Umweltschutz, CO2-Steuer, Klimawandel… Kaum ein Tag vergeht, an dem wir nicht mit diesen Themen konfrontiert werden. Das allein ist Grund genug, um sich einmal ausführlicher und grundsätzlicher mit dem Thema Natur und Umwelt zu beschäftigen.

Niemand kann verleugnen, dass Natur- und Umweltschutz Themen sind, die uns alle und die gesamte Menschheit beschäftigen. Täglich können wir den Raubbau des Kapitalismus und die damit verbundenen Umweltzerstörungen sehen. Immer wieder entstehen dadurch spontan auch regionale, bundesweite und internationale Umweltbewegungen an denen sich massenweise Menschen beteiligen, die sonst oftmals gar nicht politisch aktiv sind. Doch um die Probleme systematisch angehen zu können, müssen wir sie verstehen und sie an ihren Ursachen anpacken. 

Ohne in bürgerlichen Alarmismus zu verfallen, wollen wir in diesem Artikel darstellen, warum die kapitalistische Produktionsweise und die mit ihr einhergehenden Umweltzerstörungen immer mehr zu einer Gefahr für die Lebensräume in bestimmten Regionen werden. Gleichzeitig werden wir aufzeigen, dass auch die Umweltfrage eine Klassenfrage ist und entsprechend behandelt werden muss. Zum Schluss wollen wir unseren Lösungsansatz erläutern und unsere Aufgaben für heute festlegen. 

Doch fangen wir zunächst mit den grundlegenden Dingen an. Bevor wir uns die durch den Menschen hervorgerufene Zerstörung von Natur und Umwelt und die ihr zugrunde liegende kapitalistische Produktion genauer anschauen, wollen wir zunächst einige Begriffe und Zusammenhänge klären. 

Das Verhältnis von Mensch und Natur

Als Menschen stehen wir bei allem, was wir machen, nicht nur in einem bestimmten Verhältnis zueinander, sondern auch zu der uns umgebenden Natur. Wir stehen in einem dialektischen Verhältnis mit der Natur, in welchem wir uns gegenseitig beeinflussen. So hat die Natur einen wesentlichen Einfluss auf uns Menschen und unser Leben, Arbeiten und Handeln. Genauso wirken wir tagtäglich auf die Natur ein und haben dadurch einen bestimmten Einfluss auf sie. 

In den ökonomisch-philosophischen Manuskripten definiert Karl Marx die Natur auf zweierlei Art: „Die Natur ist der unorganische Leib des Menschen, nämlich die Natur, soweit sie nicht selbst menschlicher Körper ist. Der Mensch lebt von der Natur, heißt: Die Natur ist sein Leib, mit dem er in beständigem Prozess bleiben muss, um nicht zu sterben. Dass das psychische und geistige Leben des Menschen mit der Natur zusammenhängt, hat keinen anderen Sinn, als dass die Natur mit sich selbst zusammenhängt, denn der Mensch ist ein Teil der Natur.“ 1

Marx geht dabei jedoch noch einen Schritt weiter und beschreibt das dialektische Verhältnis von Mensch und Natur in seinem Werk „Das Kapital“ im Bezug auf die menschliche Arbeit wie folgt: „Die Arbeit ist zunächst ein Prozess zwischen Mensch und Natur, ein Prozess, worin der Mensch seinen Stoffwechsel mit der Natur durch seine eigene Tat vermittelt, regelt und kontrolliert. Er tritt dem Naturstoff selbst als eine Naturmacht gegenüber. Die seiner Leiblichkeit angehörigen Naturkräfte, Arme und Beine, Kopf und Hand, setzt er in Bewegung, um sich den Naturstoff in einer für sein eigenes Leben brauchbaren Form anzueignen. Indem er durch diese Bewegung auf die Natur außer ihm wirkt und sie verändert, verändert er zugleich seine eigene Natur.“ 2

In einem allseitigen Verständnis ist der Mensch daher ein Teil der Natur als Ganzes und bildet mit ihr eine Einheit. Gleichzeitig ist er das einzige Wesen auf der Welt, welches seine natürliche Umwelt bewusst verändert und gestaltet. Dadurch tritt der Mensch in einer gewissen Weise aus der Natur heraus und in ein neues, anderes Verhältnis zu ihr ein. 

Seitdem der Mensch ein Bewusstsein entwickelt hat und dieses einsetzt, um die Natur durch seine Arbeit zu verändern und Lebens- und Produktionsmittel herzustellen, macht er sich die natürlichen Rohstoffe und mehr und mehr auch die Naturgesetze zu seinem Vorteil nutzbar. Er fängt an diese in einem gewissen Verhältnis zu „beherrschen“. Dabei beschränkt sich dieses Beherrschen aber auf die Erkenntnis der Naturgesetze, um mit diesem Wissen auf die Natur direkt einzuwirken. Ein wirkliches Beherrschen der Natur ist dem Menschen nicht möglich, vielmehr geht es um eine Nutzbarmachung dieser.

Schon Friedrich Engels warnte in seinem Werk „Dialektik der Natur“ vor einem falschen Verständnis über die Beherrschung der Natur durch den Menschen: „Schmeicheln wir uns indes nicht zu sehr mit unseren menschlichen Siegen über die Natur. Für jeden solchen Sieg rächt sie sich an uns. Jeder hat in erster Linie zwar die Folgen, auf die wir gerechnet, aber in zweiter und dritter Linie hat er ganz andre, unvorhergesehene Wirkungen, die nur zu oft jene ersten Folgen wieder aufheben.“ 3

Engels stellt hier nochmals klar, dass das Einwirken des Menschen auf die Natur nicht folgenlos bleibt. Vielmehr hat jede Einwirkung Folgen und wirkt sich auf eine Vielzahl von anderen Dingen aus. 

Wir müssen die Natur als das komplexe Ökosystem verstehen, welches sie ist. Sie ist ein unendlich komplexes System, welches sich in einem dauerhaften Entwicklungsprozess befindet. Die einzelnen Teile unserer Natur und Umwelt sind komplizierte Organismen, die in einem dauerhaften dialektischen Wechselverhältnis zueinander stehen. Daher wirkt sich auch jeder Eingriff in die Natur auf die Entwicklung dieser unmittelbar aus und greift in diese Entwicklung ein. 

Es ist wichtig zu verstehen, dass die Natur sich immer weiter entwickelt. Es gibt keinen Stillstand in ihr. Altes vergeht und Neues entsteht. Dieses dialektische Verständnis ist umso wichtiger, wenn wir die heutigen Veränderungen und Entwicklungen in der Natur verstehen und bewerten wollen. 

