Start Blog Seite 49

Erfolgreicher Vereinigungskongress der tunesischen Kommunisten

Am 27. und 28 Februr 2016 fand in Tunesien der Vereinigungsparteitag der Sozialistisch-Patriotischen Demokratischen Partei (PPDS) (Tunesien) in Tunis statt. Er stellt den Höhepunkt eines mehrjährigen Kampfes für die Einheit der Marxisten-Leninisten aus fünf Organisationen dar. Die PPDS ist aus den Organisationen PPSR Watad, Bewegung zur Befreiung der Arbeit, Marxistisch-Leninistische Patriotische Demokraten, Bolschewistische Union und Patriotische Demokraten hervorgegangen.

Ein Genosse hatte die Gelegenheit am Vereinigungsparteitag teilzunehmen. Wir veröffentlichen hier, die gemeinsam beschlossenen Resolutionen der anwesenden internationalen Kommunistischen Organisationen und verlinken das Video mit der Grußbotschaft unserer Organisation auf dem Kongress.

Ausführlichere Informationen über den Kongress findet ihr in der nächsten Ausgabe der Zeitung Kommunismus, die Anfang August erscheinen wird.

Es lebe die Einheit der Marxisten-Leninisten!

Es lebe PPDS und der Kampf des tunesischen Volks!

Grußwort Kommunistischer Aufbau Vereinigungskongress Tunis

Grußwort von Kommunistischer Aufbau auf dem Vereinigungskongress/deutscher Text

Grußwort an den Einheitskongress der Marxisten-Leninisten Tunesiens

Liebe Genossinnen und Genossen,

als junge, erst vor zwei Jahren gegründete Organisation begrüßen wir voller Freude euren siegreichen Einheitskongress. Wir stehen in der Tradition der über hundertfünzig Jahre alten kommunistischen Bewegung unseres Landes. Trotz aller notwendigen Bescheidenheit, erlauben wir uns, euch auch im Namen dieser Bewegung zu beglückwünschen.

Die Niederlagen der vergangenen Jahrzehnte, allen voran der Sieg der Konterrevolution in der UdSSR beim XX. Parteitag, haben uns Kommunisten zersplittert zurück gelassen, auf internationalem Niveau und ebenso in vielen Ländern. Hinzu kommt ideologische Zerfahrenheit und Orientierungslosigkeit. Es ist diese Situation, aus der wir uns heraus kämpfen müssen, um wieder in die Lage zu kommen, unsere Rolle als Vorhut des Proletariats einzunehmen.

Die Zersplitterung ist der Sieg der Konterrevolution und sie versucht sie aufrecht zu halten, aber die Einheit der Marxisten-Leninisten, die ihr hier erkämpft habt ist gleichbedeutend mit einer Niederlage für den Feind.

Wir können euch berichten, dass wir vor zwei Jahren die Gründung unserer Organisation zugleich mit der Losung der Einheit auf den Lippen verkündet haben. Auch in Deutschland sehen wir die Frage der kommunistischen Einheit als ungelöst an. Es gibt verschiedene, verstreute Potentiale, die sich nach Traditionen, politischer Arbeit und Organisationskultur unterscheiden. Sie alle eint aber unserer Meinung nach, der ehrliche Kampf gegen den deutschen Imperialismus. Wir stehen vor der Aufgabe, zur Vereinigung dieser Kräfte beizutragen. Es ist uns eine Ehre, an eurem Kongress teilzunehmen, um eure Erfahrungen zurück in den Kampf um die Kommunistische Einheit nach Deutschland zu tragen.

Es lebe der proletarische Internationalismus!

Es lebe der Marxismus-Leninsmus und die Einheit der Kommunisten!

Es lebe PPDS!

-Kommunistischer Aufbau

Freiheit für die spanischen Internationalisten! Der Kampf gegen ISIS ist kein Verbrechen!

Freiheit für die spanischen Internationalisten! Der Kampf gegen ISIS ist kein Verbrechen!

Am Mittwoch, dem 27. Januar kam es auf dem spanischen Staatsgebiet zur Verhaftung von neun Internationalisten. Sie sollen der Kommunistischen Organisation „Partido Marxista-Leninista / Reconstrucción Comunista“ (Marxistisch-Leninistische Partei / Kommunistischer Wiederaufbau) angehören.

Im Juli 2015 waren bereits zwei Jugendliche kurzzeitig verhaftet worden mit der Begründung, sie hätten sich dem bewaffneten Kampf der YPG gegen den IS in den Reihen des ‚Internationalen Freiheitsbatallions‘ (IFB) angeschlossen ohne zuvor „die Erlaubnis des spanischen Staats einzuholen“. Offensichtlich diente die vorübergehende Freilassung der beiden Internationalisten nur dazu einen noch härteren Schlag gegen die Internationale Solidarität für die Revolution in Rojava vorzubereiten.

Am 29. Januar 2016 wurde die PML/RC dann als „kriminelle Organisation“, die mit einer „terroristischen Organisation“ PKK/KCK zusammenarbeiten würde, verboten. Dabei ist die PKK in Spanien eine nicht verbotene Organisation! Während 6 der verhafteten Personen unter der Auflage sich nicht außerhalb des spanischen Staatsgebiet zu aufzuhalten freigelassen wurden, verblieben Roberto Vaquero, ein türkischer Staatsbürger sowie ein weiterer Verhafteter im Gefängnis. Die Kaution für die beiden zuletzt genannten Beträgt 10000 und 6000 Euro, Roberto kann nicht auf Kaution frei kommen.

Wir verurteilen die Kriminalisierung der revolutionären Internationalisten in Spanien und die Heuchelei des spanischen Staats scharf. Die Spanische Regierung hat gemeinsam mit den Regierungen anderer europäischer Länder Krokodilstränen über dem fundamentalistischen Terror in Paris vergossen; nun werden diejenigen, die ohne Lohn, ohne Ausbildung, ohne Sicherheiten irgendeiner Art selbstlos ihre Gesundheit und ihr Leben im Kampf gegen eben diesen Fundamentalismus aufs Spiel gesetzt haben, kriminalisiert.

Alle Völker auf der Welt, die um ihre Befreiung kämpfen, und die klassenbewussten ArbeiterInnen aber stehen hinter ihnen. Die wahren Brandstifter für den schmutzigen Krieg im nahen und mittleren Osten sind in den imperialistischen Regierungen der USA, der EU, Russlands und der reaktionären Regimes der Türkei, Saudi-Arabiens, Katars und Syriens zu finden.

Der Angriff auf die spanischen Internationalisten hat aber auch noch einen anderen Grund. Während die Lage der breiten Massen in Spanien sich immer weiter verschlechtert, die Jugendarbeitslosigkeit auf 50% steigt, könnte die Radikalisierung der Jugend zu einer ernsten Bedrohung gegenüber dem spanischen Staat verwandeln.

Organisiert vielfältige Formen der Solidarität dokumentiert sie und sendet sie an detenidos27e@gmail.com und coordinationint@yahoo.co.uk

Spendenkonto:

IBAN ES57 3035 0393 09 3930010253

Weg mit dem Verbot der PKK!

Weg mit dem Verbot der PML/RC!

Freiheit für die spanischen Internationalisten!

Kommunistischer Aufbau (Deutschland)

Marxistisch-Leninistische Kommunistische Partei (MLKP) (Türkei/Kurdistan)

Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands (Deutschland)

Sozialistisch Patriotische Demokratische Partei (PPDS) (Tunesien)

Revolutionary Organization of Labor (USA)

Resolution über den Kurdischen Widerstand
Resolution über den kurdischen Widerstand In der Türkei bombardiert die faschistische Diktatur seit Monaten in Nordkurdistan die Städte, Ortschaften und Dörfer mit Panzern und schweren Geschützen. Diese werden belagert. Die speziell ausgebildeten Einheiten der türkischen Armee und Polizei gehen regelrecht auf Kurdenjagd. Sie morden ohne zwischen alten und kranken Menschen, Frauen und Kinder zu unterscheiden. Die Massaker und die Verwüstung, die der IS in Kobane angerichtet hat, das bewerkstelligt jetzt das faschistische Regime der Türkei in Sur, Cizre und Silopi. Bei den engen “Straßenkämpfen” in den Städten Serekaniye und Kobane gegen den ISIS hat man die Bilder der durchlöcherten Mauern, von zerstörten Häusern und hingerichteten Menschenleichen auf den Straßen gesehen. Nun sind diese Bilder in den belagerten Zentren Nordkurdistans zu sehen. Die belagerten Städte des Nordens sind ein Stalingrad geworden, wie einst die Städte Serekaniye und Kobane. Stalingrad war für die Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken ein Willenskampf gegen den Hitler-Faschismus. Entweder musste man sich dem deutschen Faschismus ergeben, oder man musste den deutschen Faschismus besiegen. Ein Willenskampf wie dieser wird heute in Nordkurdistan geführt. Die Kurden werden sich entweder der faschistischen Diktatur ergeben, oder sie werden gegen diese Diktatur siegen und sich befreien. In vielen kurdischen Zentren werden Grabenkämpfe geführt. Diese Straßenkämpfe auf engstem Raum sind ein Ausdruck dieses Willenskampfs.   Im Nahen Osten werden zwischen den imperialistischen Fronten ein Konkurrenzkampf und ein Kampf um die Hegemonie geführt. Bei diesem „Kampf der Köter“ brauchen die Fronten die Türkei als Partner vor Ort. Dies ist der Grund, warum diese Länder schweigen, während die faschistische Diktatur das kurdische Volk massakriert. An diesen massiven Angriffen ist der Anteil der imperialistischen Ländern, vor allem der USA und EU groß. Der Anteil der internationalen Kräfte an diesem Massaker, die unter ihrer Leitung stehen, darf man auch nicht unterschätzen. Sie ermutigen durch ihr Schweigen das faschistische Regime. Die imperialistischen Kräfte versuchen den Freiheitskampf des kurdischen Volkes für ihrer eigenen Interessen im Nahen Osten zu instrumentalisieren. Sie stehen nicht an der Seite eines kurdischen Widerstandes, der nicht ihren imperialistischen Interessen dient. Aus diesem Grund stehen sie der Türkei beiseite. Aus diesem Grund schweigen sie und indem sie schweigen billigen sie dieses Massaker. Und aus diesem Grund treten sie die „Werte“, die sie immer betonen, mit den Füßen. Sie wollen, dass die kurdische Freiheitsbewegung sich den imperialistischen Interessen und dem internationalem Kapital unterwirft. Die Kurden haben eine große Sehnsucht nach Freiheit und der Demokratie. Sie kämpfen nicht nur für diese Werte, sondern auch für alle Menschen, die ebenfalls sich für diese Werte einsetzen. Und deswegen werden sie in diesem Kampf ermordet. Ihre Grabenkämpfe und Ideale der Selbstverwaltung muss man als den Widerstand und den Wunsch nach Freiheit und Selbstverwaltung aller Menschen sehen, die ebenfalls für Freiheit und Demokratie sind. Dieser Kampf, dieser Widerstand ist nicht nur ein Freiheitsleuchtfeuer für die Völker des Nahen Ostens. Die Revolution von Rojava ist ein Licht für alle Unterdrückten und Ausgebeuteten dieser Erde. Wir müssen die Rolle dieser Revolution verstehen und verinnerlichen. Der Wirkungsbereich dieses Lichtes, dieser Revolution wird von Tag zu Tag größer und zeigt jetzt seine Wirkung auch im Norden. Man muss es sich aneignen. Man muss es als die Erweiterung und Verbreitung der Rojava Revolution und des Kobane Widerstandes sehen. Es kann keinen Kampf um die Demokratie und Freiheit ohne den Bezug auf die Widerstände in den Städten Nordkurdistans und Rojava geben. Man kann den Kampf gegen Faschismus nicht verstehen, so lange man nicht verstanden hat, warum die Kurden Grabenkämpfe führen, warum sie Widerstand leisten und ermordet werden. Das gilt auch für das palästinensische Volk. Ohne Befreiung Palästina wird im Nahen Osten keine Freiheit und Demokratie herrschen. Der Widerstand der Völker im Nahen Osten braucht keine Unterstützung und Solidarität, die nur in Worten gefasst werden, die nicht praktisch sind. Gleichzeitig hat die Menschheit, die Freiheit und Demokratie will, nicht das Recht, die für ihre Freiheit kämpfenden Völker allein zu lassen. Die Unterstützung und Solidarität dieses Kampfes gegen den Faschismus und den Kolonialismus muss praktisch werden. Der Weltöffentlichkeit muss erklärt werden, dass dieser Widerstand zugleich ein Widerstand für uns alle ist. Die direkte Solidarität und Unterstützung muss gefordert werden. Die totale Standhaftigkeit gegen die totalen faschistischen Massaker und Angriffe muss die Aufgabe von uns allen sein. Kommunistischer Aufbau (Deutschland) Marxistisch-Leninistische Kommunistische Partei (MLKP) (Türkei/Kurdistan) Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands (Deutschland) Sozialistisch Patriotische Demokratische Partei (PPDS) (Tunesien) Revolutionary Organization of Labor (USA)

Berichte von der revolutionären 1. Mai Vorabenddemonstration 2016 in Köln

KÖLN

Revolutionäre 1.Mai Vorabenddemonstration in Köln Mülheim erfolgreich beendet!

Wie im letzten Jahr fand am 30. April zum zweiten Mal eine revolutionäre 1. Mai Vorabenddemonstration in Köln-Mülheim statt. An der Demonstration beteiligten sich 200 Genossinnen und Genossen aus ganz NRW. Durchweg lautstark und kämpferisch zog die Demonstration durch Köln, unter anderem über die Keupstraße, in der 12 Jahre zuvor die Nagelbombe des NSU detoniert ist.

Solidarität mit den kriminalisierten spanischen Internationalisten – Der Kampf gegen den IS ist kein Verbrechen!

Die Kurden, Araber, Assyrer, Christen und andere Völker, die im Norden Syriens/Westkurdistan (Rojava) leben haben im syrischen Krieg ihr Schicksal in die eigenen Hände genommen und beschlossen, sich durch eine Revolution zu befreien. Seit nunmehr vier Jahren wird dort eine demokratische Selbstverwaltung inmitten der Brutalität des syrischen Stellvertreterkriegs aufgebaut. Die revolutionären Kantone in Afrin, Kobane und Cizire sind vor allem den Angriffen des IS ausgesetzt. Selbst die Regierungen der Großmächte wie USA, Deutschland und Frankreich mussten anerkennen, dass die Revolutionäre von Westkurdistan die einzige verlässliche militärische Kraft der Region im Kampf gegen den IS ist.

Die Rojava-Revolution hat verkündet: Wir kämpfen nicht nur für die Kurden, wir kämpfen für alle Völker. Wir kämpfen nicht nur für uns, wir kämpfen für die Menschlichkeit.

Sie hat die Menschen aus aller Welt aufgerufen, sich der Verteidigung der Revolution in den Reihen der YPG/YPJ (Volksverteidigungs- und Frauenverteidigungseinheiten) anzuschließen. Hunderte sind diesem Ruf gefolgt. Unter ihnen im Jahr 2015 auch zwei junge spanische Kommunisten der Organisation PML (RC)1.

Obwohl der spanische Staat von sich behauptet, ebenfalls gegen den faschistischen Fundamentalismus zu kämpfen hat er sich entschieden, die beiden Internationalisten bei ihrer Rückkehr im Juni 2015 festzunehmen. Sie wurden nach kurzer Zeit – mit Ausreiseverboten belegt – freigelassen, aber nun hat sich gezeigt, dass das offenbar nur dazu gedient hat um einen noch stärkeren Angriff auf ihre Organisation und ihre Überzeugung vorzubereiten.

Am 27. Januar 2016 wurden im Rahmen der Operation Valley zahlreiche Wohnorte spanischer KommunistInnen der PML (RC) durchsucht. Mehrere GenossInnen wurden festgenommen und ins Gefängnis gebracht. Der Generalsekretär der Organisation Roberto Vaquero wurde zwei Monaten auf Grundlage von erwiesenermaßen erfundenen Anschuldigungen (angeblicher Sprengstoffbesitz) festgehalten.

Der PML (RC) wird vorgeworfen, sie sei eine kriminelle Organisation, ihren Mitgliedern wird vorgeworfen, dass sie sich ohne Erlaubnis des spanischen Staates an einem bewaffneten Konflikt beteiligt hätten und die Staatsanwaltschaft stellt die Organisation als spanischen Arm der Kurdischen Arbeiterpartei (PKK) dar.

Die PML (RC) wurde vorläufig befristet auf ein Jahr verboten genauso wie jegliche Tätigkeiten in ihrem Namen. Den insgesamt vierzehn Beschuldigten drohen Gefängnisstrafen von bis zu zwanzig Jahren.

