Inhaltsverzeichnis:

Kapitel 1: Faschismus: Entstehung und Diktatur (1918-1945)

Kapitel 2: Die faschistische Ideologie

Kapitel 3: Postfaschismus, Staatsterror & Neue Rechte (1945-1990)

Kapitel 4: Der Faschismus erhebt sein Haupt (1990-Heute)

Kapitel 5: Antifaschistische Strategie

Was ist Faschismus?

Der Faschismus ist nach 1918 in verschiedenen Ländern Europas als politische Bewegung entstanden. Die unmittelbaren geschichtlichen Ausgangspunkte für seine Entstehung waren das Ende des Ersten Weltkriegs, die sozialistische Oktoberrevolution in Russland sowie die Revolutionsanläufe u.a. in Deutschland, Italien und Ungarn. Der Faschismus entwickelte sich als eine neuartige Gegenbewegung gegen den Kommunismus und die proletarische Revolution. Es hatte zwar schon Jahrzehnte vorher die unterschiedlichsten antikommunistischen Organisationen im Dienste des Kapitals gegeben, wie z.B. reaktionäre Milizen, Söldner, Streikbrechertrupps, gelbe Gewerkschaften, imperialistische Propagandaorganisationen und viele weitere. Der Faschismus war jedoch etwas qualitativ anderes im Vergleich zu diesen Organisationen: Sein entscheidendes Merkmal als Bewegung bestand nicht darin, dass er einfach die bestehende Ordnung gegen die Kommunist:innen verteidigen wollte. Vielmehr propagierte er selbst eine „Revolution“ und teilweise sogar den „Antikapitalismus“ – dies jedoch in einem radikal nationalistischen und imperialistischen Sinne, im Sinne der Verherrlichung des „Herrenmenschentums“, der Unterwerfung anderer Völker, des Rassismus, des Patriarchats und der Gewalt.

Einschub: Der Ursprung des Wortes „Faschismus“

Das Wort Faschismus leitet sich vom italienischen Wort „fascio“ („Bund“) ab, das in Italien schon von der revolutionären Arbeiter:innenbewegung zur Bezeichnung von Zusammenschlüssen benutzt wurde. Dabei spielt auch die Geschichte des Rutenbündels („fasces“) als Machtsymbol im Römischen Reich eine wichtige Rolle. Das Symbol wurde im 19. Jahrhundert von der nationalen Bewegung in Italien übernommen. Die früheste Organisationsform der italienischen faschistischen Bewegung waren die freikorpsähnlichen „Fasci di combattimento“ (Kampfbünde). Ansonsten hat der Begriffsursprung keine inhaltliche Bedeutung.

Die Faschist:innen kämpften nicht für den Erhalt der Kaiserreiche und bürgerlichen Republiken, sondern wollten diese politischen Systeme zerschmettern: Nämlich um an ihrer Stelle diktatorische Staaten zu errichten, die ihr Weltbild konsequent und rücksichtslos gegen jeden Widerstand in die Tat umsetzen sollten. Damit erreichte der Faschismus etwas, was zuvor noch keine einzige bürgerliche Organisation geschafft hatte: Er mobilisierte Millionenmassen und wirkte in weite Teile der Bevölkerung hinein. Seine Massenbasis lag vor allem im Kleinbürger:innentum, doch er drang auch in Schichten der Arbeiter:innenklasse ein. Er schaffte es, ausgerechnet die Verlierer des imperialistischen Systems in großer Zahl dafür zu gewinnen, ihr Leben dem Kampf für den Imperialismus zu widmen: Von radikalisierten Weltkriegssoldaten bis zu Mittelständler:innen, die im Zuge der Weltwirtschaftskrise pleite gegangen waren. Er mobilisierte seine Gefolgschaft dabei nicht bloß mit Täuschung und sozialer Demagogie, sondern indem er die innersten Widersprüche ihrer Persönlichkeit ansprach, nämlich vor allem ihre durch das Patriarchat und die sozialen Hierarchien des Kapitalismus1 geformten autoritären, obrigkeitshörigen, ängstlichen und zugleich sadistischen Charakterstrukturen. Nur so konnte er das explosive gesellschaftliche Potenzial freisetzen, das unter der Herrschaft des Hitlerfaschismus den imperialistischen Staat über alle bis dahin bekannten Grenzen hinaus radikalisierte: Angefangen bei der in kürzester Zeit durchgeführten und nachhaltigen Zerschlagung der organisierten Arbeiter:innenbewegung bis hin zur Vernichtung der europäischen Jüd:innen, von Kommunist:innen und anderen sozialen, ethnischen und politischen Gruppen in den Gaskammern von Auschwitz und Treblinka.

Die Zentren der faschistischen Bewegung in Europa waren Italien und Deutschland. Mussolini war ein Schüler des Anarchisten Georges Sorel und ein Renegat der „Sozialistischen Partei“, der 1919 mit einigen „fasci“ seine Bewegung startete und drei Jahre später – unterstützt von Kapital und König – die Macht in Rom ausgehändigt bekam. Hitler war ein Weltkriegsgefreiter, gescheiterter Postkartenmaler und V-Mann des Reichswehrgeheimdienstes, dessen NSDAP aus einem kleinen Haufen ebenfalls in wenigen Jahren zur Massenpartei wurde und den das deutsche Kapital und die Elite des Staates 1933 zum „Führer“ machten. Beide Entwicklungen wären nicht möglich gewesen, wenn der Faschismus nicht über die besondere Qualität einer „revolutionären“ Bewegung im Dienste des Imperialismus verfügt und Millionen Ausgestoßener zum Kampf für eine neue Ordnung mobilisiert hätte. Sie wären aber auch nicht möglich gewesen, wenn die Bewegungen in beiden Ländern nicht von Anfang an durch relevante Teile von Kapital und Staat aufgebaut und unterstützt worden wären. Mussolini konnte sein erstes Fasci-Treffen in den Räumlichkeiten der italienischen Industriellenvereinigung abhalten. Hinter Hitler wiederum standen mächtige Netzwerke aus Industriellen, Bankern, Geheimdienstleuten und Militärs, für die der „Führer“ zunächst nur ein politischer Handlanger unter vielen war. Nicht zuletzt konnte der Faschismus bei seinem Aufstieg auf jahrzehntelangen ideologischen, politischen und organisatorischen Vorarbeiten der Bourgeoisie sowie auf den geschichtlichen Besonderheiten des jeweiligen Landes aufbauen.

Der Faschismus als Bewegung ist also weder eine reine Marionette in den Händen des Großkapitals noch eine rein rebellische Bewegung des Kleinbürger:innentums. Seine politische Wirkung und Funktionsweise lässt sich nicht allein durch ökonomische Faktoren erklären. Er ist vielmehr nur durch das Wechselspiel zwischen den ökonomischen und politischen Interessen der imperialistischen Bourgeoisie und den ökonomischen, politischen, aber auch psychologischen Triebkräften zu begreifen, die innerhalb seiner (überwiegend kleinbürgerlichen) Massenbasis wirken.2 Diese Dialektik prägt den Faschismus in organisatorischer, politischer und ideologischer Hinsicht. Will man den Faschismus als politische Erscheinung kurz definieren, so könnte die Formulierung lauten: Der Faschismus ist die radikalste konterrevolutionäre (Kampf)partei in den Händen der Monopolbourgeoisie und damit die antagonistische Widerspiegelung der revolutionären Partei neuen Typs. Er tritt im Imperialismus in allen bürgerlichen Staaten in Erscheinung, von den führenden imperialistischen Ländern bis zu den (Neo)kolonien. Er mobilisiert Teile der unterdrückten Massen als Waffe zur Vernichtung der Kommunist:innen, der Zerschlagung der Arbeiter:innenbewegung sowie zur Errichtung der Weltherrschaft des eigenen Imperialismus in der zwischenimperialistischen Konkurrenz und den imperialistischen Kriegen. Dabei setzt er zugleich Triebkräfte in den unterdrückten Massen frei, die zur maximalen Radikalisierung des bürgerlichen Staates führen.3

Wir legen im folgenden die Rolle von Kapital und Staat bei der Entstehung und Entwicklung des Faschismus in der Wechselwirkung mit den Triebkräften in seiner Massenbasis dar.

Die geschichtlichen Wurzeln des deutschen Faschismus

Es war kein Zufall, dass gerade in Deutschland ab 1933 die brutalste faschistische Diktatur der Geschichte errichtet wurde. Denn Deutschland war nicht nur seit Friedrich Nietzsche und dem ausgehenden 19. Jahrhundert das ideologische Zentrum der Weltreaktion, sondern verfügte auch über besonders ausgeprägte obrigkeitsstaatliche Traditionen, auf denen der Faschismus hervorragend aufbauen konnte. Im Gegensatz zu England oder Frankreich war der deutsche bürgerliche Staat im Jahr 1871 nämlich nicht durch eine Revolution entstanden, sondern durch die Unterwerfung der anderen Fürstentümer durch das Königreich Preußen. Der preußische Staat wiederum war durch seinen besonders reaktionären Charakter gekennzeichnet: Darunter die Beherrschung von Staat, Verwaltung und Militär durch die halbfeudale Klasse der Grundbesitzer (der Junker), den Militarismus, die Militarisierung und Durchreglementierung des gesamten gesellschaftlichen Lebens – sichergestellt durch einen ausufernden Beamtenapparat – sowie die Idealisierung des Obrigkeitsstaates und des Untertanengeistes.4

Diese Merkmale prägte die preußische Monarchie auch dem Deutschen Reich auf, das für Karl Marx deshalb „nichts anderes“ war „als ein mit parlamentarischen Formen verbrämter, mit feudalem Beisatz vermischter und zugleich schon von der Bourgeoisie beeinflußter, bürokratisch gezimmerter, polizeilich gehüteter Militärdespotismus.5 Der preußische Staat hatte zudem seine Lehren aus der Niederschlagung der Revolution von 1848 gezogen. Das Deutsche Reich verfügte daher als eines der ersten imperialistischen Länder schon lange vor 1900 über politische Polizeiapparate und geheimdienstliche Strukturen mit ausgeprägten Agentennetzwerken.

Der Typus Mensch, der in diesem Staat vor allem im konservativen Kleinbürger:innentum und Mittelstand sowie in Teilen der Arbeiter:innenklasse, besonders denen mit begrenzter Kommandogewalt in den Betrieben (Vorarbeiter, Meister, usw.), aufwuchs, spiegelte die Merkmale des Obrigkeitsstaates in den innersten Strukturen seiner Persönlichkeit6 wider. Diese wurde in der autoritär-patriarchalen Kleinfamilie als Spiegelbild und „Keimzelle“ des Staates, ideologisch getragen von der Religion (Protestantismus, Katholizismus) herangezüchtet, und zwar durch emotionale Distanz zu den Eltern, körperliche Züchtigung und patriarchale bis hin zu sexualisierter Gewalt. Die entstehende Persönlichkeit ist gekennzeichnet durch die Verinnerlichung der Gewalt in der Familie; durch die Furcht vor der Macht und den Drang, selbst Macht auszuüben; durch die Unterdrückung der eigenen Sexualität und die Kompensation durch Sadismus und Perversion; durch Ängstlichkeit, Irrationalität, Anfälligkeit für Religiosität und Mystik und die Neigung zum unkontrollierten emotionalen Ausbruch; durch die Anbetung starker Männer und die Tendenz zum eigenen Größenwahn. Dieser Typus Mensch, den man als „autoritär-patriarchalen Charakter“ bezeichnen kann, ist bereits in den 1930er und 40er Jahren in ersten, erkenntnisreichen psychologischen und soziologischen Arbeiten7 untersucht und seit jeher in Literatur und Film verarbeitet worden. Bekannte Beispiele sind etwa Heinrich Manns Roman „Der Untertan“ (siehe Textauszug) oder Michael Hanekes bekannter Film „Das weiße Band“. Dieser Typus Mensch sollte in den 1920er und 30er Jahren den Kern der faschistischen Massenbasis bilden und tut dies im Grunde bis heute. Er ist keine deutsche Besonderheit, sondern eine gesetzmäßige Erscheinung in allen kapitalistisch-patriarchalen Gesellschaften, auch wenn das deutsche Kaiserreich einen besonders günstigen Nährboden für diesen Charaktertypus gebildet hat. Obwohl der autoritär-patriarchale Charakter in allen politischen Richtungen, von der bürgerlichen Partei bis zum kommunistischen Zirkel, und dort nicht selten in führender Rolle anzutreffen ist, kann der Faschismus das explosive Potential in seinen charakterlichen Widersprüchen häufig am besten ansprechen und in zerstörerische politische Energie verwandeln. Dieses Potenzial, in aggressiv-sadistische Richtung gelenkt, ist letztlich die Quelle für die Radikalisierung des imperialistischen Staates unter dem Faschismus, die ihre Spuren auch im postfaschistischen Staat der BRD hinterlassen hat.

Textauszug: Der autoritär-patriarchale Charakter in Heinrich Manns Roman „Der Untertan“ (1914)

Diederich Heßling war ein weiches Kind, das am liebsten träumte, sich vor allem fürchtete und viel an den Ohren litt. Ungern verließ er im Winter die warme Stube, im Sommer den engen Garten, der nach den Lumpen der Papierfabrik roch und über dessen Goldregen- und Fliederbäumen das hölzerne Fachwerk der alten Häuser stand. Wenn Diederich vom Märchenbuch, dem geliebten Märchenbuch, aufsah, erschrak er manchmal sehr. Neben ihm auf der Bank hatte ganz deutlich eine Kröte gesessen, halb so groß wie er selbst! Oder an der Mauer dort drüben stak bis zum Bauch in der Erde ein Gnom und schielte her! Fürchterlicher als Gnom und Kröte war der Vater, und obendrein sollte man ihn lieben. Diederich liebte ihn. Wenn er genascht oder gelogen hatte, drückte er sich so lange schmatzend und scheu wedelnd am Schreibpult umher, bis Herr Heßling etwas merkte und den Stock von der Wand nahm. Jede nicht herausgekommene Untat mischte in Diederichs Ergebenheit und Vertrauen einen Zweifel. Als der Vater einmal mit seinem invaliden Bein die Treppe herunterfiel, klatschte der Sohn wie toll in die Hände – worauf er weglief. Kam er nach einer Abstrafung mit gedunsenem Gesicht und unter Geheul an der Werkstatt vorbei, dann lachten die Arbeiter. Sofort aber streckte Diederich nach ihnen die Zunge aus und stampfte. Er war sich bewußt: „Ich habe Prügel bekommen, aber von meinem Papa. Ihr wäret froh, wenn ihr auch Prügel von ihm bekommen könntet. Aber dafür seid ihr viel zu wenig.“8

Die Entstehung des Monopol-kapitalismus in Deutschland

Neben den genannten Aspekten besitzt der deutsche Kapitalismus die ökonomische Besonderheit, dass er bereits früh in das Stadium des Monopolkapitalismus überging, dass sich seine Entfaltung auf breiterer Front bereits in monopolistischer Form vollzog. Dafür nutzten die sich herausbildenden führenden Teile der Bourgeoisie den preußisch-militaristischen Staatsapparat aus, der sich anfangs noch weitgehend unter der Kontrolle der Junker befand. Dies führte dazu, dass der deutsche Imperialismus von Beginn an über einen sehr weitgehend organisierten Staatsapparat verfügte und starke staatsmonopolistische Züge besaß, die sich u.a. in Zwangszusammenlegungen von Betrieben, der staatlichen Festlegung von Preisen und der staatlichen Übernahme einzelner Wirtschaftszweige äußerte. Im Ersten Weltkrieg sollte diese staatsmonopolistische Organisationsform in der Errichtung einer Militärdiktatur gipfeln, bei der alle Teile der Wirtschaft sowie das gesamte gesellschaftliche Leben der Obersten Heeresleitung unterstellt und die Organe des Staates mit Vertretern der Monopole besetzt wurden.