Gleichzeitig müssen wir verstehen, dass die verschiedenen Prozesse in der Natur sich gegenseitig bedingen bzw. aufeinander aufbauen. Sie stehen in einem gewissen Gleichgewicht zueinander, welches nicht nachhaltig gestört werden darf, ohne weitere große Veränderungen nach sich zu ziehen. Auch die Veränderungen in der Natur gehen durch die Ansammlung von quantitativen Veränderungen vonstatten, welche dann ab einem gewissen Punkt qualitative Veränderungen nach sich ziehen. 

Ein Beispiel für die Auswirkungen der Eingriffe des Menschen auf die Natur ist etwa die Umleitung bzw. Eingrenzung von Flüssen, die in ihrer Konsequenz immer wieder zu riesigen Überschwemmungen und Hochwassern führt. Ähnlich verhält es sich mit der Abholzung riesiger Wälder zum Anpflanzen von Monokulturen, welche zu einer Unfruchtbarkeit der Böden führt und die Ausbreitung von Wüsten fördert. Durch diese negativen Einwirkungen auf die natürlichen Prozesse wird die Einheit von Mensch und Natur immer weiter gestört. Langfristig untergräbt dies die für den Menschen lebenswichtigen natürlichen Bedingungen und gefährdet damit unser Leben, wie wir es heute kennen.

Doch schauen wir uns nun etwas genauer an, wie das Gesellschaftssystem, in dem wir heute leben, im Zusammenhang mit der Umweltzerstörung und ihren Folgen auf unser Leben steht. 

Kapitalismus und
Umweltzerstörung

Heute hat sich die kapitalistische – auf Profitmaximierung ausgerichtete Produktion – auf fast jedem Fleckchen der Erde, auf dem Menschen leben, als herrschende Produktionsweise durchgesetzt. Im Kapitalismus wird dabei nicht in erster Linie zur Erfüllung notwendiger menschlicher Bedürfnisse produziert, sondern um den größtmöglichen Profit zu machen und sich Kapital anzueignen. 

Dabei haben das Verständnis und die Nutzbarmachung der Naturkräfte sowie die Entwicklung der Produktivkräfte im Kapitalismus erstmals in der Menschheitsgeschichte die Möglichkeit der Überflussproduktion geschaffen. Somit ist die Möglichkeit der sicheren Reproduktion und Ausweitung der Weltbevölkerung entstanden. Allerdings wird diese Entwicklung in der kapitalistischen Gesellschaft eben nicht zum Wohle der Mehrheit der Menschen, sondern in einer pervertierten Form zur Anhäufung unheimlicher Reichtümer einiger weniger benutzt. Gleichzeitig wird damit ein Großteil der Menschen in Armut und Verelendung gestürzt und dort gehalten. 

In der kapitalistischen Wirtschaftsordnung werden daher die unglaublichen Möglichkeiten der technischen Entwicklung nicht zur größtmöglichen Befriedigung der Bedürfnisse aller Menschen, sondern zur privaten Anhäufung von Reichtum und Kapital benutzt. Dabei treten sowohl die Bedürfnisse der überwiegenden Mehrheit der Menschen hinter die Interessen einer kleiner Ausbeuterklasse zurück, als auch die Bedürfnisse von Natur und Umwelt. 

Der Kapitalismus hat die Menschen nicht nur massiv von der Natur entfremdet. Er beutet die Natur in solch einem Maße und mit solch einer Rücksichtslosigkeit aus, dass er damit die Existenzgrundlage der Menschen in Gefahr bringt, unwiderruflich zerstört zu werden. Im Kapitalismus können die Menschen nicht im Einklang mit der Natur leben. Die Umwelt wird nicht als notwendige Existenzgrundlage des Menschen verstanden, sondern im Bewusstsein der herrschenden Klasse metaphysisch nur als eine zu unterwerfende und auszubeutende Ressource betrachtet. 

Karl Marx beschreibt in diesem Zusammenhang die Entwicklung in Bezug auf die Agrarproduktion wie folgt: „Und jeder Fortschritt der kapitalistischen Agrikultur ist nicht nur ein Fortschritt in der Kunst den Arbeiter, sondern zugleich in der Kunst, den Boden zu berauben, jeder Fortschritt in Steigerung seiner Fruchtbarkeit für eine gegebene Zeitfrist zugleich ein Fortschritt in Ruin der dauernden Quellen dieser Fruchtbarkeit. (…) Die kapitalistische Produktion entwickelt daher nur die Technik und Kombination des gesellschaftlichen Produktionsprozesses, indem sie zugleich die Springquellen alles Reichtums untergräbt: die Erde und den Arbeiter.“ 4

Dabei liegt die Grundlage für diese zerstörerische Wirkung des Kapitalismus nicht in der „Raffgier“ einiger weniger Kapitalisten, sondern in der Natur der kapitalistischen Produktionsweise. Die kapitalistische Produktionsweise ist zunächst auf eine „blinde“ Warenproduktion für einen unbekannten Markt ausgerichtet. Ob es tatsächlich das Bedürfnis oder die Nachfrage nach bestimmten Produkten gibt bzw. wie groß diese sind, stellt sich erst im Nachhinein heraus. Die zu verkaufenden Waren werden im Kapitalismus also nicht aufgrund von Bedürfnissen der Menschen produziert, sondern in erster Linie, um durch die Ausbeutung der Arbeitskraft und den Verkauf der Waren den Reichtum der Kapitalisten und seine Marktanteile zu vergrößern. Es steht also die Maximierung des Profits der Kapitalisten und nicht die Bedürfnisbefriedigung der Gesellschaft im Mittelpunkt der Produktion. Hinzu kommt, dass durch die anarchische Organisierung der kapitalistischen Produktion, in der es keinen gesellschaftlichen Plan gibt, nach dem Güter hergestellt werden, eine dauerhafte Überproduktion herrscht. Jeder Kapitalist versucht, seine Marktanteile auszuweiten und mehr Waren zu verkaufen. Diese Art und Weise der Produktion führt zu gigantischen Überproduktionskrisen, in denen die zu viel produzierten Waren in regelmäßigen Abständen vernichtet werden müssen.5

Das kapitalistische Gesellschaftssystem führt durch die dauerhafte Überproduktion nicht nur zu einem massiven Raubbau an der Natur und einem gigantischen Verbrauch fossiler Rohstoffe, sondern auch zu ökonomischen Verteilungskriegen und der mit ihnen einhergehenden Zerstörung von Waren, Produktionsmitteln und Schäden an der Natur. 

Hinzu kommt: Durch den dauerhaften Drang, immer mehr Waren verkaufen zu müssen, hat der Kapitalismus eine neue Disziplin in der Entwicklung und Produktion geschaffen. Im kapitalistischen Produktionsprozess werden Waren demnach extra minderwertig hergestellt oder so konstruiert, dass sie sich kaum oder nur schwierig und teuer reparieren lassen. Dieses Phänomen wird oft unter dem Begriff der „geplanten Obsoleszenz“ diskutiert und lässt sich in quasi allen Wirtschaftszweigen aufzeigen. Dadurch lässt sich einerseits der Verkauf von neuen Waren stark ausdehnen und andererseits potenziert sich dadurch der verschwenderische Charakter der kapitalistischen Produktionsweise nochmals.

