Genua reloaded

Von Genua nach St. Pauli – der Gipfel kehrt zurück in die Großstadt

Der G8-Gipfel in Genua fand vom 18. bis zum 22. Juli 2001 statt. Er wurde von schweren Auseinandersetzungen zwischen der italienischen Polizei und Globalisierungskritikern, bei denen Carlo Giuliani von einem Polizisten erschossen und hunderte Personen verletzt wurden, überschattet. Seit dem Gipfel gilt gemäß dem Summit policing der Grundsatz, für G8/G20-Gipfel einen Ort zu wählen, der möglichst abgelegen ist und gut abgesichert werden kann.1

Genau 2001 im Rückblick

Die Repression gegen die Proteste anlässlich des G8-Gipfels in Genua war von militärischen Taktiken und entfesselter Polizeibrutalität geprägt. Sie ist ein – leider zunächst erfolgreicher – Einkreisungs- und Vernichtungsfeldzug gegen die soziale Bewegung und deren revolutionäre Kerne gewesen. Der von Mao Tse-tung geprägte Begriff ‚Einkreisungs- und Vernichtungsfeldzug‘ beschreibt das strategische Vorgehen der Konterrevolution gegen den Guerillakrieg einer in den Massen verankerten Aufstandsbewegung.

Wenn wir die zutreffende Analyse der feindlichen Strategie durch Mao im Krieg auf die politische Klassenauseinandersetzung Anfang des Jahrtausends in Europa übertragen, wird sie zum zentralen Schlüsselbegriff, mittels dessen wir die Vorgänge in Genua 2001 verstehen und richtig einschätzen können.

Die Bewegung gegen die kapitalistische Globalisierung („Anti-Globalisierungsbewegung“) erlebte nach den Auseinandersetzungen in Seattle in den USA, wo antikapitalistische Linke und Gewerkschaften im Protest gegen einen Politgipfel zusammen gefunden hatten, ein schnelles Wachstum und eine weltweite Ausbreitung. Vor allem in Europa war es eine „Wiedergeburt“ der Sozialproteste nach dem tiefen Tal der 1990er Jahre. Die Bewegung entwickelte eigene Organisationsformen wie Sozialforen und Netzwerke und konnte so als „Bewegung der Bewegungen“ sehr schnell große Massen in ihren Reihen organisieren. Unter Ausklammerung der politischen und ideologischen Widersprüche kamen so unterschiedlichste Teile der Politischen Widerstandsbewegung mit einer neuen Generation kritischer AktivistInnen aus den Massen zusammen. Erstmals seit dem gesellschaftlichen Aufbruch, der weltweit mit dem Jahr 1968 verknüpft ist, richtete sich eine Protestbewegung wieder direkt gegen das kapitalistische Wirtschaftssystem an sich und beschränkte sich nicht darauf, einzelne Auswirkungen wie z.B. Umweltzerstörung als Teilbereich zu bearbeiten.

Die Vielfalt und Stärke der „Anti-Globalisierungbewegung“ zeigte sich u.a. in der Mobilisierung gegen den G8-Gipfel in Genau, wo letztlich 300.000 Menschen protestierten.

Genau hätte ein neuer Höhepunkt der noch jungen Bewegung werden sollen. Stattdessen markiert Genua den Wendepunkt. Die Bewegung hatte der militärischen Repression auf der Straße, der faschistischen Folter bei der Stürmung der Diaz-Schule und gegen die Gefangenen in der Bolzaneto-Kaserne sowie der sich anschließenden Welle politischer Prozesse mit teils langjährigen Haftstrafen nichts entgegen zu setzten.

Nach den Vorkommnissen in Genua 2001 legten die Tute Bianche ihre weißen Overalls ab und wurden zu den Disobbedienti. Während im Jahr 2002 noch das Europäische Sozialforum in Florenz stattfand, zerfiel die große linke Bewegung in Italien in den kommenden Jahren in kleine, auf territoriale Proteste beschränkte Gruppen. Im Laufe der nächsten drei Jahre wurden ca. 7.000 politische Verfahren von der italienischen Staatsanwaltschaft gegen Aktivisten verschiedener sozialer Bewegungen angestrengt.2

Wer das Szenario „Genua reloaded“ verstehen und sich darauf vorbereiten will, was im Juli 2017 im Hamburg beim G20-Gipfel auf die Protestbewegung wie die revolutionären Kerne zukommen wird, der/die tut gut daran, den Ablauf der Ereignisse in Genua im Detail zu studieren.

