Am 200. Verhandlungstages im NSU-Prozess haben 22 Opferanwälte der Bundesanwaltschaft, den Geheimdiensten und dem OLG München einen fehlenden Willen zur Aufklärung der NSU-Morde vorgeworfen. Ohne die Rolle der Geheimdienste zu thematisieren, wird es „auf lange Sicht aufgrund der Struktur der Nachrichtendienste und deren Verhalten im NSU-Komplex trotz der Ermittlungen der Untersuchungsausschüsse und der umfangreichen Beweisaufnahme vor dem OLG München keine tatsächliche Aufklärung geben.“i

Werner Dietrich ist auch Opferanwalt: Seit 35 Jahren kämpft er für die Aufklärung eines anderen staatsterroristischen Attentats in Deutschland: Dem Anschlag auf das Oktoberfest in der Endphase des damaligen Bundestagswahlkampfes am 26. September 1980. Seit nunmehr 12 Monaten überschlagen sich in diesem, 35 Jahre zurückliegenden Fall unerwartet die Ereignisse: Plötzlich wollen alle vom bayrischen Innenminister über Max Strauss bis zum Generalbundesanwalt Range den ’schlimmsten Terroranschlag in der Geschichte der Bundesrepublik‘ aufklären. Es bleibt nicht bei Worten – zehntausende Akten, deren Existenz vorher verschwiegen wurde, werden Dietrich zugänglich gemacht und neue Zeugen melden sich. Sie bestätigen alte Vermutungen über Mittäter, die es neben dem bei der Explosion verstorbenen, angeblichen „Einzeltäter“ Gundolf Köhler gegeben hat.

Die Verbindung zwischen Oktoberfestanschlag und NSU-Morden ist keine oberflächliche: Sowohl die paramilitärische faschistische Organisation „Wehrsportgruppe Hoffmann“, aus deren Reihen zumindest einige der Oktoberfest-Attentäter stammen, wie auch der NSU sind Bestandteile eines internationalen faschistischen Söldner- und Killernetzwerks, das nach dem Zweiten Weltkrieg zunächst als Stay-Behind-Organisation der NATO unter Beteiligung der deutschen Geheimdienste aufgebaut wurde. Die Aufdeckung dieser Organisation unter ihrem Codenamen „Gladio“ vor allem Anfang der 1990er Jahre u.a. durch das europäische Parlament geschah in Folge von Ermittlungen aufgrund staatsterroristischer Aktivitäten in Italienii. Das internationale faschistische Netzwerk „Blood and Honour“ mitsamt seinem bewaffneten Arm „Combat 18“, aus deren Reihen das strategische Konzept des „führerlosen Widerstands“ im „Rassenkrieg“ stammt; der norwegische Nazi-Terrorist Anders Breivik, der vor Gericht angab, Teil einer internationalen faschistischen Vereinigung zu sein; die deutsche „Anti-Antifa“ und weitere Strukturen gehören in diesen Zusammenhang. Wenn wir auch über organisatorische Details an dieser Stelle nur spekulieren können (z.B. inwieweit die Führung von „Blood and Honour“ in den Händen der NATO, der CIA, einer anderen internationalen Geheimdienst-Allianz oder noch woanders liegt) – das Entscheidende ist, dass die internationalen faschistischen Organisationen ebenso wie ihre islamistischen Zwillingskinder Al-Qaida, IS usw. durch die imperialistischen Geheimdienste, d.h. den tiefen Staat – und damit durch das Monopolkapital selbst gesteuert werden.

Wie geht das nun zusammen: Totale Vertuschung bei NSU und plötzlicher Aufklärungseifer im Fall des Oktoberfestanschlags? Ist der tiefe Staat in die Defensive geraten? Sollte in einer Demokratie die Wahrheit immer ans Licht kommen, wie uns im ARD-Spielfilm ‚Der blinde Fleck‘ weisgemacht wird?

Der Mord an dem Berliner Jugendlichen Burak Bektas im Jahr 2012, der dem Schema der NSU-Morde entsprach, und die aktuell eskalierende, offensichtlich koordinierte bundesweite Anschlagserie faschistischer Kampfgruppen gegen Flüchtlingsunterkünfte sprechen eine andere Sprache. Inzwischen dämmert es selbst dem staatlich alimentierten Teil der Antifaiii, dass es weitere aktive Naziuntergrundzellen gibt und die eigenen strategischen Fehleinschätzungen der letzten 20 Jahre auch damit zusammenhängen, dass man einem schwer bewaffneten und zum Töten entschlossenen Feind nichts entgegen zu setzen hatte. Der revolutionären Linken, allen AntifaschistInnen und den potenziell vom faschistischen Massenterror Betroffenen stellen sich unbequeme Fragen. Wir wollen in diesem Artikel auf einige dieser Fragen eingehen und – im Schlussteil – erste Ansätze notwendiger Antworten skizzieren.

Wie ist der tiefe Staat organisiert und wie agiert er? Welche Machtzuwächse hat er im Rahmen der NSU-Aufarbeitung erzielt? Wie geht das zusammen mit der Faschisierung des Sicherheitsapparates, die sich u.a. in der Ankündigung ausdrückt, militärische Polizeisondertruppen zur Zerschlagung bewaffneter Massenunruhen zu schaffen? Wie lösen wir uns selbst und alle denkenden Menschen aus den Massen von der im Zweifelsfall tödlichen Illusion, wir würden in einer bürgerlichen Demokratie leben, in der zwar nicht alles aufgeklärt wird, aber am Ende doch gewisse Regeln eingehalten würden? Welche Schlussfolgerungen müssen wir aus der grausamen Realität eines Klassenkriegs ziehen, den der Feind schon längst führt? Warum brauchen wir z.B. nicht nur Antifa-Recherche-Gruppen, sondern vor allem eine wirkungsvolle Gegenaufklärung? Wie organisieren wir den notwendigen antifaschistischen Selbstschutz angesichts hochgerüsteter und militärisch als Partisanenarmee organisierter Rassenkrieger? Was folgt aus der richtigen Erkenntnis von Clara Zetkin und anderen KommunistInnen, dass man den Faschismus nicht allein militärisch besiegen kann, sondern vor allem ideologisch schlagen muss, für unsere – heute nicht vorhandene – Massenarbeit in den „national befreiten“ Zonen und reaktionären Rückzugsräumen – in der fränkischen Provinz wie den ostdeutschen Plattenbauten?

Teil 1:

Oktoberfestattentat – die Inszenierung einer Aufklärung

„Unser Projekt soll die Zuschauer nicht runterziehen oder entmutigen, sondern im Gegenteil zeigen, dass in einer funktionierenden Demokratie irgendwann alles ans Licht kommt – wie man in den vergangenen Monaten zum Beispiel auch bei der Aufklärung der NSU-Morde gesehen hat. Insofern ist der Film durchaus auch als Warnung zu verstehen. Vor allem aber soll er Mut machen, sich aktiv an der Demokratie zu beteiligen – Ulrich Chaussy hat uns seine Variante vorgemacht.“
BR-Redakteurin Claudia Gladziejewskiiv

Der Spielfilm „Der blinde Fleck“ wird vom 2.10. bis 3.11.2012 unter der Regie von Daniel Harrich gedreht, der zusammen mit dem Journalisten Ulrich Chaussy vom Bayrischen Rundfunk auch das Drehbuch geschrieben hat. Er steht im Mittelpunkt einer Inszenierung der Aufklärung des schwersten Terroranschlags in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland durch eben jenen tiefen Staat, der diesen Anschlag als false-flag-Aktionv durch seine Gladio-Strukturenvi vor 35 Jahren organisiert hatte.

Ulrich Chaussy und Werner Dietrich sind ehrliche Demokraten und darüber hinaus selten engagierte Zeitgenossen. Jahrzehntelang haben beide wie einst Don Quichotte gegen Windmühlen gekämpft. Gegen den Strom schwimmend haben sie ihren Beruf zur Berufung und Lebensaufgabe gemacht und sich mit einem mächtigem Gegner angelegt: dem tiefen Staat in Deutschland. Der eine als Journalist und der andere als Anwalt, der die Opfer des Bombenattentats auf das Münchener Oktoberfest vertritt, haben sie beide nicht an die offizielle Wahrheit des Einzeltäters Gundolf Köhler geglaubt und beharrlich nach Mittätern und Hintermännern geforscht.

Noch im Juni 2009 teilt die Bundesregierung als Antwort auf eine parlamentarische Anfrage lapidar mit: Das Buch „Die Oktoberfest-Bombe“ wurde vom GBA ausgewertet. Dem Buchinhalt waren hinsichtlich des Oktoberfestanschlags keine neuen zureichenden tatsächlichen Anhaltspunkte oder Beweismittel zu entnehmen, die Anlass geboten hätten, die Ermittlungen von Amts wegen wieder aufzunehmen (…)“vii

Keine Wiederaufnahme der 1982 ganz schnell abgeschlossenen Ermittlungen – so lautete die Doktrin des Staatsapparates seit der Ablehnung des ersten Antrags des Opferanwalts Dietrich 1984. Eine politisch verordnete Linie, die jahrzehntelang gegen zunehmende Kritik stur durchgezogen wurde.viii

Im November 2011 fliegt der NSU mit der Liquidierung der beiden Nazi-Killer Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos auf. Im April 2012 ermordet ein Kapuzenmann in Berlin Rudow den migrantischen Jugendlichen Burak Bektas als bewusst gewähltes Zufallsopfer, eine Tat, die nicht nur von den Angehörigen des Opfers als „NSU Nachahmungstat“ verstanden wirdix – der Rassenkrieg geht weiter. In diesem Zeitraum fällt auch der Beginn der Arbeiten an dem Spielfilm ‚Der blinde Fleck‘.

Der Film wird am 11. Juni 2013 im bayrischen Landtag uraufgeführt, hat Premiere auf dem Filmfest München am 6. Juli, erhält mehrere Preise, geht danach erfolgreich in die Kinos, um schließlich am 4.2.2015 zur besten Sendezeit im Rahmen des Filmmittwoch, Themenabend Oktoberfestattentat in der ARD zu laufen, zusammen mit der Dokumentation ‚Attentäter – Einzeltäter? Neues zum Oktoberfestattentat‘x zu den neuen Spuren und der Meldung über die Wiederaufnahme des Verfahrens durch den Generalbundesanwalt Range in den Tagesthemen. Deutet schon die Uraufführung im bayrischen Landtag auf eine Inszenierung hin, so wird dies in der „spontanen“ Reaktion des bayerischen Innenministers Joachim Herrmann in der anschließenden Diskussion mit dem Opferanwalt Dietrich vor laufenden Kameras endgültig klar.xi Spontan und tief bewegt verspricht Herrmann dem Anwalt Dietrich Einsicht in jahrelang verschlossene Akten des LKA zu gewähren. Er hält sein Wort: Dietrich und Chaussy können Einblick nehmen, ihre Recherchen mit neuen Erkenntnissen weiter vorantreiben und so kommt die Geschichte mit der abgetrennten Hand in die Öffentlichkeit…

 

Die „neuen“ Fakten – wem gehört die Hand?

Was jedem denkendem Menschen schon immer klar gewesen ist und von zahlreichen ZeugInnen des Geschehens geschildert wurde, wird jetzt durch neue Zeugen sozusagen auch offiziell anerkannt: Gundolf Köhler, der unfreiwillige Selbstmordattentäter der Oktoberfestbombe, hatte Mittäter.

Da ist zum einen als Zeugin eine Krankenschwester aus Hannover, die über einen merkwürdigen Patienten mit fehlendem Unterarm berichtet, der regelmäßig Besuch von verschiedenen Männern hatte, zum Hergang seines Unfalls zunächst schwieg, um später lapidar zu sagen, das sei halt beim Hantieren mit Sprengstoff passiert, und sich schließlich selbst entlassen hat und verschwunden ist. Gehört der Mann zu jener Hand, die 25 Meter von der Bombe entfernt gefunden, gegen besseres Wissen Köhler zugeordnetxii und später als wichtiges Beweismittel rechtzeitig verschwunden gelassen wurde, bevor sie dank DNA-Analyse bei den neuen Ermittlungen hätte Fakten schaffen können?

Zum anderen kann eine Lehrerin bezeugen, dass sie im Spind eines Spätaussiedlers mit rechter Einstellung zwei Pistolen und Flyer gefunden hat, auf denen Köhler als Märtyrer der Bewegung bezeichnet wird – zu einem Zeitpunkt als dessen Name noch nicht in der Öffentlichkeit bekannt gewesen ist. Als sie den nächsten Termin für den Sprachkurs vereinbaren will, sagt der Mann, dass dies nicht nötig sei, da er morgen nach Argentinien auswandern werde. „Mittlerweile soll er wieder in Deutschland sein. Laut ‚Süddeutscher Zeitung‘ kennt die Bundesanwaltschaft den Mann und seine Adresse.“xiii

Wirklich neu ist die Qualität dieser Hinweise und Aussagen nicht, wenn man bedenkt, dass der im Kern der WSG Hoffmann platzierte V-Mann Walter Ulrich Behle bereits am 7.Oktober 1980 in Damaskus bei einem Barbesuch damit geprahlt hatte, dass die Bombe auf das Oktoberfest von ihnen gewesen sei.xiv Diese und Dutzende, ja Hunderte weitere Fakten hat Tobias von Heymann sorgfältig recherchiert und 2008 als Buch veröffentlicht.xv

 

Der kriminalistische Indizienbeweis ist längst erbracht

Während der Journalist Tobias von Heymann sich mit der Schlussfolgerung begnügt, alle bekannten Fakten sprächen dafür, dass Gundolf Köhler tatsächlich kein Einzeltäter gewesen sei,xvi geht Wolf Wetzel, bekannter Antifaschist in seiner Recherche einen wichtigen Schritt weiter, und fragt nach der Verbindung zu Gladio?xvii Er übersieht dabei nur, dass diese Frage längst beantwortet ist.