Die Folgen der kapitalistischen Produktionsweise

Nach diesen allgemeinen Ausführungen zur kapitalistischen Produktionsweise, wollen wir uns nun einen Überblick über die Folgen für die Natur verschaffen. Dabei betrachten wir beispielhaft einige besonders verheerende Auswirkungen der kapitalistischen Produktion auf die Natur. 

Dabei ist es besonders wichtig zu verstehen, dass die Natur ein komplexes und zusammenhängendes Ökosystem ist. Die verschiedenen Teile dieses ökologischen Systems stehen in einer direkten Wechselbeziehung zueinander. Dadurch haben die Schäden und Veränderungen in einem Bereich direkte Folgen und Rückwirkungen auf andere Bereiche. So kommt es dann auch zu quantitativen Anhäufungen von Schäden an der Natur, welche an einem bestimmten Punkt in qualitative Schäden umschlagen und zu dauerhaften Veränderungen oder irreparablen Schäden führen können.

Für die anschließenden Ausführungen zu den Folgen der kapitalistischen Produktionsweise für unsere Umwelt, müssen wir uns auf die aktuellen Erkenntnisse der bürgerlichen Wissenschaft verlassen, da uns keine anderen Daten zur Verfügung stehen.

Schäden an der Ozonschicht und Luftverschmutzung

Eine der am längsten bekannten und beobachteten Umweltschäden ist die Ausdünnung der Ozonschicht und das dadurch entstehende sogenannte „Ozonloch“, insbesondere über dem Südpol. Bereits in den 1970er und 80er Jahren warnten bürgerliche Wissenschaftler vor den verheerenden Folgen der weiteren Ausdünnung der Ozonschicht für Menschen und Umwelt. Durch das Ozonloch kommt deutlich mehr für den Menschen schädliche ultraviolette Sonnenstrahlung auf die Erde. Die größte Ausdehnung des Ozonlochs wurde laut dem Deutschen Zentrum für Luft und Raumfahrt (DLR) im Jahr 2006 mit einer Größe von rund 27 Millionen Quadratkilometer gemessen.6 Für das Auftreten dieses Phänomens machen Wissenschaftler die industrielle Produktion und den Einsatz von FCKW (Fluorchlorkohlenwasserstoffen) und weiteren Treibhausgasen verantwortlich. Diese wurden seit den 1930er Jahren massenweise als Treibgase, Kälte- und Lösungsmittel eingesetzt. Hinzu kommt eine ganze Reihe weiterer chemischer Stoffe, die die Schäden an der Ozonschicht verschärfen und größtenteils nach dem Verbot von FCKW in den 90er Jahren dieses in zahlreichen Bereichen ersetzten. 

Das Entstehen des Ozonlochs sorgt im Zusammenhang mit dem „Treibhauseffekt“ für einen dauerhaften Anstieg der durchschnittlichen Temperaturen auf der Erde, die Erderwärmung, und die damit verbundenen Folgen für Mensch und Natur. 

Durch die kapitalistische Produktion werden zudem dauerhaft und fast überall auf der Erde weitere giftige Gase und Feinstäube in die Luft geblasen. Diese entstehen insbesondere in allen Verbrennungsmotoren und Kraftwerken bei der Verbrennung fossiler Energieträger. Die Entwicklung effizienter Gegenmaßnahmen würde den Profit schmälern und findet daher kaum statt. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) geht davon aus, dass 90 Prozent der Weltbevölkerung durch Luftverschmutzung belastet ist und jedes Jahr weltweit mehr als sieben Millionen Menschen an den Folgen der Luftverschmutzung sterben.7 Da der WHO aus vielen Ländern keine gesicherten Daten vorliegen, dürfen wir von einer noch deutlich stärkeren Belastung ausgehen.

Klimawandel

Einher mit dem oben Beschriebenen geht der durch die Umweltzerstörung geschaffene Klimawandel, bzw. genauer gesagt die globale Erderwärmung und ihre Folgen. Unter der globalen Erderwärmung ist der Anstieg der durchschnittlichen Temperatur auf der Erde, verglichen mit der vorherigen Zeitperiode gemeint. 

Dabei ist es wichtig zu wissen, dass es Klimaveränderungen auf der Erde immer wieder gab. Wir haben es heute aber mit einer durch den Menschen, oder besser gesagt einem durch die kapitalistische Produktionsweise hervorgerufenen Klimawandel zu tun. Dieser verändert das Klima in einer äußerst rasanten Geschwindigkeit, auf den sich weder die Menschen noch die Natur einstellen können. Bürgerliche Wissenschaftler gehen davon aus, dass der Klimawandel die Durchschnittstemperaturen bis zu 100 Mal schneller verändert, als dies in der Natur bisher vorgekommen ist. So kann der durch die kapitalistische Produktion geschaffene Klimawandel das Gleichgewicht ökologischer Systeme nachhaltig stören und sie dadurch schädigen oder sogar zerstören. 

Dies führt unter anderem dazu, dass das Eis am Nord- und Südpol sowie die Gletscher der Welt schmelzen, was zu einem rasanten Anstieg des Meeresspiegels führt. Dadurch sind Millionen Menschen direkt in ihrer Existenz bedroht. Riesige Landmassen drohen im steigenden Meeresspiegel unterzugehen. 

Parallel führt die Erderwärmung dazu, dass auch die gigantischen Permafrostböden in weiten Flächen von Sibirien, Alaska, Kanada und Grönland mit steigender Geschwindigkeit auftauen. Sowohl das Schmelzen der Gletscher, als auch das Auftauen der Permafrostböden, führt dazu, dass Milliarden Tonnen in der Erde eingeschlossenes Methangas, CO2 und gigantische Mengen anderer umweltschädigender Substanzen freigesetzt werden, was die Erderwärmung weiter beschleunigen wird. Die bürgerliche Wissenschaft spricht bei diesem Rückkopplungsprozess von „Kipppunkten“, also qualitativen, sprunghaften Veränderungen des Weltklimasystems, die nicht mehr rückgängig gemacht werden können.  

Gleichzeitig können wir schon heute mit der Erderwärmung eine besondere Zunahme von zahlreichen Umweltkatastrophen wie eine drastische Anhäufung von Extremwettern, also Stürmen, Überflutungen, lang anhaltenden Hitzeperioden und Dürren sowie die Ausdehnung von Wüsten beobachten. 