Überraschungssieger Hamburg und einige andere Merkwürdigkeiten

St. Pauli als linksalternatives Viertel und die angelaufene Mobilisierung

Neun Monate nach dem G7-Gipfel im abgelegenen Elmau in den bayrischen Alpen verkündet im Februar 2016 die Bundesregierung eine echte Überraschung. Der nächste G20-Gipfel wird am 7. und 8. Juli 2017 in den Hamburger Messehallen stattfinden. Wo?!

Für Ortsunkundige sei eine kurze Erläuterung erlaubt. Das inmitten der Stadt gelegene Messegelände grenzt unmittelbar an St. Pauli. Das ist nicht nur der Stadtteil, wo ein halbwegs sympathischer, weil von den Fans her tendenziell linker Bundesliga-Profiverein sein Stadion hat. St. Pauli ist vor allem DIE linke Widerstandshochburg in Deutschland.

Im Hamburger Stadtteil St. Pauli befindet sich das Schanzenviertel mit der Roten Flora; ca. 1 km südlich liegt die Hafenstraße, ein weiteres Symbolobjekt des revolutionären Flügels der Autonomen. Sozusagen auf halber Strecke dazwischen, in der Brigittenstraße, befindet sich die B5, das Zentrum der Antiimps, MaoistInnen und KommunistInnen mit bundesweiter Ausstrahlung. Dazu kommen ein gutes Dutzend weiterer Zentren, Kneipen und Szeneläden. Diese bieten den verschiedensten Spektren sozusagen alles, was das linke Herz begehrt.

St. Pauli ist jedoch nicht nur das Viertel mit der vermutlich höchsten Dichte an linker Infrastruktur in Deutschland. Es kann auch auf eine rebellische Geschichte zurückblicken. Am Anfang steht der Hamburger Aufstand von 1923, der bisher einzige ernsthaft organisierte kommunistische Aufstandsversuch in Deutschland. In den 1980er Jahren haben militante Massenmobilisierungen mit der Hafenstraße ein linkes Zentrum erkämpft, wie es anderswo in der Republik nicht durchsetzbar gewesen war.

Dazu kommen die Tausenden Schaulustigen, die bei sich bei Wind- und Wetter auf der Reeperbahn rumtreiben und sicherlich auch am 7. und 8. Juli nicht fehlen werden.

Diese kurze Darstellung soll genügen, um die provokante Auswahl des Schlachtfelds durch den Klassenfeind einzuordnen. Selbst die bürgerliche Presse stellt angesichts der unerwarteten Ortswahl die berechtigte Frage, ob das denn so klug sei. Immerhin habe man sich nach den Kämpfen in Genua bewusst dafür entschieden, solche imperialistischen Gipfelshows nicht mehr in Großstädten stattfinden zu lassen. Stattdessen sind die Herrscher der Welt immer weiter weg von dem unberechenbaren Massen gezogen. Da Deutschland nicht allzu groß ist, waren Heiligendamm (G8 2007) und Elmau (G7 2015) am äußersten Ende der Republik in diesem Sinne ideale Austragungsorte.

Wie unsere LeserInnen wissen, halten wir unseren Feind keineswegs für dumm. Gerade was die Erfahrung im Bereich der Konterrevolution angeht, halten wir den deutschen Imperialismus für einen fähigen Gegner. Da Gipfelorte nicht zufällig ausgewählt werden, müssen wir also der Frage nachgehen, welcher Plan zur Eskalation der Lage hinter der Wahl von Hamburg steckt?