Die ehrlichen DemokratInnen in Spanien haben empört auf dieses Verfahren reagiert und sowohl in Medien, als auch unter der spanischen Bevölkerung gibt es viel Solidarität für die Beschuldigten. Auch wegen dieses Drucks sind vorläufig alle Mitglieder der PML (RC) wieder frei gekommen.

Aber der spanische Staat hat schon bei der Verhaftung und schnellen Freilassung der beiden zurückgekehrten Kämpfer des Internationalen Freiheitsbatallions2 bewiesen, dass das nichts heißen muss und sie weiterhin das Ziel verfolgen werden, die praktisch gelebte internationale Solidarität zu kriminalisieren, um zu verhindern, dass mehr Menschen diesem Beispiel folgen.

Die Verfahren werden sich über etwa zwei Jahre ziehen und die Kosten sind enorm. Zeigt eure Solidarität gegen ihre Repression und spendet. Übt praktische Solidarität und fordert in euren Aktionen die sofortige Einstellung aller Verfahren gegen die InternationalistInnen!

Spendenkonto

IBAN: ES57 3035 0393 09 3930010253

detenidos27e.wordpress.com (Spanisch)

1Marxistisch-Leninistische Partei (Kommunistischer Wiederaufbau)

2Das Internationale Freiheitsbatallion fasst internationalistische Freiwillige verschiedener politischer Strömungen in den Reihen der YPG zusammen und wurde von KommunistInnen ins Leben gerufen.

Organisiert und wehrt euch! Am 1. Mai auf die Straße gegen dieses System!

Hier der 1.Mai-Aufruf als PDF

Wirtschaftskrise, Eurokrise, Syrienkrise und Flüchtlingskrise. In den letzten Jahren lässt sich nicht mehr verbergen, dass der Kapitalismus in einer tiefen Krise steckt. Diese Krise lässt sich nicht nur an Börsenkursen oder Kriegen festmachen, die Krise besteht auch darin, dass immer mehr Menschen auf der ganzen Welt dieses System in Frage stellen.

Ein Leben in Ausbeutung und Unterdrückung

Wenn wir ehrlich sind, wissen wir schon längst, dass der Kapitalismus uns nichts zu bieten hat außer Ausbeutung. Wir wissen, dass sich unsere Lage verschlechtert und weiter verschlechtern wird. Wir wissen, die einzigen, die dauerhaft von diesem System profitieren sind die Kapitalisten, die Besitzer der Banken und Konzerne, die uns Tag für Tag ausbeuten und die ohne unsere Arbeit keinen Profit machen würden. Wir wissen, diese Gesellschaft ist in zwei Lager geteilt; in das der Ausbeuter und das der Ausgebeuteten. Medien und Politiker behaupten zwar, alle würden profitieren, aber wir spüren, dass die Realität anders aussieht. Die Löhne der schlechtbezahltesten Arbeiterinnen und Arbeiter fallen weiter, die Kürzungen bei Hartz IV nehmen zu, das Rentenalter wird hochgesetzt; die Liste lässt sich fortsetzen. Das alles kann man auf eins runter brechen: Wir arbeiten mehr, für weniger Geld. Die Ausbeutung verstärkt sich.

Fragt sich nur, was ist der Ausweg?

Wir werden keinen Ausweg finden, wenn wir nicht anfangen, aktiv zu werden. Es ist nicht damit getan, dass wir uns darüber beklagen wie korrupt die Politiker sind und wie sehr wir in den letzten Jahren ausgenommen worden sind. Ja, es stimmt. Die Politiker sind korrupt, diese Politiker gehören zu einer anderen Klasse als wir. Sie vertreten die Interessen der Konzerneigentümer und sie teilen ihren luxuriösen Lebensstil.

Wir als Arbeiterinnen und Arbeiter müssen das erkennen. Wenn wir nicht ewig wie Lämmer zur Schlachtbank geführt werden wollen müssen wir uns unserer Interessen bewusst werden und unsere eigene politische Position beziehen. Kurz gesagt: Wir müssen Politik im Interesse unserer Klasse machen. Das heißt wir müssen kommunistische Politik machen.

Dieses System kann uns keine Gleichberechtigung bieten

Unter uns sind die Frauen besonders krasser Unterdrückung ausgesetzt. Sie werden nicht nur ausgebeutet und durch niedrigere Löhne als die Männer als minderwertige Arbeitskräfte behandelt, sondern sie werden auch nach Feierabend unterdrückt. Ihnen wird die Hausarbeit, die Kindererziehung und somit auch der alltägliche Kampf mit der deutschen Bürokratie aufgeladen. Die Frauen sind es überall auf der Welt leid, die Rolle der Dienerin des Mannes zu spielen. Das zeigt sich in ihren Widerstandskämpfen von Indonesien bis in die USA. In zahlreichen Ländern haben Frauen sich entschieden, sexualisierte Gewalt und ein Dasein im Schatten der Gesellschaft – gebunden an Heim und Herd, nicht mehr hinzunehmen. Die revolutionären Frauen in Kurdistan, in Indien oder auf den Phillipinen ziehen die Konsequenz daraus, indem sie sich mit roten Knüppeln, Bambusstöcken oder als organisierte Armee bewaffnen und so der Männerherrschaft Grenzen setzen. Sie zeigen den unterdrückten Frauen den Weg, ihr Kampf bedeutet für uns in Deutschland: „Schmeißt die Rollenbilder beiseite, werdet selbst aktiv und kämpft gegen eure Unterdrückung!“

Sie führen Kriege, wir bluten

Dass der Afghanistankrieg, der Irakkrieg, die Kriege ins Syrien, Somalia und Libyen für die „Menschenrechte“ geführt werden, glaubt eigentlich keiner mehr. Die Menschen sind den Herrschenden egal. Sie führen Kriege und liefern Waffen dorthin, wo es ihnen Zugang zu Rohstoffen, Handelswege, Kontrolle über militärisch wichtige Gebiete und somit letztendlich Profit verspricht.

Die Großmächte des Kapitalismus wie die USA, Russland, China, Deutschland, Frankreich und England haben so viel Reichtum angesammelt, dass ihnen die Ausbeutung von nur einem Volk nicht mehr reicht. Das ist der Grund, warum sie ständig um mehr Einfluss und mehr Macht auf dem internationalen Parkett kämpfen. Hinter den diplomatischen Floskeln und Höflichkeiten steckt ein knallharter Konkurrenzkampf um die Beherrschung der Welt. Dieser Kampf wird mit friedlichen und kriegerischen Mitteln (wie heute in Syrien oder der Ukraine) ausgetragen. Hierfür nehmen sie unser Elend, Diktaturen und Millionen von Flüchtlingen billigend in Kauf.

Eine Alternative für Deutschland?!

Im vergangenen Jahr ist eine große und anhaltende Diskussion über Flüchtlinge, Rassismus und Integration ausgebrochen.

Bis jetzt gibt es zwei hauptsächliche Reaktionen. Im letzten Sommer hat die Bundesregierung mit Merkel an der Spitze Deutschland als Land der Willkommenskultur inszeniert. Menschen, die Mitleid mit den Flüchtlingen spüren, wurden und werden ausgenutzt, um in Hilfsinitiativen die Lücken, die der Staat bei der Versorgung der Flüchtlinge gelassen hat, zu stopfen.

Die andere stärkere Reaktion ist die Offensive der Faschisten, sie äußert sich in Nacht für Nacht brennenden Flüchtlingslagern, AfD-Wahlerfolgen, massenhaften faschistischen Aufmärschen, aber auch in Hetzkampagnen wie nach der Silvesternacht in Köln, die von allen Teilen der herrschenden Klasse mitgetragen werden.

Beide Reaktionen sind von der Kapitalistenklasse gewollt und unterstützt. Denn die Kapitalisten wollen einerseits, einen Teil der Flüchtlinge möglichst schnell zu Arbeitskräften machen, die sie ausbeuten können, aber einen anderen Teil werden sie wieder zurückschicken in ihre zerstörten und abhängigen Heimatländer. Diejenigen die hier bleiben, sollen durch faschistischen Terror und staatliche Repression auf ihren Platz am Boden der Gesellschaft verwiesen werden.

Deutschland steht mit dieser Entwicklung in Europa nicht allein. Die Kapitalisten erkennen überall, dass unsere Wut größer wird und dass es mehr und mehr Gründe gibt, gegen den Normalzustand zu rebellieren. Der Aufbau von neuen faschistischen Massenbewegungen, von Nazi-Untergrundstrukturen wie dem NSU oder von modernen rechten Parteien wie der „AfD“ sind für sie die logische Konsequenz. Ihr Gedanke ist „Teile und Herrsche“ und der Faschismus als Herrschaftsform oder wenigstens als Hilfspolizei, die nicht an Gesetze gebunden ist, wird zu einer konkreten Option.

Wir müssen uns, wo wir leben und arbeiten, dieser Entwicklung entgegenstellen und dort die Fragen stellen: Wer nimmt den deutschen ArbeiterInnen denn „die Arbeit weg“? Es ist nicht der Migrant, sondern der Kapitalist, der auf der Suche nach noch billigeren Lohnsklaven ist!

Wer ist denn den Verursacher des Wohnungsmangel? Es ist nicht der Flüchtling, sondern der Spekulant, der uns aus den Vierteln verdrängt!

Die Faschisten werden wir nicht stoppen, in dem wir die kapitalistische Demokratie, die „Menschenrechte“ und die Menschlichkeit verteidigen, sondern indem wir klar und deutlich aussprechen, was der wahre Grund für unser Elend und das Elend der Flüchtlinge ist: Der Kapitalismus.

Keine Alternative zur Revolution!

Das heißt, wenn wir nicht mehr so weiterleben wollen, müssen wir den Kapitalismus zerstören. Wenn wir, nicht mehr so weiterleben wollen, gibt es keine Alternative zur Revolution.

In dieser Revolution werden wir der kleinen kapitalistischen Minderheit die Betriebe, Büros, Maschinen, Flughäfen usw. entreißen, und sie in die Hände von uns Arbeiterinnen und Arbeitern legen.

Die Revolution wird uns die Demokratie der Ausgebeuteten bringen, in der wir zum ersten mal selbst über unsere Gesellschaft bestimmen werden und nicht eine abgehobene und korrupte Politikerkaste. Die Wirtschaft werden wir nach den Bedürfnissen der Gesellschaft planen – wir werden alle mit Arbeit, Wohnungen, Lebensmitteln versorgen können.

Der Umgang unter uns wird sich radikal ändern wenn wir uns nicht mehr in gegenseitiger Konkurrenz die Ellenbogen in die Rippen rammen, sondern ein solidarisches Zusammenleben jenseits von Egoismus organisieren. In unserer Gesellschaft werden wir dafür kämpfen, dass es egal ist, welchem Geschlecht man angehört, welche sexuelle Orientierung man hat oder welche Hautfarbe jemand hat. Diese Gesellschaft, für die wir kämpfen ist der Kommunismus.

Natürlich erzählt man uns, dass der Kommunismus zwar eine gute Idee ist, aber eben einfach nicht funktioniert. Diesen Leuten stellen wir als erstes eine Gegenfrage:

Wollt ihr etwa behaupten, dass der Kapitalismus mit jährlich Millionen Hunger- und Kriegstoten „funktioniert“?“ Zweitens können wir sagen, dass der Kommunismus sehr wohl funktioniert und die ersten Jahrzehnte der Sowjetunion beweisen das. In weniger als 20 Jahren wurde aus einem rückständigen Land ein führendes Industrieland, aus Arbeitern und Bauern, die nicht lesen und schreiben, konnten wurden gebildete Experten, der Lebensstandard stieg in dieser Zeit schneller als je in irgendeinem kapitalistischen Land. Der Grund ist das die Reichtümer der Gesellschaft nicht zur Bereicherung weniger, sondern zum Nutzen aller verwendet wurden.

Was stimmt ist, dass am Ende der erste Versuch, den Kommunismus aufzubauen, gescheitert ist, weil sich eine neue Klasse von Ausbeutern innerhalb vom sozialistischen Staatsapparat gebildet hat. Aber warum sollte unsere Schlußfolgerung daraus sein, dass wir die Hoffnung aufgeben? Warum sollten wir uns nicht die Erfahrungen der Sowjetunion ansehen und einen Weg entwickeln, wie wir es beim zweiten Versuch besser machen können? Besser machen heißt vor allem, dass wir die Ausbeutung und Bevormundung durch die Herrschenden noch weniger akzeptieren dürfen, im Kapitalismus und auch nach der Revolution im Kommunismus müssen wir aktiv werden, müssen wir uns wehren, müssen wir Widerstand leisten, müssen wir kontrollieren, müssen wir die Führung übernehmen.

»Unser Zorn wächst wie das unendliche Meer«

Man will uns vermitteln, wir seien die Schuldigen an unserer Situation; mit mehr Fleiß, Mühe, Disziplin, einer besseren Ausbildung ginge es uns besser. Fakt ist aber, unser Schicksal ist kein Einzelschicksal. Als Ausgebeutete teilen wir das Schicksal der Mehrheit der Weltbevölkerung und auch der Mehrheit der in Deutschland lebenden Menschen. Dass wir nicht alleine stehen, müssen wir uns immer wieder klar machen. Wir können unsere Kämpfe zu einem Strom vereinigen und die Flüsse bilden am Ende ein Meer, dem nichts und niemand standhalten kann. Aber das ist nicht so einfach, wie das Wasser den Berg herunter fließen zu lassen. Um das zu erreichen, müssen wir uns aufraffen, müssen wir aufhören alleine einen Ausweg suchen oder still auf bessere Zeiten hoffen. Jeder Hauch von Protest kann ein Rinnsal sein, das wir zum Fluss führen müssen. Jeder Widerspruch und jeder Aufschrei gegen das Leben, das wir führen müssen, sind wie Tropfen, die wir vereinigen müssen.

Der Kampf für ein anderes Leben fängt in unserem eigenen Leben an.

Der 1. Mai als Kampftag der ArbeiterInnenklasse ist seit über hundert Jahren der Tag an dem unser Widerstand aus allen Betrieben, aus allen Vierteln, aus allen Ländern zusammenkommt und auf die Straßen getragen wird.

Seid dabei!

Köln | 30.4 | 17:00 | Wiener Platz

Berlin | 1.5. | 18:00 | Oranienplatz

Nürnberg | 1.5. | Infos: redside.tk

Stuttgart | 1.5. | Infos: revolutionaere-aktion.org

 

 

Solidarity with the criminalized Spanish Internationalist – To fight IS is not a crime!

The Kurds, Arabs, Assyrian, Christians and other people that live in North Syria/Western Kurdistan (Rojava) have taken fate into their own hands in the Syrian war and started to free them theirselves through a revolution. Four years since a democratic self-administration is being set up in the middle of the brutality of the Syrian proxy war.

The revolutionary cantons of Afrin, Kobani and Jazira have to face especially the attacks of IS. Even the world power’s governments as USA, Germany and France had to recognise that the revolutionaries of Rojava are the only ‘reliable’ armed force fighting IS in the region.

Rojva revolution proclaimed: We do not only fight for the Kurds, we fight for all peoples. We do not only fight for us, we fight for humaneness.

It called the people from all over the world to join the defense of the revolution in the ranks of YPG/YPJ (Peoples Protection Units and Women Protection Units). Hundreds answered this call. Among them two jung Spanish communists of the organization PML (RC)1 in 2015.

Although the Spanish state claims to also fight fascist fundamentalism it decided to take the two internationalists into custody when they returned in June 2015. Quickly they had been released – yet with prohibition to leave the country. It has become clear now that this only served to prepare a more severe blow against the organization and its convictions.

On January, 27th, 2016 several residences of Spanish communists, that are members of PML (RC), had been raided and examined as a part of the so called operation Valley. Multiple comrades were arrested and sent to prison. The organization’s general secretary Roberto Vaquero was kept in prison for two months on base of accusations (possession of explosives) that have been proven to be faked.

PML (RC) is accused to be a criminal organization, their members are charged for participating in an armed conflict without the permission of the Spanish state. The state persecutor furthermore presents PML (RC) as the Spanish branch of the Kurdish Worker’s Party (PKK).

PML (RC) and any activities in its name have been banned for one year. The fourteen affected accused are threatened by prison up to twenty years.

The honest democrats of Spain reacted indignantly to this trial and public media as much as the Spanish people show a lot of solidarity. It is also because of this pression that for the moment all members of PML (RC) are set free.

Yet the Spanish state already showed in June that they are not give up easily on their goal to criminalize the practical international solidarity and to prevent others from following their example.

