Ein Artikel der Kommunistischen Jugend

Eine Autotür knallt langsam ins Schloss, ein Anschnaller klickt und während der Motor ratternd zu starten beginnt, ertönt auch schon unter leisem Rauschen die Stimme des Moderators im Radio. Weich klingt seine Stimme, aber auch besorgt, während er davon berichtet, dass es mit „unserer“ Weltwirtschaft ein Mal mehr den Bach runter geht. Normalerweise würde Elisa einfach eines der kleinen Rädchen drehen und den Kanal wechseln, so dass die Stimme des Moderators mit samt den bedrückenden Nachrichten, die er mitzuteilen hat, verstummt, doch nicht heute. Heute hat Elisa ihren Job verloren und deshalb ist es dem sonst so hell erleuchteten Gemüt gerade ziemlich egal, was im Radio läuft. Durch ihren Kopf schwirren tausende Fragen, darunter „Wie soll ich meine Miete bloß zahlen?“, dicht gefolgt von „Muss ich jetzt wieder bei meinen Eltern einziehen?“. Panik macht sich breit.

Das Szenario, dass wir gerade durchlebt haben, scheint so beliebig, es könnte in Deutschland spielen, doch eben so in Spanien, Italien oder Griechenland. Das darin beschriebene Schicksal könnte die junge Frau so wohl jetzt gerade, aber auch schon vor zehn Jahren erlebt haben. Doch ist das Szenario wirklich so beliebig oder erscheint es uns nur wie ein Déjà-Vu, weil wir tatsächlich gezwungen sind, alle paar Jahre das selbe zu erleben? 

Wirtschaftskrisen sind im Kapitalismus unabdinglich und vor allem regelmäßig und so auch Schicksale wie das der jungen Elisa. Denn das ist was sich wirklich hinter Krisen verbirgt: Der Zusammenbruch von Millionen und Abermillionen Existenzen. Ob der Börsenmakler auf der Wallstreet mal ein paar Dollar weniger verdient, oder VW mal ein paar Autos weniger verkauft ist letzten Endes nicht bedeutend. Was bedeutend ist, ist was diese Ereignisse nach sich ziehen. Die ersten die unter den Verlusten großer Autohändler zu leiden haben sind nicht die Eigentümer der Firmen, es sind die ArbeiterInnen in den Werken, die entlassen oder auf Kurzarbeit umgestellt werden. ArbeiterInnen wie Elisa, ArbeiterInnen wie du und ich. Dass Elisa jung ist, ist ebenso kein bloßer Zufall, denn in der letzten Krise war es die Jugend, die mit am stärksten betroffen war und in der Krise, die nun in ihren Startlöchern steht, wird sie es wieder sein. 

Natürlicherweise kann ein solcher Satz nicht ohne Grund und auch nicht ohne Beweis genannt werden, deshalb werden wir im folgenden Artikel erläutern in wie fern sich die besondere Unterdrückung der Jugend innerhalb der vorhergegangenen Krisen gezeigt hat und was das für uns heute bedeutet.

Spaniens Jugend will Veränderung 

Unsere Zeitreise in die vergangene Krise führt uns nicht nur einige Jahre zurück, sie führt uns auch ein wenig weiter in den Süden. Während und nach der letzten Krise waren es die südeuropäischen Länder, die am stärksten Betroffenen waren, so logischerweise auch ihre Jugend. Im Jahr 2015 erklärte Spaniens Regierung die Wirtschaftskrise offiziell für beendet, denn die Wirtschaft erlebte, zur Freude einiger Kapitalisten, das erste Mal seit Jahren einen Aufschwung. Wirklich freuen konnte sich darüber sonst wohl niemand. Wie auch, wenn man gerade mit Mitte 30 wieder bei seinen Eltern eingezogen ist. So und nicht anders ging es nämlich großen Teilen der Jugend Spanien damals und vielen geht es auch heute noch so.

Im Sommer 2015 sind immer noch 39,7 % der 15- 29 jährigen SpanierInnen ohne Arbeit. Im vorhergehenden Jahr hatten von den wenigen gleichaltrigen die Arbeit fanden, 68,5% angegeben, unfreiwillig in einem Teilzeitjob festzustecken. 