Im April beschließt ATTAC verbindlich, dass sie bundesweit zu großen Gegenprotesten gegen den G20-Gipfel aufrufen und mobilisieren. Bis Spätsommer 2016 haben alle maßgeblichen Gremien in den reformistischen Großorganisationen ähnliche Weichenstellungen getroffen. Mit anderen Worten: Bevor sich auf kommunistischer, revolutionären und linksradikaler Seite die GenossInnen überhaupt mit dem G20-Gipfel auseinandergesetzt hatten, wurden dahingehend Fakten geschaffen, dass im Juli 2017 einige zehntausend DemonstrantInnen nach Hamburg anreisen und in das widerspenstige Alternativviertel St. Pauli strömen werden.

Wir sprechen bei bei den Führungskadern der halb-staatlichen NGO’s und der sogenannten „Zivilgesellschaft“ von knallharten MachtpolitikerInnen. 2015 bei den Protesten gegen den G7 Gipfel war ihnen sogar Garmisch-Partenkrichen zu „heiß“, weswegen sie innerhalb weniger Wochen eine alternative Großdemo in München aus dem Boden stampften und damit den Widerstand spalteten.

Insofern ist ihre 180°-Grad Wende nicht weniger erstaunlich als die Ortswahl selbst.

Einheizer in Hamburg

In Hamburg gibt sich der Feind bereits allergrößte Mühe, die Stimmung bei den Autonomen hoch zu kochen. Schon die Breite Straßen-Demo der Autonomen zum revolutionären 1. Mai 2016 entwickelt sich zu einer Riot-Party. Die Polizei greift trotz massiver Sachbeschädigungen im ersten Teil der Demo nicht bzw. mit viel zu schwachen Kräften nur pseudomäßig ein. So kann sich eine beinahe ekstatische Stimmung entwickeln. Als hätte jemand den Schalter umgelegt, kippt sie am Endpunkt um, schlagartig und ohne erkennbaren Anlass. Eine Spur der Verwüstung hinter sich lassend, gehen alle gemütlich nach Hause als wäre nichts passiert.

Im Sommer und Herbst schafft die gezielte Verdrängung der Drogensüchtigen und -dealer vom Hauptbahnhof nach St. Pauli den erwünschten Anlass für die weitere Eskalation. Die Hafenstraße wird mit zwei Hundertschaften durchsucht, angeblich wegen einiger Kleindealer die sich im Innenhof vor der Polizei versteckt hätten.

Seitdem sorgen regelmäßige Razzien im Stadtteil dafür, dass noch den letzten gutmütigen AnwohnerInnen im Gefahrengebiet handgreiflich und nachhaltig vermittelt wird, dass PolizistInnen in St. Pauli eine feindliche Besatzungsmacht bilden, die sich auch genau so, nämlich als Besatzer, aufführen.

Damit auch noch die größten Schlafmützen aufhorchen, wird der OSZE-Gipfel für Dezember 2015 nach Hamburg in die Messehallen gebracht. Öffentlich und ganz laut verkündet die Gegenseite, dass dies als Generalprobe für den G20-Gipfel anzusehen sei.

G20-Gipfel als das Großevent im Jahreskalender 2017 der PWB

Last but not least müssen wir den Anlass selbst berücksichtigen. Das Format G20 war bisher nicht das Event, welches die größten Gipfelproteste hervorgerufen hat. Es bietet aber im Gegensatz zu G7/G8 einen mobilisierungstechnisch großen Vorteil. Hier versammelt sich die imperialistische Weltelite komplett inklusive der BRICS-Staaten und der aufstrebenden Regionalmächte wie der Türkei. Nicht erst seit den Ereignissen nach dem Gülen-Putsch ist für jeden politischen Beobachter klar, dass ein Besuch des Faschisten Erdogans in Deutschland nicht ohne eine massenhafte Antwort der kurdischen Bewegung und der türkischen revolutionären und demokratischen Linken bleiben wird.

Fassen wir alle uns zugänglichen Informationen und Abläufe zusammen, gibt es nur eine einzige schlüssige Erklärung für die Rückkehr des Gipfels in die Großstadt, und dann nicht etwa ins Regierungsviertel nach Berlin, sondern ausgerechnet in die Widerstandshochburg St. Pauli:

Der Feind setzt alles daran, ein Genua-Szenario in Deutschland zu schaffen!

Warum der Feind eine Schlacht schlagen will – Strategische Ausgangslage Teil 1

Das Vorgehen der Konterrevolution ist aus unserer Sicht schlüssig.