The lawsuits will take about two years and the comrades have enormous costs to bear. Show your solidarity against their repression and donate. Show practical solidarity and call in your actions for immediate abatement of actions against the internationalists.

Donation account

IBAN: ES57 3035 0393 09 3930010253

detenidos27e.wordpress.com (Spanish)

1Marxist-Leninist Party (Communist Reconstruction), http://reconstruccioncomunista.blogspot.com/

Kommunismus #5 – März 2016

Download der Zeitung als .pdf HIER

Inhalt:

Vorwort:

Liebe FreundInnen und GenossInnen,

unsere fünfte Ausgabe der Zeitschrift Kommunismus ist in vielerlei Beziehung anders als die vorherigen. Diesmal sind die Artikel und Inhalte durch eine Frauenredaktion geleitet, die an viele Fragestellungen anders herantritt als die männlichen Genossen. Wir betrachten das Ganze als einen notwendigen Versuch, die Frauenbefreiung als untrennbaren Bestandteil der kommunistischen Bewegung, in unseren eigenen Reihen voranzubringen und sind gespannt auf eure Rückmeldungen.

Im ersten Artikel beschäftigen wir uns mit der gesellschaftlichen Lage der Arbeiterin 2016 in Deutschland. Darin wird die Klassenrealität wiedergegeben, ohne diese dabei mit tausend Zahlen und Statistiken hinter einer „pseudowissenschaftlichen Sachlichkeit“ zu verdecken. Dem schließt sich ein Interview mit einer Kommunistin in einem Großbetrieb an, die in beeindruckender Weise vermittelt, wie eine optimierte Akkordarbeit die ArbeiterInnen zerstört und darin aufzeigt, wie notwendig es ist diese Zustände zu ändern. Das ist nicht einfach, wie wir lesen können, aber es gibt Wege und Möglichkeiten und die nutzt sie in einer Weise die uns optimistisch stimmen, dass nichts so bleibt wie es ist.

Kämpfende Frauen verändern die Welt“ ist ein Aufruf an alle Frauen und GenossInnen die bürgerlich-patriarchalen Rollenbilder im kommunistischen Kampf kollektiv zu zerreißen. Die Schwierigkeiten der Umsetzung der Frauenbefreiung in den eigenen Reihen werden in einer Mischung aus theoretischer Analyse, biografischen Elementen und einem aus der Praxis stammendem Klassenbewusstsein erörtert. Anhand der Erfahrungen kollektiver Kinderbetreuung in den 70er und 80er Jahren werden Lösungsansätze aufgezeigt.

Das Thema sexualisierte Gewalt, Sexismus und Patriarchat bildet einen inhaltlichen Schwerpunkt dieser Ausgabe. Allein wegen der Dimension der sexualisierten Männergewalt gegen Frauen (und Kinder) ist dies aus unserer Sicht notwendig. Die massenhaften Übergriffe in Köln an Silvester, die im Rahmen der faschistischen Offensive zur rassistischen Mobilisierung funktionalisiert wurden, haben dem Thema aktuell noch mehr Relevanz verschafft. Der erste Artikel versucht angesichts der Verwirrung, die nach Köln in Teilen der fortschrittlichen Sektoren und Politischen Widerstandsbewegung auftrat, einige grundlegende Dinge gerade zu rücken: „Vergewaltigung ist ein Verbrechen, keine Frage der Herkunft“.

Die subjektiven Erfahrungen einiger unterdrückter Frauen spiegeln sich in den Interviewäußerungen wieder, die wir als Frauenstimmen veröffentlichen.

Die „Stellungnahme zur sexualisierten Gewalt insbesondere gegen Frauen in unserer Gesellschaft“ wird unser Diskussionsstand thesenhaft dargestellt. Dies gilt auch für den Beitrag der Männer des Kommunistischen Aufbaus. Er kann nur der Beginn einer notwendiger Debatte und eines langwierigen, rücksichtslosen Kampfes sein, um mit dem „Leben als kommunistischer Unterdrücker“ zu brechen.

Auch der Lesetipp – Clara Zetkins Erinnerungen an Gespräche mit Lenin – am Ende der Zeitschrift beschäftigt sich mit dem Thema Sexualität und den Irrungen und Fallstricken, die es mit sich bringt.

Zuvor gibt es noch einen Beitrag zur kommunistischen Theorie: Der Bericht über die 1. Kommunistische Frauenkonferenz der MLKP1, die mit der Bildung einer organisatorisch autonomen Frauenorganisation – der KKÖ (Kommunistische Frauenorganisation) – endete. Unserem ersten Eindruck nach beinhalten diese Dokumente nicht weniger als einen qualitativen Sprung in der revolutionären Organisationstheorie, der auch für unseren Kampf große praktische Bedeutung besitzt.

Wir streben für die ‚Kommunismus‘ eine vierteljährliche Erscheinungsweise an. Da wir derzeit über dem Plan liegen, um euch und uns nicht zu überfordern und wegen anderer wichtiger Aufgaben wird die Ausgabe Nummer 6 daher nach einer etwas längeren Pause im Herbst 2016 erscheinen.

1Marxistisch Leninistische Kommunistische Partei

Kommunistische Theorie: Die Frauenrevolution in ideologischer, politischer und organisatorischer Hinsicht entwickeln

Vorbemerkung Kommunismus

Wir veröffentlichen nachfolgend das Dokument „Stärken wir die KKÖ im Geiste der 1. Kommunistischen Frauenkonferenz“, welches uns von der MLKP (Marxistisch Leninistische Kommunistische Partei Türkei/Kurdistan) zur Verfügung gestellt wurde. In dem Bericht über die Konferenz wird die Entwicklung nachvollziehbar, die zur Schaffung einer organisatorisch autonomen Frauenorganisation innerhalb der Partei, der KKÖ (Kommunistische Frauenorganisation), geführt hat. Ebenso werden die Erfahrungen und weiterhin bestehenden Probleme bei der Entwicklung des Frauenkampfes aufgezeigt, welchen die Genossinnen und Genossen mit dem Konzept der Frauenrevolution entwickeln.

Beerdigung der Genossinnen Sirin und Yeliz
Beerdigung der Genossinnen Sirin und Yeliz

Die MLKP ist 1994/95 in der Türkei aus der Vereinigung mehrerer marxistisch-leninistischer Parteien entstanden und kann zusammen mit ihren Vorläuferorganisationen auf die Erfahrungen von über vier Jahrzehnten illegaler revolutionärer Arbeit unter faschistischen Bedingungen zurückgreifen. Ihr strategisches Ziel ist die demokratische Revolution, die in die Diktatur des Proletariats überführt werden soll. Entsprechend der Analyse, dass heute die Bedingungen für regionale Revolutionen heran gereift sind, ist die MLKP heute sowohl in der Türkei wie in Kurdistan aktiv. Ihr Aufruf zur Teilnahme und das Voranschreiten bei der Bildung „Internationaler Brigaden“ zur Verteidigung der Rojava-Revolution hat ihr in den letzten Jahren auch international eine gewisse Bekanntheit über den engen Kreis der ML-Weltbewegung hinaus gebracht.

Die Frauen sind die Hälfte der Menschheit! Die Frauenrevolution bildet ein strategisches Konzept, dass eine politische Linie schafft und so Lösungen eröffnet für die alte, aber allzu häufig in den Hintergrund gedrängte Erkenntnis, dass wir ohne die Zerstörung des Patriarchats als Unterdrückungsverhältnis niemals von einer befreiten Gesellschaft im kommunistischen Sinne werden sprechen können. Andersherum auch, dass ohne die Organisierung der proletarischen und werktätigen Frauen und die dafür notwendige Revolutionierung der Geschlechterverhältnisse eine reale Möglichkeit für die sozialistische Revolution in Deutschland und anderswo niemals entstehen wird.

Trotzdem bleibt es natürlich richtig, dass die Kampfbedingungen in der Türkei und Kurdistan offensichtlich andere sind als wir sie heute in Deutschland vorfinden. Was kann die „Frauenrevolution“ als Konzept für uns und unseren Kampf hier, jenseits der grundlegenden ideologischen Klarheit der Frauenbefreiung als untrennbaren Bestandteil des Kampfs für die Errichtung der Diktatur des Proletariats, also ganz konkret und praktisch bedeuten?

Wer sich die Mühe macht in das nachfolgende Dokument einzutauchen, wird doch erstaunt sein, wie viele Parallelen es trotz der ganz anderen Situation zu unserer Lage gibt und wie viel Anregungen für die Entwicklung der kommunistischen Frauenpolitik im imperialistischen Zentrum Deutschland daraus gezogen werden können. So ist z.B. die Überwindung der Abkapselung von den Massen und der damit einhergehenden negativen inneren Entwicklungen kommunistischer Organisationen sicherlich kein Problem, das uns unbekannt wäre. Die KKÖ ist nicht einfach nur eine neue kommunistische Frauenorganisation, was allein ausreichen würde, um uns zu begeistern. Gleichzeitig bildet ist KKÖ die reale Umsetzung des theoretischen Konzepts einer „organisatorischen Autonomie“, die sich auf befugte Leitungsorgane stützt und damit eine Gesamtheit aus Rechten, Befugnissen und Verantwortung entsteht, die die notwendigen Voraussetzungen schafft, damit die Genossinnen ihre angedachte Funktion als kommunistische Kader überhaupt erfüllen können. Dahinter verbirgt sich – unserem ersten Eindruck nach – nicht mehr und nicht weniger als ein qualitativer Sprung in der revolutionärer Organisationstheorie. Organisationstheorie klingt verstaubt und ist eine für viele GenossInnen schwierig zugängliche, abstrakte Thematik, die aber höchste praktische Relevanz besitzt. So wäre es z.B. nie zur Oktoberrevolution 1917 gekommen, wenn die Bolschewiki unter Lenins Führung nicht zuvor die organisationstheoretische Frage der „Partei neuen Typs“ gelöst hätten. Wie sich Kommunistinnen in der Partei organisieren sollen, ohne in die Sackgasse einer begrenzten Teilbereichspolitik zu geraten und ohne der feministischen Abweichung einer Spaltung der Klasse zu erliegen, ist für uns eine durchaus offene Frage.

Wir begrüßen die Schaffung der KKÖ und fordern alle GenossInnen auf, ihre Dokumente zu studieren, sowie das Konzept der Frauenrevolution umfassend zu diskutieren und es auf unsere Situation herunter zu brechen.

Stärken wir die KKÖ im Geiste der 1. Kommunistischen Frauenkonferenz!

Die 1. Kommunistische Frauenkonferenz (KFK) der MLKP ist ein wichtiger Wendepunkt in der Geschichte der kommunistischen Frauenbewegung, der Frauenrevolution, dafür, dass Frauen Führerinnen und Kommandantinnen werden und für die Bemühungen, den dementsprechenden eigenen, besonderen Weg der organisatorischen, politischen und theoretischen Entwicklung zu finden. Die Beschlüsse, Perspektiven und den Geist der Konferenz zu begreifen, sich zu eigen zu machen und umzusetzen ist die dringendste Aufgabe bei der Stärkung unserer Frauenbefreiungsfront.

Revolutionärer Realismus und der Vorstoßgeist der Konferenz

In der Deklaration der 1. Kommunistischen Frauenkonferenz werden die Bedingungen, unter denen die Konferenz organisiert wurde, folgendermaßen zusammengefasst: „Wie jede revolutionäre Aktion trat unsere Konferenz nicht unter Bedingungen zusammen, die sie sich ausgesucht hat, sondern unter den gegebenen Umständen. Die Probleme, die unsere Partei und unsere Frauenfront in der Zeit davor erlebt haben, sowie einige ungünstige Folgen haben sich auch in der Vorbereitungsphase der Konferenz widergespiegelt. Die schweren Folgen der Zeit eines fehlenden Zentrums, die unsere Partei durchlebt hat und die die Frauenbefreiungsfront doppelt getroffen haben sowie die Schwierigkeiten, die zu einer zersplitterten Entwicklung des Frauenverständnisses und Willens geführt haben, haben die Konferenz ebenfalls beschäftigt. Aber diese Situation hat die Konferenz nicht davon abgehalten, den Willen zu zeigen, ihre Aufgabe eines neuen Sprungs zu erfüllen! (…) Das ist die wichtigste Realität des Konferenzwillens.“

Der 4. Parteitag der MLKP hat die auch heute für die Konferenzbeschlüsse und die KKÖ richtungweisenden Ansichten in den Grundzügen dargelegt. Ausgehend davon hat er auf die Notwendigkeit einer Diskussion über ein neues Organisationsmodell hingewiesen und dieses beschlossen. Obwohl die Beschlüsse des 4. Parteitages grundsätzlich die Genossinnen in den verschiedenen Kampffronten geleitet, ihr Geschlechtsbewusstsein und ihr Niveau, sich mit dem Frauenbefreiungskampf auseinander zu setzen, erhöht haben, so blieben der Frauenverstand und Wille unter den Bedingungen der vergangenen Zeit dennoch zersplittert zwischen den verschiedenen Fronten. Dass diese Zersplitterung des Verständnisses, die teilweise bis zu Differenzen einer auf den eigenen Bereich beschränkten Sichtweise ausuferten, nicht durch die Durchführung einer internen Debatte im Vorfeld der Konferenz überwunden werden konnten, dass es vorher kein gegenseitiges aufeinander Einwirken gab, stellt ein Handicap der Konferenz dar. Andererseits konnte durch die aktive Teilnahme von Genossinnen aus allen Kampffronten an der Konferenz, das Zusammenbringen verschiedener Erfahrungen mit den Beschlüssen des 4. Parteitages in den verschiedenen Fronten und der auf der Grundlage sozialistischer Demokratie erfolgten Interaktion eine gedankliche Vertiefung erlangt werden, aus der sich ein gemeinsames Verständnis herauskristallisierte. Vielleicht war ein noch größerer Nachteil der Konferenz als das gerade erwähnte die Probleme, die sich in folgenden Formen entwickelten: das nach Innen gekehrt Sein, dass der Zeitraum davor bewirkt hatte, das sich angehäuftes Misstrauen der Genossinnen ineinander, in die Entwicklung, das Potential des Frauenfreiheitskampfes, in die Frauenmassen, das Brechen des Willens hier und da, das Zurückgehen der revolutionären Zusammenarbeit unter den Frauen und der Gefühle der Frauengenossenschaftlichkeit, Misstrauen in das Verständnis der Partei, das sich in sich selber Zurückziehen, keine Auseinandersetzungen bezüglich der Themen und Fragen des Frauenfreiheitskampfes in den Parteiorganen zu führen, was alles mehr und mehr dazu führte, dass die Hoffnung und der Wille, im Freiheitskampf der Frauen etwas zu erreichen, schwächer wurden.

Es gab verschiedene Möglichkeiten, den Weg fortzusetzen. Der erste Weg wäre zu sagen „das haben wir uns durch unsere mutigen Schritte eingehandelt“, die Schwächung des Willens und das Misstrauen noch weiter zu vertiefen und den Rückweg anzutreten! Die zweite Möglichkeit wäre gewesen, gar nicht auf die Existenz dieser Probleme einzugehen, das Ideale in Worten zu wiederholen und auf der Basis eines abstrakten Verstehens etwas zu sagen! Die dritte Möglichkeit bestand darin, die objektive Realität richtig zu definieren, ausgehend von dieser realen Situation zu handeln und sich darauf zu konzentrieren, diese Realität, diese Situation verändernd vorwärts zu gehen! Wie auch in den Dokumenten der Konferenz betont wird, wurde der dritte Weg gewählt. Mit der Herangehensweise eines revolutionären Realismus entschied die Konferenz, die gegebene Realität mit einem revolutionären Angriffsgeist zu sprengen und zu verändern.

Die Frauenrevolution mit den Frauenmassen vereinen

Frau Waffe

Das Hauptthema, auf das die Konferenz ihr Augenmerk richtete, war die Frauenrevolution und die Kommunistinnen – egal in was für einem Modell sie organisiert sind – organisatorisch und politisch mit ihrer eigenen gesellschaftlichen Stütze zu vereinen, also mit den Arbeiterinnen, den werktätigen Frauen aus Stadt und Land, den Hauswerktätigen, den jungen Frauen, den Alevitinnen und den Frauen anderer unterdrückter Glaubensrichtungen, den Frauenmassen des kurdischen Volkes und der anderen unterdrückten nationalen Gemeinschaften. Die Frauenrevolution zu einer materiellen Kraft werden zu lassen, ihr die Gestalt einer konkreten politischen Bewegung zu geben.

Ununterbrochene politische Arbeit, anders ausgedrückt eine systematische kontinuierliche politische Massenarbeit unter den Frauenmassen und Kontinuität der politischen Arbeit im Bezug auf Frauen an allen Fronten den ihnen eigenen Besonderheiten entsprechend ist der Motor sowohl der organisatorischen Arbeit als auch der ideologischen Arbeit und des ideologischen Kampfes.