Auf die Gründe für das Versagen der Antifa-Bewegung in Deutschland werden wir später noch zurückkommen. Zunächst bleiben wir noch bei den trockenen Fakten. Tobias von Heymann hatte u.a. im Rahmen seiner Recherchen als Forschungsauftrag die Möglichkeit, in einen Teil der Stasi-Akten zum Oktoberfest-Attentat Einblick zu nehmen. Und die enthalten nicht mehr und nicht weniger als den kriminalistischen Indizienbeweisxviii dafür, dass die Oktoberfest-Bombe mittels der Gladio-Strukturen organisiert wurde.

Die Staatssicherheit der DDR hat die NATO Stay-Behind-Organisation als militärischen Gegner ernst genommen und daher keine Mittel und Wege gescheut, diesen Feind auszuspionieren, um ihm im Kriegsfall durch gezielte Liquidierungen ausschalten zu können.xix So gelang es der Funkaufklärung der Stasi Teile des für die operative Führung der Gladio-Zellen verwendeten BND-Codes zu knacken und so in jahrelanger Kleinstarbeit ca. 15% aller Funksprüche der BND-Zentrale in Pullach an ihre Gladio-Agenten zwischen 1976 und 1987 zu entschlüsseln.xx

Auf dieser Grundlage und unter Nutzung aller sonstigen geheimdienstlichen Mittel wie u.a. Doppelagenten in den westdeutschen und NATO-Geheimdiensten sowie dem Anwerben von Informanten aus der Wehrsportgruppe Hoffmann wie z.B. dem führenden Nazi-Kader Odfried Heppxxi enttarnte die Stasi die Gladio-Struktur in Westdeutschland.

Seit diese Unterlagen von Heymann 2008 veröffentlicht wurdenxxii, ist klar, dass der Nazikader und Förster Heinz Lembke und die „Gruppe 27“ genannte Zelle des deutschen Teils der Stay-Behind-Organisation bzw. von Gladio identisch sind. Wir sparen uns, hier die Details ausführlich wiederzugeben und fassen die Kernpunkte zusammen:

– Heinz Lembkes Biografie, Persönlichkeitsprofil, seine berufliche Tätigkeit wie soziales Umfeld passen ideal zu den Anforderungen an einen der 80 militärischen ausgebildeten und von der Stasi identifizierten „Überrollagenten“ der Stay-Behind-Organisation, die als Leiter potentieller Partisanenzellen in permanenter Funkverbindung zur BND-Zentrale in Pullach stehen.

– Heinz Lembke verfügt über ein Waffenlager, dessen Quantität und Qualität nicht nur das in Nazikreisen übliche Waffenarsenal um ein Vielfaches übersteigt, sondern offensichtlich militärischen Zwecken für den Partisanenkrieg hinter der Front der Truppen des Warschauer Paktes dienen sollte.xxiii Daraus beliefert er nachweislich diverse bewaffnete neonazistische Untergrundstrukturen und aus den 1981 nicht beschlagnahmten Teil des Depots kann sich ein anderer Rechtsterrorist, Peter Naumann, bis 1995 weiter bedienen. Gegen beide lief sogar ein offizielles Ermittlungsverfahren wegen Bildung einer terroristischenVereinigung u.a. im Zusammenhang mit mehreren Sprengstoffanschlägen.

– Heinz Lembkes Wohnort, ein abgelegenes Forsthaus in der Nähe von Lüneburg, liegt in unmittelbarer Nähe zu den Orten, wo die Gladio „Gruppe 27“ ihre Funknachrichten absetzte.xxiv

– Heinz Lembke kooperiert nach anfänglichem Schweigen sehr selektiv mit der Polizei, u.a. sagt er nichts zu dem ausgeräumten Depot Nr. 82, da „dessen Inhalt geeignet sei, andere Personen zu belasten.“ Wer so rational agiert, hat nicht mit dem Leben abgeschlossen – wie Wolf Wetzel zutreffend feststellt.xxv Als er ankündigt, weitere Aussagen zu machen, findet man ihn am nächsten Morgen erhängt in seiner Zelle – ein samt Abschiedsbrief gut inszenierter Selbstmord.

– Damals – als Gladio noch nicht bekannt gewesen ist – haben offizielle Stellen die Öffentlichkeit versucht zu beruhigen, indem sie den Auftrag der Stay-Behind-Organisation als persönliche Motivation von Heinz Lembke darstellen.xxvi

 

Zwischenfazit: München war Staatsterrorismus

Mit der geschlossen Beweiskette, dass der Ende der 1970er Jahre auch militärisch aktive Naziterrorist Heinz Lembke Teil von Gladio gewesen ist, wird in der Gesamtschau aller Fakten auch der Nachweis erbracht, dass das Oktoberfest-Attentat in München ein Akt des Staatsterrorismus gewesen ist.

Es wurde vom tiefen Staat unter Nutzung von Teilen der Gladio-Struktur, vermutlich aber auch weiteren in der Wehrsportgruppe Hoffmann und dem bewaffneten Naziuntergrund platzierten, unabhängig von Gladio operierenden V-Leuten organisiert. Dafür spricht auch die großangelegte Observation des Verfassungschutzes jenes berühmten Konvois der WSG Hoffmann mit ausgemusterten Bundeswehr-Unimogs Richtung Libanon, mit der der Repressionsapparat der WSG ein scheinbar lückenloses Alibi verschafft hat. So eine umfassende Observationsaktion kann nun aber genauso wenig spontan erfolgen, wie die umfassende Manipulation der Ermittlungen ohne zentrale Steuerung denkbar ist.

Anders gesagt, hinter der Bombe am Eingang des Oktoberfest steckt ein Masterplan, dessen komplexe, operative Umsetzung genauso wie seine spätere Vertuschung ohne den tiefen Staat undenkbar ist. Das Oktoberfest-Attentat war eine false flag-Aktion, die der RAF in die Schuhe geschoben werden sollte. So wie dies einige Jahre später mit den Killern von Brabantxxvii geschehen ist, deren scheinbar sinnlose Massaker einer anderen linken Stadtguerillagruppe, den Kämpfenden Kommunistischen Zellen (Cellules Communistes Combattantes, CCC), so erfolgreich untergeschoben wurdenxxviii, dass diese sich zu einem Dementi genötigt sahen.

Das Ziel des Terroranschlag bestand darin, die Stimmung in der Endphase des Bundestagswahlkampfes zu kippen und so Franz Josef Strauß zum Bundeskanzler zu machen. Strauß war nicht nur so etwas wie ein Sonnenkönig der CSU im Freistaat Bayern. Sein politisches Programm, das in zahlreichen faschistischen Sprüchen z.B. über „Ratten und Schmeißfliegen, die es auszumisten gelte“ und chilenische KZ’s „in denen es sich unter freien Himmel bei Sonne doch ganz gut leben ließe“ überliefert ist, und die Tatsache, dass er immer als Patexxix seine schützende Hand über Neonaziterroristen wie die WSG Hoffmann gehalten hatte, verdeutlichen eins: Sein Wahlsieg drei Jahre nach dem deutschen Herbst 1977 hätte politisch die nachträgliche Legalisierung des tiefen Staates bedeutet, der seinerzeit im unerklärten Ausnahmezustand als großer Krisenstab faktisch bereits für einige Wochen die operative Staatsmacht übernommen hatte.xxx

 

Anti-Antifa oder die Lücke im kollektiven Gedächtnis der politischen Widerstandsbewegung (PWB)

Peter Naumann hatte 1995 einen theatralischen Auftritt, als er ein TV-Team des ARD Politmagazins Panorama zu einem zumindest teilweise offenbar noch aus Lembkes Gladio-Depot stammenden Waffenlager führt und vor laufender Kamera erklärt, dass „der deutsche Geheimdienst die Kameraden zu einem frühzeitigen, sinnlosen Krieg gegen den Staat provozieren wolle.“xxxi Um dies zu verhindern, hätte Naumann sich entschlossen, die Waffen abzugeben. Was immer man von dieser Show halten soll, eins ist jedenfalls Fakt: Naumann wurde danach im Naziuntergrund nicht als Verräter oder Abtrünniger betrachtet.xxxii

Für die politische Widerstandsbewegung wie auch die staatlich gesponserten Antifa-Recherchegruppen stehen WSG Hoffmann und ihre Verwicklung in das Oktoberfest-Attentat und die Mordserie des NSU weitgehend unabhängig voneinander für verschiedene Epochen des Rechtsterrorismus. Bestenfalls wird noch die auffällige Parallelität z.B. bei der offensichtlich zentral koordinierten Manipulation der Ermittlungen und den ebenso zentral gesteuerten Aktenvernichtungen angesprochen. Die Ursache für diese Erscheinungen liegt in der organisatorischen Kontinuität der Hintergrundstruktur des tiefen Staates, über den diese Aktivitäten gesteuert werden. Das wird aber fast immer ausgeblendet.

 

Bodo Ramelows Einschätzung zu NSU
Bodo Ramelow ist als Politiker ein Profi, der genau weiß, was er wie formulieren muss und wie weit er öffentlich gehen kann. Inzwischen hat er sogar seinen Lebenstraum verwirklichen können und ist der erste Regierungschef der Partei Die Linke in einem Bundesland geworden – und zwar ausgerechnet in Thüringen, in dem sich ein Großteil der Geschichte des NSU abgespielt hat. Er selbst verortet sich politisch als „Staatsbürger“ und lehnt den Marxismus entschieden ab. Umso bemerkenswerter ist es, dass er sich in Sachen NSU weit links vom gesamten Mainstream seiner Partei wie der politischen Widerstandsbewegung positioniert und die entscheidenden Fragen in Richtung BNDxxxiii so formuliert, dass man zu den richtigen Schlussfolgerungen gelangen muss.

Auf einer Veranstaltung der Rosa-Luxemburg-Stiftung im Vorfeld der Veröffentlichung eines Sammelbandes mit Erkenntnissen zum NSU ist Ramelow der einzige gewesen, der immer wieder auf den internationalen Charakter der Nazistruktur und ihrer Hintermänner von Gladio hingewiesen hat, während alle Anwesenden aus einem breiten Spektrum von Linkspartei über RevisionistInnen bis zur Antifa politisch auf Auflösung des Inlandgeheimdienstes orientierten. Sinngemäß führte er – zutreffend – aus, dass NSU nicht Gladio gewesen sei, aber die, die NSU organisiert haben, zur Stay-Behind-Organisation gehörten. Seine am Ende angedeutete realistische Einschätzung geht dahin, dass zu Gladio nichts rauskommen wird, da diese Struktur weiterbesteht. Was wir, insbesondere in den Untersuchungsausschüssen, zu sehen bekämen, seien nur Folklore und Nebelbomben.xxxiv

Ramelow ist auch – soweit wir wissen – der einzige, der zutreffend darauf hinweist, dass die Geschichte des NSU nicht Mitte der 90er Jahre beginnt. Direkt nach der Wende zog Karl Heinz Hoffmann, Chef der gleichnamigen Wehrsportgruppe, nach Karla in Thüringen um und auch die beiden Nazi-Promis Roeder und Rieger tauchten dort auf. Damit verfügte das internationale faschistische Netzwerk Blood and Honour samt seinem bewaffnetem Arm Combat 18 direkt nach der Wende über eine Zelle in Thüringen. Parallel wird dazu durch die Versetzung von 6 Mitarbeitern des hessischen Verfassungsschutzes um den Abteilungsleiter Lockenxxxv im Zuge des Aufbaus Ost die operative Führungsebene für den NSU implementiert.

 

Ein notwendiger Einschub: Zum Hintergrund einer interessanten Postsendung nach Nürnberg

Als die beiden NSU-Uwes mittels eines technisch schlicht unmöglichen „Selbstmordes“ per Pump-Gun liquidiert werden, handelt Beate Zschäpe extrem rational, indem sie die DVDs des NSU versendet und so die ganze Sache offen macht. Dass sie den bürgerlichen Medien nicht traut und daher auch linke und muslimische Institutionen eine Kopie erhalten, kann man nachvollziehen. Aber dass ausgerechnet das Rote Zentrum in Nürnberg eine DVD erhält, ist für Außenstehende schwer verständlich.

Dazu sollte man wissen, dass Franken nicht nur die Wahlheimat von Karl Heinz Hoffmann in den 70er und 80er Jahren gewesen ist und dass in Nürnberg zwei der „offiziell“ dem NSU zugerechneten Morde passierten sowie ein weiterer Anschlag, der im Prozess durch einen Nazizeugen bekannt gemacht wirdxxxvi und für den sich staatlicherseits niemand interessiert. Allgemein zugänglich Fakten wie die Rolle des V-Manns Kai Dalekxxxvii oder auch die Naziterrorgruppe um Martin Wiese, wo auch ein Gladio-Agent eine zentrale Rolle gespielt hat, sind ebenfalls hilfreich zum Verständnis.