Warum sollten sie warten, bis sich die verschiedenen Flügel der revolutionären Bewegung weiter gefestigt haben und eine handlungsfähige revolutionäre Aktionseinheit schaffen können, die über ein Event hinausreicht?

Unser Feind beobachtet genau die Entwicklungen in der revolutionären und kommunistischen Bewegung. Er sieht die Tendenz zum Wiederaufleben von organisierten Handeln auf der Straße und zum Stellen der Organisationsfrage.

Das Szenario Genua reloaded, das wir unten ausführen werden, zielt auf eine staatliche Machtdemonstration. Es geht dem Feind um einen präventiven Schlag. Dieser muss so massiv sein, dass er sich tief in das Bewusstsein der revolutionären Kerne wie der unruhigen Teile der Massen einprägt und unseren Widerstandswillen bricht oder zumindest nachhaltig schwächt.

Dazu stehen operativ zwei Wege offen. Der Feind kann darauf abzielen, unseren Willen psychologisch zu brechen. Dazu müsste er versuchen durch High Tech und massive Übermacht jeden Ansatz für Widerstand im Keim zu ersticken. Oder er kann unseren Willen materiell brechen. Dazu müsste er das Gefecht sich entwickeln lassen, um dann zu versuchen, eine militärische Niederschlagung des „Aufstands“ durchzuziehen. Durch Besetzung des Viertels und eine scharfe Repression (Massenverhaftungen, Schwerverletzte und eventuell Tote) würden er uns eine Lektion erteilen. Begleitet werden könnte dies von einer massiven Propaganda gegen den „linken Terrorismus“, um so Stimmung für einen Sprung in der staatlichen Faschisierung zu machen. Denkbar wären Gesetzesverschärfungen zwecks Legalisierung von Internierungen usw.

Da sich in der hybriden Kriegsführung Psychologie und materielle Gewalt ergänzen, wird es für den konkreten Verlauf des G20-Gipfels real kaum einen Unterschied zwischen beiden Methoden geben.

Das geplante Szenario Genua reloaded läuft im Endeffekt darauf hinaus, uns mittels massiver Gewalteskalation zur Kapitulation zu zwingen, dadurch den Widerstandswillen der Massen wie der revolutionären Kerne zu brechen und so alle auf Jahre hinaus zu demoralisieren. Genau diese Wirkung hatte der massive konterrevolutionäre Angriff beim Gipfel in Genua 2001 auf die Politische Widerstandsbewegung in Italien, die dadurch in ihrer Entwicklung um mindestens zwanzig Jahre zurückgeworfen wurde.

Warum wir dem Feind eine Schlacht liefern werden – Strategische Ausgangslage Teil 2

Aus dem gerade gesagten ergibt sich, dass es beim G20-Gipfel zwei mögliche Formen der Vernichtung der revolutionären Gegenmacht geben wird: Einerseits würden wir verlieren, wenn wir uns dem Willen des Feindes beugen und kapitulieren, d.h. keinen Widerstand leisten z.B. wegen der Übermacht des Feindes oder weil wir uns in ein linksreformistisches Projekt integrieren lassen. Andererseits verlieren wir auch, wenn wir uns zu einer aussichtslosen Schlacht provozieren lassen würden, die wir verlieren und in deren Folge z.B. aufgrund der erlittenen Verluste unser Widerstandswillen demoralisiert wird.

Offenbar schätzt die Konterrevolution die strategische Lage ähnlich ein wie wir. Daher weiß sie auch, dass wir diesem Gefecht nicht einfach ausweichen können. Wenn am 7. und 8. Juli 2017 Zehntausende gegen den Imperialismus und seine Gipfelshow protestieren, können die Revolutionäre nicht abseits stehen. Täten wir das, würden wir jede Glaubwürdigkeit verlieren. Abgesehen davon ist das Verweigern der Schlacht Anfang November 2016 schlicht keine politische Handlungsoption mehr. Schon heute ist klar, dass tausende aktionsorienierte AktivistInnen gegen den G20-Gipfel protestieren werden. So oder so, ob die KommunistInnen nun dazu stoßen oder mit ihren organisierten Kräften abseits stehen würden, im Juli 2017 wird Hamburg brennen.