Mit der vollen Herausbildung des Monopolkapitalismus ging die politische Macht im Deutschen Reich von den Junkern immer mehr in die Hände der imperialistischen Bourgeoisie über. Diese Entwicklung wurde vor allem markiert durch die Machtübernahme Kaiser Wilhelms II. im Jahr 1888 und den Übergang von der „Kontinentalpolitik“ Bismarcks zur wilhelminischen Welteroberungspolitik.9 Die deutschen Monopole schufen sich früh eine Vielzahl von politischen, wirtschaftlichen und propagandistischen Organisationen, um sich den Staat und weitere Teile des gesellschaftlichen Lebens unterzuordnen. Zu den wichtigsten dieser Organisationen zählten die Unternehmerverbände wie der „Bund der Industriellen“ oder der „Gesamtverband Deutscher Metallindustrieller“ als zentrale antigewerkschaftliche Organisationen. Diese Verbände wurden üblicherweise von den Managern der zentralen Monopole geführt und sind bis heute die bedeutendsten Kapitalverbände in Deutschland.

Der deutsche Imperialismus verfügte über deutlich weniger Kolonien als seine Konkurrenten England und Frankreich. Die Welt war bereits weitgehend aufgeteilt und der deutsche Imperialismus war dabei „zu spät gekommen“. Notwendig war deshalb für die imperialistische Entwicklung eine Neuaufteilung der Welt auf kriegerischem Weg. Um die Bevölkerung für diesen Weg zu gewinnen und gleichzeitig die revolutionäre Sozialdemokratie im Innern niederzuhalten, gründeten Kreise der deutschen Monopolbourgeoisie Propagandaorganisationen wie den „Alldeutschen Verband“, die „Deutsche Kolonialgesellschaft“, den „Reichsverband gegen die Sozialdemokratie“, den „Deutschen Flottenverein“, den „Deutschen Ostmarken-Verein“ und später das „Generalsekretariat zum Studium und zur Bekämpfung des Bolschewismus“. Der „Alldeutsche Verband“ war die wichtigste dieser Propagandaorganisationen und fungierte offiziell als „Nationalverein“ zur Förderung der deutschen Kolonialinteressen. Seine selbstdefinierten Ziele waren es unter anderem, das „vaterländische Bewusstsein in der Heimat“ zu beleben, alle „der nationalen Entwicklung entgegengesetzten Richtungen“ zu bekämpfen und den deutschen Kolonialismus nach innen und außen zu befördern.10 Zu diesem Zweck verbreitete der Verband systematisch völkische, rassistische und sozialdarwinistische11 Lehren in der Bevölkerung, etwa indem er gezielt „Multiplikatoren“ wie Professoren, Lehrer, Ärzte, Pfarrer und andere Berufsträger mit gesellschaftlichem Einfluss rekrutierte. Zudem gründete der Verband eine Vielzahl von Zirkeln, Logen, Orden und anderen Vereinigungen, die sich mit „Germanenkunde“ und rassistischer Pseudowissenschaft beschäftigten, verbreitete entsprechende Schriften und organisierte das Eindringen rassistischer Lehren in den Wissenschaftsbetrieb, etwa in die Medizin.12

Ab dem Ende des 19. Jahrhunderts gab es aus Kreisen des deutschen Kapitals auch erste Versuche, falsche „Arbeiterparteien“ auf der Grundlage der völkischen Ideologie aufzubauen und diese einen „völkischen Sozialismus“ propagieren zu lassen: „Der erste Gründungsversuch dieser Art datiert aus dem Jahre 1878. Es war der Versuch des intim mit Kaiser Wilhelm II. befreundeten und ihm zuarbeitenden Berliner Hofpredigers Adolf Stoecker, eine ‚Christlichsoziale Arbeiterpartei‘ auf antisemitischer Basis zu gründen.“13

Kapital, Staat & Entstehung des Faschismus

Die faschistische Bewegung entstand in Deutschland nach dem Ersten Weltkrieg und der Niederschlagung der Novemberrevolution 1918/19. Schon während des Krieges hatten die deutschen Monopole und die Spitzen des Staatsapparates die deutsche Sozialdemokratie und die Gewerkschaften in den Staat eingebunden, um die Arbeiter:innenklasse für die Kriegsziele einzuspannen. Nachdem die Revolution den Kaiser zur Abdankung gezwungen hatte, überließ die Monopolbourgeoisie der SPD die Staatsführung, um den bürgerlichen Staat vor der drohenden sozialistischen Revolution zu retten. Die SPD-Regierung unter Friedrich Ebert verbündete sich wiederum mit der Armee und sogenannten Freikorpsverbänden, um die Revolution niederzuschlagen. Die Freikorps entstanden aus teilweise aufgelösten Armeeverbänden, die von der Front zurückgekehrt waren und nun mit freiwilligen Kämpfern aufgefüllt wurden. Ihre Entwicklung und ihre Rolle bei der Herausbildung der faschistischen Bewegung ist nicht zu verstehen ohne die massive Radikalisierung und Traumatisierung zu berücksichtigen, die der Weltkrieg und die anschließende Niederlage inklusive des Sturzes der Monarchie im Bewusstsein vieler Frontsoldaten bewirkt hatten.14 Das Weltbild des fanatisierten, nationalistischen Soldaten wird etwa in dem verherrlichenden Kriegsbericht „In Stahlgewittern“ des rechten Schriftstellers Ernst Jünger zum Ausdruck gebracht (siehe Textauszug). Später wurden viele der Freikorps wieder in die Reichswehr integriert. Bei der Organisation dieser Verbände spielten Armeeoffiziere sowie Personennetzwerke aus Kapitalist:innen, Leuten aus Kapitalorganisationen, dem Staatsapparat und den bürgerlichen Parteien sowie rechten politischen Aktivisten eine zentrale Rolle – eine Konstellation, die in ihrer gesamten Geschichte bis heute kennzeichnend für die faschistische Bewegung ist.

Textauszug: Das Mindset der Freikorps: Ernst Jüngers Kriegsbericht „In Stahlgewittern“

Das muß gesagt werden. Um so glänzender hebt sich aus diesem dunkeln Hintergrunde der wahre Mann, der unscheinbare, echte, vom Geist getriebene Krieger, der seine Pflicht tat, am letzten Tage wie am ersten. Was war dagegen der Rausch von 1914? Eine Massensuggestion! Und doch, wie viele habe ich kennengelernt, die unter dem grauen Tuch ein Herz von Gold und einen Willen von Stahl bargen, eine Auslese der Tüchtigsten, die sich dem Tode in die Arme warf — mit stets gleichbleibender Freudigkeit. Ob ihr gefallen seid auf freiem Felde, das arme, von Blut und Schmutz entstellte Gesicht dem Feinde zu, überrascht in dunklen Höhlen oder versunken im Schlamm endloser Ebenen, einsame, kreuzlose Schläfer; das ist mir Evangelium: Ihr seid nicht umsonst gefallen. Wenn auch vielleicht das Ziel ein anderes, größeres ist, als ihr erträumtet. Der Krieg ist der Vater aller Dinge.“15

So gründete der ehemalige Soldat und Kriegsgefangene Eduard Stadtler – der in russischer Kriegsgefangenschaft zum fanatischen Antikommunisten geworden war – mit finanzieller Unterstützung der Deutschen Bank und des nationalliberalen Politikers Friedrich Naumann am 1. Dezember 1918 das „Generalsekretariat zum Studium und zur Bekämpfung des Bolschewismus“ sowie die „Antibolschewistische Liga“. Diese Organisationen verbreiteten nicht nur massenhaft antikommunistisches Propagandamaterial, sondern schufen in kürzester Zeit eine einflussreiche Nachrichtenagentur sowie eine Spionageabteilung. Stadtler sammelte in den nächsten Wochen bei Vertretern der deutschen Monopole – unter anderem Stinnes, Siemens, Deutsche Bank, AEG – 500 Millionen Reichsmark für einen „Antibolschewistenfonds“, aus dem auch die Aufstellung von Freikorpsverbänden finanziert wurde.16 Stadtler beeinflusste nach eigenen Angaben den sozialdemokratischen Reichswehrminister Gustav Noske bei der brutalen Niederschlagung des Spartakusaufstands im Januar 1919 und plante mit dem Offizier Waldemar Pabst zusammen die Ermordung von Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht. Daneben war Stadtler im selben Zeitraum eine führende Figur bei der Gründung der „Vereinigung für nationale und soziale Solidarität“ (Solidarier) zusammen mit reaktionären Vertretern aus allen bürgerlichen Parteien (insbesondere des „Zentrums“) sowie führenden Figuren des deutschen Katholizismus. Die Vereinigung plante ursprünglich die Gründung einer großen politischen Partei, „in der sie die ‚Zentrumsjugend, die Jugend der Konservativen und die Jugend der Sozialisten‘ in einer ‚konservativ-sozialistischen Partei oder nationalsozialistischen Partei‘ zusammenfassen wollten“.17 Stattdessen schloss sich die Vereinigung im März 1919 jedoch mit dem „Verein Kriegerhilfe Ost“ (VKO) zusammen und nannte sich fortan „Juniklub“. Aus diesem wurde vor allem ein elitärer Diskussionszirkel aus Industriellen und Bankiers, Großgrundbesitzern, hohen Staatsbeamten, Militärs und Intellektuellen (u.a. Arthur Moeller van den Bruck), der sich der Bekämpfung des Marxismus in Deutschland widmete und stark zur Verbreitung des Jungkonservatismus, einer Spielart der faschistischen Ideologie, beitrug. Aus dem Juniklub ging 1924 wiederum der „Deutsche Herrenklub“ (DHK) hervor, der die Kanzlerschaften von Heinrich Brüning und Franz von Papen anbahnte und später enge Kontakte zu führenden Persönlichkeiten der NSDAP unterhielt.

Der Aufbau reaktionärer Netzwerke, die Verbreitung der faschistischen Ideologie, der Versuch der Schaffung neuer ultrarechter Parteien und die Aufstellung von paramilitärischen Einheiten – all das wurde besonders von denjenigen Teilen des deutschen Kapitals gefördert und vorangetrieben, die im Ersten Weltkrieg am meisten verloren hatten. Dies war vor allem die westdeutsche Schwerindustrie (Kohle und Stahl), die während des Kaiserreichs eng mit dem Junkertum verbündet war und damals den größten Einfluss im Staatsapparat hatte. Ihre Kriegsziele hatten vor allem in Westeuropa (Belgien und Frankreich) gelegen, weshalb sie bis zuletzt auf eine Fortführung des Krieges bis zum Sieg gepocht hatte. Mit dem Übergang zur Weimarer Republik verlor dieser Flügel der Bourgeoisie an Einfluss gegenüber den Monopolen der Chemie- und Elektroindustrie, der in der Anfangszeit der Republik die engeren Beziehungen zu den regierenden sozialdemokratischen und bürgerlich-liberalen Parteien unterhielt. Aus dieser Interessenlage heraus erwuchs schon zu Beginn der Republik das Bestreben eines Bündnisses aus Schwerindustrie, Junkertum und den alten Eliten aus Staat und Militär, die Republik umzustürzen, durch eine reaktionäre Diktatur zu ersetzen, und möglichst schnell einen neuen Krieg zu führen, um die Ergebnisse des Ersten Weltkriegs zu revidieren.18 Hierbei handelte es sich jedoch lediglich um einen taktischen Widerspruch innerhalb der Bourgeoisie: Viel wichtiger war das gemeinsame Interesse aller Teile des Kapitals sowie der bürgerlichen politischen Kräfte von der Sozialdemokratie bis zur Ultrarechten an der Niederschlagung der proletarischen Revolution und dem Wiederaufstieg Deutschlands als imperialistischer Macht. Hieraus erklärt sich das scheinbar paradoxe Handeln der sozialdemokratischen Regierung, in einem Pakt mit der Reichswehr zu vereinbaren, dass die alten Strukturen des Militarismus unangetastet bleiben und diese Kreise Organisationen aufbauen dürfen, die Putschpläne gegen die eigene Regierung schmieden bis hin zur Ermordung von Vertretern der Weimarer Republik.

Die geschilderten rechten Netzwerke, Teile des Militärs und der Freikorpsverbände sowie die hinter ihnen stehende Schwerindustrie und das Junkertum hatten nach dem Ersten Weltkrieg auch maßgeblichen Anteil an der Neuorganisation der deutschen Geheimdienste wie der „Abwehr“ der Reichswehr (vormals Abteilung IIIb des deutschen Generalstabs), so dass zwischen diesen, dem Militär, den monopolistischen Propagandaorganisationen und den faschistischen Organisationen im engeren Sinne niemals eine klare Trennlinie bestand: Faschistische Gruppierungen übernahmen faktisch staatliche Aufgaben bei der Feindaufklärung und die Organisator:innen der faschistischen Bewegung waren selbst wiederum Militärs und Geheimdienstleute, welche die Errichtung einer völkischen Diktatur anstrebten. Die Reichswehr etwa, die nach dem Versailler Vertrag nur Landstreitkräfte in einer Größenordnung von 100.000 Mann aufstellen durfte, unterhielt mit der 1923 aufgedeckten Schwarzen Reichswehr illegale paramilitärische Einheiten, deren Aufgabe unter anderem in der Bekämpfung des „inneren Feindes“ bestand. In Bayern wurde die Schwarze Reichswehr vom späteren SA-Chef Ernst Röhm geleitet.