Sollte sich die Erderwärmung weiter fortsetzen bzw. ihre Geschwindigkeit noch weiter zunehmen, sind ihre Folgen für das natürliche Ökosystem und Rückwirkungen auf die verschiedenen Bereiche der Natur bisher kaum abzuschätzen. Fest steht jedoch, dass sich die Lebensbedingungen für einen Großteil der Menschen und Tiere stark verschlechtern werden. 

Vernichtung der Wälder und Artensterben

Auch die weltweite Abholzung und Vernichtung von immer mehr Waldflächen ist neben der Verbrennung von fossilen Energieträgern eine zentrale Ursache der globalen Erderwärmung. Wälder sind die wichtigsten CO2-Speicher der Welt und gleichzeitig notwendig, um durch die Fotosynthese aus dem CO2 den für zahlreiche Lebewesen notwendigen Sauerstoff zu produzieren. 

Die Umweltschutzorganisation WWF schätzte im Jahr 2011, dass durch Menschenhand in den vergangenen 8.000 Jahren rund 35 Prozent der weltweiten Waldfläche vernichtet wurden. Die Urwälder, in denen 50 Prozent aller Pflanzen- und Tierarten leben, wurden bereits zu rund 78 Prozent zerstört. Heute gibt es noch rund vier Milliarden Hektar Waldfläche.8 Laut der Organisation „Global Forest Watch“ werden jährlich rund 30 Millionen Hektar Wald vernichtet.9 Sei es durch Abholzung zum Verkauf oder um das Land zum An- oder Abbau anderer Ressourcen zu nutzen. Oftmals werden dazu riesige Waldgebiete einfach abgebrannt.

Die Brandrodungen führen durch das Freisetzen von im Boden gespeicherten Kohlenstoffen zu einem massiven Anstieg des CO2-Ausstoßes in die Luft. Gleichzeitig fallen mit den Wäldern die zentralen CO2-Speicher weg, welche daraus wieder Sauerstoff produzieren könnten. 

Parallel zur Rodung der Wälder werden auch viele Pflanzen und Tiere für immer vernichtet. Sie leben überwiegend in Wäldern und Urwäldern und haben keine Überlebenschance, wenn ihr natürlicher Lebensraum verschwindet. Die UN-Biodiversitätsplattform (IPBES) geht etwa davon aus, dass durch Menschen heute das größte Artensterben seit dem Verschwinden der Dinosaurier verursacht wird. In dem im Mai 2019 erschienenen Bericht der Plattform heißt es, dass zwischen einer halben und einer Millionen Arten weltweit vom Aussterben bedroht seien. Ein Viertel aller erfassten Tier- und Pflanzenarten soll bereits ausgestorben sein.10

Neben dem Klimawandel und der Vernichtung und Vertreibung zahlreicher Tier- und Pflanzenarten durch die Zerstörung ihrer Lebensräume, ist ein weiterer Grund für das Artensterben der Anbau und die Züchtung von Monokulturen in der industriellen Landwirtschaft und die Genveränderung von Saatgut. 

Verschmutzung von Wasser und Meeren

Ein weiterer Aspekt der durch den Kapitalismus verursachten Umweltzerstörung ist die Verschmutzung von Wasser und Meeren. Dabei geht es vor allem um die Belastung des Grundwassers, der Flüsse und Meere mit Industrieabfällen, Düngemittelrückständen, Erdöl, Schwermetallen und weiteren Chemikalien sowie die Vermüllung der Gewässer zum Beispiel durch Plastikabfall. 

Dies führt dazu, dass der Mangel an sauberem Trinkwasser immer mehr zunimmt. Heute soll jeder dritte Mensch kein sauberes Trinkwasser zur Verfügung haben. Durch den steigenden Verbrauch und die zunehmende Verknappung von Trinkwasser wird das Problem in Zukunft noch größer werden. Schon heute müssen viele Menschen ihre Heimat verlassen, weil sie keinen Zugang zu Trinkwasser haben. Wissenschaftler gehen davon aus, dass zukünftig vermehrt Kriege um den Zugang zu Trinkwasser geführt werden.

Gleichzeitig hat die Verschmutzung der Weltmeere unvorstellbare Dimensionen angenommen. Laut dem UN-Umweltprogramm (UNEP) sollen jährlich mehr als 6,4 Millionen Tonnen Plastikmüll in die Ozeane gelangen.11 Dieser Müll wird nach und nach zersetzt, und gelangt dann in Form von Mikroplastik-Teilchen an fast jeden Ort der Welt. Forscher fanden in Proben aus den verschiedenen Ozeanen im Durchschnitt 13 Teilchen pro 50 Milliliter Meerwasser.  Über die Nahrungskette gelangt das Mikroplastik auch in den Organismus von Pflanzen, Tieren und Menschen. 

Parallel mit dem Klimawandel und dem Schmelzen der Pole steigt auch die Meerestemperatur ständig an. Das hat unmittelbare negative Folgen für viele Meereslebewesen und Pflanzen. Gleichzeitig drohen damit die die gigantischen Meeresströmungen wie z.B. der Golfstrom beeinflusst zu werden und im extremsten Fall zum Erliegen zu kommen. Dies hätte unmittelbare Auswirkungen auf das Klima in vielen Regionen der Welt.

Der durch die kapitalistische Produktion immer weiter ansteigende Ausstoß von CO2 lagert sich auch in den Meeren ab. Hier führt er zu einer starken Versauerung der Meere, was  insbesondere Muscheln und Korallen zusetzt.

Durch die Erwärmung und Verschmutzung der Ozeane wird zudem die Entstehung von Phytoplankton, das ist die Gesamtheit der im Wasser schwebenden pflanzlichen Organismen, massiv beeinträchtigt. Phytoplankton ist ähnlich wie die Bäume für die Produktion von Sauerstoff verantwortlich. Forscher schätzen, dass 70 bis 80 Prozent des in der Atmosphäre existierenden Sauerstoffs von diesen Algen produziert wird. Doch allein zwischen 1950 und 2010 soll der weltweite Bestand von Phytoplankton um 40 Prozent zurück gegangen sein.12 Ein weiterer starker Rückgang wird die Existenz von Lebewesen in den Meeren und überall auf der Welt perspektivisch in Frage stellen. Schon heute gibt es in allen Ozeanen gigantische „Todeszonen“ in denen die Sauerstoffkonzentration so niedrig ist, dass hier keinerlei Lebewesen mehr existieren können. Diese Todeszonen dehnen sich immer weiter aus. 

Industrielle Umweltkatastrophen

Zu den bisher aufgezählten Entwicklungen kommen noch unzählige direkte industrielle Umweltkatastrophen und Verbrechen hinzu. Nur die wenigsten und größten schaffen es überhaupt in die bürgerlichen Medien und werden dadurch bekannt. Das Ableiten von verunreinigtem Wasser, Chemikalien, giftigen Dämpfen und Rauch etc. aus Fabriken in den Boden, die Gewässer und die Luft ist überall auf der Welt trauriger Alltag der kapitalistischen Produktion. 