Die Botschaft entschlüsseln kann man aber nur mit Hilfe der Kenntnis lokaler Gegebenheiten. Die DKP in Nürnberg, die das Rote Zentrum betreibt, ist recht überschaubar. Aber in ihr ist ein Genosse aktiv, der von der Anti-Antifa bedroht wurde. Die Anti-Antifa hatte u.a. ein Foto von ihm veröffentlicht, das aus den Ermittlungsakten der Polizei stammte. Er hat sich gewehrt und durch seine Hartnäckigkeit dem Repressionsapparat ein wichtiges Eingeständnis entrungen. Das Ermittlungsverfahren gegen Unbekannt wurde nämlich mit der entlarvenden Begründung eingestellt, „dass nur berechtigte Beamte der Abteilung Polizeilicher Staatsschutz auf die entsprechenden Daten zugegriffen hatten.“

Mitte der 2000er Jahre gab es in Nürnberg eine massive Outing-Kampagne der Anti-Antifa gegen die dort recht starke politische Widerstandsbewegung, die in der Veröffentlichung der angeblichen Mitgliederliste der Radikalen Linken (heute Teil der IL) samt Psychogrammen der GenossInnen gipfelte.xxxviii

Mit anderen Worten: Teilen der politischen Widerstandsbewegung in Nürnberg war Mitte der 2000er Jahre und damit vor dem Auffliegen des NSU bewusst, dass der Naziuntergrund und staatliche Stellen über direkte organisatorische Verbindungen verfügen müssen. Insofern war der Auftritt von Peter Naumann als Anti-Antifa-Fotograf in Begleitung eines Leibwächters bei einer linken Kundgebung, von der die Anti-Antifa-Nürnberg später Fotos ins Netz gestellt hat, ebenso wenig überraschend wie die damaligen Übungen von Combat 18 in den Wäldern im nahegelegenen Schwabach. Heute kann man selbst in den bürgerlichen Medien die zahlreichen Verbindungen des Naziuntergrunds in Franken nachlesen.xxxix
Die Praxis als Kriterium der Wahrheit brachte auch in diesem Fall die Gewissheit: Der bekannte Abbruch der Outing-Offensive, die Abschaltung ihrer Website und die Aufnahme der Anti-Antifa-Nürnberg als Gruppe in den bayerischen VS-Bericht sind das Ergebnis einer erfolgreichen Gegenoffensive der politischen Widerstandsbewegung, die die Existenz des tiefen Staates und die Anfang der 90er Jahre gegründete Anti-Antifaxl als Fortsetzung von Gladio unter veränderten Bedingungen verstanden und in den Kern ihrer strategischen Überlegungen gestellt hat.

Und hier schließt sich der Kreis zu Beate Zschäpe und ihrer Kenntnis der Adresse und Bedeutung des Roten Zentrums. Bodo Ramelow hat daher recht: Wir werden über Gladio im Zuge der NSU-Aufarbeitung über die bekannten, eher allgemeinen Tatsachen hinaus nichts herausbekommen, weil solche Strukturen weiterbestehen.

 

NSU-Prozess: Organisierte Vertuschung und spontane Todesfälle

Während im NSU-Prozess der 200. Verhandlungstag abgewickelt wurdexli, haben inzwischen selbst die gutgläubigsten bürgerlich-demokratischen Beobachter jede Hoffnung aufgegeben, dass dort etwas zur Aufklärung herauskommen wird. Aus dem Umfeld der „Initiative Keupstraße ist überall“xlii wird daher folgerichtig auf ein Internationales Tribunal in Anlehnung an die bekannten Russel-Tribunale in den 70er Jahren orientiert, nachdem ihre Interventionen zum NSU-Prozess im Hinblick auf eine demokratische Aufklärung frustierend verlaufen sind. Der prozessuale Trick der organisierten Vertuschung besteht in einem sogenannten „Strukturermittlungsverfahren“ der Generalbundesanwaltschaft gegen Unbekannt: „(…) die Akten bleiben völlig außen vor. In dieser Akte verschwindet alles, was die Generalbundesanwaltschaft für den Prozess als ’nicht erheblich‘ hält. Sie hat damit auch nach Anklageerhebung die Hoheit über den Prozessstoff.“xliii

Inzwischen gibt es auch neue Untersuchungsausschüsse, die aber nur noch wenig und vor allem keine qualitativ weitergehenden Details hervorbringen. So weiß man jetzt zwar, dass der Verfassungsschützer Andreas Temme alias „Klein-Adolf“ mit seinem V-Mann Benjamin Gärnter telefonierte, der – welche Überraschung – der Führung des nordhessischen Combat- 18-Ablegers ‚Sturm 18‘ angehörte, während er den NSU-Mord in Kassel nicht gesehen haben will. Aber ist das wirklich noch mehr als das zehntausendste Detail in einer sich wiederholenden Endlosschleife an Fakten angesichts der Tatsache, dass die ermittelnde Polizei schon damals davon ausging, dass „Klein-Adolf“ über Täterwissen verfügt?xliv

Spannender sind da die Nebenwirkungen des neuen baden-würtembergischen Untersuchungsausschusses, der sich u.a. mit dem völlig aus der Reihe fallenden, mysteriösesten Verbrechen des NSU – dem Mord an der Polizistin Michelle Kiesewetter – beschäftigt.

Wir erinnern uns: Laut Bundesanwaltschaft fahren zwei erprobte Nazikiller, die zu diesem Zeitpunkt über ein Arsenal von ca. 20 Schusswaffen verfügen, von ihrem konspirativen Versteck aus quer durch die Republik zum Volksfest in Stuttgart, um sich dort an zwei zufällig Pause machende Streifenpolizisten anzuschleichen, sie per Kopfschuss zu töten bzw. schwer zu verletzen, um so an ihre Waffen zu kommen. Der Onkel der getöteten Polizistin Kiesewetter, selbst beim Polizeilichen Staatsschutz tätig, spricht vom 10. Opfer der Döner-Serie; Zeugen sehen einen blutverschmierten Mann weglaufen, dessen Beschreibung auf keinen der beiden Uwes passt; das Phantom von Heilbronn wird zum Leben erweckt und widerlegt für alle Zeiten die Beweiskraft von DNA-Analysen – und das ganze Szenario wird nach einem geleakten und/oder gefakten Bericht von zufällig anwesenden amerikanischen Geheimdienstlern beobachtet.

Wir waren schon geneigt, das ganze Geschehen als absurde Paranoia zu verspotten und als billige Methode des Geheimdienstes einzuordnen, sich irgendwelcher Leichen im Keller zu entledigen, die gar nichts mit dem Naziuntergrund zu tun haben. Doch dann tauchen Zeugen auf und es kommt, als befänden wir uns nicht in der Realität, sondern in einem grottenschlechten Mafia-Action-Streifen, zum Massensterben von Zeugen, natürlich immer ohne Fremdeinwirkung:xlv

Thomas Richter alias Corelli war zentraler V-Mann des Bundesamts für Verfassungsschutz. Neben vielen anderen Aktivitäten soll er bereits 2005 eine CD mit Bildmaterial verbreitet haben, auf deren Cover ‚NSU/NSDAP‘ stand. Er hat im Zeugenschutzprogramm gelebt, bis er im April 2014 dazu befragt werden soll. Das war offenbar sein Todesurteil. Wenige Tage vor der Vernehmung stirbt er mit gerade mal 39 Jahren laut offiziellen Angaben an unerkannter Diabetes.

Florian H. hatte 2011 als 21-jähriger Naziaussteiger behauptet, er wisse, wer die Mörder von Kiesewetter seien. Für die Behörden ein offiziell wenig glaubwürdiger Aufschneider, dessen Hinweisen auf eine weitere Zelle des führerlosen Widerstandes mit dem Namen „Neoschutzstaffel“ (NSS) nicht nachgegangen werden sollte. Kurz vor einer weiteren Vernehmung verbrennt er in seinem Auto nahe der „Canstatter Wasen“ – also an dem Ort, wo auch Kiesewetter gestorben ist. Offiziell hat er sich aus Liebeskummer selbst verbrannt, angeblich wegen einer vier Wochen jungen, eher oberflächlichen Liebesbeziehung. Inzwischen ist klar, dass „der Neonazi einen Medikamentencocktail im Blut hatte, der ihn handlungsunfähig gemacht haben könnte.“xlvi

Seine damalige Freundin Melisa M. hatte große Angst und war nur gegen die Zusicherung, dass ihre Aussagen vertraulich behandelt werden, bereit, vor dem Stuttgarter Untersuchungsausschuss zu reden. Nach einem Sturz mit dem Motorrad zieht sie sich eine harmlose Prellung zu, bekommt von zwei Ärzten eine Thrombosevorsorge und stirbt am nächsten Morgen an einer tödlichen Lungenembolie. Die Rechtsmediziner finden – ihr wisst was jetzt kommen muss – „keine Anzeichen für eine wie auch immer geartete Fremdeinwirkung.“xlvii

Späte Einsichten und fortgesetzte Verdrängung – die Entwicklung der Position der deutschen Antifa

Die politische Nicht-Reaktion großer Teile der Antifa-Bewegung auf die Aufdeckung des NSU war ein einziges Desaster. Inhaltexlviii und Ablauf der mit 150 BesucherInnen überfüllten Veranstaltung ‚Kein 10. Opfer!?“ – NSU, Rechtsterror und die Rolle des Staates‘ des antifaschistischen pressearchiv und bildungszentrum e.V. (apabiz) am 4.3.2012 in Berlin als Teil einer bundesweiten Veranstaltungsserie geben gut die damalige Stimmung in der Antifa wider. Altbekannte und vor allem geschichtliche Details aus der zweiten Hälfte der 90er Jahre werden professionell referiert, der Staat und seine Rolle komplett ausgeblendet und kritische Nachfragen wegmoderiert.xlix

Jenseits der kommunistischen Bewegung (siehe z.B. Rote Aktionl, GDSli, Trotz Alledemlii) waren 2012/13 einzig die GenossInnen der operaistischen Zeitung Wildcat bereit, den Tatsachen ins Auge zu sehen und die Organisierte Autonomie aus Nürnberg (OA) die einzigen, die politisch offensiv reagiert haben.

Der Mainstream der Antifa verhalten sich wie Apabiz oder das führende Antifamagazin ‚Antifaschistische Info Blatt AIB‘liii, was die Wildcat zu folgenden treffenden Kommentar veranlasst:

Antifa in Not! (…) Im letzten Heft hatten wir behauptet, einige bürgerliche Interpretationen der ‚NSU-Affäre‘ seien radikaler als die ‚hilflose linke Kritik‘. Warum ist das so? Warum strahlt das ZDF einen Beitrag zum ‚NSU‘ aus, der wesentlich kritischer ist als das, was die Antifa von sich gibt?

Im Gegensatz zu anderen Ländern gibt es in der BRD keine ernsthafte Diskussion über den Staat im Staat – ziemlich irre angesichts der deutschen Geschichte und ihrer Kontinuitäten! Die Diskussion darüber ist dermaßen tabuisiert, dass die baden-württembergische Innenministerin Öney richtiggehend Abbitte leisten musste, weil sie (…) davon gesprochen hatte, in der BRD gebe es, so wie auch in der Türkei, einen ‚tiefen Staat‘.

Kann eine staatlich finanzierte Antifa sich aus strukturellen Gründen das vielleicht gar nicht vorstellen? Will sie sich gar nicht vorstellen, wie dieser Staat verfasst ist, und das auch gegen ihn zu kämpfen ist?

Ein Beispiel wäre der neue VS-Präsident Hans Georg Maaßen, ein typisch deutscher Bürokrat. (…) Dass dieser Mann zum neuen VS-Präsidenten gemacht wurde, ist eine deutliche Ansage! Der ‚NSU‘ ist nicht tot.“liv

Trauriger Höhepunkt des Versagens der politischen Widerstandsbewegung ist die Reinwaschung des deutschen Imperialismus in der Mobilisierung zur Demo am 13. April 2013 in München anlässlich des bevorstehende Beginns des NSU-Prozesses durch die Revolutionäre Aktion Stuttgart. Unter der Zwischenüberschrift Staatlicher Faschismus? Staatlich unterstützte Faschisten!“ heißt es:

Seit dem die faschistische Terrorzelle und die Aneinanderreihung von “Pannen“ bei der Arbeit des Verfassungsschutzes öffentlich geworden sind, werden verschiedene Interpretationsmöglichkeiten und Hintergründe diskutiert.
Offensichtlich ist die bewusste Nichtbeachtung der Faschisten durch den Verfassungsschutz. Dass der Geheimdienst nicht das ganze Ausmaß des rechten Terrors kannte mag sein, dass er gar nichts wusste scheint bei der heutigen Faktenlage aber mehr als nur unwahrscheinlich.

(…) Auf der anderen Seite deutet momentan recht wenig auf eine gezielte staatliche Steuerung der rechten Mörder. So hat keine größere Kapitalfraktionen oder der deutsche Verfassungsschutz ein objektives, direktes Interesse an faschistischen Terrorbanden, genauso wenig übrigens wie an einer allzu starken faschistische Bewegung.“lv

Keine „gezielte staatliche Steuerung der rechten Mörder“, dieser politisch falsche und sämtlichen im April 2013 bekannten Fakten widersprechende Freispruch aus berufenen Mund von revolutionären GenossInnen wird die Strategen des tiefen Staates besonders gefreut haben, beweist diese Episode doch, wie weit die ideologische Einkreisung der politischen Widerstandsbewegung gelungen ist und auch in politischen Krisenmomenten trägt.

