In den letzten Monaten und Jahren wurden viele ideologische Auseinandersetzungen in der Frauenbewegung in Deutschland geführt. Konflikte die unter der Oberfläche zwischen revolutionären, progressiven und kleinbürgerlichen, postmodernen Kräften brodelten sind ans Tageslicht getreten und haben sich zugespitzt. Diese spitzten sich so weit zu, dass es in den Vorbereitungen zum 8. März und 25. November zu unvermeidlichen Spaltungen kam. In vielen Städten sieht die Frauenbewegung nun zerrütteter als je zuvor aus, heute lässt sich kaum eine Stadt benennen in der es eine gemeinsame, fortschrittliche Aktion gibt, die in einem breiten Bündnis organisiert wird.

In vielen Städten gibt es eine Vielzahl an Aktionen die jetzt nicht nur nebeneinander her, sondern teilweise direkt gegeneinander organisiert werden. Doch das ist keines Wegs als eine einfach nur negative Entwicklung zu betrachten. Viel mehr ist die Frauenbewegung in einem Klärungsprozess. Wir sind heute in der Situation, eine ideologische Klarheit in der Frauenbewegung zu finden und eine eigenständige, klassenkämpferische Frauenbewegung aufzubauen. Als Kommunistinnen können und wollen wir dieses Geschehen nicht unkommentiert stehen lassen. Es ist unsere Aufgabe für eine geeinte proletarische Frauenbewegung mit einem Klassenstandpunkt zu kämpfen und das werden wir uns auch in diesem Jahr nicht nehmen lassen.

Für viele stellt sich nun die Frage wie es zu dieser Situation gekommen ist und an Hand welcher Fragen die Spaltungslinien verlaufen. Die Bündnisse zum Frauenkampf sind schon seit Jahrzehnten überwiegend sehr breit aufgestellt. Zur Begehung besonderer Kampftage vereinen sich in ihnen Kräfte, die sich sonst, auf Grund ihrer großen ideologischen Differenzen, nur selten auf den Straßen begegnen. Von bürgerlichen Feministinnen, staatlichen Beratungsstellen, Queerfeministinnen bis hin zu revolutionären und kommunistischen Kräften treffen in diesen Bündnisse Organisationen unter einem Minimalkonsens zusammen: die Anerkennung der besonderen Unterdrückung von Frauen in unserer Gesellschaft. Während es bürgerlichen Feminist:innen häufig darum geht Frauen der herrschenden Klasse ein weiteres Stück des Kuchens zu sichern, Beratungsstellen auf einer bürgerlichen Grundlage vor allem demokratische Tagesforderungen zu erstreiten, geht es uns Kommunistinnen um den klaren Zusammenhang von Kapitalismus und Patriarchat und die Folgen dessen für die Frauen der Arbeiter:innenklasse.

Auf dieser Grundlage sind gewisse Konflikte natürlich vorauszusehen. Doch warum hat sich die Situation nun verändert, warum kam es zu etlichen Spaltungen und warum ist es umso wichtiger mit unseren Kräften den Aufbau einer proletarischen Frauenbewegung voran zu treiben?

Ideologisch-politische Differenzen: Postmodernismus vs. Marxismus

Die Antwort darauf ist das Erstarken der Postmodernen-Bewegung und ihren verstärkten ideologischen Einfluss. Der sich in der gesamten politischen Widerstandsbewegung, besonders stark jedoch in Bereichen Antirassismus-, Frauen- und LGBTI+ Arbeit zeigt.

Teil der postmodernen Ideologie ist der Intersektionalismus, den heute viele queerfeministische Gruppen zu den Grundpfeilern ihrer Arbeit zählen. Diese Theorie stellt alle Ausbeutungs- und Unterdrückungsverhältnisse nebeneinander und geht dabei häufig sogar nur so weit diese als „Diskriminierungsformen“ zu bezeichnen z.b patriarchale, rassistische, ableistische oder die sogenannte „klassizistische“ Diskriminierung. In der Konsequenz führt das zu einer Leugnung des Klassenwiderspruchs bzw. zu einer Verwischung und Herabsetzung von diesem zu einer von vielen Unterdrückungsformen. Das der Kapitalismus und das Patriarchat jedoch vielen Unterdrückungsformen wie wir sie heute kennen zu Grunde liegen wird dabei geleugnet. Wird der Klassenwiderspruch ignoriert und Unterdrückungsformen lediglich „addiert“ aber niemals in ein dialektisches Verhältnis miteinander gestellt dann führt das zwangsläufig dazu, dass man Kapitalistinnen als genauso unterdrückt betrachtet wie Arbeiterinnen. Denn beide sind weiblich und daher durch das Patriarchat unterdrückt. Hier wird die Wirklichkeit doch glatt von den Füßen auf dem Kopf gestellt.