Das sorgt dafür, dass sich immer weniger junge Menschen finanziell leisten können, von zu Hause auszuziehen, manche von ihnen ziehen gar dort hin zurück. Noch zu Hause oder wieder dort angekommen bleibt einem nur die Familie als Auffangnetz. Das ist auf die vielfältigsten Arten problematisch. Auf der einen Seite steht der finanzielle Aspekt. Eventuell sind die Eltern selber nur prekär, gar nicht- oder unterbeschäftigt. Dann fehlt einfach Geld, um zusätzlich auch noch die Kinder mit durchzubringen und es muss sich auf Hilfen wie Lebensmittelbanken (in Spanien beispielsweise die sozialistischen „Banco Obrero Solidario de Alimentos“) verlassen werden. Staatliche Hilfen gibt es kaum. 2010 bekamen von 4,5 Millionen arbeitslos gemeldeten spanischen BürgerInnen mehr als eine Million gar keine staatliche Unterstützung. Auf der anderen Seite lastet neben allen finanziellen Problemen auch noch ein enorm hoher sozialer Druck auf den jungen Menschen. Sie haben das Gefühl, als VersagerInnen dazustehen. Nach jeder ausbleibenden Antwort auf eine Bewerbung sinkt die Motivation stärker und die Stimmen aus den Reihen der Familie über die „Faulheit“ der Jugend werden lauter. 

Lauter wurde schließlich auch Spaniens Jugend. Im Jahre 2011 überflutete eine Welle von Massenprotesten das Land, die weitestgehend von dieser organisiert wurden. Die Woche vor den Wahlen organisierte das Bündnis „Democracia Real Ya!“ (dt. Echte Demokratie Jetzt) Kundgebungen an über 50 Orten im ganzen Land. An fünf Tagen in Folge gab es größtenteils über das Internet organisierte Großdemonstrationen in den Städten Barcelona, Valencia, Bilbao und Santiago de Compostela. Auch der Platz „Puerta del Sol“ in Madrid blieb über Tage  besetzt. Eine Widerstandsbewegung entflammte, die der spanische Staat auch prompt wieder zu löschen drohte. Die Protestaktionen direkt am Wahlwochenende wurden landesweit verboten, doch Spaniens Jugend bemerkte das kaum. Ihr Vertrauen in den kapitalistischen Staat war längst gebrochen und so blieben die BesetzerInnen auf den Plätzen und die DemonstrantInnen auf den Straßen. Noch Tage später hallten Parolen in den Städten Spaniens nach.

Die „verlorene
Generation“ Italiens

Generazione perduta“ (dt. verlorene Generation) war die Bezeichnung, die die römische Tageszeitung „La Repubblica“ fand, als sie versuchte zu umschreiben wie die italienische Jugend innerhalb der Wirtschaftskrise stehe. Und sie haben es ganz gut beschrieben, die Jugend war vielleicht nicht verloren, doch zumindest fühlte sie sich so. 

Im Frühjahr 2011 sind gut ein Drittel (28,6%) aller jungen ItalienerInnen zwischen 15 und 24 Jahren arbeitslos. Unter den Langzeitarbeitslosen suchen 40% der unter 25 jährigen schon seit über einem Jahr nach einem neuen Job oder besser gesagt nach irgendeinem Job. Denn das scheint das einzige, was den jungen BewohnerInnen Italiens übrig blieb – Jobs anzunehmen für die sie maßlos überqualifiziert sind, in denen sie jedoch bodenlos unterbezahlt werden. 29% aller MitarbeiterInnen in Italiens Callcentern hatten 2011 ein abgeschlossenes Studium vorzuweisen. Unbezahlte Praktika und befristete Zeitarbeitsverträge sind an der Tagesordnung. Tatsachen, die junge Menschen natürlich demotivieren: wozu soll man noch studieren oder andere Fachqualifikationen erwerben, wenn es im Endeffekt keinen Unterschied macht, weil man sowieso nehmen muss, was man kriegen kann?  Das Problem bestand allerdings nicht  darin, dass junge Menschen sich nicht mehr für vernünftige Ausbildungen interessierten, sie hatten  gar nicht mehr die Möglichkeit dazu. Im Laufe seiner Sparpolitik kürzte der Staat auch den Bildungsetat immer weiter. Statt sich an die Lösung der Probleme zu setzen, riet Ministerpräsident Silvio Berlusconi den jungen Menschen, in Immobilien zu investieren. Ein Vorschlag, der unmöglich weiter fern ab von der Lebensrealität der Jugendlichen hätte sein können und für diese ungefähr geklungen haben muss wie „Du verhungerst? Kauf dir doch ein Restaurant.“