Die Organisierte Autonomie in Nürnberg war innerhalb der politischen Widerstandsbewegung mit ihrer in gewissen Sinn zentristischen Haltung angesichts des allgemeinen Desasters fast schon vorbildlich. In der Nürnberger Szenezeitung barricada Dezember 2011 lesen wir:

Sie (gemeint sind die staatlichen Behörden, bürgerlichen Parteien und Medien; Anm. Verf.) alle hätte es wissen können, doch ihr Job bestand eben darin, rechten Terror zu vertuschen, zu verharmlosen und teilweise auch darin, diejenigen zu bekämpfen, die seriöse Informationen über Nazistrukturen, braunen Terror und das Ausmaß rechter Gewalt boten. (…)

Das ist jedoch nur ein Teil der Wahrheit und sicher nicht der bedeutendste. Die Hauptursache des ‚Versagens‘ liegt vielmehr in der Ideologie, im Geist der Mitarbeiter des Verfolgungs(Überwachungs)organe, die in der Unterschätzung der rechten Gefahr ihren Ausdruck findet, historische Wurzeln hat und auch nach Generationen noch wirkt.“lvi

Weiter heißt es in einem Meinungsbeitrag:

Wer angesichts all dessen (…) sich lückenlose Aufklärung von den staatlichen Stellen erhofft und erwartet, dass alle überlebenden Täter, ihre Komplizen sowie Hintermänner bestraft werden, der ist mehr als naiv.

(…) Wer vom Kapitalismus, vom Staat und seinen Organen nicht sprechen will, der braucht auch über den Faschismus nicht reden.“lvii

Auf dieser politischen Linie liegt dann auch die überregionale Antifademo im März 2012 unter dem Motto ‚Nazistrukturen bekämpfen! Verfassungsschutz abschaffen! ANTIFA in die Offensive!‘ wo von „Verstrickungen des Verfassungsschutz in die NSU-Morde“ gesprochen wird und davon, dass „die Nazis zwar den Abzug gedrückt haben, aber der Staat schützend hinter ihnen stand“.lviii

Kennzeichnend für die politische Linie der Organisierten Autonomie ist eine politische Inkonsequenz, die darin zum Ausdruck kommt, dass man nur das behaupten könne, was sich beweisen lässt. Da wir aber die Existenz des ‚tiefen Staats‘ und die Organisierung des NSU wie des Rassenkriegs durch ihn nicht beweisen können, beschränkt sich die Organisierte Autonomie auf die öffentlich bekannten Fakten. So ziehen die GenossInnen ausgehend von ihrer ehrlichen revolutionären Haltung zwar politisch die richtigen Schlüsse (Antifaschismus ist rot und kann nicht delegiert werden), vermeiden es aber zugleich, sich den notwendigen unangenehmen Konsequenzen zu stellen, die NSU und tiefer Staat uns aufzwingen im Hinblick auf Kader, die mit dem bürgerlichen Leben – und dazu gehört auch der linke Aktivismus – brechen, und eine klandestine revolutionäre Organisationsstruktur aufbauen.

Ähnlich wie bei der Wildcatlix, die neben der Organisierten Autonomie die einzige nicht-kommunistsche Gruppe gewesen ist, die aus dem linken Antifa-Mainstream herausbricht, die Fakten richtig einordnet, u.a. von einer ‚Transformation der Stay-Behind-Strukturen“lx spricht und dann bei einer Fragestellung LIHOP oder MIHOPlxi stehen bleibt, wird durch das Zurückschrecken vor dem letzten Schritt, nämlich der logischen Konsequenz aus der eigenen Analyse die notwendigen Schlussfolgerungen zu ziehen, ein „weiter so wie gehabt“ möglich.

Während die Organisierte Autonomie praktisch weiter gegangen ist und eine offensive Antifademo gegen den Verfassungsschutzlxii organisiert, aber theoretisch nicht über den tiefen Staat sprechen will, sind die GenossInnen der Wildcat theoretisch viel weitergehend in ihren Analysen, bleiben aber praktisch zurück, wenn sie unter dem Titel ‚Wir müssen selber die Hand anlegen‘lxiii doch wieder nur bei literarischer Tätigkeit und propagandistischer Aufklärung durch gute Einschätzungen stehen bleiben.

Eine gewisse Bresche in den Mainstream der Staatsantifa hat zwei Jahre später der Diskussionsbeitrag ‚Euro-Maidan – das laute Schweigen des Antifaschismus‘ von Hans Christoph Stoodt und Wolf Wetzel vom April 2014 geschlagen, der einige richtige und für große Teile der politischen Widerstandsbewegung schmerzhafte Fragen stellt:

Nie wurde wirklich offen, ausführlich und laut über so naheliegende und einfache Fragen diskutiert:

– wenn es wirklich stimmen sollte, daß der deutsche Staat eine faschistische Terrorzelle finanziert, mit aufgebaut, bewaffnet und gedeckt hat und bis heute deckt;

– buchstäblich milliardenfachen Grundrechtsbruch durch NSA und andere Geheimdienste, darunter auch den BND, aktiv vertuschen hilft;

– in der Ukraine im Frühjahr 2014 ohne mit der Wimper zu zucken einen neoliberal-faschistischen Block mit deutlichem positiven Bezug auf den Nazifaschismus mit an die Macht gebracht hat, um die EU im Machtkampf mit den imperialistischen Konkurrenten USA und Russland in einer guten Position zu halten

was für ein Staat ist das dann, wie definieren wir ihn in der Theorie und welche Praxis für Antifaschistinnen folgt daraus?“

Der aktuelle Diskussionsbeitrag ‚Rechter Terror in der antifaschistischen Analyse‘lxiv geht einen wichtigen Schritt weiter und fragt selbstkritisch nach den eigenen Fehleinschätzungen. Ausgangspunkt ist der nüchterne Blick auf die Realität:

Wir müssen, nach allem, was wir derzeit wissen, davon ausgehen, dass es neben dem NSU-Netzwerk weitere terroristisch aktive neonazistische Netzwerke in Deutschlands gab und gibt – deren Protagonisten bislang unbehelligt sind. (…) Und auch das ist klar: Die Bombenbauer der frühen 1990er Jahre machen weiter wie gehabt. Schließlich müssen sie nicht einmal im NSU-Komplex mit einer ernsthaften Strafverfolgung rechnen. (…) Die Agenda des nationalsozialistischen Untergrunds – wohlgemerkt nicht des Nationalsozialistischen Untergrunds – ist weitaus langfristiger, vielfältiger und gefestigter als die Behörden uns dies weismachen wollen.“

In dem Beitrag werden als zentrale eigene Fehleinschätzungen benannt, dass die Antifa davon ausgegangen sei, dass der terroristische Naziuntergrund so von V-Leuten durchsetzt sei, dass alle Informationen über geplante Anschläge rechtzeitig bei den Behörden landen und dort auch zu Aktivitäten führen würden. Im Nachhinein habe sich erste Annahme im NSU-Verfahren bestätigt, nur die zweite sei ein fataler Fehler gewesen. Ein weiterer Fehler habe darin bestanden, dass man in den 2000er Jahren in einer Phase der Vermassung und Legalisierung durch Parlamentsarbeit den bewaffneten Kampf des Naziuntergrunds nicht mehr als integralen Bestandteil einer Gesamtstrategie der faschistischen Bewegung gesehen habe.

In seltener Offenheit wird auch die Motivation für diese tödlichen Illusionen benannt:

… haben wir – und nicht nur wir – den fatalen Fehler gemacht, auf den Strafverfolgungswillen der Behörden zu vertrauen, sobald es um Waffen und Sprengstoff geht. Auch, weil wir wussten, dass antifaschistische Strukturen einer derartigen Aufrüstung der Neonaziszene nichts entgegen zu setzen hatten – außer dem Ansatz, durch Skandalisierung die Strategien und Strategen des Terror öffentlich zu machen und so Druck auf die Strafverfolgungsbehörden aufzubauen.“

Kleine Kinder reagieren auf eine Gefahr, z. B. wenn ein großer Hund auf sie zukommt, manchmal so, dass sie die Augen schließen in der Annahme, dann würde die Gefahr weg sein. Die Antifa hat ihre Augen fest verschlossen, so fest, dass die Betroffenen ihre Demo ‚Kein 10. Mord‘lxv alleine machen mussten – die Staatsantifa träumte lieber weiter von der bürgerlichen Demokratie, die doch keine Killer durch Land schickt und verschrieb sich dem business as usual. Solange man in das Aufspüren der neusten Modetrends der Naziszene seine Energie steckt und Thor-Steiner-Läden als wichtiges antifaschistisches Angriffsziel identifiziert, wird sich daran auch nichts ändern.

Es bleibt halt für den eigenen Gemütszustand angenehmer und die eigene Gesundheit zuträglicher, wenn man in der Opferberatung sozial-psychologisch tätig ist und genaue Statistiken des täglichen Rassenkriegs führt, anstatt mal zur Täterbekämpfung über zu gehen.

Die Naziterroristen sind staatlich organisierte Killer, sie haben Waffen und kennen unsere Namen, Adressen und die unserer Freunde und Angehörigen. Wir haben keine Waffen und verlieren ihre Spur, sobald sie in den Untergrund gehen, d.h. nach Ende ihrer Ausbildungszeit aktiv werden.

Was folgt aus dieser zutreffenden Situationsbeschreibung? Die Staatsantifa schließt die Augen nur noch fester, streicht Gladio aus ihrem Bewusstsein und ruft beschwörend: Das Problem ist der Rassismus. Wie diese irrationale Beschwörungsformel auch nur einen einzigen zum Töten entschlossenen Werwolflxvi stoppen soll, entzieht sich unserem Verständnis. Dem kleinen Kind kommen die Eltern zur Hilfe und vertreiben den Hund. Wir müssen das schon selbst erledigen und da hilft manchmal das logische Denken. Wir kommen jedenfalls zu ganz anderen Schlüssen, wie man mit Werwölfen umgehen muss.

Teil 2: Der „tiefe Staat“ – was er ist und wie er funktioniert

Wie der ‚Kommunistische Aufbau‘ in seiner Einschätzung der aktuellen rassistischen Massenbewegung Pegida herausgearbeitet haben, ist der tiefe Staat in Deutschland mit dem Übergang in die imperialistische Etappe Anfang des 20. Jahrhunderts entstanden:

(…) aus den hier geflochtenen Netzwerken entstanden als zwei Seiten eines untrennbaren Ganzen die deutschen Geheimdienste und die faschistische Bewegung mitsamt der NSDAP und ihrem Führer, einem früheren V-Mann einer Reichswehrbrigade. Die Arbeit dieses “tiefen Staates” bestand nicht allein in der Bildung militärischer und paramilitärischer Strukturen zur Organisation von Putschversuchen, sondern auch in der Überwachung der Stimmung in der Bevölkerung und in der ideologischen Basisarbeit.

Sie mussten dabei nicht bei null beginnen: Schon lange vor dem Ersten Weltkrieg hatten Propagandaorganisationen wie der 1890 gegründete “Alldeutsche Verband” über organisierte “Multiplikatoren” wie Lehrer, Ärzte usw. eine systematische ideologische Arbeit vor allem im Kleinbürgertum geleistet, um dort eine begeisterte Anhängerschaft für den geplanten imperialistischen Krieg heranzuziehen. In dieser Zeit ist die “völkische” Ideologie entstanden, die später von den Hitlerfaschisten zur Staatsdoktrin erhoben wurde (…)
Der Hitlerfaschismus als politisches System ist 1945 abgesetzt worden. Die Herrschaft des deutschen Finanzkapitals blieb jedoch in den westlichen Besatzungszonen – später der BRD – mit Unterstützung des US-Imperialismus ebenso erhalten wie der “tiefe Staat” in Gestalt der Geheimdienste, der Stay-Behind-Armeen der NATO und der mit ihnen vernetzten faschistischen Strukturen (vom ‚Bund deutscher Jugend‘ über die Wehrsportgruppen bis zum NSU). Politisch schaltete man blitzschnell von ‚völkischer Diktatur‘ auf ‚freiheitlich-demokratische Grundordnung‘ um. “lxvii

Der tiefe Staat ist weder mit Gladio identisch, noch beschränkt er sich darauf, politische Naziterroristen und kriminelle Mafiakiller als Reserve für die Schmutzarbeit zu organisieren. Es wäre viel zu kurz gedacht, den tiefen Staat mit Todesschwadronen gleichzusetzen. Der ‚tiefe Staat‘ ist ein sprachliches Bild, das leicht in die Irre führen kann. Es geht nämlich nicht um irgendwelche Randbereiche im Geheimdienstmilieu, die im Dunkeln verborgen die Schmutzarbeit machen, sondern um den Kern des imperialistischen Staatsapparats.

Die imperialistische Bourgeoisie hat nicht nur in Deutschland aus der Niederschlagung von Revolutionen und der Aufrechterhaltung ihrer Herrschaft über mehr als 100 Jahre wichtige strategische Schlussfolgerungen gezogen: Um ihre Herrschaft zu sichern, muss sie die Massen “mitnehmen”, d.h. ideologisch für ihre Ziele vereinnahmen. Sie macht dabei Gebrauch von verschiedenen politischen Kräften, die, wie die sozialdemokratische und faschistische Bewegung, durchaus verfeindet sein können. Wichtig ist, dass sie verschiedene Teile der Massen ins bürgerliche System integrieren. Das politische System des bürgerlichen Staates ist veränderbar und anpassungsfähig, solange der Kern – die Herrschaft der imperialistischen Bourgeoisie – gesichert ist.“lxviii

Die Herrschaftssicherung ist bekanntlich die Kernaufgabe jedes Staates in den Klassengesellschaften. Der Imperialismus ist die letzte und höchste Etappe der kapitalistischen Entwicklung. In dieser Etappe kommt es aufgrund der objektiven Entwicklungsgesetze, d.h. also auch unabhängig vom Willen der Kapitalistenklasse, zu einer extremen Zuspitzung aller Widersprüche. Um unter diesen Bedingungen die Herrschaft der imperialistischen Bourgeoisie aufrecht zu erhalten, ist es notwendig – und das ist eine geschichtlich neue Erscheinung – zumindest Teile der unterdrückten und ausgebeuteten Klassen aktiv in das System der gegen sie gerichteten Machtausübung einzubinden.