Die immer wieder öffentlich werdenden, vom Menschen verursachten großen Umweltkatastrophen zeigen die gewaltige Vernichtung der Natur durch die kapitalistische Produktion. Beispielhaft seien hier einige besonders herausragende Ereignisse genannt, die tausende Menschen das Leben kosteten und gigantische Flächen der Erde quasi unbewohnbar machten. 

Dabei sind zunächst das Kentern von zahlreichen Öltankern, das Sinken der Ölbohrplattform Deepwater Horizon im Jahr 2010 und die Ölpest im Persischen Golf als Folge des zweiten Goldkriegs 1991 zu nennen. Durch Atomtests, Atombombenabwürfe und die Atomkatastrophen von Tschernobyl 1986 und Fukushima 2011 sind riesige Gebiete über Jahrzehnte unbewohnbar geworden. Auch in chemischen Fabriken kommt es regelmäßig zu großen Unfällen. Einer der schlimmsten dürfte wohl die Bhopal Katastrophe in Indien 1984 gewesen sein. 

Hinzu kommt die Verwüstung ganzer Landstriche durch die Folgen imperialistischer Kriege, bei denen Unmengen an „herkömmlicher“, chemischer und atomarer Munition eingesetzt werden. Die Folgen für Menschen, Tiere und die Umwelt sind entsprechend. 

Es gibt keinen
grünen Kapitalismus

Nachdem wir uns ausführlich die gesetzmäßigen und konkreten Folgen der kapitalistischen Produktionsweise auf die Natur angeschaut haben, dürfte sich die Frage nach der Möglichkeit eines „grünen Kapitalismus“ von selbst erledigt haben. Trotzdem gibt es immer wieder hartnäckige Versuche von bürgerlichen Organisationen und Parteien, genau dies zu propagieren und umzusetzen. Auch die Herrschenden versuchen immer wieder, die Umweltfrage für sich zu vereinnahmen und scheinbare Lösungen innerhalb des kapitalistischen Systems aufzuzeigen. In all diesen Fällen beinhaltet diese „Lösung“ jedoch einen direkten Angriff auf den Lebensstandard der ArbeiterInnenklasse. Das ist kein Zufall. In einer Klassengesellschaft, in der die Menschen in großer sozialen Ungleichheit leben, muss jede beliebige Maßnahme auf verschiedene Klassen eine unterschiedliche Wirkung entfalten. 

In den vergangenen Jahren hat die bürgerliche Umweltbewegung erneut einen starken Aufschwung erlebt. Einerseits hängt das damit zusammen, dass sich die unmittelbaren Folgen der kapitalistischen Produktion immer mehr auch direkt auf das Leben großer Teile der Bevölkerung auswirken. Andererseits wird diese Bewegung selbst stark von den Herrschenden unterstützt, um die Folgen der Umweltkrise und die Kosten der Einführung neuer, scheinbar grüner Technologien auf die ArbeiterInnenklasse abzuwälzen.

Wenn wir verinnerlicht haben, dass und warum der Kapitalismus aus seiner Gesetzmäßigkeit heraus nicht die Einheit von Mensch und Natur verwirklichen kann, dann müssen wir auch drei weitere wichtige Punkte verstehen:

Die bürgerlich-moralischen Lösungen der Umweltfrage wie z.B. die individualistische Konsumkritik oder die Einführung weiterer „Ökomassensteuern“ ändern rein gar nichts an der zerstörerischen Wirkung der kapitalistischen Produktion.

Im Kapitalismus wird auch die Einführung neuer und scheinbar fortschrittlicher Technologien nicht zu einem geringeren Rohstoffverbrauch oder nachhaltigem Wirtschaften führen. Wenn dies überhaupt eine Wirkung hat, dann wird es zur weiteren Ausdehnung der Produktion und dadurch zu einem noch größeren Gesamtverbrauch an Rohstoffen und einer noch größeren Überproduktion führen. Die heute als „grüne Technologien“ angepriesenen Techniken erweisen sich bei genauerem Hinsehen zudem bisher meist ebenfalls als äußerst umweltschädlich. Dies gilt insbesondere für den massenweisen Abbau der ihr zugrunde liegenden Rohstoffe. 

Gleichzeitig würde eine umweltschonende Produktion eine Kreislaufwirtschaft voraussetzen. Diese ist im Imperialismus jedoch nicht denkbar, setzt sie doch eine maximale technologische Entwicklung aller Länder voraus. Dadurch würden die führenden imperialistischen Länder ihre Quelle von Extraprofiten aus den abhängigen Staaten verlieren. Dagegen werden sie sich mit aller Kraft zur Wehr setzen. Damit eng verbunden ist eine Wirkung der Gesetzmäßigkeit des tendenziellen Falls der Profitrate, die u.a. dazu führt, dass aller Entwicklung der Technik zum Trotz manuelle Arbeit im Kapitalismus niemals verschwinden wird. Die Gewinnung von Rohstoffen durch Bergbau ist eine Tätigkeit, die mittels primitiver Handarbeit erfolgen kann. Sie wird im Kapitalismus immer auch – zumindest teilweise – so erfolgen, wie z.B. der Coltan-Abbau im Kongo zeigt. Daher wird unter kapitalistischen Bedingungen der Abbau von Rohstoffen immer profitabler sein als eine vollständige, hochtechnisierte Kreislaufwirtschaft.  

Das Gesagte schließt natürlich ein, dass es hier eben nicht um die individuellen Fehlentscheidungen einiger besonders gieriger Kapitalisten geht, sondern um die Prinzipien der kapitalistischen Produktion. Deshalb müssen auch alle Appelle an bürgerliche Institutionen im Nichts verhallen. Parteien, Regierungen und Staaten sind die Einrichtungen, welche heute die Umweltverbrechen der Industriemonopole möglich machen und dafür sorgen, dass diese ungeschoren davon kommen. Zur Not werden sie dies auch mit Gewalt durchsetzen. Allein hieraus ergibt sich, dass eine Umorganisierung der Produktion, dass ein Leben und Wirtschaften im Einklang mit der Natur im kapitalistischen System nicht möglich ist.

Im folgenden wollen wir uns die aktuell am häufigsten angeführten bürgerlichen Forderungen einmal etwas genauer anschauen und beleuchten, was sich dahinter verbirgt.

Green New Deal“ und „grüne Massensteuern“

Der US-amerikanische Politiker Bernie Sanders fordert ihn genauso wie die zur SPD zählende Friedrich-Ebert-Stiftung oder die „grüne“ Heinrich-Böll-Stiftung und so manche grüne Basisinitiative: Den „Green New Deal“. Nach den Ideen der Vorkämpfer dieses Wirtschaftsprogramms soll es den Umbau eines Großteils der Industrie auf scheinbar grüne Technologien und erneuerbare Rohstoffe umsetzen. 