Die unauflösliche Einheit zwischen staatlichen und nicht-staatlichen Kräften, die Rolle des Faschismus für den deutschen Staat und seine Geheimdienstarbeit werden auch am Beispiel der Spionageabteilung von Stadtlers antibolschewistischem „Generalsekretariat“ deutlich, die dieser selbst in seinen Erinnerungen beschrieben hat: „Fritz Siebel leitete … im ‚Generalsekretariat‘ und in der ‚Liga‘ das gefährlichste Ressort, das ‚militärische‘: Er organisierte den Saalschutz bei unseren Vorträgen, den Schutz des Büros und der Privatwohnungen, den Schutz bei den Fahrten durch die Stadt. Ihm oblag der Verbindungsdienst mit der politischen Polizei, mit dem Kriegsministerium, mit den Nachrichtendiensten der Truppen. Und obendrein leitete er den ‚Abwehrdienst‘ im Sinne einer aktiven antikommunistischen Gegenspionage. Ein richtiger ‚politischer Soldat‘ … Das schwierigste Kapitel des ‚Ressorts Siebel‘ war der Spionagedienst. Wir hatten unsere bezahlten Nachrichtenleute, die uns täglich über die Vorgänge im kommunistischen Lager informierten. Leute verschiedenster Veranlagung. Berufsspitzel und Idealisten. Und solche, von denen wir nicht genau wissen konnten, ob sie zu der einen oder zu der anderen Kategorie gehörten. Die es von sich selbst vielleicht nicht wussten.“19

Der Aufbau der faschistischen Bewegung war also eine nicht zu trennende Begleiterscheinung und ein wichtiger Faktor bei der qualitativen Weiterentwicklung der deutschen Geheimdienstarbeit, die wiederum aus einem Zweig des Militärs zu einer zunehmend selbständigen Institution wurde. Erst durch die Rekrutierung von braunen „Idealisten“ konnte der deutsche Staat innerhalb weniger Jahre ein umfassendes landesweites Netz zur Sammlung von Informationen errichten, etwa zur Überwachung der Stimmung in der Arbeiter:innenklasse, der wirtschaftlichen und politischen Lage bei der „Kommunistischen Partei Deutschlands“ (KPD) und der „Unabhängigen Sozialdemokratischen Partei Deutschlands“ (USPD), den Plänen dieser Parteien usw. Zeitlich zusammen damit fallen die Datensammlung und der Datenaustausch durch Repressions- und Verwaltungsorgane des Staates, die nach dem Ersten Weltkrieg erstmals in systematisierter Form stattfinden. Je nach Ausrichtung der Institutionen (z.B. Fürsorge, Schule, Arbeitsamt, Polizei, Geheimdienst) konnten die Menschen in Deutschland nun registriert und in Kategorien eingeteilt werden wie krank, behindert, lernwillig oder -unwillig, berufliche Qualifizierung, ungelernt, arbeitslos, drogensüchtig, asozial usw. Diese Datensammlung war eine entscheidende Grundlage dafür, um nach 1933 die Menschen im Hiterfaschismus auszusondern, zu verfolgen, zu internieren, in Konzentrationslager, Umerziehungs- und Zwangsarbeitslager zu stecken und schließlich industriell zu vernichten.

Das deutsche Kapital und die NSDAP

Pläne zur Errichtung einer völkischen Diktatur hatten in deutschen Kapitalkreisen eine lange Tradition und reichten weit in die Zeit vor der Entstehung der NSDAP zurück. Ein detailliertes Konzept für eine solche Diktatur hatte der Vorsitzende des Alldeutschen Verbands Heinrich Claß bereits 1912 in seiner Propagandaschrift „Wenn ich der Kaiser wär‘“ vorgelegt, die er unter dem Pseudonym Daniel Frymann veröffentlichte.20 Die völkische Diktatur auf der Grundlage des Antisemitismus wird darin als „Lösung der inneren und äußeren Krise“ Deutschlands entwickelt. An der Spitze eines solchen Staates sollte ein starker Führer stehen. Als konkrete Maßnahmen der Diktatur stellte sich der Möchtegern-Kaiser Claß vor allem die Unterdrückung der Arbeiter:innenbewegung in Form einer Wiedereinführung der Sozialistengesetze („… ohne die Verwässerungen, die damals vom Parlament beliebt wurden.“) und der rücksichtslosen Unterbindung von Streiks vor. Zusätzlich nahm er die späteren Nürnberger Rassengesetze des Hitlerfaschismus gedanklich vorweg. Nach Claß‘ Vorstellungen seien „die Juden aller Rechte, die sie als deutsche Staatsbürger haben, zu berauben und als Ausländer zu behandeln.“. Die „Judenfrage“ müsse mit den „‘radikalsten‘ Mitteln“ gelöst werden. Das völkische Deutschland sollte zudem eine „wirkliche Machtpolitik“ nach außen („… sagen wir ruhig aggressive …“) in Form einer Expansion in Richtung Südosteuropa betreiben.21

Bis das deutsche Monopolkapital die völkische Diktatur im Jahr 1933 in seiner Gesamtheit unterstützte, sollte es viele inhaltliche Konzepte für die neue Staatsordnung, politische Gründungen, Putschversuche und verhinderte „Führer“ geben. Zu Beginn der Weimarer Republik war es etwa vor allem der Ruhrindustrielle Hugo Stinnes, der sich vom faschistischen Netzwerker Eduard Stadtler als möglichen „nationalen Diktator der sozialen Revolution“ ins Spiel bringen ließ.22 Stadtler gehörte auch zu den ersten, die im Zusammenhang mit der völkischen Diktatur den Begriff eines „deutschen“ oder „nationalen Sozialismus“ benutzten, bevor der Rechtsintellektuelle Oswald Spengler diesen Ansatz weiter vorantrieb und in bürgerlichen Kreisen popularisierte. Die Übernahme und Sinnentfremdung des Sozialismus-Begriffs war auch aus Sicht vieler Kapitalist:innen dazu geeignet, neben dem Kleinbürger:innentum auch die Arbeiter:innenklasse mit völkischem Gedankengut zu infiltrieren und zugleich staatsmonopolistische Organisationsformen des deutschen Staates inhaltlich einzurahmen.23 Stinnes jedoch kam für das deutsche Finanzkapital als Ganzes nicht als Kopf einer Diktatur in Frage. Dies galt insbesondere, weil ein großer Teil des Kapitals während der 1920er Jahre politisch eine Anlehnung Deutschlands an den US-Imperialismus anstrebte, um dessen Unterstützung gegen England und Frankreich zu gewinnen, den Versailler Vertrag diplomatisch aushebeln und als imperialistische Macht wieder erstarken zu können. Dies war gerade die Politik der bürgerlich-liberalen und sozialdemokratischen Parteien der Weimarer Republik.24

Die NSDAP wurde im Januar 1919 unter dem Namen „Deutsche Arbeiterpartei“ als kleine völkische Organisation in München gegründet. Im September desselben Jahres wurde der Gefreite Adolf Hitler als V-Mann des Reichswehrgruppenkommandos IV, der sich bislang vor allem durch das Denunzieren von Kameraden hervorgetan hatte, zu einer Versammlung der Partei geschickt, um über ihre Absichten zu berichten.25 Kurz darauf wurde Hitler Mitglied der Partei, übernahm in wenigen Monaten ihre Führung mit diktatorischen Befugnissen und setzte die Umbenennung in „Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei“ durch. Über Ernst Röhm war Hitler mit dem Kapp-Ludendorff-Kreis verbunden, einem Netzwerk um Erich Ludendorff, der während des Ersten Weltkrieges Chef der Obersten Heeresleitung gewesen war und damit an der Spitze der Militärdiktatur gestanden hatte. Der Kreis re-krutierte sich aus einflussreichen Personen innerhalb und außerhalb der Reichswehr und plante den Umsturz der Weimarer Republik. Er war konkret für den gescheiterten Kapp-Putsch 1920 sowie die Morde an den Reichsministern Erzberger (1921) und Rathenau (1922) verantwortlich. Während der heftigen Klassenkämpfe bis 1923 erreichte die NSDAP einen größeren Einfluss in Bayern. Im November versuchten Hitler und Ludendorff die Macht in Bayern zu übernehmen, um danach die Reichsregierung in Berlin zu stürzen. Nach dem Fehlschlag des Putschs wurde Hitler zur Mindeststrafe von fünf Jahren Festungshaft verurteilt, die er unter privilegierten Bedingungen verbrachte und nach neun Monaten beenden durfte. Im Gefängnis verfasste er seine zunächst weitgehend unbeachtet gebliebene Schrift „Mein Kampf“.

Die NSDAP durfte ab 1925 wieder offen politisch tätig sein und wuchs in den Jahren bis 1930 explosionsartig von 27.000 auf 130.000 Mitglieder an. Die ersten offenen Unterstützer aus dem Monopolkapital waren schon in den 1920er Jahren der Stahlindustrielle Fritz Thyssen und der Kohlebaron Emil Kirdorf, welche die Partei mit großzügigen Spenden bedachten. Durch das Medienimperium Alfred Hugenbergs erhielt die NSDAP reichsweite Bekanntheit. Die Hitlerjugend und die ursprünglich aus Freikorps- und bayrischen Reichswehrleuten gebildete „Sturmabteilung“ (SA) wurden zu Anziehungspunkten für Jugendliche und junge Männer vor allem aus dem Kleinbürger:innentum. Die SA bildete bis zu ihrer teilweisen Zerschlagung durch das Hitlerregime 1934 den militanten Kern der hitlerfaschistischen Massenbewegung und vertrat eine Ideologie, „die sich als zugleich antimarxistisch und antikapitalistisch verstand und auf ein doppeltes soziales Ressentiment gegen klassenbewußte Arbeiterschaft und etabliertes Bürgertum gründete.“26

1930 erhielt die NSDAP bei den Reichstagswahlen 18,3 Prozent der Stimmen und wurde zweitstärkste Fraktion. Schon damals sah sich der kommunistische Funktionär Karl Radek zu der Feststellung genötigt: „Nichts Ähnliches ist in der Geschichte des politischen Kampfes bekannt, besonders in einem Lande mit alter politischer Differenzierung, wo jede neue Partei sehr schwer einen Platz an dem durch die alten Parteien besetzten Tisch erkämpfen muß. Es gibt nichts Charakteristischeres, als daß über diese Partei, die den zweiten Platz im deutschen politischen Leben einnimmt, sowohl in der bürgerlichen wie in der sozialistischen Literatur nichts gesagt worden ist. Das ist eine Partei ohne Geschichte, die sich plötzlich im politischen Leben Deutschlands emporhebt, wie plötzlich mitten im Meer durch die Wirkung vulkanischer Kräfte ein Eiland emportaucht.“27 Der Wählerzuwachs der NSDAP speiste sich bis 1932 jedoch überwiegend aus der DNVP, der Wirtschaftspartei und kleineren Parteien. Sie konnte erst im Juli 1932 – auf dem Höhepunkt ihrer Wahlerfolge vor der Machtübernahme – nennenswert Stimmen aus der Industriearbeiter:innenschaft gewinnen, blieb also stets eine Partei, die sich im wesentlichen auf die Bevölkerungsteile stützte, die häufig als der klassische „Mittelstand“ bezeichnet werden: Also Angestellte, Selbständige, Beamte und Bauern.28 Ihr Anteil an der NSDAP-Mitgliedschaft lag 1933 bei knapp 57 Prozent (gegenüber 32,5 Prozent Arbeiter:innen).29

Nach Ausbruch der Weltwirtschaftskrise 1929 gingen das deutsche Kapital und der Staat in eine wirtschaftliche und politische Offensive gegen die Arbeiter:innenbewegung. Die SPD-geführte Große Koalition unter Hermann Müller setzte die erste Angriffswelle in Form einer Umverteilung von unten nach oben (Sozialabbau und Senkung der Kapitalsteuern bei gleichzeitiger Erhöhung der Massensteuern) durch und ging verstärkt gegen die kommunistische Bewegung vor (u.a. durch Verbot des Rotfrontkämpferbunds und der Roten Garden). Teilen des deutschen Monopolkapitals gingen diese Angriffe jedoch nicht weit genug. Stattdessen trieben sie eine Aushöhlung der parlamentarisch-legalen Staatsstruktur voran und setzten zu diesem Zweck auf den früheren konterrevolutionären Offizier und Zentrumspolitiker Heinrich Brüning. Brüning regierte als Reichskanzler ab März 1930 am Parlament vorbei gestützt auf Notverordnungen des Reichspräsidenten von Hindenburg. In der Krise verschärfte er die von Müller begonnenen wirtschaftspolitischen Maßnahmen zu einer strengen Austeritätspolitik, mit der Streichung staatlicher Leistungen bei gleichzeitigen Steuererhöhungen und der Senkung von Löhnen und Gehältern. Diese Politik verfolgte den Zweck, die Reparationen an die Siegermächte des 1. Weltkriegs weiter zahlen zu können und damit den Fluss ausländischer Kredite nach Deutschland aufrechtzuerhalten. Dieser Ansatz von Brünings Regierung scheiterte jedoch sowohl an der Eskalation der Weltwirtschaftskrise und dem Übergang zahlreicher imperialistischer Staaten zum offenen Handelskrieg30 als auch an Brünings eigenen außenpolitischen Eskalationen, etwa durch den Bau zwei neuer Schlachtschiffe, den Plan einer deutsch-österreichischen Zollunion und das aktive wirtschaftliche Eindringen Deutschlands nach Mittel- und Südosteuropa.31

Während Brüning zunächst eine breite Unterstützung des deutschen Monopolkapitals genoss, befeuerte das Scheitern seiner Politik die radikaleren Teile der Industrie und der politischen Rechten bei ihren Plänen für eine vollständige Abwicklung der Weimarer Republik. Durch die enormen Wahlerfolge und das Wachstum der NSDAP kam es dabei jedoch zu einem offenen Machtkampf innerhalb der Ultrarechten. Zwar strebten alle Kräfte des faschistischen Lagers den Umsturz der Republik und eine Diktatur nach italienischem Vorbild an, die sie nun wieder in Reichweite sahen. Die eher elitären, in der alten Führungsschicht von Politik, Militär und Kapital verankerten Kreise um Alfred Hugenberg, die „Deutschnationale Volkspartei“ (DNVP) und das Solidarier-Netzwerk wollten hierfür jedoch eine parteiübergreifende völkische Sammlungsbewegung unter Einschluss bürgerlich-rechtskonservativer Kräfte schaffen. Hitler dagegen beanspruchte im Sinne seiner „revolutionär“ gesinnten kleinbürgerlichen Massenbasis vor allem in der SA, die in ihm zum Teil sogar den „deutschen Lenin“ sehen wollten,32 den alleinigen Führungsanspruch über Deutschland für die NSDAP und fand hierfür auch immer mehr Unterstützer aus dem Monopolkapital.