Die heutige hochkomplexe, arbeitsteilige Industrieproduktion würde z.B. innerhalb weniger Stunden, spätestens einiger Tage komplett zusammenbrechen, wenn nicht Millionen ausgebeuteter LohnarbeiterInnen weltweit dazu gebracht werden, nicht nur notgedrungen Befehle auszuführen, sondern freiwillig mit ihrem Wissen und Engagement die globalen Wertschöpfungsketten am Laufen zu halten. Wenn man nicht – egal unter welchen Vorzeichen – die Massen ideologisch gewinnt, kann man unter den heutigen Bedingungen der Kriegsführung keine kampfkräftige Massenarmee aufbauen und zusammenhalten, selbst wenn man die Staatsmacht unangefochten innehält.

Die Überwachung der Stimmung in den Massen und die ideologische Basisarbeit zu ihrer Beeinflussung ist daher eine zentrale Aufgabe des imperialistischen Staatsapparats und seiner Kernstrukturen des tiefen Staats. Gemäß seinen strategischen Interessen ist der Imperialismus dabei sehr flexibel und greift die objektive Dialektik der gesellschaftlichen Entwicklung, die sich im Bewusstsein der Massen in widersprüchlichen politischen Haltungen und Weltanschauungen widerspiegelt, geschickt auf.


„Die faschistische Ideologie kann gemäß unterschiedlicher imperialistischer Interessenlagen im Gewand des Antisemitismus oder der Israel-Verherrlichung daherkommen; im Gewand des Antiislamismus oder des jüdischen, christlichen oder islamischen Fundamentalismus. Sie kann den “Führerstaat” oder “mehr direkte Demokratie” fordern, wie es Vordenker der AfD bei der neurechten “Jungen Freiheit” heute tunlxix. Entscheidendes, verbindendes Element ist der Antikommunismus, die Vernebelung des Klassenkampfes durch die idealistische Konstruktion von Identitäten und Feindbildern, die Mobilisierung für den Krieg entlang dieser “Feindlinien” und die bedingungslose Unterordnung unter das bürgerliche System, verbunden mit dessen Verherrlichung: Ob unter Betonung des Staates oder des freien Unternehmers, ob in der Form der “neoliberalen” Verherrlichung des Bankenwesens oder seiner scheinbaren Verteufelung als “raffendes Kapital”. Sie ist – anknüpfend an die Faschismus-Definition der Kommunistischen Internationalelxxdie bürgerliche Ideologie in ihrer offensivsten, für die Ziele der reaktionärsten, am meisten chauvinistischen, am meisten imperialistischen Elemente des Finanzkapitals direkt mobilisierenden Form.

(…)
In die oben entwickelten Zusammenhänge müssen PEGIDA, HoGeSa und die Partei AfD als neu entstandene Erscheinungsformen der faschistischen Bewegung ebenso eingeordnet werden wie der “Islamische Staat” und die salafistische Bewegung.

Das Wechselspiel von islamischem Fundamentalismus und “Verteidigung der christlich-abendländischen Kultur” ist keine Neuerscheinung des Jahres 2014 gewesen, sondern Ergebnis einer strategischen Neuausrichtung der westlichen Imperialisten nach der erfolgreichen Zerschlagung des Ostblocks. Der Kampf um die imperialistische Neuaufteilung der Welt trat zu dieser Zeit – Anfang der 1990er Jahre – in eine neue Phase, in der einerseits die Widersprüche innerhalb der NATO-Mächte an Bedeutung zunahmen, andererseits der chinesische Imperialismus als ihr aufstrebender Konkurrent verstärkt auf den Plan trat. Der Region des Nahen und Mittleren Ostens kommt in dieser Phase – nach wie vor – eine geostrategische Schlüsselrolle zu.
Für die Strategie der imperialistischen Mächte war und ist es weiterhin entscheidend, 1. revolutionäre und antiimperialistische Bestrebungen ebenso zu unterminieren und unter Kontrolle zu bringen wie die unterschwelligen gesellschaftlichen Gärungsprozesse sowohl in den abhängigen Ländern als auch in den imperialistischen Zentren und 2. die eigenen und fremde Bevölkerungen für ihre aggressiven Ziele im Krieg um die Neuaufteilung der Welt zu mobilisieren. Dazu organisieren sie eine – heute stärker als je zuvor international angelegte und
vielfältige, d.h. auf teils entgegengesetzte reaktionäre, faschistische Strömungen setzende – ideologische Arbeit unter den Massen zur Verinnerlichung dieser Ziele. Und sie schaffen die entsprechenden politischen und militärischen Organisationen bzw. versuchen sich solche unterzuordnen, die bereits bestehen.

Eine ideologische Formulierung für diese neue strategische Gesamtausrichtung der westlichen Imperialisten lieferte bereits 1993 der Berater des US-Außenministeriums Samuel Huntington mit seiner These vom “Clash of Civilizations”: Ein grundsätzlicher Konflikt zwischen verschiedenen “Kulturräumen”, vor allem dem westlichen, chinesischen und islamischen, werde in Zukunft die politische Weltordnung bestimmen.“lxxi

Weil verschiedene Teile der unterdrückten und ausgebeuteten Massen mit unterschiedlichen Mitteln angesprochen werden müssen und auch auf durchaus verschiedenen politischen Grundlagen ans bürgerliche System gebunden werden, sind Vertuschung (NSU-Komplex) und Aufklärung (Oktoberfest-Bombe) auch kein Widerspruch, sondern zwei Seiten derselben Medaille.

Die demokratische gesinnten Teile der Massen, insbesondere das aufgeklärte Bildungsbürgertum, welches heute im übrigen in seiner Mehrheit einer Lohnarbeit nachgeht und damit in einem seit 100 Jahren andauernden Prozess proletarisiert wird, müssen wieder ideologisch ans bürgerliche System gebunden werden. Dazu ist es notwendig, dass sie weiterhin an die Demokratie „glauben“ können. Der in Deutschland, dessen Bürgertum es bekanntlich nie zu einer Revolution gebracht hatte, tief im bürgerlichen Bewusstsein verankerte moralische Impuls des protestantischen Reformators Martin Luthers im Umgang mit den Herrschenden, – „hier stehe ich und kann nicht anders“ – dessen praktisch radikalste Handlung das Anschlagen von Thesen bleibt und politisch immer auf eine Verständigung mit den „vernünftigen“ Teilen der Unterdrücker orientiert, wird so weiter verfestigt.

Den proletarischen Massen, insbesondere in jenen unteren Schichten, wo die untergründigen Gärungsprozesse soweit fortgeschritten sind, dass spontane Aufstände in den sozialen Brennpunkten jederzeit ausbrechen können, wird durch die Art der Vertuschung (inszenierte, technisch unmögliche Selbstmorde; Zeugensterben usw.) eine klares Signal gegeben: Wer aufmuckt wird liquidiert. Wir haben die Macht und können alles mit euch tun.

Die politische Widerstandsbewegung und kritische Intellektuelle können sich an den zehntausend Widersprüchen der Vertuschung abarbeiten, Fakten sammeln, den Rassismus im Repressionsapparat dokumentieren und sogar den einen oder anderen folgenlosen Reformvorschlag für den politisch korrekten Umgang der Cops bei racial profiling in den potenziellen Aufstandsgebieten in den Diskurs einbringen. So werden diese Teile der Massen beschäftigt und ans System gebunden. Vor allem wird die – aus Angst vor den Konsequenzen für das eigene Leben – so tief verwurzelte Illusion in eine politische Protesthaltung („Aktivismus“) am Leben erhalten, wo sie durch die Realität des Staatsterrorismus politisch schon längst zerstört worden ist.

Gleichzeitig arbeitet der tiefe Staat vor dem Hintergrund des bevorstehenden imperialistischen Kriegs um die Neuaufteilung der Welt aktiv an seiner „Legalisierung“. Genauso wie bei der inszenierten Debatte mit dem Frankfurter Polizeifunktionärs Daschner um das Aufweichen des Folterverbots in „Extremsituationen“ vor einigen Jahren, geht es bei der Aufklärung des Staatsterrorismus heute auch um seine Normalisierung und letztendlich Legalisierung. Ist ja auch affig, dass der deutsche Imperialismus seine Gegner immer per absurden Selbstmorden beseitigen muss. Der Mossad legt Hamas-Funktionäre ganz öffentlich um und auch die amerikanischen, britischen und französischen Geheimdienste können da viel freier agieren. Wir gehen davon aus, dass das klandestin arbeitende „Kommando Spezialkräfte“ (KSK) der Bundeswehr – einer Elitetruppe, die sich in die Tradition der „Brandenburger“-Einheit der Wehrmacht stelltlxxii und über einen eigenen Geheimdienst verfügt – zumindest Teilfunktionen von „Gladio“ heute in legalisierter Form weiterführt.

Erreicht wurden im Zuge der NSU-Aufarbeitung einige wichtige Zwischenziele bei der weiteren Faschisierung des imperialistischen Staatsapparates. Dazu zählt die im Zuge der Reform der Geheimdienste erfolgte Zentralisierung des Repressionsapparats und die Stärkung der zentralen Institutionen (BND, Bundesamt für Verfassungsschutz, BKA und Generalbundesanwaltschaft) zu Lasten der regionalen und lokalen Behörden wie gegenüber der politische Ebene in den Parlamenten. Auch der Fall des früheren NSU-Ausschussvorsitzenden Edathy hat klargemacht, wer im Staat herrscht – nämlich der tiefe Staat als Kernstruktur des imperialistischen Staatsapparats – und was mit politischen Funktionsträgern passiert, die egal aus welchem Grund und sei es nur um der eigenen Profilierung und Karriere wegen aus der Reihe tanzen: Hat Edathy möglicherweise als Ausschussvorsitzender, der für seinen Einsatz in dieser Funktion ausdrücklich öffentlich gelobt wurde und schon als Minister für die Große Koalition gehandelt wurde, zu viele unangenehme Fragen gestellt und wurde deshalb mit einem fingierten Kinderporno-Verdacht politisch liquidiert?

3 ½ Jahre nach dem Auffliegen des NSU ist die faschistische Bewegung lebendiger und stärker denn je. Die rassistischen Massenmobilisierungen der PEGIDA mögen in vielem an die frühen 1990er Jahre erinnern. Aus Sicht der faschistischen Kader muss jedoch ein anderer historischer Vergleich herangezogen werden. Die Nazikader agieren mit PEGIDA und HOGESA usw. nämlich nicht wie Anfang der 90er Jahre im Osten in einer sozialen Umbruchsituation in einen teilweise für sie staatsfreien Raum, sondern haben es erstmalig seit dem Kampf gegen die Entspannungspolitik und Ostverträge Ende der 1960er Jahre geschafft, sich in einer Massenbewegung zu verankern und so ihre politische Isolation zu durchbrechen.

Sie treiben den Aufbau ihrer Bewegung auf allem Ebenen voran, von dem Aufbau der national-konservativen AfD, den andauernden Massenmobilisierungen im Kampf auf der Straße bis hin zur Intensivierung des bewaffneten Kampfes im Rassenkrieglxxiii.

Gleichzeitig wird von Seiten des Staates unter dem Schlagwort ‚urban warfare‘lxxiv die Anpassung der militärischen Kapazitäten und Ressourcen an die kommenden Notwendigkeiten vorangetrieben. Dazu zählt die Militarisierung der Polizei mit der im März vom Bundesinnenminister angekündigten Schaffung einer 500 Mann starken militärisch ausgerüsteten Polizeispezialeinheitlxxv. Dazu zählt aber auch, dass die mit einem Anteil von 50% maßgeblich von der Bundeswehr gestellte, gegen Russland gerichtete, neue NATO-Speerspitze ‚Very High Readniss Joint Task Force‘ als Aufstandbekämpfungstruppe organisiert wird, deren Einsatzspektrum die hybride Kriegsführung von Ausforschung der Stimmung in der Bevölkerung, über ‚crowd controll‘ (Auflösung von Demonstrationen), den Umgang mit Flüchtlingsströmen und Zusammenbruch staatlicher Infrastruktur (Hungersnöte), den Kommunikationskrieg einschließlich der immer wichtiger werdenden Handhabung der sozialen Netzwerke über Bekämpfung von als Guerilla handelnder Aufständischer bis hin zur komplexen konventionellen Kriegsführung gegen modernste Armeen reicht.lxxvi

Proletarischer Antifaschismus und revolutionärer Klassenkampf

Der deutsche Imperialismus ist also, was den tiefen Staat als Kernbereich seines Machtapparats angeht, gut aufgestellt. Er gibt sich damit aber nicht zufrieden, sondern treibt die Faschisierung auf allen Ebenen zielstrebig voran. Das ist keine Reaktion auf eine akute Herausforderung seiner Macht, sondern eine präventive Aktion. Er bereitet sich offensichtlich auf Szenarien vor (größere zwischen-imperialistische Kriege; Wirtschaftskrisen, deren Folgen nicht mehr durch Abwälzung der Lasten in die europäische Peripherie abgefangen werden können; größere Unruhen im Inneren wie auch Aufstände in den von ihm besetzten bzw. beherrschten Gebieten), die in der politischen Widerstandsbewegung im Allgemeinen als undenkbar gelten.