Sicherlich unterscheiden sich die einzelnen Vorstellungen in Details, Ausführungen und Schnelligkeit voneinander. Alle haben sie jedoch gemeinsam, dass sie im Endeffekt auf gigantische Konjunkturprogramme mit Milliarden Euro oder Dollar hinauslaufen. Konjunkturprogramme, die die Profite für die Monopole sichern und gleichzeitig einige Umweltschutzmaßnahmen einführen, solange diese die Profite eben nicht grundsätzlich schmälern, sondern sie garantieren. Gleichzeitig wären diese Konjunkturprogramme der Ausgangspunkt einer durch die ArbeiterInnenklasse finanzierten Einführung neuer Technologien.

Neue sogenannte „Umwelttechnologien“ sind heute ein profitabler Markt für Kapitalinvestitionen. Dabei sind sie oftmals keineswegs so umweltfreundlich, wie sie uns angepriesen werden. Dies gilt zum Beispiel für die Herstellung von Elektroautos und Solaranlagen. Für beides werden in der industriellen Massenproduktion gigantische Mengen „seltener Erden“ und umweltschädlicher Chemikalien verbraucht. Oftmals werden diese Rohstoffe zudem in abhängigen Ländern unter extremen Ausbeutungsbedingungen abgebaut. 

Auch der Anbau von Biomasse zur Energiegewinnung oder Naturkraftstoff hat seine Schattenseiten, etwa die Abholzung von Wäldern für neue Anbauflächen oder die Verknappung der Flächen, auf denen Lebensmittel angebaut werden und dadurch stark steigende Lebensmittelpreise. Ähnliches gilt für Wasserkraftwerke, deren Wirtschaftlichkeit oftmals nur durch den Bau gigantischer Stauseen und die Umleitung von Flüssen gesichert werden kann. Damit wird oft ganzen Landstrichen die notwendige Wasserversorgung entzogen. 

Auch erneuerbare Energien und „grüne“ Technologien haben also ihren ökologischen und ökonomischen Preis. Sie sind nicht so nachhaltig und ökologisch, wie sie uns von Regierungen, Instituten oder Teilen der Umweltbewegung immer wieder verkauft werden.

Eine noch größere Augenwischerei sind die Konzepte, die unter dem Schlagwort „CO2-Steuer“ diskutiert werden. Wenn diese Konzepte, deren Vorkämpferin heute unter anderem Teile der Umweltbewegung sind, umgesetzt werden, gewinnt am Ende nicht die Natur, sondern die ArbeiterInnenklasse verliert. 

Das grundlegende Konzept der CO2-Steuer ist eine Abgabe  auf alle Waren, deren Höhe sich nach der bei der Produktion bzw. dem Benutzen erzeugten CO2-Ausstoß richtet. Bei den unterschiedlichen Konzepten ist es egal, ob diese Steuern von den produzierenden Unternehmen eingezogen werden oder als zusätzliche Steuer auf die eigentlichen Preise aufgeschlagen werden. Am Ende müssen die VerbraucherInnen und damit in erster Linie die ArbeiterInnenklasse diese Steuer durch steigende Preise bezahlen. Die Gewinne der Unternehmen werden dadurch keinesfalls geschmälert.

Ein ähnlich wirkendes Konzept ist der Emissionshandel, bei dem Unternehmen für den Ausstoß von Schadstoffen entsprechende Emissions-Zertifikate kaufen müssen. Auch diese Kosten werden an die VerbraucherInnen weitergegeben. Gleichzeitig führt dies dazu, dass die großen CO2-Produzenten, wenn sie weniger Emissionen ausstoßen als sie Zertifikate haben, mit dem Handel der CO2-Zertifikate eine riesige Menge an Geld verdienen können. Sie sind also überhaupt kein Anreiz für die Monopole weniger CO2 zu produzieren. Dies zeigt sich bereits in der EU, in der dieser Emissionshandel seit 2005 gesetzlich geregelt ist.

Die beschränkte und falsche Konsumkritik

Ein weiterer Versuch die Umweltfrage ohne die Überwindung des Kapitalismus zu lösen ist die sogenannte „Konsumkritik“. Im Kern geht es dabei um den bewussten Verbrauch von und freiwilligen Verzicht auf Güter und Waren. Durch das individuelle Verhalten soll so ein verschwenderischer Lebensstil durchbrochen und die Umweltprobleme gelöst oder eingedämmt werden. Hierbei wird ein gesellschaftliches Problem auf die individuelle Ebene abgeschoben und auf individualistische Weise zu lösen versucht. Es ist vollkommen klar, dass dies nur scheitern kann. Die idealistische Idee, durch sein eigenes scheinbar bewusstes Verhalten die gesellschaftliche Produktion und den Verbrauch zu verändern, ist nicht nur in kleinbürgerlichen Kreisen und der Umweltbewegung massenweise präsent, sondern heute bis weit in die revolutionäre Bewegung eingedrungen. Das, was wir als die Menschen im Kapitalismus gemeinsam nicht schaffen können, soll nun der oder die Einzelne vollbringen. Dabei vergessen die Anbeter des Individualismus vollkommen, dass große Teile der Menschenheit in Armut und Elend leben müssen und nichts haben, auf das sie verzichten könnten. Milliarden Menschen leben nicht wie sie in den imperialistischen Zentren in scheinbarem Saus und Braus. Dies ist an chauvinistischer Unwissenheit kaum zu überbieten.

Genau hier setzt dann auch das klassenversöhnlerische Märchen der „imperialen Lebensweise“ an. Die Verfechter dieser Theorie bescheinigen den Menschen im sogenannten „globalen Norden“ eine „imperiale Lebensweise“ auf den Kosten des „globalen Süden“. Sie verschleiern damit die Aufteilung der Gesellschaft in sich unversöhnlich gegenüber stehende Klassen und fokussieren wie die Verfechter der Konsumkritik die Probleme nicht auf die kapitalistische Produktionsweise auf der ganzen Welt, sondern auf den Konsum der im globalen Norden lebenden Gesamtbevölkerung.  

Ähnliches gilt für die Prediger der „Postwachstumsökonomie“, welche dafür eintreten, eine Wirtschaft ohne ökonomisches Wachstum aufzubauen und dabei bewusst den Lebensstandard zu senken. Sie verschleiern damit lediglich die eigentlichen Verteilungsprobleme bzw. ihre Ursachen im Kapitalismus und haben keine Lösungen für diese parat. 

All diese Ansätze haben gemeinsam, dass sie das kleinbürgerliche schlechte Gewissen sind, welches nach romantisierten, individualistischen Lösungen für gesellschaftliche Probleme sucht. 

