Das Werk von Karl Marx ist eine Waffe für die ArbeiterInnenklasse – nehmen wir sie auf und kämpfen!

Erklärung aus Anlass seines 200. Geburtstag

200 Jahre nach der Geburt von Karl Marx brodelt es auf der Welt. In den letzten zehn Jahren ist der gesamte Erdball zum Schauplatz einer Welle von Massenprotesten, Streiks und Aufständen geworden, die selbst eine bürgerliche Denkfabrik wie die Friedrich-Ebert-Stiftung mit den Bewegungen von 1848, 1917 oder 1968 verglichen hat. Der globale Klassenkampf hat sich in reichen und armen Ländern entfaltet. Er umfasst Demonstrationen auf der Straße, Blockaden und Besetzungen – gegen soziale Ungerechtigkeit, Krieg, Korruption und für „wirkliche Demokratie“. Gegen G8, G7 und G20, gegen IWF und Weltbank, gegen die EU, gegen weltweite Spardiktate. Er umfasst Aufstände in Afrika gegen Erhöhungen der Lebensmittel- und Benzinpreise sowie riots in westlichen Großstädten wie London und Paris. Er umfasst Streikkämpfe von ArbeiterInnen u.a. in China, Indien, Brasilien, Südafrika, Iran, der Türkei, Mexiko, den USA sowie in ganz Europa. Er umfasst Bewegungen, die korrupte und pro-imperialistische Regierungen zu Fall gebracht haben wie in Nordafrika oder erst kürzlich in Südkorea. Er umfasst die Revolution in Rojava, die zum Leuchtfeuer der Demokratie und Frauenbefreiung in Westasien geworden ist. Er umfasst bewaffnete revolutionäre Kämpfe in Ländern wie Indien und den Philippinen.

Bei all ihrer Vielfalt offenbaren diese Kämpfe mehr denn je und immer klarer, dass es letztlich zwei Klassen sind, die sich auf der Welt in einem unversöhnlichen Gegensatz gegenüberstehen: Die ArbeiterInnenklasse und die Bourgeoisie.

Will die ArbeiterInnenklasse ihre erdumspannenden und mannigfaltigen Kämpfe zu einem einzigen mächtigen Strom zusammenführen, der den Weltkapitalismus hinwegfegen und eine befreite, kommunistische Gesellschaft errichten kann, braucht sie theoretische Klarheit über die Welt: Über den Feind, über sich selbst, über den Kampf, den es zu führen gilt. Der Sozialismus muss sich dafür im Bewusstsein von Abermillionen kämpfenden ArbeiterInnen auf der Welt erneut von einer utopischen Vision in eine wissenschaftliche Weltanschauung verwandeln.

200 Jahre nach der Geburt von Karl Marx sind seine Arbeiten, die das Fundament dieses wissenschaftlichen Sozialismus gelegt haben, so aktuell wie nie zuvor. Marx war ein Erbe der Aufklärung und der klassischen deutschen Philosophie, der das philosophische Denken von allen idealistischen und esoterischen Spinnereien und Spielereien gereinigt hat. Er nahm das dialektische Denken Hegels und stellte es auf eine materialistische Grundlage: Die materielle Welt ist nach Marx kein Hirngespinst oder die Entäußerung irgendeines „Weltgeistes“, sondern sie existiert real und ist die Grundlage ihrer Widerspiegelung durch das menschliche Bewusstsein. Dass die Erscheinungen der Welt nur in ihrem Zusammenhang und ihrer Wechselwirkung begriffen werden können; dass die Welt sich beständig in Bewegung befindet; dass diese Bewegung qualitative Sprünge aufweist, von einfachen zu komplizierten Erscheinungen führt und dass die Erscheinungen der Welt von inneren Widersprüchen gekennzeichnet sind, die ihre innere Dynamik bestimmen – dass die Welt also nur dialektisch begriffen werden kann, ist eine Erkenntnis, der sich die bürgerliche Wissenschaft heute in Form der „Komplexitäts-“ und „Chaosforschung“ von den Erscheinungen gezwungen wieder annähert. Aufgrund ihres Klebenbleibens an der bürgerlich-idealistischen Philosophie gelingt ihr das jedoch nur in sehr begrenzter Form. Marx und sein Mitstreiter Friedrich Engels waren im Grundsatz schon viel weiter.

Marx war es aber vor allem, der die materialistische Philosophie und die dialektische Methode auch auf die menschliche Gesellschaft anwandte. Er erkannte, dass es die jeweilige Produktionsweise der Menschen ist, die die Grundlage der gesellschaftlichen Verhältnisse bildet und diese bestimmt. Er erkannte, dass im Zuge der Entwicklung der Produktivkräfte und der menschlichen Arbeitsteilung verschiedene gesellschaftliche Klassen entstanden sind und dass die Kämpfe dieser Klassen die menschliche Geschichte bestimmt haben. In der Auseinandersetzung mit den frühen utopischen Sozialisten, welche die Idee einer befreiten Gesellschaft ohne Ausbeutung im Gefolge der französischen Revolution als noch etwas nebelige Vision formuliert hatten, wies Marx nach, dass es eines bestimmten Reifegrades der menschlichen Produktivkräfte bedarf, um die klassenlose Gesellschaft zu verwirklichen – und einer Klasse, die aufgrund ihrer materiellen Interessen zur Vollstreckerin der gesellschaftlichen Umwälzung dorthin werden konnte. Diese Klasse ist die ArbeiterInnenklasse, deren Kampf Marx sein gesamtes wissenschaftliches und politisches Wirken widmete.