Warum handelt der deutsche Imperialismus so? Ganz einfach deshalb, weil die Herrschenden die sich verschärfenden Widersprüche in der allgemeinen Krise des Kapitalismus sehr klar sehen und wissen, dass es so, wie es in den letzten 70 Jahren gewesen ist, nicht weitergehen kann und wird. Wir teilen diese Sicht! Deshalb müssen wir in unseren Überlegungen, was wir dem entgegensetzen, von folgendem Widerspruch ausgehen:

Aktuell ist der Feind scheinbar unendlich stark, sein System sitzt scheinbar unangefochten fest im Sattel und die Verhältnisse sind sehr stabil. Tatsächlich müssen wir aber von der strategischen Schwäche des Imperialismuslxxvii und der sprunghaften und hochdynamischen Entwicklung der Verhältnisse ausgehen – also genau dem Gegenteil dessen, was unserer tagtäglich erlebten Erfahrung entspricht.

Dass der Feind sich auf die Kriegsführung in städtischen Ballungsgebieten auch innerhalb Deutschlands vorbereitet, bedeutet dialektisch eben auch, dass die Bedingungen heranreifen, dass so etwas passieren kann.

Mit dieser Gewissheit im Hinterkopf können wir an die Frage herantreten, wie wir den antifaschistischen Kampf entwickeln können und wir wir ihn mit dem revolutionären Klassenkampf verbinden müssen.

Bereits im Juni 1923 entwickelte Clara Zetkin vor dem Erweiterten Plenum des Exekutivkomitees der Kommunistischen Internationale ihre – heute leider viel zu wenig beachtete – Analyse des italienischen Faschismus, in der sie diesen von den früheren Formen des bürgerlichen weißen Terrors gegen die Arbeiterbewegung unterschied:

Anders ist es beim Faschismus. Er ist keineswegs die Rache der Bourgeoisie dafür, daß das Proletariat sich kämpfend erhob. Historisch, objektiv betrachtet, kommt der Faschismus vielmehr als Strafe, weil das Proletariat nicht die Revolution, die in Rußland eingeleitet worden ist, weitergeführt und weitergetrieben hat. Und der Träger des Faschismus ist nicht eine kleine Kaste, sondern es sind breite soziale Schichten, große Massen, die selbst bis in das Proletariat hineinreichen. Über diese wesentlichen Unterschiede müssen wir uns klar sein, wenn wir mit dem Faschismus fertig werden wollen. Wir werden ihn nicht auf militärischem Wege allein überwinden – um diesen Ausdruck zu gebrauchen -, wir müssen ihn auch politisch und ideologisch nieder ringen.“lxxviii

Diese Erkenntnis, dass der Faschismus und der tiefe Staat nicht allein auf militärischem Weg überwunden werden können, müssen wir zum Leitfaden für unser Handeln machen, gerade weil der notwendige antifaschistische Selbstschutz (und dazu zählt auch die Ausschaltung von Werwölfen wie z.B. dem Massenmörder Breivik) sich offensichtlich nicht nur auf die Blockade von Naziaufmärschen und Nachtwachen mit Feuerlöscher in potentiellen Anschlagszielen beschränken kann.

Ideologisch und politisch niederringen können wir den Faschismus nur, wenn wir eine kommunistische Massenarbeit entwickeln, die den Faschisten (egal welcher Coleur, also z.B. auch islamische Fundamentalisten und türkische Nationalisten) ihre Rückzugsräume streitig macht und ihre soziale Basis entzieht. Wir brauchen also eine Strategie zur politischen Eroberung der fränkischen Dörfer und ostdeutschen Plattenbauten ebenso wie eine Antwort auf die Frage, wie wir – und nicht die islamischen Fundamentalisten – die migrantischen Jugendlichen in Nord-Neuköln organisieren.

Ein Vorschlag, der Ausgangspunkt für weitere Diskussionen, die auch die wichtigen Erfahrungen der revolutionären und kommunistischen GenossInnen in Ostdeutschland aufnehmen müssenlxxix, wurde kürzlich vom ‚Kommunistischen Aufbau‘ vorgelegt:

Antifaschistische Arbeit muss die Gesamtstrategie der Bourgeoisie ins Visier nehmen: Faschistische Stimmungen entstehen nicht “in den Massen”, sondern werden von der Bourgeoisie organisiert in sie hineingetragen. Sie sind Teil der Sicherung der imperialistischen Machtausübung.

Antifaschistische Arbeit muss eine ideologische Gegenarbeit enthalten.
Antifaschistische Arbeit kann nur erfolgreich sein, wenn sie begriffen wird als Teilkampf im revolutionären Krieg gegen das imperialistische System. Dieser Krieg findet auf allen Ebenen – politisch, ideologisch und militärisch – statt. Einen solchen Krieg gewinnt man nicht mit autonomen, auf Teilbereiche fixierten Organisationsstrukturen. Für diesen Krieg bedarf es einer politischen Führung, die alle Teilbereiche des Kampfes gemäß einer revolutionären Strategie und Taktik miteinander verbindet. Eine solche Führung kann nur eine kommunistische Partei sein.

(…)

Antifaschistische, revolutionäre, kommunistische Arbeit muss in den Massen stattfinden: Wir möchten daher unter dem Arbeitstitel „proletarischer Antifaschismus“ einige konkrete Ansätze zur heutigen antifaschistischen Arbeit vorschlagen, welche die seit den 80ern vorherrschende Bündnisarbeit der politischen Widerstandsbewegung in die ihr gebührende zweite Reihe verweisen und den Schwerpunkt auf verschiedene Formen der Massenarbeit legen sollen. Wir möchten die positiven Ansätze aufgreifen, mit denen manche Teile der autonomen, Antifa- und auch der Flüchtlingsbewegung heute schon die Kämpfe mit einer Arbeit z.B. im Stadtteil verbinden. Diese Ansätze müssen dahingehend weiterentwickelt werden, dass wir den Klassenkampf innerhalb der Arbeiterklasse organisieren:

  1. Antifaschistische Arbeit muss sich auf die vom Faschismus zuerst Betroffenen stützen. Selbst wenn unsere Kräfte schwach sind, müssen wir ernsthafte Schritte in diese Richtung tun. Nachdem HoGeSa in Köln mehr als 40 antirassistische Passanten verletzt und unmittelbar hinter dem Kölner Hauptbahnhof mindestens ein Restaurant zerstört hatte, ist zumindest unseres Wissens nach keine ernsthafte Initiative von Revolutionären ausgegangen, die enttäuschten Hoffnungen auf das Eingreifen des Staats und die Wut der Menschen dort aufzugreifen.
  2. Zu den Betroffenen gehören die Nachbarn im Stadtviertel, die KollegInnen am Arbeitsplatz und viele weitere Menschen, mit denen wir alltäglich in Berührung kommen. Warum nicht im eigenen Stadtviertel oder Betrieb anfangen, eine langfristige Arbeit zu entwickeln, die sich gegen die alltäglichen Schikanen am Arbeitsplatz und im Haus, gegen Überstunden und Mieterhöhungen ebenso richtet wie gegen die ideologische Faschisierung, die uns weismachen will, die “Ausländer” oder Muslime wären daran schuld oder ihnen ginge es besser. Eine Arbeit, bei der wir Verbindungen über religiöse und nationale Grenzen hinweg aufbauen und z.B. gemeinsam mit unseren Nachbarn Kontakt zu den BewohnerInnen des nächsten Flüchtlingsheims knüpfen?
  3. Die Selbstbezogenheit der fortschrittlichen Kräfte in Deutschland ist sicher eine Schwäche, die auch uns KommunistInnen betrifft. In der sogenannten Antifa-Bewegung ist diese Selbstbegrenzung auf Bündnisarbeit – beispielsweise, um Nazi-Aufmärsche zu blockieren – besonders schwerwiegend: Weil in diesem Bereich nämlich noch leichter als in anderen Arbeitsfeldern (verglichen z. B. mit der heutigen antimilitaristischen Arbeit) der Schritt aus der Szene heraus gemacht werden kann.
  4. Jeder der bereit ist, sich die Konsequenzen der Indizien und Beweise für die staatliche Beteiligung am NSU vor Augen zu führen, muss erkennen, dass der demokratische bürgerliche Staat als Schutz gegen faschistischen Terror aller Art nicht in Frage kommt. Es gilt also, den Kräften und Verhältnissen entsprechend den antifaschistischen Selbstschutz in der Bewegung, im Stadtteil und im Betrieb zu propagieren und zu organisieren.
  5. Die einseitige Fixierung auf „deutsche“ Faschisten muss aufgebrochen werden. Türkische, griechische, islamistische Faschisten usw. müssen ebenfalls von einer konsequenten Antifapolitik ins Visier genommen werden. Wir werden uns sonst schnell in der Situation wiederfinden, dass die „deutschen“ Faschisten glaubwürdig behaupten können, sie seien die einzigen, die hierzulande etwas gegen den „Fundamentalismus“ tun würden.
  6. Auch in diesem Feld muss es uns, um langfristig erfolgreich zu sein, darum gehen, den Kampf nicht nur gegen die “klassische” faschistische Ideologie zu führen. Die faschistische Ideologie ist, wie oben entwickelt, vielfältig, nimmt verschiedene Formen an. Und der Faschismus ist nur eine von vielen bürgerlichen Ideologien. Letztlich ist der einzig effektive und konsequente Weg, ein massenhaftes Übergehen von sich selbst als sozialdemokratisch, liberal oder unpolitisch betrachtenden Ḿassen in das Lager der Faschisten zu verhindern, die proletarische, kommunistische Ideologie an ihre Stelle zu setzen und in Verbindung mit der Organisierung des Widerstands in den Massen zu propagieren.
  1. Die in den 80er Jahren etablierte, auf verschiedene Teilbewegungen fixierte Praxis der fortschrittlichen Kräfte muss aufgebrochen werden. Antifa muss mit Antira (Antirassismus) verbunden werden. Im Konkreten muss die noch immer starke Flüchtlingsbewegung mit dem Kampf gegen PEGIDA verbunden werden.“lxxx

Diese Punkte sind richtig. Besonders hervorheben möchten wir, dass der antifaschistische Kampf gerade auch in den Betrieben und Industriegebieten geführt werden muss. Auch wenn die Faschisten heute noch in der Regel im Betrieb nicht offen in Erscheinung treten, so verfügen sie doch häufig über gefestigte Netzwerke sozialer Beziehungsgeflechte, in denen sie ihre Propaganda verbreiten. Spätestens dann, wenn sich klassenkämpferische KollegInnen jenseits der gelben Gewerkschaften anfangen zu organisieren, wird meistens schnell klar, dass die Faschisten schon längst vor uns im Betrieb waren und sich eine Basis geschaffen haben, die im Kampf gegen uns und alles, was irgendwie links ist, mobilisiert werden kann. Die Industriegebiete als weißen Fleck im antifaschistischen Kampf halten wir strategisch für noch dramatischer als die reaktionären Rückzugsräume und national befreiten Zonen in der Provinz. Schon Lenin wusste bekanntlich, dass „Jeder Betrieb unsere Festung sein muss“ und hat auch überzeugend dargelegt, warum das so ist. Ohne die Säuberung der Betriebe von den FaschistInnen werden wir die ArbeiterInnenklasse nie erobern können, selbst wenn wir den Schritt in die proletarischen Stadtteile schaffen.

Den Kapitalismus bekämpfen heißt den Kampf gegen den tiefen Staat führen. Wir denken, dass die Debatte unter den revolutionären Kräften in Deutschland über die hier entwickelten Zusammenhänge – über Strategie und Taktik der Bourgeoisie und ihrer Geheimdienste, über „faschistischen“ Terror und „demokratische“ Manipulation und über unsere politische, ideologische und militärische Gegenstrategie dringend geführt werden muss. Wir verstehen den vorliegenden Artikel mit den abschließenden Thesen daher als Aufschlag zu einer Diskussion über den proletarischen Antifaschismus.

i‚Aufklärung unerwünscht – 200 Tage NSU-Prozess: Opferanwälte werfen Anklägern vor, systematisch Erkenntnisse zurückzuhalten. Neonazis und Geheimdienstler lügen ungestraft‘, in: Junge Welt, 24.04.2015

iiVgl. dazu Daniel Ganser, „NATO-Geheimarmeen in Europa“, orell füssli (2008)

iiiSiehe hierzu u.a.: „Die Krise des Imperialismus und der ‚Europäische Frühling‘, Verlag Leo Jogiches, S. 60 ff.

iv www.br.de/presse/inhalt/pressedossiers/der-blinde-fleck-116.html

vDer politische Zweck dieses Massenterrors wird heute in den bürgerlichen Medien ganz offen und selbstverständlich ausgesprochen, wobei die wirklichen Urheber und Hintermänner nicht benannt werden: „Das Attentat fällt zusammen mit der Endphase des Wahlkampfes. Bundeskanzler Helmut Schmidt (SPD) gegen Franz Josef Strauß. Das Thema innere Sicherheit ist nach dem RAF-Terror das Thema des Herausforderers von der CSU. Gleich nach dem Attentat nennt Strauß Bundesinnenminister Gerhart Baum (FDP) einen ‚Unsicherheitsminister‘. Baum habe ’schwere Schuld auf sich geladen‘, weil er den Terrorismus verharmlost habe.“ Zitiert nach: ‚Spätfolgen‘, Hintergrundreportage im Tagesspiegel vom 12.04.2015.

viWesentliche Informationen zur NATO Stay-Behind-Geheimarmee Gladio sind auf dem Blog www.operation-gladio.net dokumentiert. Immer noch als Grundlagenwerk zum Thema kann das Buch des Schweizer Gladio-Forschers Prof. Daniele Ganser ‚NATO-Geheimarmeen in Europa – Inszenierter Terror und verdeckte Kriegsführung‘, Orell Füssli, Zürich 2008 gelten. Sehr empfehlenswert, weil es Informationen zur aktuellen Situation in den 1980er Jahren wiedergibt, ist auch Kapitel 13 ‚NATO-Organisation Gladio: Geschichte, Aufgaben und Struktur‘ in Tobias von Heymann, Die Oktoberfest-Bombe.