Wenn wir die Umweltfrage auf einer materialistischen Ebene angehen, dann wird schnell klar, dass wir nicht in erster Linie unsere Gedanken, unseren Konsum oder unsere Lebensweise ändern müssen, sondern vielmehr die materiellen Bedingungen und Strukturen der Gesellschaft verändert werden müssen. Wir müssen die zerstörerische kapitalistische Produktionsweise hinter uns lassen, damit eine natur- und umweltbewusste Lebensweise überhaupt möglich werden und einen realen gesellschaftlichen Einfluss haben kann. 

Gleichzeitig müssen wir uns offensiv gegen die reaktionären Rufe nach Einschränkung des Konsums und damit der Senkung des Lebensstandards der ArbeiterInnenklasse zur Wehr setzen. Solche Forderungen, wie sie von Teilen der Umweltbewegung und der Grünen immer wieder formuliert werden, stärken dabei allein den repressiven bürgerlichen Staat. Er soll das Verhalten der ArbeiterInnenklasse zwangsweise verändern und Einschränkungen durchsetzen. 

Umweltfrage ist eine Klassenfrage

Wir wollen nochmal darlegen, warum auch die Umweltfrage eine Klassenfrage ist und nicht über den Klassen steht. Dies ist eine wichtige Grundlage, an der wir festmachen, dass die Umweltfrage eben nicht in der kapitalistischen Klassengesellschaft nachhaltig gelöst werden kann. 

Wir haben oben bereits dargelegt, dass die große Mehrheit der Menschen heute keinesfalls im  „Überfluss“ oder „über ihre Verhältnisse“ lebt. Dies gilt sowohl für die ArbeiterInnenklasse in Deutschland wie auch in anderen imperialistischen Ländern, als auch in allen anderen Ländern der Welt. Wer dies verneint, verneint letztendlich die Klassenfrage an sich. 

Wie in allen andern Fragen, so gibt es auch in der Umweltfrage kein über den Klassen stehendes gemeinsames „Wir“, von dem die Konsumkritiker und Postwachstumsökonomen so gerne reden. Auch in der Umweltfrage lässt sich eindeutig zeigen, dass diese sich nach den Interessen der verschiedenen gesellschaftlichen Klassen aufgliedert.

Während die Kapitalistenklasse tatsächlich durch ihre Monopole und ihre verschwenderische unökonomische Lebensweise massiv für den Klimawandel und die massive Umweltzerstörung verantwortlich ist, treffen die Folgen der Zerstörung vor allem und zuerst die ArbeiterInnenklasse. Und das, obwohl selbst nach bürgerlichen Berechnungen allein 100 Unternehmen für rund 70 Prozent des weltweiten CO2-Ausstoßes verantwortlich sind. 

Während wir auf der einen Seite stehen und die Umwelt vor den Folgen der kapitalistischen Produktionsweise und für unser weiteres Überleben schützen wollen, stehen uns die Kapitalisten auf der anderen Seite gegenüber, die an der größtmöglichen Ausbeutung von Mensch und Natur weiter festhalten. Privatisierte Gewinne und vergesellschaftete Umweltschäden sind die Folge.

Während die Kapitalisten sich noch vergleichbar lange gegen die Folgen der Umweltzerstörung ein schönes und erträgliches Leben erkaufen können, sterben Millionen ArbeiterInnen jedes Jahr an den Folgen der kapitalistischen Produktion und der durch sie hervorgerufenen Umweltschäden. Die ökologischen Kosten werden auf die ArbeiterInnenklasse abgewälzt. Die Umweltprobleme werden, soweit es geht, ausgelagert aus den imperialistischen Zentren in abhängige Länder (etwa die Müllverschiffung nach Afrika, Asien und Süd-Amerika). Ebenso findet umweltschädliche Produktion meist in diesen Ländern und mit kostengünstigen unterentwickelten Produktionsmethoden statt. Gleichzeitig treibt die dadurch hervorgerufene Umweltzerstörung mit steigender Tendenz Millionen ArbeiterInnen jedes Jahr zur Flucht. 

Auch bei multinationalen Konferenzen und Abkommen sehen wir, wie die Interessen der verschiedenen Imperialisten und ihre Widersprüche bereits die Verhandlungen zum Scheitern verurteilen. Spätestens bei der Umsetzung scheitern vollmundige Absichtserklärungen an den unterschiedlichen Klasseninteressen bzw. der Konkurrenz innerhalb der herrschenden Klasse. 

Es ist für uns daher vollkommen klar, dass eine wirkliche Lösung der Umweltfrage nur durch die revolutionäre Überwindung der kapitalistischen Produktionsweise und des imperialistischen Systems möglich ist.

Sozialismus ist die einzige Antwort

Als ArbeiterInnenklasse haben wir tatsächlich als einzige gesellschaftliche Gruppe die Macht und Kraft, die Umweltzerstörung zu stoppen und die grundlegende Einheit von Mensch und Natur wieder herzustellen. Damit das jedoch möglich wird, muss der Kapitalismus mit all seinen Eigenschaften auf den Müllhaufen der Geschichte geworfen und durch eine andere Produktionsweise und ein anderes Gesellschaftssystem ersetzt werden.

Die einzige Produktionsweise, die das schaffen kann, ist die gesellschaftlich geplante Produktion im Sozialismus. Sie ist bis zum Übergang zum Kommunismus die einzige Gesellschaftsform, welche die Einheit von Mensch und Natur wieder herstellen und in Einklang bringen kann. In ihr gehören die Überproduktion bei gleichzeitiger Unterkonsumtion (Unterversorgung) und die mutwillige Vernichtung von Waren und Produktionsmitteln der Vergangenheit an. Dem kapitalistischen Drang nach immer weiterer Ausdehnung der Warenproduktion wird die nach den Möglichkeiten und Bedürfnissen der sozialistischen Gesellschaft organisierte und geplante Produktion entgegengesetzt.

Schon Karl Marx schrieb in seinen ökonomisch-philosophischen Manuskripten im Jahre 1844, dass „Der Kommunismus als positive Aufhebung des Privateigentums als menschlicher Selbstentfremdung (…) die wahre Auflösung des Widerstreits zwischen dem Menschen mit der Natur und mit dem Menschen“ ist.13

Doch der Sozialismus ist natürlich kein einfaches Allheilmittel, die sozialistische Revolution wird die Umweltzerstörung nicht einfach stoppen. Dazu braucht es bewusste Anstrengungen der neuen Gesellschaft, um die Umweltzerstörung zu stoppen bzw. schnellstmöglich rückgängig zu machen, dort wo es die Möglichkeit dazu gibt. Dabei wird sich erst noch zeigen, welche Schäden an der Umwelt sich noch rückgängig machen lassen und welche nicht.  

