Unterstützt den Aufbau der Antiimperialistischen Koordination im Nahen und Mittleren Osten!

Vorab:

Die Jugend stürmt voran und überwindet mit ihrem Ungestüm die routinierte Trägheit und konservative Beharrlichkeit der Alten. Was wie eine Binsenweisheit klingt, stellt sich bei näherem Betrachten als eine soziale Erscheinung heraus, die es sehr wohl auch innerhalb der revolutionären Bewegung gibt. Ein anschauliches Beispiel hat die Initiative der „Antikapitalistischen nichtweißen Gruppe im Aufbau“ für eine Verbindung der beiden wichtigsten nationalen Befreiungskämpfe der PalästinenserInnen und KurdInnen geliefert. Auf ihrem Aufruf hin demonstrierten im November in Berlin 500 Menschen für gegenseitige Solidarität und einen gemeinsamen antiimperialistischen Kampf.1

Die kommunistischen Parteien und nationalen Befreiungsbewegungen der Region tun sich da deutlich schwerer, über diplomatische Höflichkeitsformeln hinausgehende Schritte zum Aufbau einer antiimperialistischen Koordination im Nahen und Mittleren Osten zu gehen. Eine VertreterIn der MLKP hat bei der von ICOR im November 2015 veranstalteten 2. Konferenz zur Solidarität mit dem Befreiungskampf im Mittleren Osten die offene Frage gestellt, woran die bisherigen Anläufe für eine solche dringend benötigte Koordination gescheitert sind? Liegt es am türkischen, kurdischen oder arabischen Nationalismus, der uns hemmt zusammen zu finden? Gibt es andere Gründe?

Die Konferenz hat keine Antwort gegeben; das wäre wohl auch zu viel erwartet in einem solchen Rahmen. Aber sie hat den Raum geschaffen, der von den beteiligten kommunistischen Parteien und revolutionären Organisationen in Gesprächen am Rande genutzt wurde, um zumindest Wege auszuloten, wie ein neuer Anlauf angegangen werden könnte.

Revolutionäre Realpolitik bedeutet manchmal auch mit viel Geduld dicke Bretter zu bohren und sich in der hohen Kunst der Diplomatie zu üben. ICOR-Konferenzen haben ihren ganz eigenen Charakter. Man muss dieses Format z.B. mit seiner bemerkenswerten Verteilung der Redezeit nicht unbedingt mögen und kann doch gleichzeitig ganz nüchtern die politische Bedeutung solcher internationaler Treffen anerkennen.

Als ‚Kommunistischer Aufbau‘ sind wir unbedingt solidarisch mit dem nationalen Befreiungskampf in Palästina, Kurdistan sowie aller unterdrückter Völker dieser Welt! Im Rahmen unserer Möglichkeiten leisten wir auch ganz konkrete Solidarität. Darüber hinaus unterstützen wir das politische Ziel eine Antiimperialistische Koordination im Nahen und Mittleren Osten zu schaffen, auch wenn wir selbst dazu offensichtlich keinen nennenswerten Beitrag werden leisten können.

Wir dokumentieren im Nachfolgenden die diplomatisch ausgehandelte Abschlusserklärung der 2. Konferenz Mittlerer Osten, in der sich einerseits die MLPD-Dominanz innerhalb von ICOR und auf der Konferenz widerspiegelt. Deren ZK-VertreterInnen hatten während der Diskussion großen Wert auf die Feststellung gelegt, dass die MLPD eine legale Partei sei. Andererseits werden auch Elemente der Rojava-Solidarität wie z.B. das IFB zumindest erwähnt, wie sie von anderen ML-Parteien als Akzente in den Kompromisstext eingebracht wurden. Aus unserer Sicht positiv ist, dass sich alle unterzeichnenden Parteien mit diesen „gerechten bewaffneten Kämpfen solidarisieren.“

Abschlusserklärung der 2. Konferenz Mittlerer Osten im November 2015

1.) Die 2. Konferenz Mittlerer Osten verschiedener fortschrittlicher, antiimperialistischer und revolutionärer Organisationen fand auf Einladung der ICOR erfolgreich statt. Vertreter folgender Organisationen nahmen teil: MLKP Türkei-Kurdistan, PYD Rojava/Syrien, MMLPL/Marokko, PPSR WATAD Tunesien, CPI/ML Indien, Marxistisch-Leninistische Plattform Russlands, MLOA Afghanistan, TKP/ML Türkei, PFLP Palästina, Komala/KP Iran, MLPD und Rebell, Deutschland, Rode Morgen / Niederlande, Kommunistischer Aufbau Deutschland, sowie Revolutionäre aus dem Jemen und Libyen.