Vom Tahrir-Platz bis zum Gezi-Park, in den Aufständen der letzten Jahre hat sich ein durchgängiges Muster gezeigt. Die Massen sind bereit organisierten Strukturen im Kampf zu folgen, wenn sie sich in der Praxis überzeugt haben, dass dort Worte und Taten übereinstimmen. So erklärt es sich dann auch, dass einige Male an sich unpolitische Ultras an die Spitze der Kämpfe gerückt sind. Im Kleinen gibt es in Deutschland unter weniger zugespitzten Verhältnissen ähnliche Erfahrungen.

Nur wenn wir den Willen zum revolutionären Kampf aufbringen und das auch den Massen in der Praxis zeigen, werden wir die spontane Bewegung in die richtigen Bahnen führen können.

Indem der Feind eine strategische Falle aufbaut, versucht er genau am Schwerpunkt anzugreifen. Er will uns im Sinne von Clausewitz eine Hauptschlacht aufzwingen, d.h. einen Kampf der den Ausgang des Feldzuges zu seinen Gunsten entscheidet und damit die ganze Entwicklung des revolutionären Klassenkriegs auf Jahre hinaus blockiert.

Dabei ist der Feind sich sehr sicher, dass er das zur Festung ausgebaute Messegelände ohne ernsthaftes Risiko für die imperialistische Elite an der äußeren Mauer verteidigen kann. Während er gleichzeitig plant im widerspenstigen Stadtteil ein Exempel zu statuieren – überlegene Waffentechnik und Besatzung, von der Leine gelassene Spezialeinheiten und faschistischer Terror sollen uns wie allen kritischen ZeitgenossInnen die Lust auf Protest und Widerstand gründlich austreiben.

Politisch damit verbunden ist für den Feind, dass er sowohl Eskalationsniveau, Ausmaß der Zerstörungen wie auch öffentliche Darstellung eines brennenden Hamburgs vollständig kontrollieren und seinen Plänen entsprechend im Sinne der hybriden Kriegsführung steuern kann.

Die Botschaften, die er über die Medien in die Massen tragen könnte, wären dann u.a.:

– die sinnlose Gewalt eines entfesselten schwarzen Mobs (Hooliganismus) anzuprangern, um so eine vertiefte Spaltung in der PWB zu schaffen und die Revolutionäre zu isolieren

– am augenfälligen Beispiel eines „brennenden Hamburgs“ die Zustimmung der Massen erreichen für eine verschärfte Repression gegen den sogenannten “Linksterrorismus“

– die Einschüchterung der radikaleren Teile der PWB durch krasse Repressionserfahrung

– den Widerstandswillens der revolutionären und kommunistischen Kerne durch die aufgezeigte Ohnmacht zu brechen

– wo das nicht gelingt, die weiter kämpfenden Revolutionäre als Abenteurer zu denunzieren, sie so zu isolieren, um sie anschließend als Linksterroristen zu stigmatisieren und mittels Anti-Terror-Maßnahmen vernichten zu können

Einige Gedanken zur konkreten Vorbereitung auf die Kämpfe in Hamburg

Aus diversen Gründen ist diese Zeitschrift nicht der richtige Ort, um konkrete taktische Schlussfolgerungen aus diesen strategischen Vorüberlegungen zu ziehen. Wir formulieren hier sehr allgemein, alles konkrete muss in einem anderen Rahmen besprochen werden.

Wir denken jedoch, dass aus dem erwarteten hervorgeht, dass wir uns über eine Alternative zur üblichen und auch hier zu erwartenden Protestchoreographie Gedanken machen müssen. Also eine Alternative dazu, dass die einen mit Aktionen zivilen Ungehorsams für Aufregung und pressewirksame Bilder sorgen, die anderen (die große Masse) bei einer Großdemo teilnehmen, ein Teil derjenigen, die sich in Hamburg auskennen, versucht Sachschäden zu erzeugen und sich einige mutige am äußeren Verteidigungsring der Messehallen abarbeiten und dort die Überlegenheit der konzentrierten feindlichen Kräfte ganz konkret zu spüren bekommen.