Unsere Konferenz hat die kommunistischen Frauen und unsere Partei vor die Aufgabe gestellt, die ideologischen Erkenntnisse, die wir auf der Grundlage der Beschlüsse des 4. Parteitages erlangt haben und die politischen, organisatorischen Erfahrungen und Errungenschaften unserer Parteigeschichte an dieser Front auf dem Weg der Vereinigung der Frauenmassen mit der Idee der Frauenrevolution in einen politischen Vorstoß zu verwandeln.

Sie hat auf die Aufgaben hingewiesen, die Frauenrevolution als eine politische Bewegung aufzufassen und zu gestalten und die Gewinnung der Frauenmassen für den revolutionären Kampf ins Zentrum zu stellen.

Unsere Konferenz ruft zum Kampf gegen jede Form von verdecktem Misstrauen und Entfremdung von den Frauenmassen in unseren Reihen auf und betont in diesem Zusammenhang das Bedürfnis, Politik auf lokaler Ebene zu entwickeln und die Mittel für die Agitation, Propaganda und Organisierung der Frauenmassen zu bereichern.“ (aus den Dokumenten der 1. Kommunistischen Frauenkonferenz)

Die Kommunistische Frauenorganisation und organisatorische Leitlinien

Wenn die erste Frage, auf die die Konferenz sich konzentriert hat, die politische Kontinuität, die Aufgabe war, politisch und organisatorisch mit den Massen der Frauen zusammen zu kommen, so bestand die zweite Frage darin, in welcher organisatorischen Form diese Phase ohne Unterbrechungen angeleitet werden kann, also in der Problematik der organisatorischen Kontinuität.

Die organisatorische Logik der KKÖ besteht nicht einfach darin, den Bereich der „Frauenarbeit“ anzuleiten und sich darauf zu konzentrieren. Es handelt sich um ein organisatorisches Verständnis mit dem Ziel, in der Partei in organisatorischer, politischer und ideologischer Hinsicht das Frauenverständnis und die Frauenaktion anzuleiten, die Frauenaktion in der Gesamtheit dieser Kampfbereiche zu erhöhen. Zum einen die Bemühungen, die Frauenrevolution zu einer tatkräftigen politischen Bewegung zu machen, in deren Zentrum steht, die Frauenmasse für den Kampf zu gewinnen und zum anderen ihre organisatorische Struktur und Führung zu bilden. Die Ganzheit von Organisationspolitik, also dass es für politische Kontinuität organisatorischer Kontinuität bedarf und die Beziehung von organisatorischer Kontinuität mit unterbrochener politischer Aktion, hat sich in unserer Geschichte von Zeit zu Zeit dadurch gezeigt, dass wenn man mit einem der beiden Glieder oder sogar mit beiden gebrochen hat, es zum Rückgang der jeweiligen Front geführt hat. Das richtige Herangehen an die Schaffung der Einheit von Organisation und Politik ist der wichtigste Weg dafür, dass sich die sich an dieser Front ansammelnden ideologischen Erkenntnisse materialisieren. Die KKÖ ist eben das Ergebnis des Strebens danach, diese Einheit von Organisation und Politik zu schaffen.

Warum keine unabhängige Frauenorganisation sondern organisatorische Autonomie? Oder warum keine Unterorganisation wie angegliederte Frauenverbände oder Sektionen, sondern eine in organisatorischer und politischer Sicht autonome Organisationsform als die Hälfte der Partei?

Der Inhalt der politischen Aktion bildet die Grundlage für die Antwort auf die Frage „was für eine Organisation“. Da der Inhalt unserer politischen Aktion, unseres Frauenbefreiungsprogramms, nicht darin besteht, die Frauenmassen zur „Reserve“ für die gesellschaftliche Revolution zu machen, sondern da die Frauenrevolution eine gesellschaftliche Revolution zum Ziel hat, die die gesellschaftliche Geschlechtertrennung aufhebt, muss die Frage „was für eine Organisation“ so beantwortet werden, dass sie mit diesem Ziel übereinstimmt.

Die kommunistische Frauenbewegung ist in ihrer eigenen Geschichte im Wesentlichen nicht über zwei Organisationstypen hinausgegangen.

Auf der einen Seite stehen unabhängige Frauenvereine, Gewerkschaften und ähnliche Kampfmittel, die die Frauenmassen im politischen Kampf oder im Rahmen ihrer eigenen frauenspezifischen Teilforderungen und Themen organisieren. Obwohl solche unabhängigen Frauenorganisationen auch heute noch unverzichtbare Mittel dafür sind, die Frauenmassen im politischen und gesellschaftlichen Kampf für Veränderung zu mobilisieren, so sind dies doch keine Mittel, die den Marsch der Frauen ins Zentrum des Kampfes um die politische Macht, die Vorhut und Führung eines gesellschaftlichen Umsturzes in dem Ausmaß der Frauenrevolution tragen können.

Auf der anderen Seite gibt es Organisationsformen vom Typ wie Kommissionen und Sektionen, in der Form von „Unterorganisationen“, „Teilgebilden“ verschiedener Arten gesellschaftlicher Organisationen wie Parteien, Gewerkschaften u.ä. Diese Arten von Organisationen sind Teilorganisationen, sie entsprechen nicht dem Bedarf nach einer parteiartigen politischen Organisation, die dem Frauenbefreiungsprogramm entspricht, seine politische Führung übernehmen kann. Um den Kampf um ein weitergehenderes politisches Programm herum sprunghaft zu entwickeln war es nötig, eine weitergehende Organisationsform, eine politische Vorhut, ein Subjekt zu gründen, welches dem Programm einer gesellschaftlichen Revolution entspricht.

Andererseits ist die organisatorische Auffassung, die der Gestaltung der KKÖ zugrunde liegt, für unsere Partei keine neue Auffassung. Sie ist sowohl ein normales Ergebnis der Geschichte und Linie ihres Frauenbefreiungskampfes als auch in Grundzügen in den Beschlüssen des 4. Parteitages enthalten. In der Phase nach dem 4. Parteitag haben sich ausgehend von dem gleichen Verständnis einige organisatorische Erfahrungen in den einzelnen Frontorganisationen angesammelt. Worin bestehen also für die Parteifrauenorganisierung die Unterschiede in der organisatorischen Funktionsweise, welche konkreten Veränderungen gibt es und was sind die organisatorischen Hauptlinien der KKÖ?

Erstens ist die KKÖ nicht nur die Organisation der kommunistischen Frauen in dem Bereich der Massenarbeit unter den Frauen, sondern die Organisation aller Komunistinnen aus allen Bereichen, von den Kommunistinnen im Untergrund bis zu denen in der offenen Arbeit, von Europa bis Kurdistan, von der Presse bis zu der Front des politisch-militärischen Kampfes.

Zweitens stützt sie sich infolge davon auf ein Frauen- und Führungsverständnis, das alle Fronten anleitet.

Die Bemühungen, die sich in der Art der Organisierung als angegliederter Flügel ausdrücken, wo im Wesentlichen versucht wird, ausgehend von dem Teil der Frauenmassenfront das Ganze zu verändern, zu leiten, zu gestalten, stoßen an die natürlichen Grenzen ihrer organisatorischen Form. Der Widerspruch zwischen Inhalt und Form, zwischen politisch/ideologischem Inhalt und organisatorischer Gestalt wird so zu einer objektiven Grenze der Bemühungen der Kommunistinnen. Die Frauenführung, die alle Fronten anleitet und als Teil der Partei von ihr angeleitet wird, leitet in einer zweiseitigen Beziehung gleichzeitig innerhalb des Ganzen diese an und ist eine Lösungsform, die der angestrebten Veränderung des gesellschaftlichen Geschlechterproblems entspricht. In diesem Sinne hat die Frauenführung im Unterschied zu den vergangenen Erfahrungen, als sie im Wesentlichen darauf beschränkt war, die Massenfront der Frauen organisatorisch anzuleiten und für das Ganze politische Vorschläge auszuarbeiten, jetzt die Stellung einer politischen und organisatorischen Führung des Frauenfreiheitskampfes sowie eines funktionellen und vervollständigenden Elementes der Verwirklichung der Führung in der aktuellen Organisationsform der Partei und gleichzeitig die Stellung eines verändernden ideologischen Zentrums für die gesamte Partei inne.

Drittens ist die Qualität der Organisationen zu nennen, auf die das neue Organisationsmodell sich stützt. Der 4. Parteitag hatte von der zentralen Frauenorganisation angefangen die Beschränkung der Frauenorganisationen auf Kommissionen aufgehoben, aber die Organisationen haben weder den Geist einer Kommission überwunden, noch die damit verbundene Arbeitsweise, noch hat die Partei den Weg dafür freigemacht, dass diese Organisationen eine weitergehende Rolle als Kommissionen spielen konnten. Die Organisierung unserer Frauenfront blieb auf einer halb-autonomen Ebene stehen und war nicht mit den für die Durchsetzungskraft ihrer Beschlüsse nötigen Mechanismen und Rechten ausgestattet. Unser neues Organisationsmodell stützt sich im Kern auf befugte Organe, so wie der 4. Parteitag es vorher gesehen hatte. Zusammen mit den anderen Elementen des Modells und insbesondere zusammen mit der organisatorischen Autonomie ist jedoch wirklich eine Gesamtheit aus Rechten, Befugnissen und Verantwortungen entstanden und es wurde ermöglicht, dass die beabsichtigten Qualitäten auch in Funktion treten können.

Viertens wollen wir auf die Form der organisatorischen Hierarchie eingehen. Das vorherige Organisationssystem hat es lediglich in dem Ausmaß wie sie Organe gründen konnte, die direkt für die Frauenarbeit verantwortlich waren, ermöglicht, eine organisatorische Beziehung zwischen der Frauenleitung und den Frauenkräften in einem bestimmten Bereich herzustellen. Da die Befugnisse und Verantwortung sowie Dinge wie Planung, Anleitung und Kontrolle unter verschiedenen Organen verteilt waren, konnte der Frauenfreiheitskampf nicht allumfassend angeleitet werden. Das neue Organisationsmodell hingegen bindet alle Frauenkräfte in verschiedenen Formen an die Frauenführung und öffnet die gesamte Parteiarbeit direkt der Kontrolle durch das Frauenverständnis. Dadurch ist gleichzeitig das direkte Eingreifen der Frauenorganisation und der Frauenführung in die Prozesse der Herausbildung der nötigen Frauenqualität und –quantität für die Gründung der erforderlichen Organe an allen Fronten möglich geworden.

Fünftens ist die organisatorische Autonomie das, was diesem ganzen Mechanismus die Eigenschaft einer wirklichen Organisation verleiht, was den Organen, den organisatorischen Strukturen eine reale materielle Existenz, eine wirkliche Funktionalität verschafft.

Das neue Organisationsmodell hat – sofort mit der Bekanntmachung und unausweichlich – Zweifel und Fragen zu der „doppelten Last“ aufgeworfen. Warum konzentrieren sich nicht eine bestimmte Anzahl von Genossinnen nur auf die Fragen dieser Front und die anderen ausschließlich auf die Probleme anderer Fronten? Warum sind zusätzlich zu den Genossinnen, die an dieser Front arbeiten, die Genossinnen an allen Fronten mit einer weiteren organisatorischen Verantwortung und Verpflichtung konfrontiert? Werden mit diesem Modell die Genossinnen, die in verschiedenen Organisationen Aufgaben inne haben, zusätzlich zu ihren existierenden mit weiteren Verantwortungen ausgestattet? Ist zu Dutzenden von Aufgaben noch eine weitere dazu gekommen? Ja, aber das Problem ist, das ist objektiv so. Ein anderes Geschlechtsbewusstsein und einen anderen Geschlechterkampf kann es nicht geben. Das ist auch für die Frauen nicht anders, die eine komplett getrennte Organisierung gewählt haben, auch mit einer Praxis, die bei den anderen gesellschaftlichen Kämpfen außen vor bleibt, auch bei den Frauen, die sich dazu entschieden haben, sich komplett als Unterorganisation zu organisieren und in diesem Bereich eine Teilarbeit ausführen. Ja, in allen Bereichen vertreten zu sein und zu Wort zu kommen, bedeutet objektiv zusätzliche Aufgaben, zusätzliche Verantwortungen, „doppelte Arbeit, Doppelschicht“.

Dies ist jedoch kein Problem, das durch das neue Modell geschaffen wurde, es ist dadurch lediglich sichtbarer geworden. Wenn es gestern nicht so aussah oder nicht so deutlich war, weil das neue Modell die Aufgaben, die auch gestern galten, heute sichtbarer macht, sollte es für die Kommunistinnen heute noch weniger legitim sein, sich der Verantwortung zu entziehen. Das neue Modell hat diese Nachteile nicht geschaffen, im Gegenteil, es bietet uns eine reale, konkrete Grundlage, um diese zu überwinden. Eine organisatorische Kette der Frauenfront mit einer Führung, die tatsächlich über die Bedingungen verfügt, diese anzuleiten, mit der dafür nötigen Voraussetzung der organisatorischen Autonomie. Wie sehr daraus Nutzen gezogen werden wird hängt allerdings unausweichlich von dem Frauenwillen ab. Es stimmt, dass das real gestern auch nicht anders war. Auf den Punkt gebracht erfordern doppelte Aufgaben doppelte Rechte. Von den Kommunistinnen wird erwartet, an allen Fronten den Frauenfreiheitskampf zu erhöhen, eine besondere Rolle in der Ausbildung von Kaderinnen zu spielen, die Fragen der Frauenbefreiung auf die Tagesordnung zu bringen und Lösungen zu produzieren bezüglich der Kader. Wenn sie trotz „zusätzlicher Aufgaben“ keine „zusätzlichen Befugnisse“ haben, sie also anders gesagt entsprechend der Aufgaben, für deren Erfüllung sie verantwortlich sind, kein Mitspracherecht über die Kader haben, die diese ausführen sollen oder dieses Mitspracherecht nicht an konkrete organisatorische Mechanismen gebunden ist, sondern von Vorsätzen, dem Begreifen, der Fähigkeit von diesem oder jenem Organ oder Kader „Prioritäten zu erkennen“ abhängt und nur begrenzt umgesetzt wird, dann würde das die Voraussetzungen zur Erfüllung ihrer Aufgaben von Anfang an einschränken. Organisatorische Autonomie beruht im Unterschied dazu auf der Auffassung, dass die Sichtweise, der Verstand und die Prioritäten der Frau als Grundlage für die Ausbildung, Anleitung von Kommunistinnen, und der Lösung ihrer Probleme genommen wird. In gewisser Hinsicht beruht sie auf der Einsicht in die potentielle Überlegenheit der Frauen in der Auseinandersetzung mit Frauenfragen. Die organisatorische Autonomie ist eine Antwort auf die Notwendigkeit eigene Beschlüsse zu fassen, die Verantwortung für diese Beschlüsse zu tragen, zu lernen, auch indem man Irrtümer begeht, gestützt auf die eigenen Erfahrungen, die eigene Kraft vorwärts zu gehen und die Basis der revolutionären Zusammenarbeit unter den Frauen auf diesem Wege zu stärken. Eine solche Organisierung der Frauen erfordert eine hohe Kaderqualität und gleichzeitig bringt sie diese hervor.

Ausgehend von diesen grundlegenden Anschauungen hat unsere Konferenz ein Modell gebildet. Dieses Modell ist gleichzeitig in jeglicher Hinsicht ein Übergangszustand. Es ist ein Übergangszustand in Bezug auf den Einklang mit der Gesamtfunktionsweise und dem Statut der Partei. Das Modell, das heute mit den vorliegenden Erfahrungen in seinen Grundzügen entworfen wurde, wird in der Anwendung noch reale, konkretere Formen finden und ist auch in dieser Hinsicht ein Übergangszustand. Die Bemühungen, dieses Modell mit starkem Willen umzusetzen, werden die Grundlage dafür schaffen, dass es noch weitergehende Qualitäten erlangt.