Sie bilanzierte, dass die wesentlichen praktischen Aufträge des 1. Treffens ein Jahr zuvor erfolgreich bewältigt wurden, setzte den Diskussionsprozess über neue Erscheinungen und wesentliche Veränderungen fort und gab wesentliche Impulse für eine künftige engere Kooperation revolutionärer Kräfte und Organisationen im Mittleren Osten.

2.) Der Mittlere Osten (Westasien) ist ein Brennpunkt des internationalen revolutionären Befreiungskampfes gegen den Imperialismus geworden. Die NATO und der US-Imperialismus stehen mit ihrer Strategie im Mittleren Osten vor einem Scherbenhaufen. Ihre Kreuzzüge in Afghanistan und dem Irak endeten in einem Desaster. Regionale Mächte wie die Türkei, Saudi-Arabien oder Katar streben danach im Mittleren Osten ihr Einflussgebiet zu sichern und auszubauen. Der drohende Zusammenbruch des reaktionären Assad-Regimes in Syrien hat den russischen Imperialismus dazu gebracht, unmittelbar militärisch einzugreifen, um die Niederlage Assads zu verhindern. Das beschwört die Gefahr einer direkten militärischen Konfrontation der hauptsächlichen imperialistischen Blöcke herauf. Die unerträglichen Lebensverhältnisse haben eine Flüchtlingsbewegung von mehr als 13 Millionen Menschen in Syrien hervorgerufen. Die 2. Konferenz Mittlerer Osten unterstreicht vor diesen Hintergrund, dass gegen alle imperialistische Kräfte Front gemacht und ein unabhängiger antiimperialistischer Kurs verwirklicht werden muss. Das schließt nicht aus, zwischen-imperialistische Widersprüche zeitweilig auszunutzen.

3.) Neuartige faschistische Terrororganisationen wie der IS oder die al Nusra-Brigaden treten besonders dort auf, wo die gesellschaftlichen Verhältnisse zerrüttet sind, die Massen nicht mehr in der alten Weise leben wollen und revolutionäre Gärungen und Entwicklungen eingeleitet worden sind. Die Teilnehmer der 2. Konferenz bekräftigten ihre Entschlossenheit, den Kampf gegen die religiös verbrämten faschistischen Banden zu führen. Sie sind eine vom imperialistischen System kreierte konterrevolutionäre Kraft.

4.) Der Prozess der demokratischen Revolution in Rojava und der kurdische Befreiungskampf haben internationale Ausstrahlung. Einen weiteren Brennpunkt im Mittleren Osten bildet der palästinensische Befreiungskampf. Eine engere Zusammenarbeit zwischen dem kurdischen und dem palästinensischen Befreiungskampf und weiteren revolutionären Kräften kann dem Zusammenschluss fortschrittlicher und revolutionärer Kräfte wichtige Impulse geben. Wichtig ist auch der Kampf des afghanischen Volkes gegen Imperialismus und Faschismus, die antiimperialistischen Kräfte im Jemen und in anderen Ländern der Region.