Der Konflikt wurde im Oktober 1931 in Bad Harzburg sichtbar, wo sich auf Initiative Hugenbergs NSDAP, DNVP, „Stahlhelm“, „Bund der Frontsoldaten“, „Reichslandbund“ und „Alldeutscher Verband“ zur „Harzburger Front“ versammelten. Das Treffen der deutschen Ultrarechten ist sich zwar einig darüber, dass die Brüning-Regierung gestürzt werden muss, ein dauerhaftes Bündnis kommt jedoch nicht zustande. Insbesondere will Hitler sich nicht vor den Karren der „bürgerlichen Rechten“ spannen lassen und in eine von Alfred Hugenberg geführte Regierung eintreten.

Dies wird auch nicht nötig sein: Im Januar 1932 darf Hitler im Düsseldorfer Industrieklub einen Vortrag halten. Zu diesem Zeitpunkt spendet das Ruhrkohlensyndikat der NSDAP bereits jährlich 6 Milliarden Reichsmark. Im Mai desselben Jahres wird Brüning im Zuge eines Konflikts mit den preußischen Großgrundbesitzern gestürzt und durch das Herrenklub-Mitglied Franz von Papen ersetzt, der eine Regierung aus DNVP-Leuten und parteilosen Fachministern bildet. Damit wird ein Plan des „Reichsverbands der deutschen Industrie“ zur Schaffung einer rechten „Sachverständigenregierung“ umgesetzt. Papen lässt im Juli 1932 die SPD-geführte preußische Landesregierung von der Armee widerstandslos absetzen und setzt an ihrer Stelle Reichskommissare ein. Im selben Monat erhält die NSDAP bei den Reichstagswahlen 37,4 % der Stimmen.

Im November wenden sich die deutschen Monopolherren Thyssen, Krupp, Haniel, Schacht, Siemens, Vögler und Bosch mit der Aufforderung an den Reichspräsidenten, Hitler an die Spitze eines Präsidialkabinetts zu setzen. Im Dezember übernimmt Reichswehr-General Kurt von Schleicher das Kanzleramt und unternimmt den letzten Versuch, das Solidarier-Konzept einer breiten völkischen Regierung zum Erfolg zu bringen. Dabei wird er jedoch bereits einen Monat später von Franz von Papen hintergangen, der sich auf Initiative des Bankiers Kurt von Schröder mit Hitler auf die Bildung einer Koalitionsregierung aus NSDAP und DNVP unter dessen Führerschaft einigt.

Der ausschlaggebende Faktor für die Übertragung der Regierung an Hitler war die Einigung der entscheidenden Teile des deutschen Monopolkapitals auf ein politisches Programm, das den Wiederaufstieg Deutschlands als imperialistische Macht auf eine neue strategische Grundlage stellte. Da die Strategie der Anlehnung an den US-Imperialismus mit der Weltwirtschaftskrise gescheitert und die ökonomische und politische Krise in Deutschland eskaliert war, schwenkten nun auch die exportorientierten Teile des deutschen Kapitals um. Statt auf das strategische Bündnis mit einer anderen imperialistischen Großmacht einigte sich das deutsche Kapital nun auf die Schaffung eines wirtschaftlich autarken Großraums in Mitteleuropa durch Krieg und die Wiederbelebung der deutschen Wirtschaft durch das dafür notwendige Aufrüstungsprogramm. Da die ökonomischen Mittel hierfür aber nur mit neuen heftigen Angriffen gegen die Arbeiter:innenklasse zu erzielen waren, musste der Staat die Arbeiter:innenbewegung gewaltsam zerschlagen. Militärische Planspiele hatten aber gezeigt, dass die Kräfte der Reichswehr allein nicht ausreichen würden, die Kommunist:innen militärisch niederzuschlagen und gleichzeitig die Landesgrenzen zu verteidigen.33 Für die Ausschaltung der Arbeiter:innenbewegung musste das deutsche Kapital also auf die millionenstarke SA als terroristischen Vortrupp zurückgreifen, was unter den entstandenen politischen Bedingungen jedoch nur mit Hitler als Reichskanzler zu haben war.

Zudem konnte die geplante Expansion in die agrarisch-geprägten Länder Mitteleuropas nur durch einen Interessenausgleich zwischen Industrie und Großgrundbesitz in der Zollpolitik erreicht werden, der zulasten kleiner und mittlerer deutscher Bauern ging und durch strenge staatliche Eingriffe in die Landwirtschaft abgesichert werden musste.34 Die Hitler-Regierung setzte dieses Agrarprogramm im September 1933 im Rahmen ihrer „Blut-und-Boden“-Politik um. Die Zustimmung des größten Chemiemonopols „IG Farben“ zu diesem Programm, das die Basis für den Kriegsplan in Mitteleuropa bildete, gilt als die letzte Hürde vor der Machtübernahme Hitlers.35

Wie der kommunistische Funktionär Georgi Dimitroff in seinem bekannten Faschismus-Referat 1935 richtig festgestellt hat, ist der Machtantritt36 des Faschismus auch in Deutschland nicht so abgelaufen, „als faßte irgendein Komitee des Finanzkapitals den Beschluß, an dem und dem Tage die faschistische Diktatur aufzurichten.37 Zwar gab es seitens monopolkapitalistischer und staatlicher Kreise eine jahrzehntelange ideologische Vorarbeit für die faschistische Diktatur (Alldeutscher Verband), direkte Versuche ihrer Umsetzung nach 1918 (Kapp-Putsch, Hitler-Ludendorff-Putsch), eine frühe Unterstützung der NSDAP (Thyssen, Kirdorf) sowie enge personelle Verflechtungen mit dem Faschismus. Trotzdem war der Machtantritt des Hitlerfaschismus nicht vom gesamten deutschen Monopolkapital von langer Hand geplant, sondern das Ergebnis einer widerspruchsvollen wirtschaftlichen, politischen und gesellschaftlichen Entwicklung: Tatsächlich setzten wichtige Teile des deutschen Kapitals zu Beginn der 1930er Jahre auf das verhältnismäßig moderate, aber autoritäre Brüning-Regime und das imperialistische Wiedererstarken Deutschlands auf Grundlage einer noch weitgehend „friedlichen“ Außenhandelspolitik. Diese Option ist jedoch vor allem durch die Entwicklung der Wirtschaftskrise und die Hinwendung der wichtigsten imperialistischen Staaten zum Handelskrieg gescheitert. Zugleich ist die NSDAP – nicht zuletzt infolge der Kriseneffekte auf das Kleinbürger:innentum – explosionsartig gewachsen und stand aus Kapitalsicht als (wenn auch gefährliches) Werkzeug für die Beseitigung der kommunistischen Gefahr zur Verfügung. Anders gesagt: Die bisherige außenpolitische Strategie war ebenso gescheitert wie alle Versuche einer Regierung ohne NSDAP. Eine neue Strategie war erarbeitet, die mit der NSDAP umgesetzt werden konnte. Zugleich war eine Einigung der wichtigsten Kapitalteile angesichts der vielfältigen und schweren Krisen (Wirtschaftskrise, Revolutionsgefahr) dringend notwendig, nicht zuletzt weil auch die faschistische Basis ohne NSDAP-Regierung kaum noch zu kontrollieren gewesen wäre. Dies setzte die Machtübergabe an Hitler auf die Tagesordnung.

Der Hitlerfaschismus
an der Macht

Unmittelbar nach der Übernahme der Amtsgeschäfte setzte die Hitler-Regierung die Zerschlagung der organisierten Arbeiter:innenbewegung mithilfe von SA und Polizei um und beseitigte die bürgerliche Demokratie. Als am 27. Februar 1933 der Reichstag in Berlin in Flammen aufging, bezeichnete Hitler dies in einer Rede vor Ort als „ein von Gott gegebenes Zeichen“ zur Vernichtung des Kommunismus in Deutschland. In derselben Nacht begannen Massenverhaftungen von Kommunist:innen, Sozialdemokrat:innen und Antifaschist:innen und ihre Verschleppung in die Folterkeller der SA. Am folgenden Tag unterzeichnete Reichspräsident von Hindenburg eine Notverordnung, mit der er die Weimarer Verfassung außer Kraft setzte, darunter das Recht der freien Meinungsäußerung, die Pressefreiheit, das Versammlungsrecht und das Brief-, Post- und Telefongeheimnis. Kurz darauf errichtete das Hitlerregime die ersten Konzentrationslager.

Am 23. März ließ sich die faschistische Regierung vom Reichstag mit den Stimmen aller Parteien außer der SPD – die KPD war vom Regime bereits aus dem Parlament entfernt worden – das Recht erteilen, künftig auch ohne Parlament Gesetze zu erlassen und die Verfassung zu ändern („Ermächtigungsgesetz“). In seiner Rede vor dem Reichstag beschwor Hitler den Kampf gegen das kommunistische Ziel einer permanenten Revolution und zur Verteidigung der Grundlagen der bürgerlich-patriarchalen Gesellschaft (Staat, Gesellschaft, Religion, Moral, Familie, Wirtschaft, Eigentum).38

Zuvor hatten führende deutsche Industriekonzerne wie die Krupp AG und die IG Farben der NSDAP und ihrem DNVP-Koalitionspartner drei Millionen Reichsmark als Wahlfonds für die Reichstagswahlen Anfang März zur Verfügung gestellt.

Einschub: Hitlers Rede vor dem Reichstag am 23. März 1933

In seiner Reichstagsrede anlässlich der Verabschiedung des Ermächtigungsgesetzes im März 1933 hat Hitler die Ausrichtung seiner Regierung auf die Vernichtung des Kommunismus ideologisch sehr klar begründet. Dabei bezieht er sich nicht nur auf den Schutz von Eigentum und Staat, sondern stellt ausdrücklich das kommunistische Ziel der ununterbrochenen Revolution ins Zentrum seiner Kriegserklärung. Demgegenüber beschwört er die Verteidigung der Grundlagen der bürgerlich-patriarchalen Gesellschaft (u.a. Religion, Moral, Familie, Wirtschaft) und die Verteidigung der Nation gegen den Klassenkampf:

Das Programm des Wiederaufbaus von Volk und Reich ergibt sich aus der Größe der Not unseres politischen, moralischen und wirtschaftlichen Lebens. Erfüllt von der Überzeugung, dass dieser unser Zusammenbruch seine Ursache in den inneren Schäden unseres Volkskörpers besitzt, ist es das Ziel der Regierung der nationalen Revolution, diejenigen Gebrechen aus unserem völkischen Leben zu beseitigen, die auch für die Zukunft jeden tatsächlichen Wiederaufstieg verhindern würden. Der durch die marxistische Irrlehre systematisch herbeigeführte Zerfall der Nation in weltanschaulich unvereinbare Gegensätze bedeutet die Vernichtung der Basis eines möglichen Gemeinschaftslebens. Die Auflösung ergreift alle Grundlagen unserer Gesellschaftsordnung. Die völlig gegensätzliche Einstellung der einzelnen zu den Begriffen Staat, Gesellschaft, Religion, Moral, Familie, Wirtschaft, Eigentum reißt die Grenzen auf, die zum Kriege aller gegen aller führen müssen. Ausgehend vom Liberalismus des vergangenen Jahrhunderts als Schrittmacher der Sozialdemokratie endet diese Entwicklung der Destruktion naturgesetzlich im kommunistischen Chaos. Denn in dieser letzten Definition des Marxismus erfolgt die Propagierung der permanenten Revolution gegen alle Grundlagen unseres seitherigen Gemeinschaftslebens. Die damit verbundene Mobilisierung primitivster Instinkte führt zu einer Verbindung zwischen den Auffassungen einer politischen Idee und den Handlungen wirklicher Verbrecher, die in ihrer letzten Erfüllung jede wahre Kultur und Zivilisation vernichtet, angefangen von Straßenraub, der Plünderung von Geschäften, Brandstiftung und Eisenbahnfrevel bis zum Attentat erhält alles als politische Tätigung im Dienste der kommunistischen Idee seine moralische Sanktion. Allein die methodische Ausübung des individuellen und Massenterrors hat die nationalsozialistische Bewegung im Laufe weniger Jahre über 300 Tote und Zehntausende an Verletzten gekostet. Die Brandstiftung des Reichstagsgebäudes als missglückter Versuch einer großangelegten Aktion ist nur ein Zeichen dessen, was Europa vom Siege dieser teuflischen Lehre der Zerstörung zu erwarten hätte. (…) Der ganze Umfang der beabsichtigten Aktionen dieser Organisation ist weder dem deutschen Volk noch der übrigen Welt genügend zum Bewusstsein gekommen. Nur durch ihr blitzschnelles Zuschlagen hat die Regierung eine Entwicklung verhindert, die bei einem katastrophalen Ausgang ganz Europa erschüttert haben würde. (…) Es wird die oberste Aufgabe der nationalen Regierung, diese Erscheinung nicht nur im Interesse Deutschlands, sondern auch des übrigen Europas in unserem Lande restlos auszurotten und zu beseitigen. Wir werden nicht die Erkenntnis aus dem Auge verlieren, dass es sich dabei nicht nur um das negative Problem der Bekämpfung dieser Lehre und ihrer Organisationen handelt, sondern um die Durchführung der positiven Aufgabe der Gewinnung des deutschen Arbeiters für den nationalen Staat.“39