Der Sozialismus hat zudem zwar die Einheit von Mensch und Natur als Ziel, wird diese jedoch erst mit der Zeit erreichen können. Zunächst wird die Festigung des sozialistischen Aufbaus und die Sicherstellung der grundlegenden Lebensbedürfnisse der Menschen im Vordergrund stehen. 

Doch dann wird der Umweltschutz in Verbindung mit der Höherentwicklung der Produktionstechnik und -verfahren zu einer gesellschaftlichen Maxime erhoben werden. So wird im Sozialismus die Sicherung der maximalen Befriedigung der wachsenden materiellen und kulturellen Bedürfnisse der gesamten Gesellschaft durch stetige Vervollkommnung der sozialistischen Produktion und auf der Basis der höchstentwickelten Technik im Einklang mit der natürlichen Lebensgrundlage gewährleistet werden. 

Dabei muss klar sein, dass sich die Umwelt nicht in einem oder wenigen Ländern alleine retten lässt. Damit die Umwelt gerettet werden kann, muss letztendlich weltweit der Sozialismus als Übergangsgesellschaft zum Kommunismus siegen. 

Die Geschichte hat uns gezeigt, dass es auch in der sozialistischen Sowjetunion nur ein mangelndes Bewusstsein für die Wichtigkeit der Entwicklung des Sozialismus in Einheit mit der Natur gab. Einerseits lag dies an den schwierigen Startbedingungen und den dauerhaften imperialistischen Bedrohungen und Angriffen von innen und außen. Andererseits führte der damalige technischen Stand dazu, der weder die objektiven Möglichkeiten für ein ausgeprägtes Umweltbewusstsein noch entsprechend umweltschonende Alternativen bot. 

Gleichzeitig müssen wir anerkennen, dass es bereits damals in der Sowjetunion gewisse Ansätze zum Schutz der Natur gab, wie Aufforstungs- und Bewässerungsprojekte, die jedoch in erster Linie eine Notwendigkeit zur Bewirtschaftung bestimmter Gebiete waren. 

Ab Mitte der 1950er Jahre wurden dann immer mehr wirtschaftliche Maßnahmen beschlossen, welche nicht mehr im Einklang mit der Natur standen und diese teilweise massiv schädigten. Mit dem wachsenden Einfluss des Revisionismus und der Abkehr vom sozialistischen Aufbau in der Sowjetunion wurde auch die Umwelt immer mehr zum Ausbeutungsobjekt.

Grundsätzlich müssen wir feststellen, dass es in der Geschichte der kommunistischen Bewegung hier viele Fehler und Schwächen gab. Die Umweltfrage spielte in Theorie und Praxis jeweils nur eine untergeordnete Rolle. Auch ist die Isolierung der kommunistischen und ArbeiterInnenbewegung von der Umweltbewegung bis heute nicht ausreichend aufgebrochen worden.

Unsere Aufgaben heute

Wir haben auf den vorhergehenden Seiten ausführlich dargelegt, warum sich die Umweltfrage nicht im Rahmen des herrschenden kapitalistischen Systems lösen lässt und warum nur der Sozialismus die notwendigen Bedingungen für die Befreiung von Mensch und Natur schaffen kann. 

Diese Erkenntnis zu gewinnen ist wichtig, reicht jedoch bei weitem nicht aus. Denn noch viel zu oft unterschätzen die KommunistInnen die Umweltfrage als eine existenzielle Frage für die ArbeiterInnenklasse und betiteln die entstehenden Umweltbewegungen abfällig und hochnäsig als kleinbürgerlich und daher nicht unterstützenswert.

Es ist vollkommen richtig, dass heute fast alle Teile der Umweltbewegung kleinbürgerlich oder reformistisch geprägt sind. Das darf jedoch kein Grund sein, ihr ablehnend gegenüber zu treten. Es muss vielmehr ein Ansporn für uns sein, selbst Teil dieser Bewegung zu werden und ihren Charakter in einen systemkritischen und revolutionären zu verändern. 

Wir müssen als RevolutionärInnen und KommunistInnen unsere eigene Schwäche überwinden und das bei immer mehr Menschen geweckte Umweltbewusstsein vertiefen und in die richtige Richtung lenken. 

Im Mittelpunkt unserer Agitation und Propaganda muss die Beseitigung von falschen, systemkonformen Illusionen stehen. Gleichzeitig müssen wir den Sozialismus als klare Lösung aufzuzeigen. Dabei dürfen wir nicht arrogant herangehen, sondern müssen nach und nach versuchen, immer größere Teile der ArbeiterInnen und die fortschrittlichen Teile der Umweltbewegung zu beeinflussen. Wir müssen uns dafür einsetzen, dass jeder Umweltkampf sich auch gegen das kapitalistische System richtet.

Gleichzeitig müssen wir die Versuche, den kapitalistischen „Umweltschutz“ als Argument für Angriffe auf die ArbeiterInnenklasse zu nutzen, entschieden zurückgeschlagen und aufzeigen, wie die Monopole versuchen werden, uns für die Einführung neuer „grüner“ Technologien zahlen zu lassen.Um das zu erreichen, müssen wir aufzeigen, dass auch die Frage des Umweltschutzes eine Klassenfrage ist. Dafür müssen wir die bürgerlichen Konzepte des Umweltschutzes aus Politik, Wirtschaft und Umweltbewegung als kapitalistische Reformprogramme entlarven und sie durch ein revolutionäres Programm ersetzen. Deshalb müssen unsere Parolen „Klassenkampf statt Konsumkritik!“ und „Sozialismus statt ‚grüner‘ Massensteuern!“ heißen.

1K. Marx, MEW Bd 40, S. 516

2K. Marx, MEW Bd. 23, S. 192

3F. Engels, MEW Bd. 20, S. 452/453

4K. Marx, MEW Bd. 23, S.529

5Ausführlich dazu siehe https://komaufbau.org/wirtschaftskrise/

6Zeit.de, „So ein gigantisches Ozonloch hat uns überrascht“, 26.10.2015, https://www.zeit.de/wissen/umwelt/2015-10/ozonloch-ozonschicht-suedpol-folgen-interview

7https://www.welt.de/newsticker/news1/article175997707/Umweltverschmutzung-WHO-Weltweit-jaehrlich-rund-sieben-Millionen-Tote-durch-Luftverschmutzung.html

8https://www.wwf.de/fileadmin/fm-wwf/Publikationen-PDF/WWF_Waldzustandsbericht.pdf

9www.globalforestwatch.org

10https://www.ipbes.net/sites/default/files/downloads/spm_unedited_advance_for_posting_htn.pdf

11https://www.welt.de/wissenschaft/umwelt/article135525730/Wo-irrwitzige-Mengen-an-Plastikmuell-verschwinden.html

12https://sciendedaily.com/releases/2010/07/100728131705.htm

13K. Marx, MEW Ergänzungsband 1, S. 536