5.) Die ICOR führt diese Konferenz in einer Periode durch, in der in vielen Ländern des Mittleren Ostens Kriege stattfinden. In dieser schwierigen negativen Situation sind wir jedoch auch Zeuge wichtiger positiver Entwicklungen. Die Konferenz begrüßt es, dass die demokratische Revolution in Rojava sich weiter festigt und verbreitert, der Wiederaufbau vorankommt und damit in die Region des Mittleren Ostens und darüber hinaus ein Signal ausgesandt wird, wie der Kampf um Demokratie und Freiheit eine positive Perspektive bekommt. Die ICOR und alle Teilnehmerorganisationen der Konferenz haben vorwärtstreibend an der weltweiten Solidaritätsbewegung mitgewirkt. Ein bedeutender Fortschritt liegt in einem Solidaritätspakt zwischen der ICOR und dem kurdischen Befreiungskampf, der weit über die internationale Solidarität hinausgeht und eine gegenseitige Selbstverpflichtung bedeutet. Das durch internationale Brigaden gemeinsam mit den Arbeitern und der Bevölkerung in Kobanê erbaute Gesundheits- und Sozialzentrum in Kobanê steht unmittelbar vor der Fertigstellung und wird am 20. 11. an die Selbstverwaltungsorgane in Kobanê übergeben. Die Konferenz wandte sich gegen das imperialistische Embargo gegen Rojava und fordert die diplomatische Anerkennung Rojavas und einen humanitären Korridor dorthin. Die 2. Konferenz würdigt die großartigen Leistungen der 170 Brigadistinnen und Brigadisten aus zehn Ländern in Kobanê als gemeinsames Projekt der Zusammenarbeit der revolutionären Parteien und Organisationen in der ICOR und Ausdruck des praktischen proletarischen Internationalismus. Die 2. Konferenz begrüßt den Vorschlag, dass „Haus der Solidarität“ in Deutschland als Pilotprojekt proletarisch-internationalistischer Flüchtlingspolitik zur Einbindung der Flüchtlinge in den proletarischen Internationalismus zu unterstützen.

6.) Den faschistischen Banden des IS wurden durch den mutigen Befreiungskampf der Kurden im Bündnis mit anderen Völkern in Kobanê eine Niederlage zugefügt. Daran waren auch internationale Freiheitsbataillone beteiligt. Die Konferenz gedenkt den in diesen Kämpfen gefallenen Freiheitskämpferinnen und -kämpfern, wie der in Rojava gefallenen Genossin Ivana Hoffmann. Gegenwärtig findet eine erfolgreiche Offensive zur Befreiung Shengals vom IS durch verschiedene kurdische Kräfte statt. Wir solidarisieren uns mit diesen gerechten bewaffneten Kämpfen. Weiterhin verurteilen wir auf das schärfste die Angriffe durch den türkischen Staat im Allgemeinen und besonders gegen die selbstverwalteten Regionen der Kurden in Nordkurdistan und Rojava. Wir verurteilen die nationale Unterdrückung, die reaktionären Angriffe und die Assimilierungspolitik seitens des türkischen Regimes. Für das Selbstbestimmungsrecht des palästinensischen und kurdischen Volkes. Die Konferenz verurteilt die von der sogenannten „Syrian Human Right Organisation“ in Großbritannien und von Amnesty International verbreiteten Unwahrheiten, dass durch die kurdischen Befreiungsorganisationen Menschen unterschiedlicher Nationalität unterdrückt und durch die regionalen Regierungen der Kurden in dem Gebiet von Rojava vertrieben werden.

7.) Die Konferenz lebte von einer schöpferischen und solidarischen Streitkultur. Sie betonte einhellig die große Bedeutung der Koordinierung und Kooperation revolutionärer Kräfte und Organisationen im Mittleren Osten als entscheidende Konsequenz für diesen Fortschritt im Kampf für Freiheit und Demokratie.

Eine enge Zusammenarbeit soll mit den Kräften der Weltfrauenkonferenz der Basisfrauen gesucht werden, die gegenwärtig die 2. Weltkonferenz in Nepal 2016 vorbereiten.

Die Konferenz beschloss eine Fortsetzung und Weiterentwicklung der Konferenz, wozu eine gemeinsame Vorbereitungsgruppe gebildet wurde, in der PYD, MLKP, MMLPL Marokko, die MLPD und der Hauptkoordinator der Kontinentalkoordinierung Asien der ICOR mitarbeiten. Die Konferenz soll organisatorisch und thematisch ausgeweitet werden.

Es lebe der Kampf der Völker des mittleren Osten!

Proletarier aller Länder vereinigt euch!

Proletarier und unterdrückte Völker aller Länder vereinigt euch!

1 Siehe www.aufstand.blogsport.eu/2015/11/07/demonstration-freiheit-fuer-kurdistan-und-palaestina