Der bürgerliche Feminismus, der seinen Ursprung in der Französischen Revolution hat, gibt keine Antworten auf die Probleme der Arbeiterinnen. Lange wurde sich vor allem mit der rechtlichen Gleichstellung von Männern und Frauen beschäftigt. Die Forderung für das Frauenwahlrecht, für die gesetzliche Gleichstellung von Männern und Frauen oder gleiche Rechte am Arbeitsplatz. Keines Falls wollen wir sagen, das wären falsche Forderungen. Im Gegenteil, sie sind richtig und schauen wir in die sozialistische Sowjetunion sehen wir, dass genau diese Forderungen schneller erfüllt wurden als in jedem kapitalistischen Land. Und das gerade die Kommunisti:nnen überall auf der Welt es waren die für diese demokratischen Rechte gekämpft haben. Bei diesen Forderungen, die sich im bestehenden System bewegen dürfen wir jedoch nicht stehen bleiben.

Schauen wir uns die Forderungen des bürgerlichen Feminismus heute an, sehen wir, dass sie Fernab von jedem Klassenkampf stehen. Vielmehr wird hier der kapitalistische Mythos „Vom Tellerwäscher zum Millionär“ verteidigt und verbreitet. Es werden Aufstiegschancen für Frauen gefordert, Quotenregelungen in der Politik und den Spitzenjobs, so soll Gleichberechtigung geschaffen werden. Frauen als Politikerinnen, als Lobbyistinnen, Managerinnen und natürlich als zukünftige Spitzen der DAX-Konzerne werden uns als Allheilmittel für unsere Probleme verkauft.

Doch haben uns die Frauen der herrschenden Klasse in diesen Positionen jemals etwas gebracht? Nein. Natürlich sind Kapitalistinnen und Arbeiterinnen so weit davon entfernt gleich betroffen vom Patriarchat zu sein, wie es nur gehen kann. Während Kapitalistinnen noch an der Arbeit schlecht bezahlter Arbeiterinnen verdienen, müssen diese einen Zweitjob annehmen um ihre Familien über die Runden zu bringen. Auch wenn die Frauen der Bourgeoisie im gesellschaftlichen Überbau das Patriarchat auf Grund ihres Geschlechts spüren, haben sie durch ihre Klassenzugehörigkeit ein objektives Interesse an der Aufrechterhaltung von diesem. Das Patriarchat fungiert als Unterdrückungs- und Spaltungsmechanismus in der Arbeiter:innenklasse, es ist in der ökonomischen Basis und dem gesellschaftlichen Überbau fest verankert und eng verwoben mit dem Kapitalismus. Um es zu beenden, müssen wir den Kampf für die sozialistische Revolution führen. Es liegt auf der Hand, dass das keines Wegs im Interesse der Frauen der Bourgeoisie sein kann. Im Gegenteil, durch ihr Interesse an der Aufrechterhaltung des Kapitalismus, muss auch das Patriarchat weiter bestehen.

In Folge der falschen ideologischen Ausrichtung der Postmodernist:innen treten sie für klassenübergreifende und klassenversöhnlerische Bündnisse ein, die Spaltungslinie verläuft für sie nicht zwischen den Klassen. Sie ziehen diese Anhand der Geschlechtsfrage. Dabei werden etliche Spaltungen innerhalb der Arbeiter:innenklasse geöffnet, Unterdrückungsformen addiert und eine Betroffenenpolitik betrieben, die alle Aussagen der Menschen, die in sich am meisten Unterdrückungsformen vereinen, als prinzipiell richtig dargestellt. Anderen Menschen wird das Recht auf eine Meinung hierzu abgesprochen. Wissenschaftliche, ideologische Diskussionen sind kaum mehr möglich, viel mehr werden Vorwürfe der Queer- oder Transfeindlichkeit als Todschlagargumente genutzt, die keine Begründung benötigen, ganz egal ob die betreffende Organisation oder Person eine Position dazu hat oder nicht.

