Die in den letzten Monaten entstandenen Bewegungen PEGIDA und HoGeSa erinnern an die Entwicklungen Anfang und Mitte der 90er Jahre. Im Zuge der Erstarkung des deutschen Imperialismus nach der Annektion der DDR kam es im nationalistischen Taumel der “Wiedervereinigung” zur Inszenierung einer Welle von angeblichen “Massenprotesten” gegen Flüchtlingsheime. Diese Proteste erreichten ihren Höhepunkt in Rostock-Lichtenhagen, wo mehrere tausend Menschen ein Wohnheim für vietnamesische MigrantInnen blockierten, belagerten und schließlich niederbrannten. Was kam nach der Inszenierung? Die von Kohl und Lafontaine später ausgehandelte faktische Abschaffung des Asylrechts. Und heute? Wie steht die PEGIDA-Bewegung gegen die “Islamisierung des Abendlandes”, die in Dresden teilweise mehrere zehntausend Menschen auf die Straße brachte, im Zusammenhang mit der Strategie der deutschen Bourgeoisie? Welchem Zweck dient sie? Welchen Nutzen erhoffen sich die Faschisten davon? Und: Wie können antifaschistische und kommunistische Antworten darauf aussehen?

Scheinbar plötzlich tauchten vor einigen Monaten Massenbewegungen auf der politischen Bühne der BRD auf, die unter der Führung von faschistischen Organisationen stehen:

HoGeSa (“Hooligans gegen Salafismus”) war der Aufmarsch von 5000 militanten Nazis und Hooligans in Köln an einem Sonntagnachmittag: Sie zerlegten dort ein Viertel mit türkischen Restaurants, lieferten sich eine Straßenschlacht mit den Bullen und produzierten dramatische Bilder und tagelange Berichterstattung in den deutschen Medien.

PEGIDA (“Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes”) kam etwas später. Sie ist eine “friedliche”, aber nicht weniger gefährliche Bewegung mit verschiedenen Gesichtern in verschiedenen Städten: Während in den westlichen Bundesländern im wesentlichen die organisierten Faschisten von “Pro NRW”, “German Defense League” und “Die Rechte” unter diesem Label auf die Straße gingen und Gegendemonstrationen mit der hundertfachen Menge an TeilnehmerInnen auf den Plan riefen, umfasste PEGIDA in Dresden auf dem Höhepunkt mehrere zehntausend Menschen.

Was ist diese Bewegung?
PEGIDA und HoGeSa sind nicht vom Himmel gefallen: Sie sind das Ergebnis jahrzehntelanger ideologischer und organisatorischer faschistischer Arbeit, die im Interesse des deutschen Staates von den Geheimdiensten aufgebaut, finanziert und geleitet wird.

PEGIDA und HoGeSa beschwören in ihren Slogans den Kulturkampf gegen den fundamentalistischen Islam. Sie greifen die Perspektivlosigkeit und die Wut von Menschen aus Kleinbürgertum und Proletariat auf und versuchen, diese in eine reaktionäre, rassistische Richtung zu lenken: Nämlich gegen andere Teile der ausgebeuteten Massen, gegen Flüchtlinge und MigrantInnen und für die kriegerischen Ziele der Imperialisten.

In Wahrheit sind es die imperialistische Bourgeoisie und ihr Staat, die einerseits für die immer schlechteren Lebensbedingungen der Massen in der BRD, in Europa und darüber hinaus verantwortlich sind. Sie sind es, die andererseits im Nahen und Mittleren Osten, den sie beherrschen wollen, faschistische Bewegungen wie den “Islamischen Staat”, Al-Qaida und andere aufgebaut und unterstützt haben, um dort die fortschrittlichen Kräfte zu vernichten. Ebenso, wie sie hierzulande den Terror von NSU organisiert haben. Sie sind es, die dann wiederum diese Bewegungen als Begründung dafür heranziehen, ihre Truppen in die Länder des Mittleren Ostens zu schicken und im eigenen Land den Überwachungs- und Repressionsapparat weiter auszubauen.

Die ideologische Massenarbeit der Imperialisten zur Beschwörung eines angeblichen Kulturkampfes gegen den Islam hat Jahrzehnte vor PEGIDA begonnen und erreichte 2001 mit dem Afghanistan-Krieg einen ersten Höhepunkt. Es geht den Imperialisten darum, rassistische und nationalistische Stimmungen und Ideologien langfristig und tief im Bewusstsein der Massen zu verankern. Diese Arbeit leisten an vorderster Front die Faschisten. Medien und “demokratische” Parteien greifen die nach rechts gezogenen Stimmungen auf, vertiefen diese und leiten sie dann wiederum weiter in die Fänge der Faschisten.

PEGIDA und HoGeSa dienen dem Zweck, diese Arbeit der “ideologischen Faschisierung” auf eine neue Stufe zu heben und ihr mehr organisierte Formen zu verleihen: Während PEGIDA nach den ausländerfeindlichen Pogromen Anfang der 90er Jahre in Rostock u.a. die erste Massenbewegung unter faschistischer Führung in Deutschland darstellt, haben die Faschisten mit HoGeSa gezeigt, dass sie – insbesondere in der Hooliganszene – über ein militantes Anhängerpotential verfügen, das sie auf die Straße mobilisieren können.
PEGIDA und HoGeSa richten sich heute ganz konkret gegen den Widerstandskampf der Flüchtlinge, die seit Jahren mit Demonstrationen, Hungerstreiks u.v.m. gegen die unerträglichen Lebensbedingungen kämpfen, denen sie der deutsche Staat und seine europäischen Nachbarn aussetzt. Diese Bewegung jagt der Bourgeoisie Angst und Schrecken ein, weil sie die Auswirkungen von Kriegen und Zerstörungen, die das Kapital in ihren Ländern anzettelt, in die imperialistischen Zentren zurückträgt.