Nach der Zerschlagung der Arbeiter:innenorganisationen trat zunächst der Machtkampf innerhalb des faschistischen Regimes hervor. Die DNVP dominierte als Vertreterin des traditionell-elitären Flügels anfangs das Hitler-Kabinett, stellte mit Franz von Papen den Vizekanzler und Alfred Hugenberg den Wirtschaftsminister und hatte Reichspräsident von Hindenburg im Rücken. Die SA von Ernst Röhm dagegen, die bis 1934 auf 2,9 Millionen Mitglieder angewachsen war,40 drängte zugleich nach immer mehr Macht, forderte die Vollendung der „nationalen Revolution“ und die Ersetzung der alten Eliten in Staat, Militär und Wirtschaft durch eigene Gefolgsleute. Vor allem im Zuge der Aufrüstungspolitik wollte Röhm die eigenständige Bewaffnung der SA als Miliz gegen die Reichswehr durchsetzen. Teile der SA taten sich 1933/34 zudem nicht nur im Terror gegen Kommunist:innen und Sozialdemokrat:innen, sondern auch durch ungeplante „Eingriffe in die Wirtschaft“, Gewalt gegen Kapitalist:innen sowie „unpolitisches Rowdytum“ hervor.41 Als Hindenburg und Reichswehrminister Blomberg Hitler im Juni 1934 angesichts von Röhms Machtansprüchen mit der Aufkündigung des gemeinsamen Bündnisses und einem Militärputsch drohten, ließ Hitler die SA-Führung um Röhm verhaften und erschießen, während Goebbels und Göring in Berlin Vertreter der alten Elite aus dem Weg räumten, die Hitlers Position gefährlich werden konnten.42

Mit Hindenburgs (natürlichem) Tod kurz darauf war die Machtfrage zunächst geklärt und der gesamte Staat unterstand Hitler als „Führer und Reichskanzler“. An verschiedenen Punkten sollte der Machtkampf Hitlers mit Teilen der alten Führungselite vor allem im Militär jedoch wieder hervorbrechen43: So etwa 1938, als Hitler den Kriegsminister infolge von taktischen Widersprüchen bei der Kriegsvorbereitung entließ, das Ministerium auflöste und selbst den Oberbefehl über die Streitkräfte übernahm. 1944 wiederum versuchte eine größere Zahl von Offizieren um Graf von Stauffenberg, Hitler angesichts der sich abzeichnenden Niederlage im Krieg zu töten und einen Staatsstreich durchzuführen, scheiterte damit jedoch. Entgegen der bürgerlichen Legende in der BRD war der Kreis um den Faschisten und Antisemiten Stauffenberg jedoch nicht von antifaschistischen Motiven oder der moralischen Ablehnung des Krieges getrieben, sondern wollte lediglich die bedingungslose Kapitulation verhindern, einen Separatfrieden mit England aushandeln und den Krieg in der Sowjetunion fortsetzen.44

Die SA schrumpfte infolge ihrer Entmachtung um mehr als die Hälfte ihrer Mitglieder zusammen und wurde nur noch bei Bedarf reaktiviert, so wie etwa bei den Judenpogromen in der „Reichskristallnacht“ am 9. November 1938, dem 20. Jahrestag der Novemberrevolution. Die Funktion des terroristischen Vortrupps der NSDAP ging in der Folge auf die „Schutzstaffel“ (SS) über, die als Parteielitetrupp ab 1934 den Betrieb der Konzentrations- und später Vernichtungslager übernahm und mit der Waffen-SS ab 1939 militärische Verbände neben der Wehrmacht aufstellte. Zudem verfügte sie mit dem „Sicherheitsdienst“ (SD) seit 1931 über einen eigenen Geheimdienst. Im faschistischen Staat übernahm die SS spätestens mit der Gründung des „Reichssicherheitshauptamtes“ 1939 die Kontrolle über den gesamten deutschen Polizeiapparat einschließlich der „Geheimen Staatspolizei“ (Gestapo).

Die SS umfasste 1944 knapp 800.000 Mitglieder und steht wie keine andere Institution für die äußerste Radikalisierung des imperialistischen Staatsapparates durch faschistische Organisationen und seine Verflechtung mit ihnen. Die SS-Truppen waren im Zweiten Weltkrieg vor allem im Osteuropa und der Sowjetunion für den barbarischsten Terror hinter den Frontlinien, darunter unzählige Massaker an Zivilist:innen, Racheaktionen für Partisanenanschläge, die Folter und Ermordung von Kriegsgefangenen sowie die Umsetzung der faschistischen Ausrottungspolitik gegenüber Jüd:innen, Sinti:zze und Rom:nja und anderen Gruppen verantwortlich. Die SS war die Speerspitze bei den faschistischen Gräueltaten, bei denen die Wehrmacht und andere Organe des Staates nachzogen und sich beteiligten. Ohne die fanatisierten faschistischen Soldaten, die im gewöhnlichen Leben spießige Kleinbürger:innen gewesen sein mochten, die zugleich den Rassenhass und Sadismus zutiefst verinnerlicht hatten und hinter der Front auslebten, wären die Gräuel des Zweiten Weltkriegs nicht denkbar gewesen. SS-Führer Heinrich Himmler brachte die seelischen Abgründe der deutschen Mordkommandos selbst auf den Punkt, als er 1943 in einer Rede an SS-Generäle äußerte: „Von euch werden die meisten wissen, was es heißt, wenn 100 Leichen beisammenliegen, wenn 500 daliegen oder wenn 1000 daliegen. Dies durchgehalten zu haben und dabei – abgesehen von Ausnahmen menschlicher Schwächen – anständig geblieben zu sein, das hat uns hart gemacht. Dies ist ein niemals geschriebenes und niemals zu schreibendes Ruhmesblatt unserer Geschichte.“45

Unter dem Hitlerregime wurde der Plan des deutschen Monopolkapitals zur aggressiven Kriegsvorbereitung systematisch und unter Einführung einer rigiden staatlichen Kommandowirtschaft in die Tat umgesetzt. Das Wiederbewaffnungsprogramm des Hitlerfaschismus bewirkte die größte Umschichtung wirtschaftlicher Ressourcen, die je ein kapitalistischer Staat in Friedenszeiten vorgenommen hatte. Zwischen 1933 und 1935 stieg der Anteil der Militärausgaben am Volkseinkommen von 1 auf 10 Prozent,46 was vor allem durch die Niederhaltung der materiellen Lebensbedingungen der Arbeiter:innenklasse und anderer werktätiger Bevölkerungsschichten gegenfinanziert wurde.47 Von 1933 bis 1939 wurde die Truppenstärke der deutschen Armee auf 2,75 Millionen Soldaten fast verdreißigfacht. Hitlerdeutschland annektierte 1938 Österreich, im März 1939 Tschechien und begann im darauffolgenden September mit dem Überfall auf Polen den Zweiten Weltkrieg. Nach der Besetzung Frankreichs 1940 folgte der Überfall auf die Sowjetunion am 22. Juni 1941. In einer Schrift des SS-Hauptamtes heißt es dazu: „Was aber den Goten, den Warägern und allen einzelnen Wanderern aus germanischem Blut nicht gelang – das schaffen jetzt wir, ein neuer Germanenzug, das schafft unser Führer, der Führer aller Germanen. Jetzt wird der Ansturm der Steppe zurückgeschlagen, jetzt wird die Ostgrenze Europas endgültig gesichert, jetzt wird erfüllt, wovon germanische Kämpfer in den Wäldern und Weiten des Ostens einst träumten. Ein dreitausendjähriges Geschichtskapitel bekommt heute seinen glorreichen Schluß. Wieder reiten die Goten, seit dem 22. Juni 1941 – jeder von uns ein germanischer Kämpfer …“48 Das rationale Kriegsziel der deutschen Bourgeoisie, das hinter dieser Endkampf-Mystik steckte, wurde vom Chemieindustriellen und Leiter für Außenwirtschaft und -politik der NSDAP, Werner Daitz, auf den Punkt gebracht. Dieser fasste die deutsche Geostrategie zur Errichtung der deutsch-europäischen Hegemonie über den Westteil Eurasiens dahingehend zusammen, „(…) dass das unter dem Protektorat des englischen Pfundes und der englischen Flotte stehende liberalistische Weltwirtschaftssystem sich zwangsläufig auflösen müsse in mehrere autonome oder autarke Wirtschaftsblöcke bzw. Großraumwirtschaften: in einen Dollarblock, einen Yenblock, einen Rupienblock und einen kontinentaleuropäischen Markblock (…) Die Neuordnung des europäischen Kontinents, dieses ewigen Kernraums der weißen Rasse findet hierin den Ausdruck ihrer notwendigen wirtschaftlichen Wiedererstarkung und Unabhängigkeit. Diese wirtschaftliche Zusammenarbeit der kontinentaleuropäischen Völker muss unter der Parole stehen: Europa den Europäern (…) ebenso wie die übrigen sich immer mehr festigenden Großraumwirtschaften erklären: Amerika den Amerikanern, Ostasien den Ostasiaten, Indien den Indern usw. Eine kontinentaleuropäische Großraumwirtschaft unter deutscher Führung muss in ihrem letzten Friedensziel sämtliche Völker des Festlandes von Gibraltar bis zum Ural und vom Nordkap bis zur Insel Cypern umfassen, mit ihren natürlichen kolonisatorischen Ausstrahlungen in den sibirischen Raum und über das Mittelmeer nach Afrika (…) Wenn wir den europäischen Kontinent wirtschaftlich führen wollen, wie dies aus Gründen der wirtschaftlichen Stärkung des europäischen Kontinents als Kernraum der weißen Rasse unbedingt erforderlich ist (…) so dürfen wir aus verständlichen Gründen dies nicht als eine deutsche Großraumwirtschaft öffentlich deklarieren.49

Für das deutsche Kapital bedeutete der Krieg riesenhafte Profite, die Eroberung neuer Rohstoffquellen und Wirtschaftsräume und den Zugriff auf Sklavenarbeit in den Konzentrations- und Vernichtungslagern. Die IG Farben (heute u.a. Bayer, BASF) etwa unterhielt in Auschwitz eine Fabrik zur Herstellung von synthetischem Kautschuk. Die Zahl der Häftlinge, die bei der Zwangsarbeit für das führende deutsche Chemiemonopol ums Leben kamen, wird auf 40.000 bis 200.000 geschätzt.50 Eine Tochterfirma der IG Farben stellte das Blausäurepräparat Zyklon B her, das in den Vernichtungslagern zur Ermordung von Gefangenen eingesetzt wurde.

Die Judenverfolgung unter dem Hitlerfaschismus begann unmittelbar 1933 mit Boykottaktionen gegen jüdische Geschäfte, der Entlassung aller „nichtarischen“ Beamt:innen aus dem Staatsdienst und der Unterbringung in den ersten Konzentrationslagern. 1935 beschloss der NSDAP-Parteitag die Nürnberger Rassengesetze, die unter anderem die Eheschließung und den Geschlechtsverkehr zwischen Jüd:innen und Nichtjüd:innen verboten. Es folgten zahlreiche diskriminierende Gesetze, Zwangsenteignungen, Berufsverbote, Pogrome und Ghettoisierung. Mit dem Beginn des Zweiten Weltkriegs und vor allem dem Überfall auf die Sowjetunion steigerte sich die Verfolgung der Jüd:innen zur Vernichtungspolitik, mit zahlreichen Massakern an Jüd:innen in den besetzten Gebieten, ihrer systematischen Deportation in Lager und ihrer dortigen Ermordung. Im Holocaust (Schoah) ermordeten die Hitlerfaschist:innen ca. 6 Millionen Jüd:innen vor allem aus Osteuropa, was rund zwei Dritteln aller damals lebenden europäischen Jüd:innen entsprach. Die planmäßige Organisation der Judenvernichtung erfolgte im Januar 1942 bei der Wannsee-Konferenz durch Spitzenvertreter der NSDAP und der SS, verschiedener Ministerien sowie Verwaltungsbehörden der besetzten Gebiete. Adolf Eichmann, der als Referent des Reichssicherheitshauptamtes die Verfolgung, Vertreibung und Deportation der Jüd:innen logistisch vom Schreibtisch aus organisierte, äußerte 1957 im argentinischen Exil: „Ich muß Ihnen ganz ehrlich sagen, hätten wir von den 10,3 Millionen Juden (…) 10,3 Millionen Juden getötet, dann wäre ich befriedigt und würde sagen, gut, wir haben einen Feind vernichtet.“ sowie „Ich war kein normaler Befehlsempfänger, dann wäre ich ein Trottel gewesen, sondern ich habe mitgedacht, ich war ein Idealist gewesen.“51

Die Hitlerfaschisten ermordeten darüber hinaus zwischen 100.000 und 500.000 Sinti:zze und Rom:nja (für den Völkermord an den Roma wird die Bezeichnung Porajmos verwendet) sowie Behinderte, Homosexuelle und von ihnen so bezeichnete „Asoziale“. Sie führten außerdem Zwangssterilisationen und Menschenversuche durch. All dies stellte die äußerste Eskalationsstufe ihrer auf der Rassenideologie basierenden Bevölkerungspolitik dar (siehe Einschub).

Einschub: Die Frauen-, Familien- und Bevölkerungspolitik des Hitlerfaschismus52

Die Frauen-, Familien- und Bevölkerungspolitik der NSDAP diente der radikalen Verteidigung der bürgerlich-patriarchalen Gesellschaft auf Grundlage der Rassentheorie bzw. der Eugenik (Erbgesundheitslehre / „Rassenhygiene“). Sie umfasste einerseits die Stärkung der „deutschen Familie“ durch die konsequente Unterordnung der Frau unter den Mann und Maßnahmen zur Erhöhung der Geburtenrate unter Deutschen. Auf der anderen Seite wurden „artfremde“ Bevölkerungsteile diskriminiert, ausgegrenzt, zwangssterilisiert und verfolgt bis hin zur Folter und Vernichtung.

Zu den ersten Maßnahmen des Hitlerfaschismus zählte die Verdrängung von Frauen aus der Berufstätigkeit und ihre Reduzierung auf die Rolle von Ehefrau und Mutter. Magda Goebbels, die eine wichtige Rolle als Propagandistin der NS-Familienpolitik spielte, fasste dies mit den Worten zusammen: „Es ist die größte Idee des Nationalsozialismus, dass die Frauen zurückgeführt werden sollen zu Heim und Herd, wo sie dem Mann durch ihre Liebe und Sorglichkeit die Basis zum Schaffen bereiten.“53 Der Staat vergab zinslose Kredite an junge Ehepaare, wenn Frauen die Berufstätigkeit aufgaben und setzte starke finanzielle Anreize für kinderreiche Familien. Dazu gehörte das Mutterkreuz als Auszeichnung für Frauen mit mindestens vier eigenen Kindern, das mit zahlreichen Privilegien bei Behördengängen, im öffentlichen Nahverkehr oder bei der Altersversorgung einherging. Der Staat organisierte außerdem Mütterschulungskurse, die für zukünftige Ehefrauen von SS-Angehörigen verpflichtend wurden. Akademikerinnen und höhere Beamtinnen wurden unter dem Faschismus schon früh und besonders weitgehend aus der Berufstätigkeit gedrängt, z.B. durften verheiratete Ärztinnen ab 1935 nicht mehr praktizieren. Kinder wurden ab dem Alter von sechs Jahren von den Organisationen des faschistischen Staates erfasst und organisiert: u.a. in Jungvolk / Jungmädchen, Hitlerjugend, Bund deutscher Mädel, Reichsarbeitsdienst, Deutsche Frauenschaft usw.