viiisiehe dazu den Abschnitt ‚Wiederaufnahme der Ermittlungen‘ auf wikipedia, http://de.wikipedia.org/wiki/Oktoberfestattentat

xiSiehe die ersten Minuten der Reportage ‚Attentäter – Einzeltäter? Neues zum Oktoberfestattentat‘

xiiDer BKA-Sprengstoffexperte Gerd Ester bestätigt heute, was ihm und allen Ermittlern auch damals klar gewesen ist, aber geheim bleiben musste, nämlich dass Köhlers Hand bei der Explosion atomisiert wurde. Da die Hand keinem der zahlreichen Opfer zugeordnet werden konnte, ist klar, dass sie zu einem direkt beteiligten Unbekannten gehört, der offensichtlich gute Gründe hatte zu verschwinden und sich nicht zu melden; siehe ‚Attentäter – Einzeltäter? Neues zum Oktoberfestattentat‘ ab Minute 6:10

xiii‚Spätfolgen‘, Hintergrundreportage im Tagesspiegel vom 12.04.2015

xivSiehe dazu Tomas Lecorte, ‚Die Umtriebe des Karl-Heinz Hoffmann‘, in: Antifaschistisches Infoblatt (AIB) Nr. 105, Winter 2014, S. 16f sowie Tobias von Heymann, Die Oktoberfest-Bombe, a.a.O., Unterkapitel ‚Walter Ulrich Behle: Das Geständnis in Syrien und die zweite Bombe‘, S. 282 bis 287

xvTobias von Heymann, Die Oktoberfest-Bombe – München, 26. September 1980 – Die Tat eines Einzelnen oder Terror-Anschlag mit politischem Hintergrund?; NORA Verlagsgemeinschaft Dyck & Westererheide; 1. Auflage 2008

xviHeymann, Oktoberfest-Bombe, a.a.O., S. 520

xviiWolf Wetzel, ‚Der neonazistische Terroranschlag auf das Oktoberfest in München 1980 wirft lange Schatten – bis in die Gegenwart‘, auf dem Blog Eyes Wide Shut; www.wolfwetzel.wordpress.com/2015/02/13/der-oktoberfestanschlag-in-munchen-1980-und-der-staatseigene-untergrund/

xviiiIn Wikipedia wird unter dem Stichwort Indizienprozess ausgeführt: In einem Indizienprozess versucht die Staatsanwaltschaft den Richter von der Schuld des Täters mittelbar durch Indizien zu überzeugen. Ein Indiz für sich alleine genommen reicht dabei nicht zur Verurteilung aus. Es gibt Fälle, in denen die Summe der Indizien (Indizienkette und Indizienreihe) ein derartiges Gesamtbild ergibt, dass ein Gericht die Täterschaft eines Beklagten mit voller Überzeugung feststellt.“ www.de.wikipedia.org/wiki/Indizienprozess
Daraus ergibt sich dann die folgende Definition des Indizienbeweises:
„Ein Indizienbeweis in einem Gerichtsverfahren liegt vor, wenn von dem Vorliegen einer oder mehrerer Tatsachen (Indiztatsachen) auf die eigentlich zu beweisende Haupttatsache logisch geschlossen werden kann. Die Indiztatsachen müssen im Prozess voll bewiesen sein, also zur Überzeugung des Gerichts feststehen. Zum Beweis dienen alle herkömmlichen Beweismittel.“ www.de.wikipedia.org/wiki/Indizienbeweis

xixHeymann, Oktoberfestbombe, a.a.O. S. 365

xxHeymann, Oktoberfestbombe, a.a.O. s. 389f

xxiSiehe dazu Heymann, Oktoberfestbombe, a.a.O. Kapitel 15 ‚Die Stasi und der Terrorismus‘ und insbesondere S. 459 bis 482 ‚Die Stasi-Akte Odfried Hepp: Ein Neonazi als Inoffizieller Mitarbeiter des MfS

xxiiHeymann, Oktoberfestbombe, Kapital 14, Heinz Lembke: Sein Waffenlager, sein Umfeld und die ‚Gruppe 27‘

xxiiiAllein in den 88 im Oktober 1981 ausgehobenen Kisten, die nur einen Teil des Gesamtbestandes umfassen, befinden sich u.a. 156 kg Sprengstoff, 13.520 Schuss Munition, 50 Panzerfäuste, aber auch für einen Feld-, Wald- und Wiesennazi so unbrauchbare Dinge wie 3 ABC-Schutzausrüstungen; siehe detaillierte Liste im Spiegel vom 9.11.1981, S. 30, ‚Es ist Wolfszeit‘ zitiert nach Heymann a.a.O. S. 439

xxivSiehe Karte S. 450 bei Heymann, Oktoberfest-Bombe

xxv Wolf Wetzel, Der neonazistische Terroranschlag auf das Oktoberfest, a.a.O.

xxvi Siehe Heymann, Oktoberfestbombe S. 442 mit Nachweisen zu Eckart Spoo, ‚Oberfeldwebel lieferte Neo-Nazi Waffen ins Walddepot, in: Frankfurter Rundschau vom 18. Januar 1983. So hat der Generalbundesanwalt erklärt: „Heinz Lembke habe die Waffenlager angelegt, ‚um im Falle einer <Intervention aus dem Osten einen Partisanenkrieg führen zu können>.“

xxvii„Die Killerbande von Brabant ist eine Gruppe, die gemeinhin für das Massaker von Brabant verantwortlich gemacht wird. Hierbei handelt es sich um eine Serie gewalttätiger Angriffe, die zwischen 1982 und 1985 in der belgischen Provinz Brabant stattfanden und 28 Todesopfer und über 20 Verletzte forderten. (…) Die Gruppe führte die bewaffneten Überfälle auf Restaurants, Einzelhändler, Supermärkte und ein Waffendepot mit beinahe militärischer Präzision aus. Die Täter erschossen dabei jeweils wahllos und kaltblütig mehrere unbeteiligte Menschen. Dies führte in der Öffentlichkeit zu dem Verdacht, dass die Vorfälle ein Versuch sein könnten, das Land gezielt zu destabilisieren. In diesem Zusammenhang wurde die Belgische Gendarmerie (Rijkswacht), eine Polizeiformation, die teilweise dem belgischen Verteidigungsminister unterstand, verdächtigt. Die bei den Morden verwendeten Tatwaffen waren teilweise aus einem Waffendepot der Polizei gestohlen worden.“, zitiert nach www.de.wikipedia.org/wiki/Killerbande_von_Brabant
Siehe dazu auch www.spiegel.de/einestages/raetselhafte-mordserie-a-946889.html sowie die Besprechung des alle Fakten zusammentragenden Buches ‚Tueries du Brabant‘ des investigativen Journalisten Guy Bouten in GrenzechoNET, www.grenzecho.net/ArtikelLifestyle.aspx?a={A77F397A-2FEB-4803-A7FF-94C405441638}&prn=1

xxviiiIn der an sich schon sehr lehrreichen, dreiteiligen BBC-Dokumentation zu Gladio gibt es eine bemerkenswerte Schlüsselstelle, wo ein Angehöriger der belgischen Gladio-Struktur über einige der regelmäßig erhaltenen Aufträge berichtet. Ein Vorgehen, welches sich im übrigen mit den Erkenntnissen der Stasi zur Funktionsweise von Gladio deckt. U.a. hatte der Mann Supermärkte einschließlich geeigneter Fluchtwege auszukundschaften, die später von den Killerbande von Brabant überfallen wurden. „Da hat man sich schon so seine Gedanken gemacht.“;

xxix Siehe dazu nachfolgende Stelle bei Tobias von Heymann, Die Oktoberfest-Bombe, a.a.O., S. 217f bzw. die dort angegeben Quelle für das Strauss Interview bei Japs, Gode: Heuchelei oder Demagogie, In: Vorwärts, Nr. 42 vom 9. Oktober 1980:
„Zwei Monate nach dem Verbot spricht der französische Journalist Bernhard Völker Bayerns Ministerpräsident Franz Josef Strauß (CSU) im März 1980 noch einmal auf das Verbot der Wehrsportgruppe an: ‚Heutzutage gibt es (in der Bundesrepublik) keine Gefahr mehr von rechts, weder im Augenblick noch in der nahen Zukunft … Wenn niemand von diesen Verrücktem (Hoffmann) spräche, man würde seine Existenz überhaupt nicht bemerken … Mein Gott, wenn jemand Spaß daran hat, am Sonntag mit einem Rucksack und im Kampfanzug mit Koppelschloss durchs Gelände zu spazieren, soll man ihn in Ruhe lassen … Hoffmann hat sich nichts zu schulden kommen lassen.“

xxx Siehe dazu Pier Bakker Schut, ‚Stammheim – Die notwendige Korrektur der herrschenden Meinung‘, Neuer Malik Verlag Kiel, 1986

xxxi Siehe z.B. die Darstellung der Bundeszentrale für politische Bildung zu ‚Rechtsterrorismus‘, wo zu Peter Naumann u.a. steht: „ Kurz danach führt er Beamte des Bundeskriminalamtes sowie ein Team des ARD-Fernsehmagazins Panorama zu zehn mit Waffen und Sprengstoff gefüllten Erddepots in Hessen und Niedersachsen. Nach seinen Angaben stammen sie von Anfang der 80er Jahre, die genaue Geschichte wurde nie geklärt.“ http://www.bpb.de/politik/extremismus/rechtsextremismus/167786/zeitleiste-rechtsterrorismus

xxxiiSiehe dazu seinen weiteren Lebensweg z.B. unter www.de.wikipedia.org/wiki/Peter_Naumann

xxxiii „…Ebenso auffällig ist, dass es um die Rolle des Auslandsgeheimdienstes ‚Bundesnachrichtendienst‘ (BND) so ohrenbetäubend still ist – ganz so, als ob Trainingslager mit Waffen und Sprengstoff in anderen Staaten Ruhezonen für deutsche Nazis wären. Dass trotz all der bisher bereits gefundenen Verstrickungen deutscher mit ausländischen Nazistrukturen und anderen Diensten der BND vollkommen unbeteiligt gewesen sein soll, halte ich für unglaubwürdig.“ Vorwort von Bodo Ramelow, S. 11, zu dem von ihm herausgegebenen Sammelband ‚Schreddern, Spitzeln, Staatsversagen – Wie rechter Terror, Behördenkumpanei und Rassismus aus der Mitte zusammengehen‘; VSA Verlag, Hamburg, März 2013

xxxivMitschrift der Podiumsdiskussion der Rosa Luxemburg Stiftung am 27.3.2013

xxxv Quelle raussuchen

xxxvii Kai Dalek wird von Ramelow neben dem inzwischen ebenfalls liquidierten V-Mann Corelli als einer der zentralen V-Leute eingeschätzt, die gezielt aus der Schusslinie genommen werden, Quelle: Mitschrift der Podiumsdiskussion der Rosa Luxemburg Stiftung am 27.3.2013

xxxviii Siehe dazu die vergriffene Broschüre ‚Anti-Antifa [K]ein neuer Trend – Geschichte und Entwicklung einer Nazistrategie am Beispiel Nürnberg‘ der ‚Radikale Linken Projekt revolutionärer Organisierung‘; Erscheinungsjahr vermutlich um 2010

xlZur der von führenden Neonazis als strategisches Projekt angelegten Anti-Antifa und der ersten, damals noch schockierenden, als potentielle Todesliste gewerteten Publikation ‚Einblick‘, für das u.a. der heute noch aktive Nürnberger Neonazi und Anti-Antifa Hobbydetektiv Norman Kempken verurteilt wurde, siehe ‚The ‚Einblick‘ Trial: Notes From The Nazi Underground‘, www.etext.org/Politics/Arm.The.Spirit/Antifa/frg.einblick-trial.info. Über den Einblick gibt es natürlich auch meterweise Antifa-Matierial in deutscher Sprache, aber wir möchten euch diese Quelle wegen folgender Stelle besonders ans Herz legen: „Only Stefan Cumic, one of the alleged producers of ‚Einblick‘, made any statements while on the stand. But that wasn’t so exciting. One by one, the trial observers fell asleep. Suddenly things became a little hectic. „Mr. Cumic, do you know Kai Dalek?“ With this question, one of the attorneys suddenly became excited. As Kempken and Hefendehl cringed, Cumic became froze up. „Mr. Cumic, is Kai Dalek in charge of the GdNF? (…) In his own words, Dalek is a „GdNF organizer“. In his role as organizer, he is therefore responsible for a series of central activities within the NS-scene.“
Korrekt, wir reden hier über eine und dieselbe Person – der V-Mann Kai Dalek organisierte Anfang der 90er Jahre die Anti-Antifa und spielte eine zentrale Rolle beim NSU (siehe FN xxxiii) – müssen wir noch mehr sagen?

xliZur Chronologie der Verhandlungstage siehe Frank Jansen ‚200 Verhandlungstage im NSU-Prozess – Was steht im Protokoll?‘ im Tagesspiegel vom 19. April 2015

xliiwww.keuptstrasse-ist-ueberall.de

xliiiZitiert nach ‚Der NSU-Prozess – Zwischenstand aus München (Teil 2)‘, in: Antifaschistisches Infoblatt, Nr. 105, Winter 2014, S. 21

xlivSiehe ‚Ein fatales Näheverhältnis (I)‘ in german-foreign-policy.com vom 2.3.2015

xlv‚Die mysteriöse Todesfolge – Eine weitere Zeugin im Umfeld des NSU-Ermittlungen starb – ohne Fremdeinwirkung. Es bleiben Fragen‘ im Tagesspiegel vom 1.4.2015

xlviTagesspiegel 1.4.2014

xlviiTagesspiegel a.a.O.