So im Stich gelassen sahen vielen junge ItalienerInnen keinen anderen Ausweg mehr, als woanders ihr Glück zu versuchen und wanderten aus (im Jahre 2015 immer noch 107.000). Diejenigen, die blieben, sahen sich gezwungen, das Schweigen zu brechen. Sie wollten nicht länger zusehen, wie ihre Zukunft vor ihren Augen verpufft und riefen dazu auf, gegen die Sparpolitik vorzugehen, insbesondere im Bezug auf Bildung. Die ersten großen Bildungsproteste gab es bereits im Oktober 2008, dabei gingen fast zwei Millionen Menschen in ganz Italien auf die Straße. 300.000 allein in Rom, die meisten davon junge Studierende.  Ähnliche Streiks wiederholten sich 2012. Mit Parolen wie „Hände weg von unsere Zukunft“ stellten sich die jungen ItalienerInnen geschlossen gegen eine Sparpolitik, die das Proletariat zwingen sollte mit fehlender Bildung für die Fehler der Bourgeoisie zu zahlen.

Die Jugend vom Schulparkplatz 

Deutschland als starker Part des imperialistischen Weltsystems überwand den sichtbaren Teil der Krise vermeintlich schnell, doch wer oder was blieb dabei auf der Strecke zurück? 

Zum einen war das die Bildung. Jahre lang wurde jungen Menschen eine Verbesserung des Schulsystems versprochen, doch nichts kam. Mit Beginn der Wirtschaftskrise rückten ihre Forderungen immer mehr in den Hintergrund, ihre Rufe gingen unter in all den anderen. Doch das wollten sie sich nicht gefallen lassen, so vielfältig die Probleme waren: fehlende Demokratie, nur beschränkter Zugang zu Bildung (durch Zulassungsbeschränkung und Studiengebühren), die Erziehung zu sogenannten „Fachidioten“ an den Universitäten, so wie G8, das dreigliedrige Schulsystem, zu große Klassen und Überfrachtung der Lehrpläne an den Schulen – so vielfältig waren auch die Proteste der SchülerInnen. Kreative Demonstrationsformen und Besetzungen überschwappten das Land geradezu im Jahre 2009 in Form von Bildungstreiks. 

SchülerInnen und Studierende, die vorher nie Interesse an politischen Themen gezeigt hatten, politisierten sich in wenigen Wochen und einige von ihnen wuchsen zu jungen RevolutionärInnen heran. Die Proteste reichten von „simplen“ Schulstreiks, der heute von der „Fridays for Future“ wieder an die Luft geholt wird, Kundgebungen, Demonstrationen, Flashmobs, Besetzungen von Schul- und Universitätsgebäuden, bis hin zu eigenen bildenden Veranstaltungen, Vorträgen, Podiumsdiskussionen und Seminaren. Ein Aufstand junger Menschen entstand, der es schaffte, konkrete Forderungen zu entwickeln und die Erfüllung dieser auch energisch zu fordern. 

Doch Bildung in Unis und Schulen war nicht die einzige Problematik, deren Lösung die Jugendlichen selbst in die Hand nehmen mussten. Auch bei fehlenden Ausbildungs- und Arbeitsplätzen wurde seitens des deutschen Staates eher auf Verschleierung als auf Hilfe gesetzt. Jugendliche, für die es keine Ausbildungsplätze gab, wurden in einem Übergangssystem aus Fortbildungen, Berufsvorbereitungsklassen und Weiterbildungen geparkt. Oft hatten diese nichts mit dem Themenbereichen zu tun, in denen sie bereits Erfahrungen hatten oder Interesse zeigten. Es ging allein darum, sie aus den Arbeitslosenstatistiken fernzuhalten, in denen sie dann nämlich nicht mehr aufgezählt werden brauchten.