Die 1. Kommunistische Frauenkonferenz und Aufklärung der Frau

Die 1. KFK hat zusammen mit der intensiven Auseinandersetzung mit den zentralen organisatorischen und politischen Fragen, die die Strategie der Frauenrevolution im 21. Jahrhundert umfassen, auch einige theoretische Fragen aufgeworfen. Die Konferenz skizziert dabei ihre Haltung wie folgt: Wir gehen an die theoretischen Fragen heran nicht mit den traditionellen Grenzen, sondern mit der Einstellung, die Frauenrevolution zu entwickeln, in der Praxis mehr Klarheit zu schaffen, mit Selbstverständlichkeit, Selbstvertrauen und Mut an all die Themen und Fragen, die der Strom des Frauenfreiheitskampfes in der Türkei, Kurdistan und weltweit in individueller, spontaner oder in verschiedenen politischen Strömungen organisierter Form hervorgebracht hat, heranzugehen und zu deren bedeutenden Teil die kommunistische Bewegung bis heute nur begrenzt Stellung bezogen hat.“

Die Konferenz hat sich auch einige Themen vorgenommen, die in Zeit davor auf der Tagesordnung der Kommunistinnen waren, bei denen es aber nicht gelungen ist, ein gemeines Verständnis zu erreichen und eine Methode zu finden, durch die der Verstand aller kommunistischen Frauen mobilisiert, ihre Energie in Bewegung gesetzt und so der kollektive Frauenwille gestärkt wird.

Die Konferenzbeschlüsse „mit Leben erfüllen“

Grab Ulrike Meinhofs
Grab Ulrike Meinhofs

Es ist auffällig, dass jeder Schritt, der unternommen wird, um die organisatorische Funktionsweise und das Verständnis der Frauenfront vorwärts zu bringen (von inhaltlichen Auseinandersetzungen, Differenzen oder patriarchalen Herangehensweisen und Widerständen einmal abgesehen) von skeptischen Diskussionen darüber begleitet wird, ob das in der Praxis umsetzbar ist, ob das durchführbar ist und Hand in Hand mit einem rückschrittlichen Realismus geht.

Es ist gut, dass das Verständnis der positiven Diskriminierung und Dinge wie Quoten nicht mehr von Absichten und dem Verständnis abhängig sind, sondern durch einen konkreten Mechanismus gestärkt wurden … „aber unter der Voraussetzung, dass es mit Leben erfüllt wird“! Es ist gut, bei der Beauftragung von Genossinnen mutig zu sein … „aber unter der Voraussetzung, dass es mit Leben erfüllt wird“! Autonome Organisierung der Frauen ist gut … „aber unter der Voraussetzung, dass sie mit Leben erfüllt wird“! Kein Parteitag, keine Konferenz, kein ZK, Stadtkomitee und keine Leitung einer Front beschließt etwas unter dem Vorbehalt, dass es „mit Leben erfüllt wird„. Im Gegenteil, einen Beschluss zu fassen bedeutet nichts anderes, als den Anspruch, „ihn mit Leben zu füllen“. Jeder Beschluss ist eine Absichtserklärung. Bei jedem Beschluss gibt es die Problematik, dass er verinnerlicht, verständlich gemacht und praktisch umgesetzt wird. Warum sollte man etwas beschließen, was schon gemacht, fertig, „mit Leben erfüllt ist“! Wenn die Konferenz einen Beschluss fasst, so ist das etwas, was noch nicht mit Leben erfüllt, erledigt ist, sondern eine Aufgabe, die es umzusetzen gilt. Aber wer soll das mit Leben füllen?

Hängen die Zweifel des “mit Leben Füllens” sowohl der Genossinnen als auch unserer Parteiorganisationen nicht mit einer Haltung zusammen, sich keine Aufgaben zuzuschreiben, zurückhaltend zu sein, sich vor der Verantwortung zu drücken, wenn es darum geht, sich daran zu machen, die grundlegenden Probleme der Frauenfront zu begreifen, sie zu lösen, Aufgaben zu übernehmen und konkrete Ziele festsetzend Entschlossenheit zu zeigen anstatt das den Frauen, oder noch schlimmer den Frauenmassenorganisationen zu überlassen?

Bedeutet das nicht, den Beschlüssen und Perspektiven der Konferenz wie ein Schüler zu begegnen, der zur mündlichen Prüfung aufgerufen erst mal „Wer, ich?“ fragt und sich trotzdem erst noch einmal umdreht und sich nicht angesprochen fühlt, um Zeit zu gewinnen?

Alle Genossen sind dazu verpflichtet, die Zweifelsäußerungen, das Ausmachen der Risiken, reine Bestandsaufnahmen zu machen, die Tendenzen daneben zu stehen und zuzugucken bezüglich des „Untermauerns“ der Konferenzbeschlüsse und des neuen Organisationsmodells sein zu lassen und sich in die Arbeit zu stürzen, sie mit Leben zu füllen, und zwar sofort! Sonst werden die Zweifel und das Gerede darüber das Modell zu „untermauern“ nur dazu führen, es zu „unterhöhlen“.

Auf die Probe werden wir bei der Haltung zu den praktischen Aufgaben gestellt. Da die Konferenz und die KKÖ kein Selbstzweck sind, ist das Hauptthema, in dem ihre Linie des Frauenbefreiungskampfes und die unserer Partei auf die Probe gestellt wird, das Niveau der Mobilisierung der Frauenmassen für den Freiheitskampf, das Niveau der politischen und organisatorischen Vereinigung mit den Massen.

Die 1. Kommunistische Frauenkonferenz hat sich weniger darauf konzentriert, Ansichten zu verändern sondern viel mehr auf die Frage, die Situation zu verändern. Eingeschlossen die KKÖ ist kein Beschluss und keine Perspektive der Konferenz eine in Blei gegossene Lösung. Das neue Organisationsmodell ist lediglich darauf fokussiert, unser organisatorisches Niveau mit dem in der Frauenrevolution erreichten gedanklichen Niveau gleichzusetzen. Wie auch in den Unterlagen der Konferenz betont wird: „Es zu erreichen, dass die Konferenzbeschlüsse und ganz besonders die KKÖ ein realer, lebendiger, funktionierender Mechanismus wird, ist nur durch Willen, der stärker ist als früher, durch ein weiter entwickeltes kollektives Frauenbewusstsein und stärkeren Bemühungen einer kollektiven Subjektwerdung möglich.“ (aus den Dokumenten der 1. Kommunistischen Frauenkonferenz)

Stellungnahme zur sexualisierten Gewalt insbesondere gegen Frauen in unserer Gesellschaft

Sexismus ist die Diskriminierung von Menschen aufgrund ihres Geschlechts.

Sexismus dient in der bürgerlichen Gesellschaft zur Benachteiligung, Verfolgung, Unterdrückung von Menschen aufgrund des Geschlechtes oder biologischer Merkmale.

Sexismus und sexuelle Gewalt sind unabhängig von Nationalität und Religion.

Was ist sexualisierte Gewalt?

Täter wollen ihre Opfer machtlos sehen und erleben, sie verachten ihr Opfer, sie zerstören die Persönlichkeit, sie demütigen, sie üben Macht aus, ihnen bringt die Ausübung von sexualisierter Grausamkeit gegen Menschen einen Kick.

Sexualisierte Gewalt umfasst alle Formen sexueller Handlungen, die gegen den Willen der Opfer durch körperliche Gewalt erzwungen werden.

Sexuelle Gewalt ist ein direkter Angriffe gegen das Geschlecht.

Vergewaltigung ist die extremste Form von sexueller Gewalt.

Vergewaltigung ist ein Verbrechen gegen die Menschheit.

Die Situation in der Vergewaltigung stattfindet wird als lebensbedrohlich empfunden, deswegen entwickelt sich bei den Opfern eine Todesangst.

Sexualisierte Gewalt hat niemals was mit Sex zu tun.

In der Mehrheit sind es Männer, die Frauen und Mädchen sexualisierte Gewalt an tun.

Alle Frauen und Mädchen können betroffen sein, es gibt kein Halt vor Alter oder Aussehen.

Es gibt kein Verhalten, dass eine Vergewaltigung ausschließen kann.

Gesellschaftliches Denken und Mythen über Vergewaltigung

Vorurteile, Gerüchte, Mythen, Vorverurteilung und Fehleinschätzung nähren sich von einem frauenfeindlichen, sexistischen gesellschaftlichen Bild über die Frau in der bürgerlichen Gesellschaft. Frauen werden mit Schuldzuweisungen und Vorwürfen konfrontiert, ihre Glaubwürdigkeit wird in Frage gestellt.

Die Denkweise, wonach sexuelle Gewalt oder Missbrauch und Vergewaltigung etwas mit Sexualität zu tun habe, wird in patriarchalen Gesellschaften noch breit gepflegt, bei Männern und bei Frauen. Dieses Denken stützt ein Recht der Männer auf „sexuelle Privilegien“.

In unserer Gesellschaft wird die Rolle, das Denken und die Stellung über die Frau immer noch durch männliche Machtstrukturen bestimmt, dem Patriarchat. Das heißt Männer sind Frauen gegenüber überlegen und Frauen sind den Männern unterlegen.

Patriarchat steht für Männerherrschaft, für die Vormachtstellung in allen gesellschaftlichen Strukturen wie Wirtschaft, Politik, Medien, Polizei, Juristen, Medizin, Kirche usw.

Mythen dienen dazu diese Machtstrukturen aufrecht zu erhalten. Um ihre Überlegenheit aufrecht zu erhalten, haben Männer Mythen über den weiblichen Charakter und deren Psyche erfunden.

Beispiele für Mythen:

Jede Frau hat einen geheimen Wunsch vergewaltigt zu werden. Eine Frau, die vergewaltigt wird, genießt es. Frauen sind aufreizend gekleidet oder verhalten sich aufreizend, sie provozieren eine Vergewaltigung. Frauen sind mitschuldig oder willigen ein, weil sie sich nicht wehren oder verteidigen. Vergewaltigung kann auch lustvoll sein. Vergewaltigung sieht man einer Frau an. Frauen lügen, sie wollen Täter schädigen oder sich rächen, wenn sie z.B. Anzeige erstatten. Vergewaltigung findet durch Fremde statt. Vergewaltiger sind psychisch krank. Triebtäter sind einer sexuellen Begierde verfallen oder hilfloses Opfer ihres Sexualtriebes. Vergewaltigung ist Ausdruck von männlicher Persönlichkeit.

Wo findet sexualisierte Gewalt statt ?

Sexualisierte Gewalt findet überall in der Gesellschaft statt. In der Ehe, in der Familie, in der Kita, in der Schule, in der Uni, auf der Arbeit, im Sport, in Vereinen, in politischen Gruppen und Parteien, im Parlament, in der Medizin, auf der Straße, in der Kirche, bei Festnahmen und im Gefängnis, im Verborgenen und in der Öffentlichkeit.

Zeigt ein Opfer eine Vergewaltigung an führt der Zwang des Verhörs, nämlich eindeutige, sichtbare Beweise einer Vergewaltigung zu erbringen und die Tat im Detail darzustellen oft zu Situationen, als ob die Vergewaltigung wiederholt wird. Mythen tragen dazu bei, dass Vernehmungen die durch Männer geführt werden, die Opfer in Situationen drängen, wo sie sich und ihr Verhalten verteidigen müssen. Sie geraten in Situationen in denen die Schuldfrage, die Frage von Täter und Opfer verdreht werden können. In diesem Sinne kann ein Raum, in dem Vernehmungen stattfinden und Gerichte Urteile sprechen, zum Tatort werden.

Grundsätze die wir einnehmen

Sexualisierte Gewalt und insbesondere Vergewaltigungen sind keine „einfachen Delikte, die halt überall mal vorkommen“, sondern ein schweres Verbrechen, die Täter sind Verbrecher.

Die Form der sexuellen Gewalt ist ein Angriff, der auf die Zerstörung und Erniedrigung der gesamten Persönlichkeit zielt.

Es gibt kein typisches Opferverhalten, jedes Verhalten ist ein Schutzmechanismus.

Angst vor Stigmatisierung, wiederholter Demütigung, in Frage stellen der Glaubwürdigkeit und Schuldzuweisungen von Freunden, Verwandten, Polizei, Ärzte oder Pfaffen fördern, dass die Opfer sich selber in Frage stellen und eher die Tat verschweigen.

Sexualisierte Gewalt ist unabhängig von Nationalität und Religion.

Sexuelle Gewalt und Vergewaltigung findet in der Mehrheit im sozialen Umfeld der Betroffenen statt. Täter sind: Freunde, Ehemänner, Partner, Väter, Brüder, Arbeitskollegen, Lehrer, Nachbarn usw. darum werden Schutzräume zu Tatorten.

Das oben ausgeführte Denken und die Pflege von frauenfeindlichen, sexistischen Mythen innerhalb unserer Gesellschaft wird durch staatliche Institutionen, Politik, Medien und der katholischen sowie der evangelischen Kirche aufrecht erhalten, solange es gilt, dass die patriarchalen Strukturen notwendig sind, um den Kapitalismus zu schützen.

Das zu durchbrechen heißt:

Das gesellschaftliche Denken über die Rolle der Frau in der Gesellschaft radikal zu ändern.

Den Kapitalismus ab zu schaffen, um über einen Staat, in der die Menschheit den höchsten Wert hat und nicht das Kapital, die völlige Gleichstellung der Frau mit dem Mann in allen gesellschaftlichen und sozialen Belangen zu erreichen. Ein solcher Staat kann nur die Diktatur des Proletariats, der sozialistische Staat sein, wo in einem langen Prozess der Um- und Selbsterziehung die Voraussetzungen für das völlige Verschwinden des Geschlechterwiderspruchs als Unterdrückungsverhältnis geschaffen werden müssen. Mit dem Übergang zum Kommunismus werden dann jede Ausbeutung und Unterdrückung des Menschen durch den Menschen und damit die Klassen- wie Geschlechterunterdückung vollständig verschwinden.

Was ist positive Sexualität?

Alle die beteiligt sind, wollen miteinander Sexualität leben. Es ist eine Stimmung gegeben in der alle Beteiligten jeden Moment aussteigen können, wenn sie nicht mehr wollen oder genug haben. Es gibt weder verbalen bzw. psychischen noch körperlichen Druck oder Zwang. Es wird nichts praktiziert, was gegen den Willen des/der anderen gerichtet ist. Es gibt keine negativen Beurteilungen, Wertungen, Frust, Gemeinheiten zur eigentlichen Handlung oder Ablehnung von Handlungen. Ein Nein ist ein Nein und wird niemals in Frage gestellt und muss nicht erklärt werden. Akzeptanz, Respekt, gute Gefühle bei allen Beteiligten sind leitend.

Eine solche positive Sexualität ist auch unter den heute gegebenen Bedingungen kapitalistischer Produktionsverhältnisse und patriarchaler Machtstrukturen möglich. Ihre Verwirklichung hängt ausschließlich von unserem Willen und unserer Handlungen ab, die wir durch eine kritische Reflektion unseres Denkens und Fühlens beeinflussen können.

Sie ist nicht zu verwechseln mit einer Befreiung der Sexualität, die genauso wenig wie ein befreites Leben in einer unfreien Gesellschaft möglich ist und daher zukünftigen Generationen vorbehalten bleiben wird.

Sexualisierte Gewalt ist ein Verbrechen, keine Frage der Herkunft!

Seit Silvester sind die sexualisierten Übergriffe auf Frauen rund um den Kölner Hauptbahnhof in aller Munde. Egal wo auf der Welt, egal ob in der Schule, in der Uni, im Betrieb oder am Küchentisch, überall sind wir mit den Positionen verschiedener Menschen konfrontiert. Alle melden sich zu Wort. Die Faschisten nutzen diese Übergriffe, um massive rassistische Hetze zu verbreiten und eine Jagd auf Migranten zu entfachen. Die bürgerlichen Politiker und Medien stellen den deutschen Staat als „Retter der Frauen“ dar und verbreiten gleichzeitig ebenfalls Hetze gegen Flüchtlinge und insbesondere gegen alle muslimischen Menschen. In der fortschrittlichen politischen Widerstandsbewegung taucht zum Teil die Frage auf, ob wir uns nun mit den Flüchtlingen oder den Frauen solidarisieren sollen? Wir sagen: „Kampf dem Sexismus“ und „Kampf dem Rassismus“!

Warum das plötzliche Interesse für die Gewalt, die seit Jahren besteht und immer verschwiegen wird?

Mit der Silvesternacht ist ein Thema in die öffentliche Diskussion gelangt, was vorher aus gutem Grund verschwiegen wurde. Silvester ist die Chance für die deutschen „Saubermänner“ gewesen die Gewalt, die sie selbst hinter verschlossenen Wohnungstüren ausüben, zu einer Sache anderer Nationen umzudeuten.

Fast alles, was wir nach Silvester erleben, hat nichts mit ehrlicher Sorge um die Situation der unterdrückten Frau zu tun, sondern ist viel mehr eine Kampagne, um die politischen Ziele der Herrschenden durchzusetzen. Wir kommen später darauf zurück, aber wir wollen unseren Artikel mit dem anfangen, was sonst immer zu kurz kommt: Einigen Gedanken zu sexualisierter Gewalt und zur Situation der Frau heute.