xlviii Siehe dazu „monitor“ nr. 54, Februar 2012 (apabiz Zeitung), wo die wesentliche Teile bzw. Inhalte des Vortrags enthalten sind

xlixEine Genossin hat eine zusammenfassende Einschätzung festgehalten, die uns vom des Kommunistischen Aufbau zur Verfügung gestellt wurde: Eine politische und von den gebotenen Fakten sehr schwache Veranstaltung. Die Rolle des Staates wurde entgegen dem Veranstaltungstitel weder beleuchtet noch aufgeklärt. Faktisch reiht sich die VA ein in die Versuche, die Verantwortung des Staates auszublenden und das Ganze als „krankhafte rassistische Scheiße“ (so ein Referent) abzutun.
Die Referenten betonten ständig, dass man nicht spekulieren solle, Gladio etc. wurde nicht erwähnt, das Oktoberfestattentat als Rechtsterrorismus abgehakt usw. Interessant war auch die einzig politische Intervention eines älteren Genossen aus dem Publikum, der für seinen „Antifa-Zusammenhang“ sprach und von der Moderation zweimal abgewürgt wurde, obwohl es dazu formell keinen Grund gab.
Dieser Genosse wies richtig daraufhin, dass Combat 18, das Konzept des führerlosen Widerstandes, und das field manual Strategiepapiere sind, die einen Guerillakrieg theoretisch und praktisch propagieren, den der NSU entsprechend umgesetzt hat. Sie vertreten die Meinung, dass NSU 2006 das Scheitern ihres Avantgardekonzepts erkannt habe, da ihnen auf dem Weg des bewaffneten Rassenkrieges keine weiteren Zellen gefolgt sind.
Das wurde von Podium als interessanter Ansatz gewürdigt und sofort wieder weggeredet. Ansonsten war die Diskussion absolut niveaulos und beschränkte sich auf Nachfragen an die „ExpertInnen“ von apabiz.“

lSiehe Broschüre ‚Staat und Nazis Hand in Hand?!‘, http://rote-aktion.org/wp-content/uploads/2015/02/staat-und-nazis-hand-in-hand-brosch%C3%BCre.pdf sowie die auf dieser politischen Linie durchgeführte Veranstaltungsreihe, die die Rolle der Geheimdienste ins Zentrum rückt und so die Fakten über den tiefen Staat und Gladio zumindest ansatzweise ins Bewusstsein in Teilen der politischen Widerstandsbewegung gebracht hat, Beitrag auf youtube veröffentlicht https://www.youtube.com/watch?v=SmC0qQA_qHc&list_pxtube=PLA39297C292214F42

li‚NSU-Nazis / Nazi-Bewegung / Verfassungsschutz / Staat / Kapitalismus: die Sache hat System!‘, Gegen die Strömung Januar-Februar 2012 sowie folgenden Abschnitt aus der Flugschrift Februar 2011 ‚Erfolgreicher militanter Kampf gegen Nazis, Polizei und Abwiegler‘, S. 3 der vor dem Auffliegen des NSU die grundsätzliche Position von GDS zusammenfasst:
„Die Realität einer nazistischen Massenbewegung zeigt dabei, dass der Bürgerkrieg vorprogrammiert ist: Der Kampf für Sozialismus und Kommunismus wird nicht ein Kampf von 99,9 Prozent gegen 0,1 Prozent sein. Auch wenn es in langwierigen und schwierigen Kämpfen gelingen wird, die Mehrheit der Arbeiterklasse für den Kampf gegen Nazimus und Kapitalismus zu gewinnen, für den revolutionären Kampf zu mobilisieren, werden die Kräfte der Konterrevolution nicht nur aus Bundeswehr, Polizei, Justiz und Presse bestehen. Es ist absehbar, dass auch eine nazifaschistische Massenbewegung eine wichtige und blutige Waffe der Konterrevolutio sein wird.“

lii ‚Rassistische Nazi-Morde: Staat – Verfassungsschutz – Nazis … Hand in Hand?‘ in TA Nr. 59, Januar 2012, S. 66, 67:
„Faschisierung geht vom deutschen Staat aus! (…) Die faschistische Gefahr geht von diesem Statt und seinen Nazi-Stoßtrupps aus. Krieg, Ausbeutung, Unterdrückung, Chauvinismus, Krise und Faschismus sind Wegbegleiter des Systems. Den Kampf gegen Faschismus, die Nazis und vor allem den Staat müssen wir hier und heute, im Betrieb und auf der Straße führen. Überall gilt es dem Rassismus entgegenzutreten und praktisch den Internationalismus und die Solidarität aller Unterdrückten und Ausgebeuteten zu leben. Wir kämpfen für eine andere Welt – Für den Sozialismus!“
Siehe auch ‚Nichts vergeben – nichts vergessen‘ TA Nr. 63 Mai 2013 mit Schwerpunkt zu NSU, Faschisierung usw.

liiiDa wir einerseits nicht längere Abschnitte bzw. ganze Artikel zitieren wollen und andererseits nicht einzelne Zitate aus dem Zusammenhang reißen können, die die Haltung des AIB auf den Punkt bringen, verweisen wir an dieser Stellen auf die Hefte AIB Nr. 93 und 94 sowie die unten zitierte „Selbstkritik“ des AIB im Artikel ‚Rechter Terror in der antifaschistischen Analyse – Ein Diskussionsbeitrag‘, in: AIB Nr. 105, S. 6 bis 9

liv‚Kurzkritik des ‚AIB Info Nr. 94 (Frühjahr 2012)‘ in Wildcat Nr. 93, Herbst 2012, S. 27

lv http://www.revolutionaere-aktion.org/medienartikel/51-texte/507-2013-gegen-nsu

lvi ‚Staatlich betreuter Naziterror – Wie Politik, Polizei und Justiz den faschistischen Terror befördern“

lvii ‚Nazis morden der Staat ist mit dabei – Ein Kommentar zur Sache‘, barricada Dezember 2011

lviiibarricada März 2012, S. 5 sowie den Demoaufruf auf www.redside.tk, in dem auf die Kontinuität des rechten Terrors eingegangen wird und im Zusammenhang mit der WSG Hoffmann auch Karl Heinz Lembke erwähnt: „Der Sprengstoff für das Attentat (auf das Oktoberfest, Anm. v. Verf.) stammt vermutlich vom NPD-Mann Heinz Lembke, der wahrscheinlich Waffen und Sprengstoff der NATO-Kampfstruktur ‚GLADIO‘ .“

lixSiehe ‚NSU und Staat‘ in Wildcat Nr. 93, Herbst 2012, S. 24 bis 27; ‚Staatsnazis: Ein Zwischenstand‘ in Wildcat Nr. 94, Frühjahr 2013, S. 28 bis 30 und 63 bis 69 und ‚NSU: Beihilfe im Amt‘ in Wildcat Nr.96 Frühjahr 2014, S. 20 bis 27

lx‚Staatsnazis: Ein Zwischenstand‘ in Wildcat Nr. 94, Frühjahr 2013, S. 30 und 63

lxiLIHOP = Let it happen on purpose (frei übersetzt: Lass es gelegentlich zu) meint das Wegschauen, weil dem Imperialismus der Rassenkrieg ins strategische Konzept passt, wohingegen MIHOP = Make it happen on purpose (Mach es möglich, wenn sich die Gelegenheit bietet) für eine aktiven, organisierende Rolle des tiefen Staates bei konkreten Terroranschlägen steht.

lxii Wie richtig sie damit gelegen haben, zeigt auch die Reaktion des Repressionsapparates, der wegen dieser Demo den migrantischen Jugendlichen Deniz in den Knast steckt und später wegen „versuchten Totschlag“ zu 2 ½ Jahren verurteilt, um der revolutionären Linken eine klare Grenze aufzuzeigen. Auch wenn die ‚Free Deno-Kampagne die richtige Antwort darauf gewesen ist, kann das insgesamt über die Defensive der revolutionären Linken in dieser direkten Auseinandersetzen mit der Konterrevolution nicht hinwegtäuschen.

lxiii ‚Staatsnazis: Ein Zwischenstand‘ in Wildcat Nr. 94, Frühjahr 2013, S. 69

lxivHilde Sanft, Ulli Jentsch, ‚Rechter Terror in der antifaschistischen Analyse – Ein Diskussionsbeitrag‘, in: AIB Nr. 105, S. 6 bis 9

lxv„Nach der Ermordung von Halit Yozgat am 6. April 2006 organisierten seine Angehörigen zusammen mit Freund_innen in Kassel einen Schweigemarsch mit der Forderung “Kein 10. Opfer!”. An ihm nahmen auch die Angehörigen der vom NSU ermordeten Enver Şimşek und Mehmet Kubaşık sowie circa 4.000 Menschen vor allem aus den migrantischen Communities teil. Im Juni wurde ein weiterer Schweigemarsch durch die Familie Kubaşık und ihre Freund_innen in Dortmund organisiert.“ zitiert nach: www.nsu-watch.info/2014/01/kein-10-opfer-kurzfilm-ueber-die-schweigemaersche-in-kassel-und-dortmund-im-maijuni-2006/

lxviEine knappe sachliche Darstellung zum Werwolf-Konzept findet sich bei der Bundeszentrale für politische Bildung zu Rechtsterrorismus, http://www.bpb.de/politik/extremismus/rechtsextremismus/167786/zeitleiste-rechtsterrorismus

lxvii Die Bewegungen PEGIDA/HoGeSA und die Perspektiven des proletarischen Antifaschismus; www.komaufbau.org; siehe zu den Hintergründen auch zwei historische Standardwerke zur Geschichte der faschistischen Bewegung in Deutschland: Reinhard Opitz, Faschismus und Neofaschismus; Jürgen Kuczynski, Studien zur Geschichte des deutschen Imperialismus, Band I + II

lxviiiPegida/Hogesa, a.a.O.

lxixSiehe “Elitäres Kalkül”, Thomas Wagner, erschienen in: Junge Welt vom 29.01.2015

lxxDimitroff, “Die Offensive des Faschismus und die Aufgaben der Kommunistischen Internationale im Kampf für die Einheit der Arbeiterklasse gegen den Faschismus”

lxxiPegida/Hogesa, a.a.O.; Hervorhebungen im Original

lxxii Siehe dazu das Militaria-Bilderbuch „Geheime Krieger – drei deutsche Kommandoverbände im Bild“, gemeinsam herausgegeben u.a. vom ehemaligen KSK-Kommandeur Reinhard Günzel und dem ehemaligen GSG-9-Kommandeur Wegener, erschienen im „Pour-le-merite-Verlag“, einem militaristischen Verlag, der zum Firmennetzwerk des faschistischen Mäzens Dietmar Munier gehört (ebenso wie der offen faschistische Arndt-Verlag)

lxxiii In diesem Zusammenhang verweisen wir auf die ominöse Serie von rechten Brandanschlägen im Berliner Regierungsviertel vor einigen Monaten, in deren Zusammenhang ein Neonazi-Lehrer festgenommen wurde – auch er hat sich nach kurzer Zeit in seiner Zelle erhängt…Quelle z.B. JW raussuchen

lxxiv Siehe dazu die Broschüre „Militär in den Straßen“, ursprünglich erschienen auf italienisch unter dem Titel „Eserciti nelle strade“ anlässlich des antimilitaristischen Treffens im Mai 2009 in Trento, Italien

lxxv Quelle raussuchen

lxxviSiehe ‚Kriegsführung im 21. Jahrhundert‘, german foreign policy Teil 1 vom 1.4.2015 und Teil II vom 7.4.2015

lxxviiMao hat die strategische Schwäche des Imperialismus sprachlich in dem Bild zusammengefasst: ‚Der Imperialismus ist ein Papiertiger‘. Zur strategischen Schwäche des Imperialismus gehört, dass er seine inneren Widersprüche immer weniger beherrschen kann, dass er historisch erstmalig auf die freiwillige Mitarbeit eines bedeutenden Teils der unterdrückten und ausgebeuteten Klassen angewiesen ist und aufgrund der Gesetzmäßigkeit Ungleichzeitigkeit und Ungleichmäßigkeit seiner Entwicklung im Weltmaßstab innerhalb der herrschenden Klassen gespalten ist und unvermeidbar auf Weltkriege zur Neuaufteilung der Einflussgebiete zusteuert.

lxxviiiClara Zetkin: Der Kampf gegen den Faschismus. Ausgewählte Reden und Schriften II, S. 690

lxxix Dazu zählen z.B. die erfolgreiche Verankerung des Bewusstseins über die Notwendigkeit antifaschistischen Selbstschutzes, die bei vier Toten in 20 Jahren in der politischen Widerstandsbewegung in Magdeburg von einer Generation an die nächste weiter vermittelt wurde, worüber die GenossInnen von ZK berichten können und was in deutlichen Gegensatz zur üblichen Bündnisfixierung westdeutscher Antifas steht. Ein anderes Beispiel stellt der interessante Versuch der kommunistischen Linken in Cottbus dar, durch eine eigene Gedenkkultur (Befreiung vom Faschismus) der rechten Leitkultur (Bombardierung Cottbus) in den Massen eine ideologische Gegenposition zu entwickeln und so rechtes Denken zurückzudrängen, worüber die GenossInnen von Ziel und Kurs Cottbus berichten.

lxxx Pegida/Hogesa, a.a.O.; Hervorhebungen im Original