Um „rassisch hochwertigen“ Nachwuchs für den faschistischen Staat heranzuzüchten, gründete SS-Führer Himmler 1935 den Verein „Lebensborn“. Dieser setzte sich die Erhöhung der Geburtenrate von Deutschen zum Ziel. Unverheiratete deutsche Frauen sollten von Schwangerschaftsabbrüchen abgehalten werden und erhielten die Möglichkeit, ihre Kinder anonym zu entbinden, damit sie zur Adoption vor allem an SS-Familien vermittelt werden konnten. Ebenso wurden Kinder aus den besetzten Gebieten, die als „arisch“ qualifiziert wurden, von der SS verschleppt und im Deutschen Reich zur Adoption freigegeben. Darüber hinaus organisierte der Lebensborn die Vermittlung „erbgesunder, arischer“ Männer an „erbgesunde, arische“ Frauen, um diese anonym zu schwängern. Die Kinder wurden ohne Gefühlsbindung an Eltern oder andere Personen in Lebensborn-Heimen aufgezogen und sollten dort zur Elite der Zukunft herangezogen werden.

Im Gegenzug zu dieser Heranzüchtung von „Herrenmenschen“ untersagte der faschistische Staat Eheschließungen für Menschen, die von Erbkrankheiten betroffen waren. Die „eugenische Mangelhaftigkeit“ wurde außerdem ein legitimer Scheidungsgrund – neben Verweigerung der „Fortpflanzung“, „Unmoral“, „Geschlechtskrankheit“, „Geisteskrankheit“ oder „rassischer Unvereinbarkeit“. Etwa 300.000 Menschen wurden unter dem Hitlerfaschismus „zur Ausmerzung genetischer Defekte innerhalb der germanischen Rasse“ zwangssterilisiert, darunter z.B. Menschen mit Epilepsie, Schizophrenie oder anderen psychischen Erkrankungen, Menschen mit Geschlechtskrankheiten, Taubstumme, Blinde und sogenannte „Asoziale“. Zu letzteren zählten z.B. Prostituierte und Frauen, die nicht der faschistischen Sexualmoral folgten oder ihren Haushalt vernachlässigten. Viele von ihnen wurden nach der Zwangssterilisation entmündigt und in Umerziehungslager gesteckt. Jüdinnen und Romnja wurden in Konzentrationslagern durch Einspritzen von Reizflüssigkeit in die Gebärmutter ohne Narkose zwangssterilisiert. In den Konzentrationslagern führten Ärzt:innen außerdem medizinische Versuche an Häftlingen, darunter vielen Frauen und Mädchen durch, z.B. Tests von neuen Medikamenten oder Experimente mit Organtransplantationen.

Ab 1939 verpflichtete der faschistische Staat Ärzt:innen, Hebammen und Fürsorgerinnen zur Meldung „missgebildeter“ Neugeborener sowie von Kindern bis zu drei Jahren an den „Reichsausschuss zur wissenschaftlichen Erfassung von erb- und anlagebedingten schweren Leiden“, der nach Begutachtung über die Tötung der Kinder entschied. Auf diese Weise wurden etwa 5.000 Kinder Opfer der Kindereuthanasie. Im Rahmen der Euthanasieprogramme gegen Erwachsene wurden Schätzungen zufolge mehrere hunderttausend Menschen mit Behinderung oder psychischen Erkrankungen in speziellen Tötungsanstalten ermordet.

Bis 1942 eroberten die Hitlerfaschist:innen große Teile Europas und Nordafrikas und drangen in der Sowjetunion bis kurz vor Moskau vor. Die Rote Armee konnte sie in Moskau 1941 und Stalingrad 1942 jedoch zurückschlagen. In allen besetzten Ländern von Norwegen bis zum Balkan und von der Sowjetunion bis nach Frankreich sahen sie sich dem bewaffneten Widerstand von Partisanenkämpfer:innen gegenüber. 1941 traten auch die USA in den Zweiten Weltkrieg ein. Nach langen Verhandlungen unter den Alliierten und Vorbereitungen landeten alliierte Truppenverbände im Juni 1944 in der von Deutschland besetzten Normandie. Bis zum vollständigen Zusammenbruch der Wehrmacht und zur bedingungslosen deutschen Kapitulation sollte es noch bis zum 8. Mai 1945 dauern. Hitler hatte sich 8 Tage zuvor in seinem Berliner Bunker selbst umgebracht. Auf ihrem Rückzug verfolgten die Hitlerfaschist:innen eine „Politik der verbrannten Erde“ und zerstörten Dörfer, Felder und Maschinenparks. Noch in der Schlacht um Berlin gegen die Rote Armee leisteten vor allem fanatisierte SS-Truppen erbitterten Widerstand, sodass hier, in den letzten Kriegstagen, noch rund 78.000 Rotarmist:innen ums Leben kamen.

Der Kampf der Kommunist:innen gegen den Faschismus

Der Faschismus war auch für die kommunistische Weltbewegung eine neue politische und gesellschaftliche Erscheinung, die den Verlauf der Klassenkämpfe in Europa dramatisch veränderte.

Die theoretische Auseinandersetzung mit ihm erfolgte unmittelbar nach dem ersten Auftreten der Faschisten in Italien. Dort entstanden 1919 in gewisser Ähnlichkeit zu den deutschen Freikorps Trupps von radikalisierten Weltkriegssoldaten, bürgerlichen Studenten, Angestellten, Kleinbürgern und Bauern, deren gemeinsamer Nenner ihr glühender Antikommunismus, gepaart mit Nationalismus und Zerstörungswut war. Die „Squadre“ (Trupps) griffen sozialistische Einrichtungen und Versammlungen an, attackierten im Auftrag der Großgrundbesitzer die revolutionären Bäuer:innen, die sich kurz zuvor erhoben hatten, oder organisierten Pogrome wie 1920 gegen die slowenische Bevölkerung von Triest. Manche der Squadre schlossen sich Mussolinis 1919 gegründeten „Fasci di Combattimento“ an, viele handelten aber unabhängig voneinander nach eigenen Regeln. Der italienische Kommunist Antonio Gramsci beschreibt die Neuartigkeit dieser politischen Erscheinung in seinem Aufsatz „Elementarkräfte“ von 1921: „Es ist jetzt offensichtlich, dass der Faschismus nur teilweise als Klassenphänomen angesehen werden kann, als eine Bewegung politischer Kräfte, die sich eines wirklichen Ziels bewusst sind: Er hat sich ausgebreitet, er hat jeden möglichen organisatorischen Rahmen gesprengt, er ist jenseits des Willens und der Absichten irgendeines zentralen oder regionalen Komitees, er ist zu einer Entfesselung unbändiger Urkräfte im bürgerlichen System der wirtschaftlichen und politischen Regierung geworden. Der Faschismus ist die Bezeichnung für den tiefgreifenden Zerfall der italienischen Gesellschaft, der unweigerlich mit dem tiefgreifenden Zerfall des Staates einherging und sich heute nur mit dem niedrigen zivilisatorischen Niveau erklären lässt, das die italienische Nation in diesen sechzig Jahren der Einheitsverwaltung erreichen konnte. Der Faschismus präsentierte sich als Anti-Partei, er öffnete die Türen für alle Kandidaten, er gab mit seinem Versprechen der Straffreiheit einer unfähigen Menge den Weg frei, um den wilden Überschwang der Leidenschaften, des Hasses und der Begierden mit einem Firnis vager und nebulöser politischer Ideale zu überziehen. Der Faschismus wurde so zu einer Tatsache der Gewohnheit, er identifizierte sich mit der barbarischen und asozialen Psychologie bestimmter Schichten des italienischen Volkes, die noch nicht durch eine neue Tradition, durch die Erziehung, durch das Zusammenleben in einem geordneten und gut verwalteten Staat verändert worden waren.54

Im Juni 1923, im Jahr nach Mussolinis Machtübernahme, hielt Clara Zektin vor dem Exekutivkomitee der Kommunistischen Internationale einen Bericht über den Faschismus und bezeichnete ihn darin als stärksten, konzentriertesten, klassischen „Ausdruck der Gegenoffensive der Weltbourgeoisie in diesem Augenblick“ und als „Strafe, weil das Proletariat nicht die Revolution, die in Rußland eingeleitet worden ist, weitergeführt und weitergetrieben hat“. Der Träger des Faschismus sei nicht eine kleine Kaste, sondern breite soziale Schichten, die bis ins Proletariat hineinreichten.55 Er sei auch nicht bloßer bürgerlicher Terror, wie es einige Kommunist:innen und die Sozialdemokratie damals vertraten. Ähnlich wie Gramsci bezeichnet sie den Faschismus als „Ausfluß der Zerrüttung und des Zerfalls der bürgerlichen Gesellschaft“ und ein „Symptom der Auflösung des bürgerlichen Staates“. Sie geht auf seine „zündende, mitreißende Wirkung auf breite soziale Massen“ ein und sieht eine Wurzel darin in der Verelendung weiter Teile des Kleinbürger:innentums, der Bäuer:innen und der Intelligenz. Die zweite Wurzel sei „das Stocken, der schleppende Gang der Weltrevolution infolge des Verrates der reformistischen Führer der Arbeiterbewegung“. Ein großer Teil der proletarisierten oder von Proletarisierung bedrohten Kleinbürger:innen, Beamt:innen und Intellektuellen hätte die „Kriegspsychologie“ mit einer gewissen Sympathie für den reformistischen Sozialismus ersetzt. Ihre Hoffnungen seien aber durch die reformistischen Führer enttäuscht worden, sodass sie jetzt den Glauben an den Sozialismus selbst verloren haben.56 Der Faschismus sei vor diesem Hintergrund zu einem „Asyl für politisch Obdachlose, für sozial Entwurzelte, für Existenzlose und Enttäuschte“ geworden. Was diese sich vom Proletariat nicht erhofften, erhofften sie sich als Werk der „‘tüchtigsten, stärksten, entschlossensten, kühnsten Elemente‘ aller Klassen, die zu einer Gemeinschaft zusammengefaßt werden müssen: Diese Gemeinschaft ist für die Faschisten die Nation. (…) Das Mittel für die Verwirklichung des faschistischen Ideals ist ihnen der Staat. Ein starker, autoritärer Staat, der gleichzeitig ihr ureigenstes Geschöpf und ihr williges Werkzeug sein soll.57 An der Macht zeige der Faschismus aber, dass er seine Versprechungen gegenüber den Massen nicht erfüllt und der faschistische Idealstaat sich als „vulgärer, skrupelloser bürgerlicher Klassenstaat“58 enthüllt. Für die Kommunist:innen ergebe sich hieraus, dass der Faschismus nicht allein auf militärischem Wege, sondern auch auf politischem und ideologischem Wege niedergerungen werden müsse: „Ich lege dem die allergrößte Bedeutung bei, daß wir mit allem Zielbewußtsein, mit aller Konsequenz den ideologischen und politischen Kampf um die Seelen der Angehörigen dieser Schichten aufnehmen, die bürgerliche Intelligenz mit eingebriffen. Wir müssen uns darüber klar sein, daß hier unstreitig wachsende Massen einen Ausweg aus den furchtbaren Nöten der Zeit suchen. Dabei geht es keineswegs nur darum, den Magen zu füllen, nein, die besten Elemente von ihnen suchen einen Ausweg aus tiefer Seelennot. Sie begehren neue feste Hoffnungen, neue unerschütterliche Ideale, eine Weltanschauung, auf Grund deren sie die Natur, die Gesellschaft, ihr eigenes Leben begreifen …“59

Gegenüber diesen frühen, sehr klaren Analysen innerhalb der kommunistischen Weltbewegung war der Kampf der deutschen Kommunist:innen gegen den Faschismus lange von heftigen Schwankungen gekennzeichnet, die den Sieg des Hitlerfaschismus 1933 begünstigt haben. Sie erkannten zwar richtig, dass die SPD in der Regierung in Zusammenarbeit mit den ADGB-Gewerkschaften während der Krise die Angriffe des Kapitals auf das Proletariat und den autoritären Umbau des Staates mitorganisierten und damit zum „Steigbügelhalter“ des Faschismus wurden (Sozialfaschismustheorie). In der Praxis und an der Basis wurde diese an sich richtige Einschätzung jedoch häufig zu einer sektiererischen Politik verkehrt, bei der alle sozialdemokratischen Arbeiter:innen als politische Feinde behandelt worden sind, anstatt zu versuchen, Einheitsfronten von unten gegen die Krisenpolitik und den Faschismus zu schaffen.60

Zwischen 1930 und 1931, während die NSDAP-Mitgliederzahl förmlich explodierte, unterschätzte die KPD den Charakter des Faschismus als Massenbewegung noch weitestgehend und fuhr die Linie, die Nazis im wesentlichen durch Gewalt zu bekämpfen. Diese sektiererische Ausrichtung fand in der in einem „Rote-Fahne“-Leitartikel herausgegebenen Parole „Schlagt die Faschisten, wo ihr sie trefft!“ ihren konzentrierten Ausdruck. Hinzu kam die Tendenz, die politischen Forderungen der Faschisten zu ignorieren und sich allein auf den wirtschaftlichen Kampf gegen die Krisenfolgen zu konzentrieren. 1929/30 etwa organisierten NSDAP und DNVP gemeinsam eine Kampagne für eine Volksabstimmung gegen den Young-Plan, der eine Neuregelung der deutschen Reparationszahlungen zum Preis einer Stärkung des US-Kapitals in Deutschland vorsah. Die KPD machte die Kampagne als „Volksabstimmungsrummel“ lächerlich und wurde dafür von der Kommunistischen Internationale (KI) scharf kritisiert. Deren Funktionär Ossip Pjatnizki stellte die Frage: „Die Faschisten treten demagogisch gegen den Young-Plan auf, und wir rufen dazu auf, sie zu verprügeln. Konnte denn das Kleinbürgertum das anders auffassen, als dass wir den Young-Plan verteidigen?“61

Der Fehler wurde von der Parteiführung teilweise korrigiert, als sie auf Druck der KI im August 1930 ihr Programm für die soziale und nationale Befreiung des deutschen Volkes veröffentlichte, das konkrete inhaltliche Antworten auf die Forderungen der NSDAP enthielt. Deren Auftreten gegen die „Knechtung“ des deutschen Volkes durch den Versailler Vertrag beantwortete die KPD etwa mit der Erklärung, dass eine Auflösung dieses Vertrags ohne Sturz des Kapitalismus keine Perspektive für die unterdrückten Massen bieten würde, dass die „nationale Frage“ nicht ohne die soziale Frage zu lösen wäre. Die Forderung nach einer Annullierung des „Versailler Raubfriedens“ verknüpfte sie daher mit dem Selbstbestimmungsrecht der Völker und der Perspektive des sozialistischen Ausbruchs Deutschlands aus dem imperialistischen Weltsystem.