Was geschieht hinter den verschlossenen Türen in Deutschland?

Bild1Wenn wir die Augen aufmachen und beobachten, was um uns herum in dieser Welt passiert, sehen wir, dass sexuelle Übergriffe und Gewalt gegen Frauen keine Einzelfälle und nichts Neues sind.

Schaut doch mal in die Feiermeile eurer Stadt. Ist es dort abends möglich, dass Frauen ungestört durch die Gegend laufen? Ohne das ihnen hinterher gepfiffen wird, sie angegrapscht oder ihnen dumme Kommentare hinterher gerufen werden? Man muss diese Frage wohl leider mit „Nein“ beantworten.

Stattdessen muss mindestens jede dritte Frau, die man fragt, ob sie schon mal eine Vergewaltigung oder sexuellen Missbrauch erlebt hat, diese Frage mit „Ja“ beantworten! Diese Verbrechen gehen in 93% der Fälle von Tätern aus dem näheren sozialen Umfeld aus.

Zu allem Überfluss wird Frauen, die sich gegen so etwas zur Wehr setzen, auch noch gesagt „Wenn du das nicht willst, lauf nicht in so einem kurzen Rock rum“. Kölns Bürgermeisterin Frau Reker macht es durch ihren „mütterlichen Rat“, Frauen sollen doch besser „eine Armlänge Abstand“ zu Fremden halten auch nicht besser. Schlimm genug, dass solche Belästigungen Alltag sind, aber noch schlimmer ist, dass Frauen dafür auch heute noch, durch genau solche Aussagen und Mythen, die nicht aus den Köpfen zu kriegen sind, selbst die Schuld gegeben wird! Während bei jedem anderen Verbrechen die Verantwortung beim Täter gesehen wird, wird das bei sexualisierter Gewalt nur zu oft umgedreht.

Welche zerstörerische Wirkung das hat, zeigt sich zum Beispiel daran, dass ein Großteil der Vergewaltigungen und sexuellen Übergriffe niemals angezeigt wird. Die Kampagne #ichhabnichtangezeigt hat Frauen anonym die Möglichkeit gegeben, Vergewaltigungen öffentlich zu machen und zu erklären, warum sie die Vergewaltigung niemals angezeigt haben. 345 von 1105 befragten Frauen gaben als Grund an, dass sie sich selbst schuldig fühlen!1

Uns ist es wichtig auch hier noch einmal klar heraus zu stellen: Nicht die Opfer tragen die Verantwortung dafür, wenn sie vergewaltigt, angegrapscht oder belästigt werden! Auch wenn Menschen sich küssen, heißt das nicht automatisch, dass sie danach miteinander die Nacht verbringen. Egal was zwischen zwei Menschen läuft oder was nicht, es gibt IMMER das Recht „Stopp“ und „Nein“ zu sagen.

Sexualisierte Gewalt ist ein Verbrechen, das überall auf der Welt verübt wird und Alltag ist. Wir verurteilen dieses Verbrechen, egal von wem es wo, wie und gegen wen verübt wird. Andersherum erteilen wir den momentanen Diskussionen, die sexualisierte Gewalt auf die eine oder andere Weise zu einer Frage der Herkunft oder Religion machen, eine Absage.

Was sind denn die wirklichen Ursachen für diese alltägliche Gewalt? Noch heute ist es in den meisten Beziehungen so, dass vor allem die Frau sich um die Kindererziehung kümmern muss, den Haushalt machen muss und nebenbei arbeiten geht. Der Mann dagegen geht Vollzeitarbeiten und ist angeblich dafür verantwortlich, das Geld nach Hause zu bringen. Das klingt vielleicht für viele im ersten Moment gar nicht so schlimm, aber was ist denn, wenn die Frau eigenständig sein möchte, wenn sie sich zum Beispiel von ihrem Mann trennen möchte? Viele Frauen stehen vor dem Problem, ohne das Geld des Mannes die Miete, das Essen und den Unterhalt für die Kinder nicht bezahlen zu können.

Das Problem wird nicht dadurch besser, dass Frauen zum Beispiel in Deutschland auch heute noch im Durchschnitt 23 % weniger verdienen als Männer2.

Wenn wir uns die Situation der Frauen anschauen, sehen wir, dass sie überall unterdrückt, klein gehalten und abhängig gemacht werden. Wenn dieses „Frauenbild“ besteht, ist es eine logische Folge, dass daraus Gewalt gegen Frauen und sexuelle Belästigungen hervorgehen. Das Problem ist also in unserer ganzen Gesellschaft zu suchen, nicht in Kulturen oder Religionen.

Wir leben heute in Deutschland im Kapitalismus und noch immer in einem patriarchalen System. Das bedeutet, die Arbeiterinnen und Arbeiter werden ausgebeutet, sie schaffen den Reichtum dieser Gesellschaft, aber die Kapitalisten stecken sich das allermeiste in die eigene Tasche. Die Arbeiterinnen leben zusätzlich in einer besonderen Unterdrückung, ihnen wird die Rolle der Versorgerin und Haushälterin zugeschrieben, das heißt die Frauen werden zu den „Dienerinnen“ ihrer Männer gemacht. 3

[highlight]

Verhaltenstipps für Männer

1. Hör auf Frauen anzugrapschen oder zu vergewaltigen!

2. Höre darauf, wenn Frauen „Nein“ sagen!

3. Hör auf Frauen nur auf ihr Aussehen zu reduzieren!

4. Gib Frauen niemals die Schuld daran, wenn sie belästigt oder vergewaltigt werden!

5. Lass deine Hände bei dir!

6. Greif ein, wenn du siehst das jemand sich nicht wohl fühlt!

7. Mach die Augen auf und achte auf deine Umgebung!

8. Frag lieber einmal mehr nach, als einmal zu wenig!

[/highlight]

Aus diesen Gründen sprechen wir von einer doppelten Unterdrückung der arbeitenden Frau. Die Gewalt gegen Frauen sehen wir als ein Mittel, um genau diese Unterdrückung aufrecht zu erhalten.

Alle Männer üben auf die ein oder andere Art Gewalt gegen Frauen aus. Wobei wir unter dem Begriff nicht nur die „klassische Vergewaltigung“ verstehen. Auch ewige Anmachsprüche, hinterherpfeifen, Frauen auf ihr Aussehen reduzieren und sie als Sexobjekte wahrnehmen sind Formen, in denen Männer Gewalt gegen Frauen ausüben. Niemand kann sich davon frei sprechen. Was aber jeder tun kann, ist sein eigenes Verhalten hinterfragen und verändern. Aber egal wie viel Mühe Mann sich gibt, im Kapitalismus wird er dieses Verhalten nicht vollständig ablegen können.

Das Problem sind nicht die Migranten, sondern ist die Unterdrückung der Frau

… so muss unsere erste Schlussfolgerung lauten, wenn wir uns diese einfachen Tatsachen anschauen. Die Reaktionen der Politik und Medien sind aber vollkommen anders.

Seit Monaten wird die Situation für Flüchtlinge in Deutschland immer schlimmer. Nicht nur, dass sie mit hunderten Menschen, unter unmenschlichen Bedingungen, auf viel zu wenig Raum leben müssen. Nein, seit Silvester sind sie auch noch alle potenzielle Vergewaltiger oder grapschen zumindest Frauen an. Das alte Märchen von den Barbaren, die aus dem Süden und Osten kommen und das ach so kultivierte Europa belagern, wird jetzt wieder aufgewärmt. Hierbei steht Nordrhein-Westfalen und insbesondere die „weltoffene“ Stadt Köln im Mittelpunkt der Diskussion. Nach Silvester stand mit Karneval das nächste Großevent im Rheinland an und das wurde voll ausgenutzt, um die Diskussion auszuschlachten.

[highlight]

Uns Frauen wird erzählt, wie wir uns anziehen sollen …

Uns Frauen wird erzählt, wie wir uns verhalten müssen …

Uns Frauen wird erzählt, wie unsere Haare aussehen sollen und wie wir uns am besten schminken …

Uns Frauen wird erzählt, dass wir dünn, fast magersüchtig sein müssen …

Uns Frauen wird erzählt, dass wir den Haushalt zu machen haben, die Kinder erziehen und arbeiten gehen sollen …

damit wir den Männern gefallen. Und wenn wir das nicht tun, ist das falsch und wir sind nichts wert.

[/highlight]

Bereits am 14.01.1016 wurde der erste Karnevalszug im Rheinberger Stadtteil Orsoy abgesagt. Wie die Rheinische Post berichtet, sagte ein Sprecher der Stadt „[…] man könne nicht ausschließen, dass die im Stadtteil Orsoy lebenden Flüchtlinge den Zug besuchen und es zu Vorfällen wie in der Silvesternacht in Köln komme. In Orsoy, das rund 3000 Einwohner zählt, befindet sich eine Zentrale Unterbringungsstelle des Landes Nordrhein-Westfalen. Dort leben mehrere hundert Flüchtlinge. In dem ehemaligen Krankenhaus mit Schwesternheim sind auch zahlreiche Nordafrikaner untergebracht – nach ersten Ermittlungsergebnissen waren auch die Kölner Täter überwiegend Nordafrikaner. […]“4. Solche Äußerungen mögen im ersten Moment hart klingen. Sie sind keine Ausnahme. Sie passen sehr gut zu den Äußerungen und dem Verhalten der deutschen Politiker. Bei der Diskussion um den angeblichen Schutz der Frauen geht es eigentlich darum, die notwendige Stimmung zu schaffen, um die Flüchtlingskrise im Sinne der Herrschenden zu lösen. Die Vorschläge für Gesetzesänderungen von CDU, SPD und den Grünen fliegen nur so aus ihren Schubladen. So prüfen die Grünen, „ob für eine schnellere Abschiebung straffällig gewordener Ausländer und Flüchtlinge Gesetzesänderungen im Asyl- und Aufenthaltsrecht notwendig sind“. Die CDU fügt noch hinzu, dass die im Januar 2015 erst gelockerte Residenzpflicht nun wieder vollständig eingeführt wird. Das bedeutet, dass Asylbewerber den ihnen zugewiesenen Landkreis ohne Erlaubnis nicht verlassen dürfen. Sie können also nicht mehr in eine andere Stadt fahren, um Freunde zu besuchen, um sich das Land anzuschauen oder Urlaub zu machen.

Darin, dass eine härtere Gangart, schnellere und mehr Abschiebungen notwendig sind, sind sich alle großen Parteien einig.

Seit Ende letzten Jahres stehen die Vorschläge für eine Veränderung des Asylrechts fest. Heute wird die Grundlage geschaffen, um diese umzusetzen und noch weiter zu verschärfen. Wir sehen also, die Vorschläge laufen alle darauf hinaus, die eh schon beschlossenen Ziele der Verschärfung der deutschen Flüchtlingspolitik jetzt schneller umzusetzen5. Es wird alles dafür getan, die von den Herrschenden im Laufe des letzten Jahres eigens aufgebaute „Willkommenskultur“ nun endlich zu beenden, wieder zunichte zu machen und die Stimmung in der Gesellschaft zu drehen.

Das sind die wahren politischen Ziele, die hinter der Medienkampagne seit der Silvesternacht stehen und nach denen wir am Anfang des Artikels gefragt haben.

Wenn wir weiter schauen, sehen wir, dass die Diskussion seit Silvester längst den Rahmen einer Diskussion über die Flüchtlingsfrage gesprengt hat und ein allgemeiner Ruf nach einer härteren Hand des Staates immer lauter wird. Die massiven Auseinandersetzungen mit einem linken Hausprojekt in Berlin-Friedrichshain, die selbstorganisierten faschistischen „Bürgerwehren“, die Jagd auf Migranten in Köln und ganz Nordrhein-Westfalen machen, die „plötzlich“ wieder aufgetauchten RAF6-Mitglieder – all das wird als Vorwand genutzt, um nach einem starken Staat zu rufen. „Die Probleme der deutschen Großstädte mit kriminellen Zuwanderern sind nicht erst in der Silvesternacht entstanden. Und sie werden vor Allem nicht mit jenem Rezept gelöst, dem Regierungen nach jeder Krise folgen: Gesetze verschärfen, neue Vorschriften erlassen. Wichtiger ist es, das bestehende Recht konsequent anzuwenden. Dafür braucht es mehr Polizei. Dafür braucht es mehr Beamte in den zuständigen Behörden. Und dafür braucht es mehr Geld. Kurz: Der Staat müsse aktiver und kreativer werden, um die Probleme in den Griff zu bekommen. Und um die völlige Kontrolle in seinem Hoheitsgebiet zurückzugewinnen.“7

Nicht aus den Augen verlieren dürfen wir, dass den Preis für all das auch die Frauen zahlen müssen. Die barbarische sexualisierte Gewalt, die Alltag ist, mit der Kultur oder Religion der Migranten in Deutschland zu erklären, bedeutet die Bewegungsfreiheit der Frauen vollkommen einzuschränken. Das bedeutet die Angst vor Übergriffen zum Dauerzustand zu machen.

Sowohl arbeitende Frauen, als auch Migranten werden hier in Deutschland besonders unterdrückt. Wenn sie sich verbünden und gemeinsam etwas verändern wollen, sind sie eine große Gefahr für dieses System. Das soll unter allen Umständen verhindert werden. Wenn es dafür notwendig ist, rassistische Hetze zu verbreiten und alle Migranten zu potenziellen Vergewaltigern zu machen, sind sich die deutschen Politiker auch nicht zu schade dafür, genau das zu tun. Sie sind sich auch nicht zu schade dafür, alle Frauen, die Silvester von den Übergriffen betroffen waren, dafür zu nutzen, diese Hetze zu verbreiten.

Angeblich sollen jetzt mehr Beamte eingestellt werden und die allgemeine Videoüberwachung von uns Allen ausgeweitet werden, um mit solchen Situationen umzugehen und sie nie wieder passieren zu lassen. Gegen wen wird sich das alles richten? Gegen die Menschen, die nicht länger in diesem System leben wollen. Gegen die Menschen, die nicht länger schweigen, sondern ihren Mund auf machen und laut werden. Gegen uns alle!Bild8

und was können wir tun?

Zuerst müssen wir aufhören zu schweigen und laut werden! Überall wo wir uns aufhalten, müssen wir das Patriarchat angreifen! Egal, ob in der Schule, auf der Arbeit, in der Uni oder zu Hause. Nirgendwo haben Menschen das Recht dazu, uns Frauen anders zu behandeln als Männer.

Frauen die aufstehen, die kämpfen und sich wehren, tragen besonders dazu bei das Bild über die Rolle der Frau, welches uns von klein auf anerzogen wird, zu zerstören. Die Antwort auf die vielen Übergriffe auf Frauen kann nicht sein, dass Frauen nur noch in „männlicher Schutzbegleitung“ vor die Türe gehen. Frauen können und müssen ein selbstbestimmtes Leben führen, dafür muss aber wie wir sehen noch ein langer Weg gegangen werden.

Es ist absurd: immer wieder fühlen Frauen sich alleine damit, wenn sie belästigt oder vergewaltigt wurden. Die Angst darüber zu sprechen und die Scham sind sehr hoch. Viele Frauen fühlen sich hilflos der Situation ausgesetzt. Wenn wir uns aber die Zahlen ansehen, sehen wir, dass keine Frau mit solchen Erfahrungen alleine dasteht. Wir sehen, dass es genau anders herum ist und die meisten Frauen solche Erfahrungen gemacht haben. Auch hier muss das Schweigen gebrochen werden. Die Situation der Frauen heute in Deutschland muss in die Öffentlichkeit gebracht werden, sei es durch Kundgebungen, Demonstrationen, im Internet oder dadurch, dass Frauen untereinander über ihre Erfahrungen sprechen.

Wenn wir als Frauen uns gemeinsam organisieren, können wir auch heute schon viel ändern. Die Unterdrückung der Frau nutzt allein den Herrschenden das kapitalistische System aufrecht zu erhalten. Um also ohne Unterdrückung des Menschen durch den Menschen leben zu können, müssen wir das gesamte System ändern. Das passiert nicht von heute auf morgen und es wird definitiv kein einfacher Weg. Aber es ist ein Weg der sich lohnt!

Aber nicht nur wir Frauen müssen kämpfen. Wir dürfen auch die Männer nicht vergessen. Jeder Mann muss lernen, sein eigenes Verhalten zu hinterfragen und sich ändern. Jeder Mann muss sich dafür einsetzen, dass die Unterdrückung der Menschheit und insbesondere der Frauen endlich beendet wird. Damit meinen wir nicht, dass Männer sich schützend vor die Frauen stellen und den Beschützer spielen sollen. Sondern das Gegenteil. Sie sollen den Frauen nicht dabei im Weg stehen sich entwickeln. Sie sollen den Frauen nicht im Weg stehen, wenn sie das Schweigen brechen und in den Vordergrund treten. Und sie sollen darauf achten, dass das auch in ihrem eigenen Umfeld umgesetzt wird.