Frauenkampftag oder „feministischer Kampftag“

In vielen Bündnissen wurde in den letzten Jahren die Frage diskutiert, ob man tatsächlich noch vom „internationalen Frauenkampftag“, oder nicht doch von einem „feministischen Kampftag“ sprechen soll. Und natürlich der dahinter stehenden Frage, ob der 8. März tatsächlich ein Tag sein soll, an dem man ausschließlich die besondere Situation der Frauen beleuchtet und für ihre Interessen und Rechte eintritt. Oder ob man den Fokus des Tages auf die Unterdrückung von LGBTI+ Personen verschiebt und ihn letztendlich zu einem bürgerlich-feministischen Kampftag macht.

Unsere Position zu dieser Frage dürften wir ein Stück weit allein dadurch offen gelegt haben, dass wir weiterhin vom Frauenkampftag sprechen und eine Abkehr von diesem konsequent ablehnen. Damit leugnen wir keines Wegs die Wichtigkeit der LGBTI+ Arbeit und die Bedeutung der Kämpfe der LGBTI+ Bewegung. Vielmehr sehen wir die Unterschiede in der Unterdrückung auf Grund des Geschlechts oder der Sexualität und wollen beides zudem nicht gegeneinander aufwiegen.

Die Kämpfe der proletarischen LGBTI+ und Frauenbewegung müssen im Kampf gegen das Patriarchat und den Kapitalismus zusammen kommen. Das Patriarchat als auf beide wirkender Unterdrückungsmechanismus und die gemeinsame Klassenzugehörigkeit sind die verbindenden Elemente dieser Kämpfe. Führen wir die Kämpfe, wie verschiedene feministische Kräfte es fordern einfach gemeinsam, werfen wir einfach alles in einen Topf, können und werden wir keinem Kampf und keiner Forderung gerecht werden.

Unserer Aufgabe liegt heute darin eine klassenbewusste, kämpferische Frauenbewegung ebenso aufzubauen, wie eine klassenkämpferische LGBTI+ Bewegung. Erste Schritte in Deutschland etwa eigene Stonewallkommitees zu gründen, die dem Regenbogenkapitalismus des CSD‘s etwas entgegensetzen und in die Fußspuren der Stonewallaufstände treten, begrüßen wir. Hier muss weiter angesetzt werden und eine eigenständige Bewegung geschaffen werden. Selbstverständlich dürfen die Frauen- und LGBTI+ Bewegung nicht einfach aneinander vorbei arbeiten. Nein, sie müssen zwar ihre eigenen Forderungen aufstellen, eigen Kampffelder entwickeln und müssen gleichzeitig aber auch gegenseitig ihre Kämpfe und Forderungen aufgreifen, sie unterstützen und sich im Kampf gegen den Kapitalismus zusammen kommen. Denn unser Ziel ist das Gleiche, eine klassenlose, kommunistische Gesellschaft, in der das Patriarchat bis zum kleinsten Rest bekämpft und vernichtet wird. In der wir, egal welches Geschlecht wir haben, welche Sexualität wir haben, wo wir herkommen, ohne Unterdrückung des Menschen durch den Menschen zusammen leben.

Der 8. März ist und bleibt der Internationale Frauenkampftag. Auf der zweiten internationalen sozialistischen Frauenkonferenz 1921 setzte sich Clara Zetkin unermüdlich dafür ein, den ersten internationalen Frauenkampftag durchzusetzen und hatte Erfolg. Zu dieser Zeit hatte dieser vor allem das Ziel das Frauenwahlrecht zu erkämpfen, Gleichberechtigung zwischen den Geschlechtern zu erreichen und die Abhängigkeit der Arbeiterinnen zu beenden. Zetkin gab sich dabei nie der Illusion hin, dass allein das Wahlrecht zu erkämpfen zur Befreiung der Frau führen würde. Sondern war sich gemeinsam mit allen Anwesenden bewusst, dass diese Forderung im Zusammenhang mit dem Kampf gegen das Patriarchat und den Kapitalismus aus sozialistischer Sicht betrachtet werden muss. Sie erkannten die Notwendigkeit, dass wir uns als Arbeiterinnen organisieren müssen, um gegen den Kapitalismus und das Patriarchat zu kämpfen. Einige dieser Kämpfe konnten gewonnen werden, das Patriarchat besteht jedoch weiterhin. Alleine das zeigt uns, der Frauenkampftag ist nicht überholt, hat nicht an Bedeutung verloren. Im Gegenteil wir müssen und werden an diesem, wie an jedem anderen Tag in die Fußstapfen der mutigen Frauen vor uns treten, ihre Errungenschaften verteidigen und ihre Kämpfe weiter führen.