Nicht zuletzt geht es bei PEGIDA und HoGeSa für den bürgerlichen Staat darum, sich die Kontrolle über das Anschwellen und Abflauen von Bewegungen in den Massen zu sichern.

Was tun gegen PEGIDA und HoGeSa?
Zehntausende Menschen haben in Großstädten wie Köln, Freiburg, München und anderswo gegen die Aufmärsche von PEGIDA demonstriert. Das ist gut, aber nicht ausreichend. Diese Demonstrationen waren überwiegend vom Staat organisiert oder inszeniert: Derselbe Staat, der über seine Parteien wie SPD und CDU und die Gewerkschaften zu “friedlichen Massenprotesten” gegen PEGIDA aufruft, betreibt aber gerade die rassistische und chauvinistische Verhetzung der unterdrückten Massen – und baut die faschistische Bewegung in verschiedenen Formen wie z.B. NSU, Wehrsportgruppe Hoffmann u.dgl. auf.

Für die Bourgeoisie geht es darum, möglichst große Teile der Massen politisch in ihr System einzubinden – ganz gleich, ob nun durch religiösen Fundamentalismus, durch rassistische Aufmärsche von PEGIDA oder durch Demonstrationen gegen Rassismus, die sich der Polizei und den “demokratischen” Institutionen unterordnen.
Wirkliche antifaschistische Arbeit findet nicht innerhalb der Grenzen statt, die das bürgerliche System uns durch Institutionen und Polizei setzen will.

Eine Antifa-Bewegung, die von Organisationsfeindlichkeit und Antikommunismus zerfressen ist und sich spontaneistisch von Gegendemo zu Gegendemo hangelt, wird der faschistischen Massenarbeit der Bourgeoisie ebenfalls nur wenig entgegensetzen können.

Wirkliche antifaschistische Arbeit muss vielmehr organisierte, revolutionäre Massenarbeit sein. Beides gehört untrennbar zusammen: Es bedarf bewusster und organisierter Massen für den Kampf der Arbeiterklasse gegen die Bourgeoisie statt des Kampfes gegeneinander innerhalb der Arbeiterklasse. Es bedarf bewusster und organisierter Massen für die sozialistische Revolution.
Antifa-Arbeit muss sich auf die vom Faschismus zuerst Betroffenen stützen. AntifaschistInnen müssen sich mit den Opfern faschistischer Gewalt zusammenschließen!
Antifa-Arbeit muss dort stattfinden, wo wir leben und arbeiten. AntifaschistInnen müssen im Betrieb und im Stadtviertel mit ihren KollegInnen und Nachbarn den Kampf gegen Überstunden und Mieterhöhungen verbinden mit dem Kampf gegen die Faschisten und die bürgerliche Propaganda, die uns weismachen wollen, die “Ausländer” oder Muslime wären daran schuld.

Antifa-Arbeit muss die Selbstbezogenheit der fortschrittlichen Kräfte überwinden, den Schritt aus der “linken Szene” heraus machen.

Antifa-Arbeit muss den antifaschistischen Selbstschutz in der Bewegung, im Stadtteil und im Betrieb propagieren und organisieren.
Antifa-Arbeit muss die einseitige Fixierung auf “deutsche” Faschisten aufbrechen und ebenso türkische, griechische und islamistische Faschisten ins Visier nehmen. “Islamischer Staat” und PEGIDA sind zwei Seiten derselben Medaille und beides Handlanger der Bourgeoisie.

Antifa-Arbeit muss mit anderen Arbeitsfeldern, z.B. Antira (Antirassismus) verbunden werden. Konkret müssen wir uns im Kampf gegen PEGIDA mit der Flüchtlingsbewegung zusammenschließen. Es ist zu begrüßen, dass dies in Teilen der Antifa-Bewegung gerade geschieht!

Antifa-Arbeit muss den Kampf nicht nur gegen die “klassische” faschistische Ideologie führen. Der Faschismus ist nur eine von vielen bürgerlichen Ideologien. Letztlich ist der einzig effektive und konsequente Weg, ein massenhaftes Übergehen von sich selbst als sozialdemokratisch, liberal oder unpolitisch betrachtenden Massen in das Lager der Faschisten zu verhindern, die proletarische, kommunistische Ideologie an ihre Stelle zu setzen und in Verbindung mit der Organisierung des Widerstands in den Massen zu propagieren.

Antifa-Arbeit braucht Organisation und Führung: Der wichtigste Beitrag zur Antifa-Arbeit ist daher die Arbeit am Aufbau einer starken, in der Arbeiterklasse und den unterdrückten Massen verankerten Kommunistischen Partei!

Kommunistischer Aufbau

Februar 2015

Eine ausführlichere Analyse zum Thema findet ihr in unserem Artikel „Die Bewegungen PEGIDA/HoGeSa und die Perspektiven des proletarischen Antifaschismus“.