Wir sind optimistisch, dass wir, wenn wir das alles (und noch viel mehr) tun und wir diesen schwierigen Weg gehen, am Ende siegen und in einer freien Gesellschaft leben werden!

1https://ichhabnichtangezeigt.files.wordpress.com/2012/07/auswertung_ausf-web.pdf

2www.zeit.de/2012/25/Analyse-Frauen

3Hierüber kannst du mehr im vorherigen Artikel „Die gesellschaftliche Lage der Arbeiterin heute“ erfahren

4Rheinische Post Onlineartikel 14.01.2016; Innerhalb weniger Stunden wurde der Artikel (und noch einige mehr z.B. Focus online) jedoch geändert und die Flüchtlinge seien nur noch ein Grund, nicht jedoch der Hauptgrund für die Absage des Zuges. Der Hauptgrund sei nun die Behinderung des Verkehrs.

5Siehe auch „Die Flüchtlingskrise 2015 und imperialistische Strategien zur Kontrolle der benötigten Arbeitsmigration“, Kommunismus Ausgabe 4

6RAF – Rote Armee Fraktion

7Spiegel 3/2016: Am Rand, S. 25

Kämpfende Frauen verändern die Welt – ohne kämpfende Frauen läuft nichts

Schmeißt sie weg, die alten traditionellen Rollenbilder

Kämpfende Frauen sind seit Jahrhunderten weltweit Teil in Revolutionen, in Streikkämpfen, in antifaschistischen Kämpfen, in Frauenrechtskämpfen und vielen mehr. Frauen stehen oft ganz vorne im Kampf. Sie übernehmen die Führung. Frauen sind im Kampf sehr konsequent und mutig. Sie gehen motiviert in den Kampf, weil sie siegen wollen. Kämpfe entstehen vor allem dann, wenn soziale Ungerechtigkeiten und Unterdrückung besonders stark werden, wenn Frau es nicht mehr aushalten kann.

Frauen wurden und werden noch immer dazu erzogen, dass sie erdulden, sich anpassen, unterordnen und sich in der Rolle der dienenden Kümmerin oder Pflegenden einrichten. Aber längst haben Frauenkämpferinnen bewiesen, dass das nicht alles in ihrem Leben ist. Frauen wollen mehr und das müssen sie sich holen. Es gibt Frauenkämpfe, die einige nützliche Dinge erreicht haben wie z.B. demokratische Rechte wie das in der gescheiterten Revolution 1918 erkämpfte Frauenwahlrecht, Selbstbestimmung über Berufstätigkeit undErfolge durch Arbeitskämpfe wie die formelle Verankerung des Grundsatzes „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ in Tarifverträgen.

Für KommunistInnen sind die Kämpfe besonders wichtig, die mehr erreichen wollen als Verbesserungen im täglichen Leben und in der Arbeit. Lebens- und Arbeitsverbesserungen können vieles einfacher machen, aber weil Verbesserungen nicht die grundlegenden Probleme von Unterdrückung und Ausbeutung für die Frauen und die gesamte ArbeiterInnenklasse lösen, entstehen ständig neue Probleme oder tauchen alte wieder auf. Frauen müssen sich entscheiden: Wollen sie ein bisschen von allem oder wollen sie Alles?

Heute sehen wir, dass in Deutschland eher wenige Frauen kämpfen, egal ob gegen ihre soziale oder berufliche Unterdrückung und Ausbeutung. Unzufriedenheit und Proteste sind eine Menge da, es fehlt aber an Entschlossenheit sich politisch zu organisieren und aus dem Protest einen kämpferischen Widerstand zu entwickeln. Es fehlt die konsequente Entscheidung dafür, sich nicht nur mit einem ein bisschen besseren Leben zufrieden zu geben, sich dort einzurichten, zu resignieren und Frust zu schieben, sondern für ein ganz anderes, besseres Leben, organisiert für die Befreiung der Frau zu kämpfen.

Revolutionärer Klassenkampf macht den Bonzen Dampf

Demo
Streikszene

Es ist unübersehbar, dass sich unsere Gesellschaft in zwei große Klassen teilt. Das merken wir alle täglich. Es gibt die wenigen wirklich reichen Menschen, die durch ihren Reichtum die Macht über die Politik im Staat und unser Leben ausüben, indem sie z.B. Gesetze erlassen wie Hartz IV, zur vollständigen Überwachung der Menschen, zur Einschränkungen unserer Gesundheitsversorgung, Preiserhöhungen ohne Lohnerhöhungen oder Mietwucher und vieles mehr. Diese Macht wird richtigerweise als die Macht des Kapitals oder der Bourgeoisie bezeichnet. Also wenige Kapitalisten zwingen die Masse der Menschen so zu leben und zu arbeiten, wie sie es bestimmen, wie es ihnen ermöglicht, immer reicher zu werden.

Es gibt viele verschiedene Typen von Kapitalisten. Die Spannbreite geht vom Kleinbetrieb und Mittelstand, das sind kleinere Betriebe in denen auch ArbeiterInnen arbeiten und ausgebeutet werden, bis hin zu Monopolen, also mächtigen Industriezusammenschlüsse wie z.B. in der Autoindustrie, die den Markt und deswegen auch den Staat beherrschen.

Durch ihre Gesetze nehmen sie den Menschen das weg, was ihnen das Leben angenehmer macht und zwingen sie, sich täglich Sorgen zu machen, woher sie z.B. Geld nehmen sollen um ihren Kindern Schulmaterial oder Kleidung zu kaufen. Oft genug reicht es noch nicht mal für vernünftiges Essen und schnell rutschen Menschen mit wenig Geld in die Schuldenfalle. Das Kapital ist es, das weltweit Massen von Menschen in Armut, Unglück, schlechtes Leben, Flucht, Tod, Hunger und Verzweiflung zwingt.

Damit haben wir schon die andere Klasse angesprochen. Das ist die Masse der Menschen, die davon abhängig ist, ob und zu welchen Bedingungen die Kapitalisten ihnen Arbeit und Leben gewähren. Diese Masse ist die ArbeiterInnenklasse. ArbeiterInnen haben kein Kapital was sie ständig vermehren können. ArbeiterInnen haben nur ihre Arbeitskraft mit der sie dem Kapital ermöglichen Profit zu machen. Profit, weil die ArbeiterInnen vom Kapitalisten als Lohn nicht den Wert erhalten, den sie bei der Arbeit geschaffen haben, sondern nur soviel, wie sie brauchen um ihre Arbeitskraft zu wieder herzustellen z.B. für Nahrung, Wohnung, Kleidung.

Natürlich sehen wir täglich und überall, dass es große Unterschiede im Leben der Menschen gibt, z.B. gibt es auch die, die nicht das ganz große Kapital besitzen, aber doch genügend Reichtum um ein Leben zu führen, das weit über das Leben der ArbeiterInnen hinaus geht. Dazu gehören auch die, die vieles in der Gesellschaft lenken wie z.B. Beamte, die führend in staatlichen Ämter arbeiten wie in Gerichten, bei der Polizei, in der Wissenschaft und Bildung oder PolitikerInnen in den Regierungsparteien. Wir sprechen dann von den kleinbürgerlichen Zwischenschichten. Weil sie mit ihrer Arbeit das Kapital stützen, gehören sie nicht zu den ArbeiterInnen, sondern stehen zwischen den gesellschaftlichen Hauptklassen, aber auf Seiten des Kapitals. Andererseits gibt es auch Kleinbürger, die zwar nicht direkt für das Kapital arbeiten müssen, aber doch von der Bourgeoisie in Form der Banken abhängig sind, wie zum Beispiel viele kleine selbstständige Handwerker, Kiosk- oder Imbissbesitzer.

Kommunistinnen sprengen ihre Ketten

Kommunistin zu sein heißt, zu erkennen, dass sich die Klasse der KapitalistInnen und die Klasse der ArbeiterInnen unvereinbar gegenüber stehen, dass die einen die anderen ausbeuten und dass die Ausbeutung nur mit dem Mittel des Zwanges beendet werden kann. Kommunistin zu sein heißt, bereit zu sein, den Klassenkrieg zu führen. Klassenkrieg heißt, die Revolution zu organisieren. Eine Revolution, die die Klassenverhältnisse verändert, indem die Unterdrückten und Ausgebeuteten die politische Macht erkämpfen und verteidigen. Kommunistin zu sein heißt, sich in einer Partei zu organisieren, die diesen Klassenkrieg organisieren und führen kann. Kommunistin zu sein heißt, für die Menschheit zu kämpfen, dafür zu kämpfen, dass es keine Kriege mehr gibt die Elend und Tod bringen.

KommunistInnen wollen zusammen mit allen Frauen, die sich nicht der Unterdrückung und Ausbeutung beugen, aus dieser Lage ausbrechen. Sie wollen mit ihnen gemeinsam diesen Weg planen und organisieren und wollen zusammen verstehen, warum dieser Weg nur der Weg des revolutionären Klassenkampfes sein kann.

KommunistInnen haben Vorbilder und können auf Erfahrungen in der kommunistischen Bewegung zurückgreifen. In Deutschland ist Clara Zetkin eine führende kommunistische Kämpferin in der Frauenbewegung im 19. und 20. Jahrhundert gewesen. In ihren Texten können wir gleiche und ähnliche Probleme finden wie die, mit denen wir es heute zu tun haben. Mit diesen Problemen mussten sich die Frauen schon vor uns herumschlagen. Wir werden hier eine kurze Stelle aus ihrer Rede „Für die volle soziale Befreiung der Frau“ vom 23.Mai 1924 zitieren, weil darin sehr einfach und schön ein Grundproblem von damals und heute beschrieben wird, was Frauen darin hindert, aktiv als Kommunistin zu arbeiten.

Karl Marx erklärte im „Achtzehnten Brumaire“: „Die Tradition aller toten Geschlechter lastet wie ein Alp auf dem Gehirne der Lebenden“.1

Bezogen auf dieses Zitat erklärt Clara Zetkin:

Im höchsten Grade trifft das zu auf das Fühlen, Denken und Wollen bei allem, was sich auf die Stellung und Betätigung der Frauen in der Gesellschaft bezieht. Mächtiger als in irgendeiner anderen Beziehung leben darin die Traditionen von Jahrhunderten, Jahrtausenden weiter. Immer wieder bricht es in Auffassung, Gewohnheiten, Lebensgestaltung durch, dass die Frau durch die Bindungen der Mutterschaft zum ersten und ältesten Eigentum des Mannes wurde. So müssen wir nicht nur die sozialen Verhältnisse umwälzen, auf denen die Versklavung der Frau beruht, sondern müssen auch das Hirn der Menschen – der Männer wie der Frauen – von dem Alp der Traditionen befreien.

In bürgerlichen Staaten, wo die Macht des toten Eigentums über die lebendigen Menschen noch nicht gebrochen ist, geht der bittere Kampf der Geschlechter unter frauenrechtlerischer Führung um die Probleme der Frauenfrage. Auf dem Boden der Sowjetrepubliken, wo die proletarische Revolution die Macht der Besitzenden und Ausbeutenden im Staat bereits gebrochen hat, ringen Frauen und Männer gemeinsam unter Führung der Kommunistischen Partei darum, mit Ausnutzung der Macht im Staate neue soziale Verhältnisse zu schaffen, die niemanden versklaven und neue Menschen erziehen, die aus dem Banne der Traditionen befreit sind. Solche Verhältnisse und solche Menschen verbürgen volle Freiheit, volles Recht für die Frau.“ 2

Aus diesen Gründen wurden in der deutschen kommunistischen Bewegung in den 70er Jahren Versuche gestartet, um Frauen aus den Bindungen von Familie und Kindern ein Stück weit raus zu holen, damit sie aktiver Teil in der kommunistischen Arbeit sein können. Das hat nicht so reibungslos geklappt, aber es gibt praktische Erfahrungen, die zumindest einen Beginn aufzeigen, was es für Möglichkeiten geben kann, solange wir noch den Bedingungen des Kapitalismus unterworfen sind. In diesem Artikel wollen wir einige Erfahrungen aufzeigen und dazu auffordern, weiter zu gehen, in dem Sinne, dass es Frauen uneingeschränkt ermöglicht wird, heute aktiv als Kommunistin zu arbeiten.

Dazu müssen wir kurz zurück gehen in die 60er Jahre, die eine Zeit des politischen Aufbruchs der Jugend waren, in der sich eine breite Kampfbewegung entwickelte und der Kommunismus eine große Rolle einnahm.

Radikale Bewegungen zerbrechen die Ruhe im Land

Politisch war die Gesellschaft in Deutschland auch dem nach Ende des 2. Weltkrieges von einem starken faschistischen Einfluss geprägt. Die Verbrechen aus dem Nationalsozialismus wurden in der Gesellschaft nicht grundlegend aufgearbeitet, vieles wurde vertuscht, verharmlost oder verschwiegen. Faschistische Verbrecher saßen wieder in führenden Positionen von Politik, Regierung, Gerichten, Polizei, Ämtern usw. Sie waren es, die die Politik in Westdeutschland mitbestimmten.

Der militärisch geführte Krieg war zu Ende, aber der Kampf um die Neuaufteilung der Welt ging weiter. Insbesondere war die sozialistische Sowjetunion, die entscheidend zur Zerschlagung des deutschen Faschismus beigetragen hat, der alte und neue Feind. Das „Kommunistische Gespenst“ war nicht unter Kontrolle gebracht, sondern stellte Ansprüche. Diese Zeit war der Beginn des „Kalten Krieges“, das heißt es lag in den 50er und 60er Jahren Kriegsgeflüster in der Luft.

Zum Anderen war die Zeit eine Zeit, in der eine sehr autoritäre Erziehung das Leben der Kinder und Jugendlichen in Deutschland bestimmte. Gewalt, Misshandlungen und sexueller Missbrauch fanden überall statt; in der Familie, in allen Erziehungseinrichtungen, in so manchen Ausbildungsbetrieben, in den Kirchen. Die 60er Jahre waren eine Zeit des Aufbruchs, Jugendliche und Studenten hatten die Nase voll von Verlogenheit und Gewalt, die sich gegen sie und gegen die Menschheit richtete. Die Wut der Jugend gegen die bestialischen Kriege und Ungerechtigkeiten – nicht nur in Deutschland sondern weltweit – durchbrach die verlogene Ruhe und autoritäre Ordnung. Die Jugend protestierte und bekam heftige Staatsgewalt zu spüren. Sie ließen sich jedoch nicht unterkriegen und leisteten Widerstand, sie organisierten sich zum Kampf in Parteien. Im Anbetracht des Siegs der Revolution in der Sowjetunion 1917, den revolutionären Kämpfen in China und Albanien, den starken Ausstrahlungen der anti-kolonialen Befreiungskämpfen und dem sich entwickelnden Befreiungskrieg des vietnamesischen Volkes war alles besser zu ertragen als Unterdrückung, Ausbeutung und bestialische Kriege.

Innerhalb der Kämpfe der Bewegungen in der Bundesrepublik Deutschland wurde vor allem jungen Frauen bewusst, wie hinderlich sich die traditionelle Rollenverteilung von Frau und Mann auswirkt. Ihre Männer hatten alle Möglichkeiten zu kämpfen und wurden in der Öffentlichkeit auch so wahrgenommen. Diese kämpfenden Männer waren zum großen Teil nicht diejenigen, die die Frauen darin unterstützten, dass sie mit auf der Straße kämpfen oder aktiv politisch tätig werden konnten. Diese Lage musste geändert werden, wenn Frauen zu Hause nicht mehr am Herd stehen oder allein die Kinder versorgen wollen, dann müssen sie sich zusammenschließen. Das wurde nicht nur gedacht, sondern getan und so entstand eine neue feministische Bewegung, die für die Emanzipation der Frau kämpfte.

Viele der kämpfenden Menschen aus dieser Bewegungszeit organisierten sich zum Ende der 60er Jahre in kommunistischen Parteien. Das hatte den Vorteil, dass der heftigen staatlichen Repression nun Kräfte gegenüber standen, die durch ihre Organisiertheit nicht mehr so leicht unter Kontrolle gebracht werden konnten. Für die politischen Ziele, wie der Kampf für die Revolution und den Kommunismus, konnten nun durch eine breite und beständige Propagierung mehr Klarheit unter die Menschen gebracht werden.