 Im März 2011 nahmen rund 320.000 an verschiedensten Ausführungen dieses Übergangssystem teil. Die Arbeitslosenstatistik führte zusätzlich 300.000 Arbeitslose unter 25 Jahren auf. Jugendliche, die in prekäre Arbeitsbedingungen und Teilzeitjobs gezwungen wurden, sind hier noch gar nicht aufgezählt und trotzdem ergeben sich schon Zahlen, die weit über einer halben Million liegen. Im Gegensatz zu den Bildungsstreiks bildet sich hier keine eigenständige Bewegung, da die Jugend in so viele unterschiedliche Bereiche verteilt und zersplittert wurde. Eine Sache haben jedoch die meisten von ihnen gemeinsam gehabt: den Besuch im Jobcenter. Im Zuge der nächsten Krise sollte man diesen Schnittpunkt nutzen.  Doch auch wenn keine Bewegung entstand zeigte sich die Empörung der Jugend deutlich, viele von ihnen verloren den Glauben in die bürgerliche Politik. Die Wahlbeteiligung sank in diesen Zeiten auf ein nie dagewesenes Tief seit Gründung der Bundesrepublik.

Jugend aller Länder vereinigt euch?!

Die aufgezählten Länder dienen natürlich nur als Beispiele, da es unmöglich ist, die unzähligen Problematiken, die kapitalistische Krisen für die Jugend der Welt mit sich bringt, in einem Artikel aufzuzählen. Diese Länder wurden ausgewählt weil sich die Folgen der Krise in ihnen besonders stark gezeigt haben oder im Falle Deutschlands, weil es für uns wichtig ist, die Bedingungen im eigenen Land zu analysieren, um Potenziale für Proteste im Verlauf der nächsten Krise zu erkennen. Aber auch um Fehler, die gemacht wurden, wahrzunehmen und diese nicht zu wiederholen. Wie die Jugendlichen vor uns, werden auch wir uns wehren, wenn wir die Fehler der Bourgeoisie ausbaden sollen. Dabei können wir uns an den vergangen Erfahrungen orientieren, aber auch ganz neue Taktiken und Strategien entwickeln.

Was wird sich für die Jugend verändern?

Wie oben bereits angeführt kommen mit einer ökonomischen Krise bestimmte Probleme auf junge ArbeiterInnen zu. Die Situation für den Großteil der ArbeiterInnenjugend wird sich erheblich verschlechtern. In der letzten großen Wirtschaftskrise 2008/2009 konnten wir in u.a. den oben aufgeführten Ländern entsprechende Prozesse mit jahrelangen Folgen beobachten. Einen ersten Eindruck geben Statistiken zur Jugendarbeitslosigkeit während der letzten großen Krise 2008/2009.

Neben den oben genannten Zahlen haben wir zur Veranschaulichung folgende Tabelle zusammengestellt. Neben Spanien und Italien, die schon angeschnitten wurden, zeigt sie zusätzlich die Arbeitslosenquote in Griechenland. Zudem sind die Statistiken zu Deutschland und seinem stärksten Verbündeten in der EU, Frankreich, aufgeführt.

Deutschland hat sich im Vergleich mit seinen europäischen Nachbarn überdurchschnittlich schnell von der letzten Krise erholt. Doch die Beispiele wie Spanien, Griechenland oder Italien zeigen, dass wirtschaftliche Krisen auch noch Jahre später eine Gefahr für viele jugendliche ArbeiterInnen darstellen können. 

Doch auch der Druck auf Jugendliche in Arbeit in Deutschland stieg an. So stiegen die Nominallöhne zwischen 2001 und 2010 lediglich um rund 1%. Der Blick auf die Reallöhne fällt noch nüchterner aus, sie waren 2013 um 0,7% geringer als im Jahr 2000.

Neben den Löhnen wurden unsichere Beschäftigungsverhältnisse ausgeweitet. Befristete Beschäftigungsverhältnisse wuchsen, Zeitarbeit kam vermehrt auf und führte zum prozentuellen Rückgang von Vollzeitbeschäftigung. Auch der Anstieg von TeilzeitarbeiterInnen und Kurzarbeit ermöglichte der Bourgeoisie ihre Profiteinbußen auf Kosten der ArbeiterInnen abzufedern. 

Fast die Hälfte aller erfassten Jugendlichen in Deutschland (46,4%) arbeiten schon heute in Teilzeit, als geringfügig bzw. befristete Beschäftigte oder als LeiharbeiterInnen. Zudem befinden sich viele Jugendliche in Schwarzarbeit. Schon unter „normalen“ kapitalistischen Verhältnissen ist hier die Ausbeutung hoch, doch ist es anzunehmen, dass sich die Ausbeutung in diesen Beschäftigungsverhältnissen während der Krise nochmals radikal verschärft.