Was können wir tun, um uns weder zu ergeben noch in die Falle entfesselter Polizeibrutalität zu laufen?

Die Strategie des Feindes berücksichtigen

Insgesamt ist es wichtig, sich nicht einfach der allgemeinen großen Vorfreude im Vorfeld zu G20 anzuschließen. Sicherlich wird es in Hamburg endlich mal wieder „richtig knallen“ und es stimmt auch, dass das den Revolutionären die Möglichkeit gibt, sich zu stärken. Andererseits sollten wir – wie wir es oben versucht haben herauszuarbeiten – immer Kopf behalten, dass der deutsche Imperialismus uns eine solche Gelegenheit bestimmt nicht ohne eigene Pläne auf dem Silbertablett liefert. Uns muss es darum gehen, wie wir diese Pläne durchkreuzen können.

Die Wahl des Schlachtfelds

Wenn wir die Kräfte – wie üblich – dort konzentrieren, wo der Feind es erwartet und das Schlachtfeld schon vorbereitet hat (sei es bei Großdemo, Massenblockaden oder dem Abarbeiten an der Festungsmauer) werden wir uns nur hohe Verluste einfangen, ohne materiell irgendetwas erreichen zu können.

Stellen wir uns also im Vorfeld die Frage, welches Gebiet uns Vorteile bringen könnte.

Wo und wie können wir uns auf die Massen stützen?

Die Bevölkerung von St. Pauli oder anderen Vierteln kann ein solcher für uns wichtiger Faktor werden. Bei diversen Einsätzen der letzten Jahren, bei denen die Polizei ihre neusten Methoden zur Massenkontrolle erprobt hat (bsp. Berlin Kreuzberg oder Friedrichshain) war die Stimmung unter den AnwohnerInnen immer ein für sie kritisches Moment, das ihren Handlungsspielraum eingeschränkt hat. Der Wutausbruch am 1. Mai 1987 in Berlin hat ihnen auch in jüngerer Vergangenheit ganz klar vor Augen geführt, was passieren kann, wenn sie bestimmte Grenzen bei der Repression nicht einhalten.

Politischer Gegenschlag

Vor allem aber ist es notwendig, politisch in die Gegenoffensive zu kommen. Nur durch politische Elemente können wir die strategische Ausgangslage und die darauf aufbauende Falle durchkreuzen. Das konkrete Aktionskonzept als militärisches Element muss den politischen Gegenschlag gegen den angestrebten Sprung in der Faschisierung des deutschen Imperialismus unterstützen.

Ein solcher politischer Gegenschlag würde nach unserer Vorstellung bedeuten, dass das vom Feind selbst mindestens zum Teil inszenierte Event G20 zu einer Bühne für unsere revolutionären Positionen wird, dass also die rote Fahne dort sichtbar wird. Dazu gehört auch, dass sich die Revolutionäre nicht nur so aufstellen, dass sie wie bereits bei G7 in die anwesenden internationalen Medien kommen, sondern, dass wir auch die Masse vor Ort erreichen.

Notwendige Aktionseinheit

Um die dafür notwendige Stärke auf der Straße zu erreichen und sich auch gegen Angriffe des Feindes wenigstens eine Zeit zur Wehr setzen zu können, ist eine Aktionseinheit aller kampfbereiten RevolutionärInnen notwendig. Unsere Vorstellung ist dabei, dass einige gemeinsame klare Prinzipien als Grundlage vollkommen ausreichend sind. Auch größere ideologische Unterschiede zum Beispiel zwischen den internationalen Strömungen des Guevarismus, Maoismus und Marxismus-Leninismus können und müssen in den Hintergrund treten. Nur so können wir uns den notwendigen Spielraum erkämpfen, um als revolutionäre Kraft und Alternative zum auch bei G20 vorherrschenden Reformismus in Erscheinung zu treten.

1 Der G8-Gipfel in Genau 2001, wikipedia.de; dort weitere Nachweise; aufgerufen Oktober 2016

2 Der G8-Gipfel in Genau 2001, wikipedia.de; aufgerufen Oktober 2016