisierungstendenzen in kleinbürgerlich geprägten Schichten (Selbständige, Handwerk, Intelligenz), welche die ArbeiterInnenklasse weiter anwachsen lassen. Diese entstehen nicht zuletzt durch die immer weiter voranschreitende kapitalistische Durchdringung aller Wirtschaftsbereiche: Es gibt heute kaum eine Branche, die nicht auf dem Prinzip der Mehrwertproduktion aufgebaut ist. Dazu zählen insbesondere auch große Teile des Bildungs- und Gesundheitssektors und der gesamte Bereich der Reproduktion.

Darüber hinaus kann man feststellen, dass bestimmte Gruppen auf Grundlage von Diskriminierung oder ihrer Stellung im Arbeits- und Produktionsprozess besonders ausgebeutet werden. Dies betrifft zum Beispiel LeiharbeiterInnen oder geringfügig Beschäftigte. Hinzu kommt eine besondere Ausbeutung von MigrantInnen, Jugendlichen, RentnerInnen – und nach wie vor Frauen. Die Einbeziehung von Frauen in die Arbeitswelt ist heute größtenteils immer noch auf den Zuverdienst beschränkt, womit die Abhängigkeit von den Männern ständig reproduziert wird. 80 Prozent der Teilzeitjobs werden heute von Frauen ausgeübt. Mangels Möglichkeiten, in solchen Beschäftigungsverhältnissen in die Rentenkasse einzuzahlen, stehen Frauen vielfach vor der Perspektive der Altersarmut.

Die nächsten Schritte

Die dargelegten Ergebnisse umfassen das, was wir als Bestandsaufnahme von Fakten zur gesellschaftlichen Realität in Deutschland und notwendige Grundlagenarbeit für die Klassenanalyse ansehen. In den folgenden Ausgaben der Zeitung „Kommunismus“ werden weitere Artikel, etwa zur besonderen ökonomischen Ausbeutung und patriarchalen Unterdrückung der Frau, zur deutschen Geopolitik und der Rolle des deutschen Imperialismus im internationalen Weltgeschehen erscheinen und die hier veröffentlichten Texte ergänzen.

In einem nächsten Schritt wollen wir dann diese gesellschaftliche Realität mit dem historischen Materialismus, das heißt den Bewegungsgesetzen der Gesellschaft zusammenbringen und die notwendigen Schlussfolgerungen für die kommunistische Arbeit im 21. Jahrhundert ziehen: Wen müssen wir organisieren? Was sind die strategischen Schwerpunkte? Wogegen müssen wir kämpfen? Wo fangen wir an?

Wir hoffen, dass wir mit diesen Beiträgen den Aufschlag zu einer lebhaften Diskussion leisten, in der wir unsere Einschätzung der gesellschaftlichen Verhältnisse in Deutschland weiter verfeinern!

 

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