Da in der Krise vielen Jugendlichen drohen wird, ihren regulären Job zu verlieren, werden sie in Arbeitsbedingungen und -verhältnisse getrieben, die sie nochmals schwerer belasten werden. Und der Profit, der durch die Kapitalisten abgeschöpft wird, wird noch größer.

Schon in der letzten Wirtschaftskrise hatten WissenschaftlerInnen der Universität Linz festgestellt, dass ArbeiterInnen während der Krise vermehrt zu Schwarzarbeit tendieren, um Einkommensverluste aufzufangen.

Zudem werden Zukunftsperspektiven weiter abgebaut. Häufig starten Jugendliche bereits mit hohen Schulden ins Berufsleben, da immer höhere Bildungsabschlüsse gefordert werden, welche meist selbst finanziert werden müssen. Auch der Kampf um Ausbildungsplätze wird sich verschärfen und gerade Jugendliche ohne (umfangreiche) Arbeitserfahrung und gute Schulnoten werden hier auf der Strecke bleiben.

Doch auch politisch wird sich viel im Leben junger ArbeiterInnen verändern. Schon hierzulande wurden während der letzten Krise ArbeiterInnen-Rechte aufgeweicht oder ganz außer Kraft gesetzt, Maßnahmen wie die Lockerung des Kündigungsschutzes sind ein großer Teil davon. 

Die Rolle der Gewerkschaften

Mit Lügen wird in Deutschland seit 100 Jahren die „Sozialpartnerschaft“ zwischen ArbeiterInnenklasse und Bourgeoisie durch die Spitzen der (gelben) Gewerkschaften forciert – erst durch den ADGB und später durch den DGB. So bremsten diese Gewerkschaftsspitzen Arbeitskämpfe aus und propagierten Kooperationen mit Unternehmen, da schließlich alle „im selben Boot säßen“. So lieferten die DGB-Gewerkschaften ihre Mitglieder de facto kampflos der Willkür der Konzerne und Unternehmen aus. 

Auch heute werden die DGB-Gewerkschaften erneut versuchen, der Ausbeutung der ArbeiterInnenklasse die Tore noch weiter zu öffnen.

Die Gewerkschaftsjugendverbände werden hier keine Ausnahme bilden. Zwar ist das Auftreten und sind die Forderungen dieser Verbände häufig radikaler als die der restlichen bürgerlichen Strukturen und Parteien, doch schon jetzt machen die Jugendverbände in vielerlei Hinsicht keine gute Figur. So durfte man am 01. Mai diesen Jahres die DGB-Jugend dabei beobachten, wie sie mit blauen EU-Luftballons und EU-Fahnen den internationalen Kampftag der ArbeiterInnenklasse beging.

Das heißt natürlich nicht, dass jedes Mitglied einer DGB-Gewerkschaft KlassenverräterIn ist, das aus all unseren Strukturen ausgeschlossen werden soll, im Gegenteil. Dort wo die Gewerkschaftsführungen offen verräterisch auftreten, da müssen die kommunistischen Strukturen anpacken und der Gewerkschaftsbasis die richtige Alternative aufzeigen.

Rebellion und Reaktion

Wenn sich die Klassenwidersprüche zuspitzen werden, dann wird die Bourgeoisie auch nicht davor zurückschrecken, ihre reaktionärste Politik zu stärken, der Faschismus wird noch mehr als jetzt schon zum Problem der ArbeiterInnenklasse werden.

Bereits in den vergangenen Jahren wurden reaktionäre und faschistische Ideen gegenüber MigrantInnen, insbesondere Geflüchteten, aber auch gegen die Interessen der ArbeiterInnenklasse, vermehrt in den gesellschaftlichen Diskurs getragen. Schon die letzte Krise hat in Europa den Aufschwung des Faschismus beflügelt. In Griechenland ist die faschistische Partei „Goldene Morgenröte“ daran gewachsen, in Italien die „Lega Nord“ und vor allem in Osteuropa haben sich neben den reaktionären Regierungen in Ungarn und Polen paramilitärische Organisationen gegründet.