Unterstützt von Engels erforschte Marx über Jahrzehnte die Bewegungsgesetze der kapitalistischen Gesellschaft, die er in seinem monumentalen Werk „Das Kapital“, sowie zahlreichen ökonomischen Manuskripten darlegte. Er wies die Ausbeutung der LohnarbeiterInnen durch das Kapital in Form der unentgeltlichen Aneignung eines Teils des Produktes des Arbeitstages nach und schilderte präzise, wie sich das Kapital auf der Grundlage dieser Ausbeutung von Mehrwert ins Unermessliche vermehren muss. Er erklärte, warum die kapitalistische Gesellschaft sich notwendigerweise in Form von immer wiederkehrenden Krisen entwickelt und warum mit dem Anwachsen des Kapitals auch die Schwere der Krisen zunehmen muss – warum die bürgerliche Gesellschaft, die – wie von Marx im „Kommunistischen Manifest“ beschrieben – „massenhaftere und kolossalere Produktionskräfte geschaffen“ hatte als „alle vergangenen Generationen zusammen“, am Ende „dem Hexenmeister gleicht, der die unterirdischen Gewalten nicht mehr zu beherrschen vermag, die er heraufbeschwor“.

Zur Zeit von Marx hatte sich der Kapitalismus erst in wenigen Ländern entwickelt. Bis heute jedoch hat er sich über den gesamten Globus verbreitet, ist das Kapital in alle Bereiche des menschlichen Lebens eingedrungen und hat sich die vorkapitalistischen, feudalen und patriarchalen Verhältnisse in den verschiedensten Ländern untertan gemacht. In einer Welt, in der die Produktion in internationalen Zulieferketten organisiert ist, bei welcher der Mehrwert aus der High-Tech-Fertigung von Elektroautos am Ende beim selben Unternehmen landet wie der aus der Handarbeits-Produktion von Einzelteilen in den Hinterhöfen moderner Großstadt-Slums; in einer Welt, in der wenige riesige Kapitale die Weltproduktion von Industriegütern und Nahrungsmitteln ebenso beherrschen wie den Wohnraum in den Städten, das Geschäft mit den weltweiten Kriegen, die organisierte Kriminalität und vieles andere – in einer solchen Welt ist das wissenschaftliche Werk von Karl Marx aktueller als je zuvor und wird zur Waffe, wenn man es mit den weltweiten Kämpfen der ArbeiterInnenklasse zusammenbringt!

Marx verfasste sein Werk nicht zu akademischen Zwecken. Er prägte den Satz: „Die Philosophen haben die Welt nur verschieden interpretiert – es kommt aber darauf an, sie zu verändern.“ – und er lebte nach diesem Satz. Er polemisierte nicht nur gegen die Vertreter anderer politischer Strömungen wie Proudhon und Bakunin, die seinerzeit in der internationalen Arbeiterbewegung einflussreich waren und propagierte entgegen ihren Konzepten den Sozialismus als „Permanenzerklärung der Revolution“, als „Klassendiktatur des Proletariats als notwendiger Durchgangspunkt zur Abschaffung der Klassenunterschiede überhaupt“. Er verhalf dem wissenschaftlichen Sozialismus nicht nur durch seine Schriften zur Durchsetzung in der Bewegung und schuf zusammen mit Engels das „Manifest der Kommunistischen Partei“, welches bis heute die Grundlage des kommunistischen Programms bildet. Mit den „Kommunistischen Korrespondenz-Komitees“, dem „Bund der Kommunisten“ und der „Internationalen Arbeiterassoziation“ schufen Engels und er selbst wichtige politische Organisationen dieser Bewegung. Zunächst rastlos und politisch verfolgt durch Europa reisend, griff Marx in den letzten Jahrzehnten seines Lebens aus dem Londoner Exil in den Aufbau der politischen Arbeiterbewegung ein. Von dort kritisierte er unter anderem in einer berühmten Streitschrift das „Gothaer Programm“ der 1875 gegründeten Sozialistischen Arbeiterpartei Deutschlands. Später war es Lenin, der das Werk von Marx in Hinblick auf die Frage weiterentwickelte, welche Art von Organisation die Arbeiterklasse für die Revolution braucht – und diese Erkenntnisse mit dem Aufbau der Bolschewiki, der Dritten Internationale und der sozialistischen Revolution in Russland ebenfalls in die Tat umsetzte.

Nehmen wir uns Marx also zum Vorbild: Die Welt ist heute in Bewegung. Der Kapitalismus ist reif zur Vernichtung. Der Sozialismus steht auf der Tagesordnung. Als KommunistInnen müssen wir das Werk von Marx studieren, in die Bewegungen der Massen tragen und starke kommunistische Parteien schaffen, um die sozialistische Revolution zu verwirklichen!