Zeitgleich zu dieser Korrektur neigten Teile der Parteiführung jedoch weiterhin dazu, die Bedrohung durch den Faschismus trotz der Erfahrungen aus Mussolini-Italien massiv zu unterschätzen und ihn lediglich für ein passives Zeichen der Zersetzung des Kapitalismus zu halten, dessen Zusammenbruch sowieso unausweichlich sei. Jeder Druck seitens der Bourgeoisie würde nach dieser Theorie einen automatischen Gegendruck seitens des Proletariats, z.B. in Form eines Erwerbslosenaufstands hervorrufen. Der Faschismus sei, so Politbüro-Mitglied Hermann Remmele, der „Vater der Revolution“62. Diese vollständige Unterschätzung des Faschismus führte auch dazu, dass die KPD-Führung den Unterschied zwischen der Brüning-Regierung und einer faschistischen Diktatur zwischenzeitlich verwischte und annahm, das Brüning-Regime sei bereits der Faschismus.

Es gelang der KI sowie den Kräften um Ernst Thälmann in der KPD-Führung erst 1931/32 – also wenige Monate vor Hitlers Machtantritt – diese falschen Auffassungen in der Partei unter dem Druck der Ereignisse zurückzudrängen. Der weitere Aufstieg der NSDAP hatte die Auffassung, das Problem des Faschismus würde sich von selbst erledigen, in der Praxis dramatisch widerlegt. Anfang 1932 beschloss die KPD, die bisher eine reine Einheitsfronttaktik von unten gegenüber der Sozialdemokratie verfolgt hatte, diese Taktik zu ändern. Die Partei veröffentlichte Aufrufe, in denen sie ihre Bereitschaft erklärte, „mit jeder Organisation, in der Arbeiter vereinigt sind und die wirklich den Kampf gegen Lohn- und Unterstützungsraub führen will, gemeinsam zu kämpfen.63 Sie wandte sich mit Angeboten zu antifaschistischen Aktionseinheiten an die SPD-Führung, die Fraktionsvorstände im Parlament, an Organe des „Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbunds“ (ADGB) und des „Reichsbanner“.64 Sie gründete die „Antifaschistische Aktion“ zur Sammlung aller Kräfte im Kampf gegen den Machtantritt des Faschismus und rief ihre Mitglieder zur Zusammenarbeit mit sozialdemokratischen Arbeiter:innen auf. Es war die SPD-Führung, die alle diese Angebote rigoros abschmetterte und in einem Schreiben des Parteivorstands vom 28. Juni 1932 alle Kontakte von SPD-Mitgliedern mit Kommunist:innen verbot: Ein Verbot, von dem die SPD selbst dann nicht abrückte, als ihre eigene preußische Landesregierung im Juli 1932 per Staatsstreich des Papen-Regimes abgesetzt wurde und die KPD sich mit einem Einheitsfrontangebot für einen Generalstreik gegen den Putsch an sie wandte. Ebenso boykottierten die ADGB-Führer alle ökonomischen Kämpfe, zu denen die Kommunist:innen angesichts zunehmender Angriffe auf die Lebenslage der Arbeiter:innen aufriefen. Selbst nach der Ernennung Adolf Hitlers zum Reichskanzler am 30. Januar 1933, als KPD und Revolutionäre Gewerkschaftsopposition (RGO)mit einem erneuten Angebot zum gemeinsamen Generalstreik an den ADGB herantraten, lehnten dessen Führer dieses Angebot ab. Damit scheiterten alle Versuche, den Aufstieg des Faschismus in letzter Minute durch eine Aktionseinheit der Arbeiter:innen zu verhindern, vor allem an der Sozialdemokratie.

Für das Scheitern der Kommunist:innen im Kampf gegen den Faschismus gab es zwei wesentliche politische Ursachen: Erstens war die KPD eine Partei, die in ihrem organisatorischen Aufbau und ihrer Arbeitsweise selbst noch stark von sozialdemokratischen Traditionen geprägt war.65 Gegründet 1918/19 als Sammelbecken verfeindeter politischer Strömungen war sie bis 1925 weitgehend durch Fraktionskämpfe beherrscht worden – was sich in heftigen Schwankungen zwischen rechtsopportunistischen und ultralinken Ausrichtungen äußerte und die Niederlagen in den revolutionären Anläufen zwischen 1919 und 1923 begünstigte. Doch auch nach der Einrichtung der Führung um Ernst Thälmann und der Umstellung der Parteiarbeit auf die wichtigsten Grundlagen des leninistischen Parteityps wurde die Bolschewisierung der KPD niemals wirklich zu Ende geführt.66 Die Partei blieb im wesentlichen als legale Massenpartei aufgebaut. Das Verständnis über die Notwendigkeit eines illegalen Apparates war noch relativ wenig ausgeprägt, ebenso wie das von den Anforderungen an kommunistische Kader:innen.67 Weitere Symptome der nur begonnenen Bolschewisierung waren das Scheitern der Umstellung der Parteiorganisation von Straßen- auf Betriebszellen, die fehlende Schaffung von kommunistischen Fraktionen in Betrieben und Gewerkschaften, unzureichend geschulte Betriebs- und Gewerkschaftskader:innen und darauf aufbauend eine mangelhafte Anleitung der Tageskämpfe durch die Parteiorgane sowie eine weiterhin bestehende schematische Trennung von politischem und ökonomischem Kampf.68 Diese Mängel trugen dazu bei, dass die revolutionäre Offensive, die die Partei nach Beginn der Wirtschaftskrise 1929 eingeleitet hatte, abebbte und die Kommunist:innen auf Betreiben der Sozialdemokratie und des ADGB-Gewerkschaftsapparates weitgehend aus den Betrieben herausgesäubert wurden. Damit ging aber auch die zentrale Machtbasis der KPD für den geplanten revolutionären Umsturz verloren, und die Partei blieb bis zu Hitlers Machtantritt in Abwehrkämpfen gefangen.

Zweitens hatte die KPD den neuen Typus der konterrevolutionärer Bewegung, den der Faschismus darstellte, nur unzureichend verstanden, was dazu führte, dass sie keine strategische Antwort darauf gefunden hat. Sie erkannte zwar, dass der Faschismus eine Bewegung in den Diensten des Imperialismus war und nahm (mit einer gewissen Verzögerung und nach Interventionen der KI) zur Kenntnis, dass dieser bedeutende Teile des Kleinbürger:innentums mobilisieren und sogar ins Proletariat eindringen konnte.

Was sie jedoch nicht in ausreichender Weise verstand, war der gesellschaftliche Inhalt der Mobilisierung des Kleinbürger:innentums durch den Faschismus, also die Gründe dafür, dass sich dieser so explosionsartig entwickelte, das Kleinbürger:innentum radikalisierte und dessen destruktive, gewalttätige Energie gegen die Arbeiter:innenbewegung richten konnte. Was Antonio Gramsci schon 1921 mit der „Entfesselung unbändiger Urkräfte im bürgerlichen System“ umschrieben und Clara Zetkin zwei Jahre später als Suche von Teilen der Massen nach einem „Ausweg aus tiefer Seelennot“ intuitiv erfasst hatte, blieb für die KPD-Führung weitestgehend ein Buch mit sieben Siegeln. Und mit diesem beschäftigte sie sich entweder gar nicht erst, weil sie es für ausreichend hielt, die Faschisten zu „schlagen, wo man sie traf“ – oder sie begnügte sich damit, auf ausgewählte politische Forderungen der NSDAP rationale Antworten zu geben, während man andere Felder der faschistischen Agitation, etwa ihren Fokus auf die Verteidigung der Familie, in ihrer Bedeutung unterschätzte.69

Die Kommunistische Internationale wirkte in diesem Zusammenhang immer wieder korrigierend auf die KPD ein, erreichte aber in ihren Analysen später selbst nicht mehr das Anfang der 1920er Jahre erarbeitete Niveau. Das bekannte Referat von Georgi Dimitroff auf dem VII. Weltkongress der KI etwa, dessen erster Teil heute quasi als „Klassiker“ der marxistisch-leninistischen Faschismusanalyse gilt, enthält gegenüber Clara Zetkins Bericht von 1923 keine wirklich neuen Erkenntnisse. Dimitroff definiert den Faschismus an der Macht korrekt als „die offene terroristische Diktatur der reaktionärsten, am meisten chauvinistischen, am meisten imperialistischen Elemente des Finanzkapitals.70 Er stellt dar, dass der Faschismus „keine einfache Ersetzung der einen bürgerlichen Regierung durch eine andere, sondern eine Ablösung der einen Staatsform der Klassenherrschaft der Bourgeoisie – der bürgerlichen Demokratie – durch eine andere Form – durch die offene terroristische Diktatur“ ist.71 Dimitroff weist sozialdemokratische Positionen zurück, die ihn für eine über den Klassen stehende Form der Staatsmacht oder aufständisches Kleinbürger:innentum halten, das vom Staat Besitz ergriffen habe. Er greift die nationalen Besonderheiten des Faschismus in den verschiedenen Ländern auf, stellt die Praxis der faschistischen Staaten ihrer antikapitalistischen Rhetorik gegenüber, analysiert die Bedingungen, unter denen der Faschismus zur Macht kommt und weist seine inneren Widersprüche nach, wegen denen der Faschismus eine „grausame, aber keine feste Macht“ darstellt.72 Seine Wirkung in den kleinbürgerlichen (sowie proletarischen) Massen sieht Dimitroff vor allem in seiner Demagogie begründet, nämlich darin, dass er „in demagogischer Weise an ihre brennendsten Nöte und Bedürfnisse“ appelliere, auf ihre Vorurteile und ihre besten Gefühle spekuliere73 – was zwar stimmt, jedoch gegenüber Gramscis und Zetkins Hinweisen auf die Psychologie des Faschismus, auf „unbändige Urkräfte“, „tiefe Seelennot“, den „Zerfall der Gesellschaft“ und die Anbetung des autoritären Staates zurückfällt.74

Im zweiten Teil des Referats entwickelt Dimitroff dann die Strategie der Bildung von Einheitsfronten mit der Sozialdemokratie und von Volksfrontregierungen mit bürgerlichen Kräften, die gegen den Faschismus zu gewinnen seien.

Die Kommunist:innen entwickelten in den Jahren zwischen 1933 und 1945 einen heldenhaften illegalen Widerstand gegen den Hitlerfaschismus, waren die treibende Kraft des antifaschistischen Widerstands überhaupt und bezahlten Hitlers Machtantritt mit zehntausenden Toten, ermordet unter dem Fallbeil oder in den Konzentrations- und Vernichtungslagern. Worauf sie vor 1933 nicht vorbereitet waren und was sie nur unzureichend verstanden hatten war die Mobilisierung der explosivsten Widersprüche in den autoritären Persönlichkeiten vor allem im Kleinbürger:innentum, ihre Mobilisierung für den Imperialismus. Diese begann in Italien mit den wildgewordenen Squadre und führte in Deutschland über die marodierende und mordende SA zu den SS-Todesschwadronen, die als neuer „Germanenzug“ begeistert in die Sowjetunion einfielen und in den Vernichtungslagern in den besetzten Gebieten Millionen Jüd:innen ermordeten.

Was der Faschismus in den Köpfen seiner Gefolgsleute mobilisierte, war die verinnerlichte Gewalt der bürgerlich-patriarchalen Gesellschaft, die sie psychologisch daran hindert, ihr Schicksal selbst in die Hand zu nehmen und stattdessen die Einordnung in Macht- und Unterordnungsverhältnisse zu suchen. Wogegen er mobilisierte, war gar nicht in erster Linie die sozialistische Enteignung der Kapitalist:innen (diese forderte teilweise sogar die SA!), sondern viel tiefer gehend die permanente Revolution auf dem Weg zum Kommunismus, die Umwälzung aller Grundlagen der patriarchalen Ausbeutergesellschaft, wie sie durch Familie, Staat und Nation repräsentiert werden und die Ausbeutung und Unterdrückung aufrechterhalten. Dies war der gesellschaftliche Kerninhalt der NS-Ideologie, der gesellschaftliche Inhalt hinter der mystischen Beschwörung der „Reinhaltung“ von „Blut“, „Familie“ und „Rasse“.

Die „unbändigen Urkräfte“, die der Faschismus freisetzt, sind also die innersten Widerstandsmechanismen gegen die permanente Revolution in den Persönlichkeiten der Unterdrückten selbst. Damit sind die Faschist:innen auf dem „Großen Schachbrett“ des Klassenkampfes als neuer Akteur aufgetreten und haben die Regeln verändert. Die Kommunist:innen waren auf diesen Gegner nicht ausreichend vorbereitet, weil sie die tiefgreifende systemerhaltende Funktion des Patriarchats nicht durchdrungen hatten und über keine marxistische Psychologie verfügten. Daher erklärten sie sich die Wirkung des Faschismus auf die Massen häufig rein rational mit „Demagogie“, erachteten die Auseinandersetzung über Fragen von Familie und Nation streckenweise als nicht wichtig oder ließen sich in die Falle locken, den Faschist:innen bei diesen Themen defensiv nachzulaufen. Nicht zuletzt fehlte das Verständnis dafür, dass die genannten psychologischen Mechanismen der bürgerlich-patriarchalen Gesellschaft auch in den Köpfen der Kommunist:innen selbst wirken, autoritäre Charaktere daher allzu häufig auch in ihren Reihen anzutreffen sind und damit offene Flanken für die faschistische Agitation sowie für die Anbetung von Macht- und Unterordnungsverhältnissen in den kommunistischen Organisationen selbst bestehen. Diese Erkenntnisse unterstreichen die Notwendigkeit des Kampfes um die revolutionäre Persönlichkeitsveränderung der Kommunist:innen sowie die fundamentale Bedeutung des Kampfes gegen das Patriarchat im Kampf gegen die bürgerliche Ordnung überhaupt.