Auch hier in Deutschland ist zu erwarten, dass die AfD durch die Krise an Unterstützung gewinnen wird und Parteien der „Mitte“ noch weiter nach rechts rücken. Schon heute liebäugeln Landesverbände der CDU mit der AfD und schließen Koalitionen nicht mehr aus. So hat der sächsische CDU-Fraktionsvorsitzende Christian Hartmann letztes Jahr in einem Interview mit dem MDR eine Koalition mit der AfD befürwortet. Zudem ist klar, dass auch faschistischer Terror, Jahre nach der Enttarnung des NSU, weiter eine Gefahr in Deutschland bilden wird. Dafür sprechen Waffenfunde, Todeslisten linker PolitikerInnen und weitere Vorbereitungen für einen möglichen faschistischen Aufstand. Nicht selten stehen diese faschistisch-terroristischen Zellen in Verbindung mit dem deutschen Staat oder der AfD.

Nächstes Mal einfach links wählen?

Dass Wahlkampfversprechen unglaubwürdig sind, ist kein Geheimnis. Die Praxis aller Parteien auf bundes-, landes- und lokaler Ebene spricht für sich. Wenn Olaf Scholz (SPD) eine Bankenfusion der größten deutschen Banken forciert, helfen auch nicht die Wahlplakate, die für ein sozialeres Europa werben. Auch die Praxis der Linkspartei und der Grünen spricht gegen ihre Profilierung als linke, konsequentere Alternative zur SPD. So wurden z.B. munter Polizeigesetze in Bundesländern mit linker (Brandenburg) und grüner (Baden-Württemberg) Regierungsbeteiligung durchgewunken.

Das ständiges, offensichtliches Lügen das Vertrauen vieler junger ArbeiterInnen in Deutschland in bürgerliche Parteien erschüttert, wird auch zuletzt am NichtwählerInnenanteil von Jugendlichen deutlich.

Dabei werden bereits in der Schule NichtwählerInnen in Schubladen gesteckt. In Schulbüchern sind sog. „Nichtwählertypen“ zu finden, die entweder nicht politikinteressiert sein sollen, nicht die kognitiven Fähigkeiten zum Wählen haben sollen, oder gar das Wetter zu gut finden, um zum Wahllokal zu gehen. Lediglich ein Typ wird aufgezählt, bei dem offen gesagt wird, dass dieser einfach unzufrieden mit dem System ist. Der häufigste Nichtwäh-lerInnentyp sei aber wohl der Typ, der sich bei jeder Wahl spontan entscheidet und die Wichtigkeit der Wahl von politikunabhängigen Faktoren (wie das Wetter) abhängig macht. Was für eine absurde Verzerrung der Realität.

Der große Anteil an Jugendlichen unter NichtwählerInnen ist schon bei der heutigen ökonomischen und sozialen Situation der ArbeiterInnenjugend nicht verwunderlich. Schon die letzte Krise hat gezeigt, dass die bürgerlichen Parteien nicht auf unserer Seite stehen, egal wie links sie sich nennen. Keine heute existierende Partei kann den Ausweg aus Überproduktionskrisen zeigen.

Was tun?

Die kommende Krise wird die ArbeiterInnenklasse in Deutschland vermutlich noch heftiger treffen als die vergangene Krise 2007/2008. Um den oben genannten Problemen und Gefahren entgegenzuwirken, kann die Jugend aus den sozialen Kämpfen der vergangenen Krise lernen. 

Dabei wird immer wieder deutlich, dass nur eine geeinte, kämpfende ArbeiterInnenfront über die Kampfkraft verfügt, um sich mit dem Arsenal der Bourgeoisie anlegen zu können.

So muss sich die Jugend zusammenschließen, um ihre ökonomischen und politischen Interessen zu erkämpfen. Bei massenhaften Kündigungen hilft kein Verlassen auf IG Metall- oder DGB-Stellvertreter. Nur die Selbstorganisierung der ArbeiterInnenklasse und vor allem die der Jugend kann der Willkür der Bourgeoisie Einhalt gebieten.

Ohne die Existenz von klassenkämpferischen Massenorganisa-tionen die in allen Lebensbereichen der ArbeiterInnenklasse sich für deren konkrete Forderungen einsetzen und diese erkämpfen, kann es keinen effektiven Widerstand gegen die Abwälzung der Krisenfolgen auf unsere Schultern geben. Die Überwindung des Stellvertreterdenkens und das schwindende Vertrauen in den bürgerlichen Parlamentarismus, staatlich-kapitalistische Strukturen und die Sozialdemokratie können durch die Arbeit der klassenkämpferischen Massenorganisationen die Krise auch zu einer revolutionären Chance werden lassen. Geichzeitig ist Arbeit der KommunistInnen in den Massenorganisationen notwendige Bedingung für den Erfolg dieser Arbeit. Es ist unsere Aufgabe die Massenorganisationen als praktische Schulen des Klassenkampfes zu begreifen, in denen die zukünftigen RevolutionärInnen und KommunistInnen heranreifen.

Bei einer drohenden Verelendung einzelner ArbeiterInnen oder ganzer Stadtteile ist die Solidarität gefragt. In Spanien wurden sozialistische Lebensmittelbanken für ArbeiterInnen („Banco Obrero“) etabliert und gemeinsam lassen sich Probleme mit Vermietern auch anders regeln und Zwangsräumungen effektiv verhindern, als (nur) über den staatlichen juristischen Weg.

Doch auch neben der praktischen Solidarität im Stadtteil ist eine Organisierung über die lokale Ebene hinweg notwendig, um eine hörbare Stimme im Arbeitskampf zu bilden. Die Organisierung und Koordination von Jugend-, Frauen-, MigrantInnen- und ArbeiterInnenorganisationen ist nötig, um überhaupt eine konsequente Opposition fern von Reformismus und Sozialdemokratie gegen die herrschende Klasse zu etablieren.

Doch der Kampf in der Fabrik und im Stadtteil wird nicht die einzige Ebene sein, wo uns der Klassenfeind angreifen wird. Resignation, Verzweiflung, Hoffnungslosigkeit und weitere psychische Belastungen drohen, die durch Solidarität unter den ArbeiterInnen abgefedert, wenn nicht sogar verhindert werden können. Zudem wird die oben genannte Gefahr durch den Faschismus und die Staatsmacht eigene Selbstverteidigungsstrukturen der ArbeiterInnenklasse erfordern, auch das hat die letzte Krise gezeigt.

In Griechenland z.B. gelangen äußerst umfangreiche Mobilisierungen gegen den Faschismus. Im Zuge eines Mordes an einem linken Rapper durch Faschisten im Jahr 2013 gingen Wochenlang zehntausende Menschen auf die Straße und der Faschismus verlor ein Stück weit an Einfluss. Auch in Spanien gibt es Beispiele, wie sich die ArbeiterInnen gegen den drohenden Faschismus und die Staatsmacht vorbereiten, mit Kampfsport und ideologischer Bildung. Oder auch in Italien tauchen Videos auf, in denen Italiens Innenminister am Flughafen mit „Bella Ciao“-Gesang belästigt wird.

In letzter Instanz aber bleibt das konsequenteste, den Kapitalismus zu überwinden. Solange das Privateigentum an Produktionsmitteln erhalten bleibt und der Kapitalismus existiert, wird es ökonomische Krisen geben. Mit weiterem Verlauf des Kapitalismus werden sich diese Krisen erwartungsgemäß zuspitzen und immer wieder die ArbeiterInnenklasse vor besondere Probleme stellen.

So kann die letzte Konsequenz nur heißen, eine Organisation aufzubauen, die fähig ist, den Kampf gegen den kapitalistischen Staat, den Privatbesitz an Produktionsmitteln, gegen die herrschende Klasse und den Kapitalismus anzuführen. Eine Organisation muss aufgebaut werden, die die ArbeiterInnenklasse zur Revolution führt, damit der Kapitalismus und die damit verbundenen Krisen ein für alle Mal der Geschichte angehören – Der Aufbau einer Kommunistischen Partei ist die wirkungsvollste Konsequenz gegen die Krisen in der heutigen Zeit.

Auch die am Anfang dieses Artikels beschriebene Jugendliche Elisa hat kein Interesse daran, dass die Krise auf ihren Rücken verlagert wird. Aber alleine kann sie sich nicht gegen die Willkür ihres Chefs und den politischen Entscheidungen gegen sie wehren. Doch Elisa ist nicht allein. Sie ist nicht die einzige, die ihre Arbeitsstelle verlor. Daher schließt sie sich mit einem Großteil ihrer KollegInnen, ihren NachbarInnen und FreundInnen zusammen, um sich in Notlagen gegenseitig zu helfen und Proteste zu organisieren.

Die Geschichte hat gezeigt, dass sich die Dinge nur dann ändern werden, wenn aktiv Gegenwehr geleistet wird. In der letzten Krise war der organisatorische Grad noch viel zu gering. Die nächste wird zeigen, was die europäische Linke seit dem gelernt hat.