Schlussendlich gelang es den Kommunist:innen in Deutschland also nicht, den Hitlerfaschismus von innen zu stürzen. Dafür war eine internationale Allianz notwendig, in welcher die Sowjetunion ein Bündnis mit den imperialistischen Konkurrenten Deutschlands einging. Die Sowjetunion und die Partisan:innen wussten wogegen sie kämpften, zahlten den höchsten Blutzoll und bewiesen die Überlegenheit des Sozialismus über den Faschismus. Am 2. Mai 1945 hisste ein Sowjetsoldat die rote Fahne mit Hammer und Sichel über dem Reichstag, am 7. Mai kapitulierte der Hitlerfaschismus bedingungslos.

1Zur Rolle dieser gesellschaftlichen Erscheinungen und wie sie aus den grundlegenden Widersprüchen in der gesellschaftlichen Arbeitsteilung im Kapitalismus folgen vgl. „Die Arbeiter:innenklasse als revolutionäres Subjekt“, Kommunismus 19, S. 17 ff.

2Friedrich Engels hat dieses dialektische Verständnis der Geschichte in einem bekannten Brief von 1890 näher erläutert und von der vulgärmaterialistischen Sichtweise abgegrenzt, die jegliche soziale Erscheinung unmittelbar auf ökonomische Triebkräfte zurückzuführen sucht. Siehe dazu den Einschub in Kapitel 2.

3Siehe dazu die Ausführungen zu Carl Schmitts ‚Theorie des Partisanen‘ im Teil ‚Die faschistische Ideologie‘.

4Vgl. Eugen Varga, „Der deutsche Imperialismus – die historischen Wurzeln seiner Besonderheiten“, Oberbaum-Verlag 1970, S. 21 f.

5Karl Marx, „Kritik des Gothaer Programms“, Marx-Engels-Werke 19, Diez-Verlag, 19, S. 29

6„Die Arbeiter:innenklasse als revolutionäres Subjekt“, Kommunismus 19, S. 17 f.

7Siehe Kapitel „Die faschistische Ideologie“.

8Heinrich Mann, „Der Untertan“, Bibliothek fortschrittlicher deutscher Schriftsteller 1950, S.6 f.

9Vgl. A.S. Jerussalimski, „Die Außenpolitik und die Diplomatie des deutschen Imperialismus Ende des 19. Jahrhunderts“, Dietz 1954, S. 35 ff.

10Jürgen Kuczynski, „Studien zur Geschichte des deutschen Imperialismus“, Band 2, Dietz 1950, S. 25

11Siehe Kapitel „Die faschistische Ideologie“.

12Eine wichtige Rolle hierbei spielte die „Münchener Medizinische Wochenschrift“ aus dem verbandseigenen J.F. Lehmann Verlag, „das damals einschlägige und fast obligatorische Fachblatt aller Ärzte in Deutschland“, Reinhard Opitz, „Faschismus und Neofaschismus“, Verlag Marxistische Blätter 1984, S. 17

13Ebd., S. 29

14„Jünger‘s words illustrate the first thing we need to know about the origins of fascism. Its earliest followers were men who had been exhilarated by the war but traumatized by the peace that followed. Whichever side they had fought an, they had ‚lost‘ the war as a lived experience and were determined to refind it.“, Paul Mason, „How to stop fascism“, Penguin 2021, S. 79

15Ernst Jünger, „In Stahlgewittern“, Berlin 1922, S. VI, https://www.gutenberg.org/files/34099/34099-h/34099-h.htm

16Vgl. Kuczynski, S. 264 ff.

17Kuczynski, S. 268

18Bereits ab Januar 1919 versammelten sich in Berlin um Ludendorffs Adjutanten und strategischen Chefdenker Oberst Max Bauer der Kreis der Organisatoren des ‚Wegputschens‘ der Republik.“ Opitz, S. 46

19Eduard Stadtler, zitiert nach: Kuczynski, S. 269

20Vgl. Kuczynski, S. 110

21Ebd.

22Vgl. Joachim Petzold, „Die Entstehung der Naziideologie“, aus: Eichholtz, Gossweiler, „Faschismus-Forschung – Positionen, Probleme, Polemik“, Akademie-Verlag 1980, S. 276

23Ebd.

24Vgl. Adam Tooze, „Ökonomie der Zerstörung – Die Geschichte der Wirtschaft im Nationalsozialismus“, Siedler 2006, S. 24. ff.

25Vgl. Petzold

26Mathilde Jamin, „Zwischen den Klassen – Zur Sozialstruktur der SA-Führerschaft“, Peter Hammer Verlag 1984, S. 9 f.

27Karl Radek, Deutsche Wahlen, Roter Aufbau, Oktober 1930, zitiert nach: Wilhelm Reich, „Die Massenpsychologie des Faschismus“, Kiepenheuer & Witsch 2003, S. 35

28Vgl. Wilhelm Reich, „Die Massenpsychologie des Faschismus“, S. 58

29Hofer, „Der Nationalsozialismus – Dokumente 1933 – 1945“, Fischer 1957, S. 23

30Ausgelöst vor allem durch die Aufhebung des Goldstandards durch Großbritannien im September 1931, der innerhalb einer Woche 12 Staaten folgten und die „eine tiefe Rezession in eine weltwirtschaftliche Katastrophe“ verwandelte. Infolge des Wirtschaftskriegs fiel das Volumen der deutschen Exporte zwischen 1931 und 1932 um 30 Prozent. Vgl. Tooze, S. 41 f.

31Vgl. Tooze, S. 38

32Vgl. Reich, „Die Massenpsychologie des Faschismus“, S. 103

33Neue Dokumente zur Geschichte der Reichswehr 1930 – 1933“, Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte, Vol. 2, Berlin 1954, S. 427, zitiert nach: Paul Mason, „How to stop fascism“, S. 153

34Hier ging es darum, dass die Industrie ihre Erzeugnisse nach Mittel- und Südosteuropa exportieren wollte, die dortigen Länder diesen Handel aber nur mit Agrarprodukten bezahlen konnten. Die Großgrundbesitzer ließen sich ihre Zustimmung zum Expansionsplan mit dem Fortbestehen hoher Zölle auf ihre Hauptprodukte (vor allem Getreide, Kartoffeln, Mais) abkaufen, während die Produkte kleiner und mittlerer Bauern (Molkereiprodukte, Obst, Gemüse) mit den billigen Importen nicht hätten konkurrieren können. Die Lösung war eine staatliche Kommandowirtschaft im Agrarsektor.

35Vgl. Alfred Sohn-Rethel, „Industrie und Nationalsozialismus“, Wagenbach 1992, S. 78 f.

36Es handelte sich eben nicht um eine „Machtergreifung“, wie es im bürgerlichen Schulunterricht gerne erzählt wird, sondern um eine Regierungsübernahme mit anschließender Errichtung einer neuen, diktatorischen Staatsform auf Grundlage der Bestimmungen der Weimarer Verfassung.

37Georgi Dimitroff, „Bericht auf dem VII. Weltkongress der Komintern“, 2. August 1935. In: Georgi Dimitroff – Ausgewählte Werke. Fremdsprachenverlag Sofia, 1960, S. 94

38Siehe „Einschub: Hitlers Rede vor dem Reichstag am 23. März 1933“

39Hitler, Rede im Reichstag vom 23.3.1933, https://open.spotify.com/episode/0iYlnmm6weimlQ6qMILanb

40„Dieser Mitgliederzuwachs ging zum einen auf die ‚Gleichschaltung‘ des ‚Stahlhelm‘ zurück, zum anderen auf einen Massenzustrom von wohl überwiegend opportunistisch motivierten Einzelmitgliedern, unter denen sich offenbar sehr viele Arbeitslose befanden, die sich von diesem Schritt eine größere Chance auf einen Arbeitsplatz versprachen.“, Mathilde Jamin, S. 5

41Daher war auch der Terror der SA während der ‚Machtergreifung‘, so effektiv im Sinne der nationalsozialistischen Führung er zunächst auch war, im wesentlichen ein Ausagieren von sozialen Ressentiments und blindem Haß ohne politisches Programm und Kalkül.“, Ebd., S. 7

42SS-Männer stürmten die Vizekanzlei in Berlin und erschossen den politischen Referenten Papens. Seine übrigen Mitarbeiter wurden verhaftet. Der Vizekanzler selbst wurde nur aus Sorge um diplomatische Verwicklungen verschont, die sich zwangsweise ergeben hätten, wenn man ein aktives Mitglied der Reichsregierung liquidiert hätte. Andere hatten da weniger Glück: Der ehemalige Reichswehrminister und Reichskanzler General von Schleicher und seine Frau wurden in ihrem Haus erschossen. (…) Die bestätigten Zahlen der Opfer dieser ‚Nacht der langen Messer‘ belaufen sich auf fünfundachtzig Personen, tatsächlich waren es vermutlich an die zweihundert gewesen.“, Tooze, S. 94

43Ähnliche Machtkämpfe hatte es zuvor auch unter dem italienischen Faschismus gegeben: „Ein scharfes Ringen ist ausgebrochen zwischen der alten, eingesessenen Bürokratie und der neuen, faschistischen Beamtenschaft. Der gleiche Gegensatz besteht zwischen dem alten, regulären Heere mit seinen Berufsoffizieren und der faschistischen Landesmiliz mit ihren neuen Führen.“ Clara Zetkin, „Der Kampf gegen den Faschismus“, aus: Ausgewählte Reden und Schriften 2, Dietz 1960, S. 715

44Felix Thal, „Warum Graf von Stauffenberg kein Antifaschist war und das Gedenken an ihn verlogen ist“, https://perspektive-online.net/2020/07/warum-graf-von-stauffenberg-kein-antifaschist-war-und-das-gedenken-an-ihn-verlogen-ist

45Sven Felix Kellerhoff, „Was es heißt, wenn 1000 Leichen beisammenliegen“, www.welt.de/geschichte/zweiter-weltkrieg/article181758370/Holocaust-Was-es-heisst-wenn-1000-Leichen-zusammenliegen.html

46Vgl. Tooze, S. 91

47„Im Jahr 1935 lag der Privatverbrauch noch immer um 7 Prozent unter dem Niveau, das er vor der Wirtschaftskrise gehabt hatte, die privaten Investitionen lagen sogar um 22 Prozent darunter. Im Gegensatz dazu waren die Staatsausgaben um 70 Prozent höher als im Jahr 1928. Und dieser Fakt erklärt sich fast ausschließlich durch den Militärhaushalt.“, ebd.

48Hofer, „Dokumente des Nationalsozialismus“, S. 250

49Werner Daitz, „Denkschrift. Errichtung eines Reichskommissariats für Grossraumwirtschaft.”, zitiert nach: R. Opitz, „Europastrategien des deutschen Kapitals 1900-1945”, S. 668-669, Bonn 1994. 2. Auflage, Hervorhebungen von uns

50Thorsten Giersch, „Der Konzern, der Hitler den Weltkrieg ermöglichte“, www.handelsblatt.com/politik/internationales/100-jahre-weltkrieg/wirtschaft-und-finanzen/geschichte-der-ig-farben-der-konzern-der-hitler-den-weltkrieg-ermoeglichte/4428986.html

51Alan Posener, „Adolf Eichmann – Warum das Böse nicht banal ist“, www.welt.de/kultur/history/article11974228/Adolf-Eichmann-Warum-das-Boese-nicht-banal-ist.html

52Eine ausführliche Darstellung dieses Themas findet sich in: „Arbeiterin – die verdrängte Geschichte der Frauenbewegung in Deutschland von 1800 – 1945“, Arbeitskreis zur Befreiung der Frau und Kommunistischer Aufbau 2016, S. 66 ff., https://komaufbau.org/arbeiterin-broschure-zur-geschichte-der-frauenbewegung/

53Ebd., S. 67

54Übersetzung aus dem Italienischen, Antonio Gramsci, „Sul fascismo“, Edizioni Clandestine 2022, S. 60 (Hervorhebungen von uns)

55Clara Zetkin, „Der Kampf gegen den Faschismus“, S. 693

56Ebd., S. 695

57Ebd., S. 696 f.

58Ebd., S. 715

59Ebd., S. 724

60Vgl. dazu: Kommunistischer Aufbau, „Die Bolschewisierung der Kommunistischen Partei Deutschlands“, https://komaufbau.org/die-bolschewisierung-der-kpd/

61Vgl. Alexander von Plato, „Zur Einschätzung der Klassenkämpfe in der Weimarer Republik“, Oberbaum-Verlag 1973, S. 254 f.

62Plato, S. 260

63Plato, S. 265

64Der Reichsbanner war eine gemeinsame paramilitärische Organisation der SPD und der Zentrumspartei Brünings. Der KPD zufolge waren dort „die sozialdemokratischen Arbeiter mit den katholischen Pfaffen und den demokratischen Börsianern und Großkaufleuten zusammengekoppelt…“, Plato, S. 207

65Vgl. O. Pjatnitzki, „Die Bolschewisierung der kommunistischen Parteien der kapitalistischen Länder durch Überwindung der sozialdemokratischen Traditionen“, aus: „Die Revolutionäre Gewerkschaftsopposition (Band 1)“, Verlag Rote Fahne 1973, S. 127 ff.

66Vgl. Kommunistischer Aufbau, „Die Bolschewisierung der Kommunistischen Partei Deutschlands“, https://komaufbau.org/die-bolschewisierung-der-kpd/

67Vgl. ebd.

68Vgl. Plato, S. 244

69Wilhelm Reich etwa kritisiert die kommunistischen Funktionäre immer wieder für die Unterschätzung familien- und sexualpolitischer Fragen: „Wenn die politische Reaktion uns immer wieder sagt, die Aufrechterhaltung des Abtreibungsparagraphen sei notwendig im Interesse der Familie und der ‚sittlichen Ordnung‘, wenn der sozialdemokratische Sozialhygieniker Grothjan hier die gleiche Linie bezog wie die Nationalsozialisten, so müssen wir ihnen glauben, daß ‚autoritäre Familie‘ und ‚moralische Sittlichkeit‘ entscheidend wichtige reaktionäre Kräfte sind. Wir dürfen sie nicht als unwesentlich beiseite schieben.“, Reich, S. 111

70Dimitroff, S. 87

71Das schließt laut Dimitroff nicht aus, dass „daß der Faschismus im Augenblick einer besonderen Verschärfung seiner Lage Versuche macht, seine Basis zu erweitern und, ohne sein Klassenwesen zu ändern, die offene terroristische Diktatur mit einer groben Fälschung des Parlamentarismus zu vereinen.“; Ebd.

72Ebd., S. 104

73Ebd., S. 90

74Siehe Kapitel „Die faschistische Ideologie“.