Soviel in aller Kürze zu dem geschichtlichen Hintergrund. Er wird jetzt eine Rolle spielen, wenn wir uns angucken wie es möglich sein kann, dass eine Arbeiterin, die Familie hat und berufstätig ist, auch aktive Kommunistin sein kann. Dazu stellen wir einige Erfahrungen vor, wie es in den 70er Jahren gelungen ist, dass Frauen, die auch Mütter geworden sind, durch eine gemeinsame Organisation der Kinderbetreuung, trotzdem politisch aktiv sein konnten. Wir wollen damit auch eine Debatte anregen, um die gemachten Erfahrungen nicht nur gut zu finden, sondern um praktische Lösungen für heute zu finden.

Zeitlich gesehen gehen wir dazu zurück zum Ende der 60er Jahre. Wie oben beschrieben haben sich gerade kommunistische Parteien gegründet. Auch Trude, mit der wir das Gespräch über ihre Arbeits- und Lebensbedingungen als Kommunistin geführt haben, ist als Auszubildende in die KPD/ML (Kommunistische Partei Deutschland/Marxisten-Leninisten) gegangen. Dort hatten sich ab 1968/69AltkommunistInnen aus der verbotenen KPD, Studenten und Lehrlinge aus der 68er Bewegung organisiert.

Ausschnitte aus dem Gespräch mit Trude:

Wie alles begann

1. Mai KPD MLSehr früh habe ich mich dafür entschieden, Krankenschwester zu werden. So fing ich mit 16 Jahren mit der Ausbildung an. Schule fand ich schrecklich und zum lernen hatte ich gar keine Lust. Ich wollte arbeiten; das konnte ich, denn zu hause sind wir schon früh in alles eingewiesen worden, was im Haushalt zu tun war. Das ging auch gar nicht anders. Wir waren fünf Kinder und es gab zum Beispiel keine Waschmaschine. Also wurde die Wäsche von sieben Personen samt Bettwäsche in großen Waschbottichen gekocht. Lange Zeit wurden viele Kleidungsstücke selber genäht, denn um Kleidung zu kaufen reichte das Geld nicht. Außerdem musste ständig geputzt werden. Wir hatten einen großen Garten, in dem Gemüse und Obst angepflanzt wurde. Der musste auch gepflegt werden, was noch mehr Arbeit bedeutete. Aber immerhin hatten wir so auch frisches, gutes Essen. Also Arbeit gab es viel und immer mussten wir Kinder mithelfen. Widerspruch wurde nicht geduldet.

Glücklicherweise haben meine älteren Geschwister mir den Weg gebahnt, dass ich früh ausziehen konnte. Mit kaum 17 Jahren konnte ich gegen den Willen meiner Eltern in meine „Freiheit“ entwischen. Über die Schule hatte ich Kontakt zu GenossInnen aus der KPD/ML bekommen. Mit deren Unterstützung fand ich eine Wohnung. Mit meinem Ausbildungsgeld kam ich nicht weit, denn es reichte gerade mal um Miete, Gas, Strom und Fahrgeld zu bezahlen. Gegessen habe ich dann oft in den großen Wohngemeinschaften, den Kommunen oder bei meinen Eltern. Das alles war aber nicht so wichtig für mich, mich hat der Sturm der Revolution mitgerissen. Ich war begeistert von den Massen junger Menschen, die wie ich ständig auf den Straßen waren. Endlich konnten wir unsere Empörung und unsere Wut über die Ungerechtigkeiten, über Gewalt und die barbarischen Kriege raus lassen.

Die meisten GenossInnen waren älter als ich. Es war das erste mal das ich erlebte, dass mit mir richtig geredet wurde und dass sich Menschen dafür interessierten, was ich dachte und zu sagen habe. In der Familie wurde nicht mit uns Kindern geredet, dort wurde gemacht, was die Eltern sagten. Die hatten immer recht und haben wir nicht pariert, dann gab es Dresche. So haben wir es auch gar nicht gelernt miteinander zu reden.

Durch das Reden und die Kämpfe auf der Straße lernte ich viel Neues und Unbekanntes kennen über Kommunismus und Revolution, über Kapitalismus und Ausbeutung. Meine Entscheidung fiel sehr schnell, ich wollte Kommunistin sein und für eine andere Welt kämpfen, darum bin ich in die KPD/ML gegangen.

Kommunistische Arbeit das muss sein

Um das mal vorab zu sagen, ich habe es nie bereut, dass ich lange Zeit in einer kommunistischen Partei gearbeitet habe, sondern ich war froh, dass ich dort vieles gelernt habe, was es mir leichter machte, Zeiten zu überstehen, wo es keine Partei mehr gab, aber ich trotzdem weiter politisch aktiv war. Von dem was wir vertreten und gemacht haben, distanziere ich mich nicht in der Form, wie es die Mehrheit meiner Ex-GenossInnen tun. Sondern mir geht es darum zu analysieren, was wir für Fehler gemacht haben, die dazu geführt haben, dass wir bis heute keine kommunistische Partei haben, wie wir sie für die Revolution in diesem Land nun mal brauchen. Ich finde wir brauchen uns heute auch nicht damit auf zu halten, dass es so manches mal kein genossenschaftliches Verhalten unter den GenossInnen oder zwischen den verschiedenen Parteien gab. Wir würden besser und schneller weiter kommen, wenn wir lernen es heute anders zu machen.

Zurück in die Zeit der 70er Jahre. Mein Leben war die Politik. Alles was ich gemacht habe war im Zusammenhang mit der Parteiarbeit. Was mir schwer viel war das Lesen der Texte von Marx, Engels und Lenin. Die Texte von Stalin und Mao fand ich einfacher, die konnte ich besser verstehen. Für uns Jugendliche war die marxistische Literatur schwer zu verstehen, weil wir es nie gelernt hatten wissenschaftliche Texte zu lesen. Viele, die aus der Lehrlingsbewegung kamen, hatten einen einfachen Schulabschluss. Da lernt man nicht mit Texten zu arbeiten, deswegen war das für uns schwer und es dauerte Jahre bis ich wirklich mit den Texten arbeiten konnte.

Das Einfache war für uns, dass wir ständig auf der Straße waren. Es gab fast täglich Demonstrationen, Kundgebungen oder wir haben Flugblätter verteilt. Um mehr mit den Menschen in Kontakt zu kommen, sind wir viel in die Häuser gegangen. Wir haben geklingelt und mit den BewohnerInnen über unsere Politik geredet. Oder wir haben vor Betrieben Flugblätter an die KollegInnen verteilt. Die 70er Jahre waren eine Zeit, wo sich viele Menschen für den Kommunismus interessiert haben und wo die kommunistischen Parteien lange Zeit einen großen Zulauf oder Unterstützung hatten.

Berufstätig und alleinerziehend zu sein ist immer schwierig

Kurz nach dem ich meine Ausbildung abgeschlossen hatte, bekam ich meine erste Tochter. Bald darauf war ich alleinerziehend. Die Trennung von dem Vater meiner Tochter wollte ich. Ich wollte nicht in einer Kleinfamilie eingesperrt sein, sondern selbstbestimmt und unabhängig von Familie und Mann leben. Das war allerdings nicht so einfach. Mit zwanzig Jahren war ich damals noch nicht volljährig. Darum stand öfters das Jugendamt vor der Tür, um zu kontrollieren ob meine Tochter in „guten“ Verhältnissen lebt. Zudem gab es zu der Zeit nur sehr wenige GenossInnen die schon Kinder hatten. In meinem Umfeld gab es in den ersten Jahren nur noch eine Familie mit Kindern. Wir waren meistens auf uns selbst gestellt, alles hin zu bekommen. Mein Beruf war mit Schicht- und Wochenenddienst. Aber es gab keine Kindergärten, die entsprechend Kinder betreut haben. Ja und dann wollte ich auch noch Politik machen.

Zuerst überbrückte ich die Zeit, indem ich als ungelernte Kraft in die Fabrik gegangen bin. Dort waren die Arbeitszeiten so, dass ich meine Tochter morgens um 6.00 Uhr in die Kita bringen und nachmittags um 17.00 Uhr wieder abholen konnte. Ich arbeitete in einer Halle, wo nur Frauen waren. Die Akkordarbeit war ausgesprochen stumpfsinnig, darum dachte ich mir mit einigen jungen Kolleginnen öfters irgendeinen Blödsinn zur Ablenkung aus. Das fiel den Vorarbeiterinnen natürlich auf. Sobald es zum Auftragsmangel kam stand vor allem ich auf der Abschussliste. Dagegen protestierten wir. Aber wir hatten keine Ideen, wie diese Arbeit wirklich erträglicher gemacht werden konnte und gewannen deswegen keine Kolleginnen für Proteste. Die Partei hatte damals in anderen Betrieben Kämpfe geführt und so machten wir dort, wo ich arbeitete, keine betriebliche Arbeit. Ich selbst hatte kaum eine Ahnung was es eigentlich heißen soll im Betrieb kommunistische Arbeit zu machen und ganz ehrlich, ich habe mich auch nicht darum bemüht.

Nachdem ich entlassen war entschied ich mich, wieder im Krankenhaus zu arbeiten. Als erstes musste ich meine Tochter entsprechend unterbringen. Darum ging ich aufs Amt und forderte eine Tagesmutter und einen Kitaplatz. Dort habe ich meine Tochter auf den Tresen gesetzt und gesagt, „Entweder bin ich gezwungen arbeitslos zu sein oder ich bringe meine Tochter jeden Tag ins Amt zur Betreuung.“ Damals gab es noch nicht so viele Alleinerziehende, die waren eher eine Ausnahme. Ich denke, dass die Angestellten im Amt irgendwie Verständnis für mich hatten, denn ich bekam beides. Eine Stelle hatte ich schnell gefunden. Es war die Zeit wo es Personalmangel in den Krankenhäusern gab, da haben sie alle genommen, die sie bekommen konnten.

In meinem Beruf habe ich sehr gerne gearbeitet, aber wie üblich sind die Arbeitsbedingungen oft das Problem gewesen. Durch meine politische Arbeit war mir bewusst, dass es wichtig ist mich mit meinen KollegInnen zusammen zu tun und dieser ständigen Konkurrenz unter uns KollegInnen etwas entgegen zu setzen. Es ist mir oft gelungen, KollegInnen zu finden, mit denen ich mich außerhalb der Arbeit getroffen habe, um unsere Arbeitsprobleme zu besprechen. Das hat uns geholfen besser miteinander klar zu kommen.

Die Gewerkschaft war uns dabei keine Hilfe. Wir haben das besser allein hin bekommen. Außerdem konnte ich jetzt mit meinen GenossInnen über die Arbeitssituation sprechen, da hatte sich inzwischen viel geändert. Wir haben dann gemeinsam überlegt, wie ich mich am besten verhalten kann oder ob und was es für Möglichkeiten von Protesten und Unterstützung gibt. In unserer Partei waren jetzt viele, die auf Arbeit in Konflikte geraten sind. Auch wenn es unterschiedliche Arbeitsbereiche waren, wir haben festgestellt, dass es immer wieder um ähnliche Konflikte geht. Probleme waren z.B. Überstunden und ob die bezahlt werden oder nicht oder zu kurzfristige Schichtwechsel; natürlich auch Kämpfe um Lohnerhöhungen oder gegen Personalabbau. Das sind Dinge die hören nie auf und begleiten einen in der gesamten Berufstätigkeit.

Für mich brachte die Zeit mit sich, dass ich allmählich in eine betriebliche Arbeit rein gekommen bin, in der ich viel besser die Zusammenhänge der kapitalistischen Ökonomie verstanden habe. Und das bewirkte wieder, dass ich ein richtiges Interesse entwickelte mich mit dem Marxismus-Leninismus zu beschäftigen. Das heißt nicht, dass ich jetzt alles verstanden habe – das nicht – aber es begann für mich die Zeit, in der ich anfing mit der kommunistischen Theorie zu arbeiten ohne das es eine Belastung war, sondern weil ich Interesse hatte und mehr wissen wollte.

Demo Gegen KPD/ML Verbotsverfahren
Demo Gegen KPD/ML Verbotsverfahren

Alles ändert sich mit Kindern – unsere Lösung der gemeinsamen Kinderbetreuung

Inzwischen hatte sich in dem Leben von vielen GenossInnen einiges geändert. Das Studium war vorbei. Es fing die Berufstätigkeit an. Es wurde geheiratet und Kinder stellten jetzt nicht nur mich sondern viele vor das Problem, Arbeit, Kinder und Politik unter einen Hut zu bekommen. Es ist ja nichts neues, dass Kinder das Leben der Erwachsenen völlig verändern. Aber trotzdem waren die meisten GenossInnen nicht auf die krassen Einschränkungen eingestellt, die eine Familie mit sich bringt.

Ist Frau erst mal in dem Leben einer Ehe, Kinder und Berufstätigkeit drin, kommt sie nicht so einfach raus, das galt auch für uns Kommunistinnen. Wir wollten alles anders machen und verteidigten ja sehr engagiert die Befreiung der Frau und nun war es damit vorbei. Die Männer gingen arbeiten und machten Politik. Wir Frauen machten den Haushalt und die Kinder, manche gingen noch Arbeiten, aber wie üblich in Teilzeit. So sind wir dann in der Realität angekommen. Es dauerte eine Weile bis wir in der Partei diese neuen Bedingungen wirklich wahrgenommen haben. Proteste der Frauen und die Dauerkonflikte zwischen Frauen und Männern führten dazu, dass wir uns und unsere Arbeit gemeinsam und anders organisierten.

Wir organisierten es so, dass ein oder zwei GenossInnen auf mehrere Kinder aufgepasst haben. Oft waren unsere Termine ja am Abend, da ging es besonders gut, weil die Kinder dann in einer Wohnung geschlafen haben. Wenige GenossInnen haben auf mehrere Kinder aufgepasst und wenn sie geschlafen haben konnten auch sie noch arbeiten. Es gab ja immer was zu tun wie Flugblätter, Artikel für Zeitungen oder ähnliches zu schreiben. Alle anderen konnten dann Termine wahrnehmen oder z.B. zu Aktionen und Veranstaltungen gehen. Tagsüber mussten wir uns mit den Kindern beschäftigen, da war nichts drin mit Arbeit für die, die die Kinderbetreuung übernommen haben. Weil das insgesamt gut lief und wir merkten wie viel Zeit wir über die gemeinsame Kinderbetreuung frei schaufeln konnten, fingen wir auch an, an einigen Tagen das zur Kita bringen oder Abholen zu organisieren.

Damit haben wir zumindest innerhalb der Partei Regelungen gefunden, die dafür sorgten, das alle aktiv politisch tätig sein konnten. Wir machten das Jahre lang so und es war eine sehr gute Möglichkeit für alle, um Arbeit, Kinder und Politik zusammen so zu organisieren, dass nicht die Frauen es waren, die aus der politischen Arbeit ausfielen.

Wir müssen verstehen, dass es dabei nicht nur um die Organisation von Hausarbeit und Kinderbetreuung geht, sondern auch darum, dass mehrere Erwachsene eigenständig sehen wo und wann etwas zu tun ist. Es geht darum, dass nicht jede/jeder nur seinen kleinen Bereich sieht, sondern auch sieht was bei den anderen zu tun ist, wo Unterstützung nötig ist und dass wir bereit dafür sind, uns gegenseitig zu helfen. Und es geht darum dem Denken – das sind Angelegenheiten der Mutter, der Eltern oder nur der Familie – etwas entgegen zu setzen. Es geht dabei vor allem darum, kollektiv alle Arbeiten, die anfallen, zu sehen und zu organisieren damit das gesamte, nämlich die Parteiarbeit, gut und ständig funktionierten kann. Dadurch dass es eine gute und allseitige Organisation unter uns gab wurden die Köpfe der GenossInnen frei. Sie konnten sich auf ihre Arbeit konzentrieren und mussten diese nicht ständig unterbrechen. Das gibt Sicherheit und Energie, was dann in erfolgreichen Ergebnissen sichtbar wurde und motivierend auf uns gewirkt hat.

Ein neues Denken über Kindererziehung entsteht

Natürlich kam es auch zu Konflikten zwischen den Erwachsenen und zwischen den Kindern und den Erwachsenen. Kinder sind nicht so wie Erwachsene es wollen. Sie haben einen eigenen Willen und den wollten wir ja nicht nur unterdrücken. Uns war es wichtig, die eigene Persönlichkeit der Kinder zu akzeptieren und sie in sämtlichen Fähigkeiten zu unterstützen. Das ist aber leicht gedacht und schwer zu machen. Es war oft eine Herausforderung Geduld und Verständnis auf zu bringen und so fingen wir Erwachsen an über Erziehung, Pädagogik und Psychologie zu diskutieren. Da mussten wir sehr auf passen, dass uns das nicht vollständig vereinnahmt oder dass wir persönliche Probleme wichtiger nahmen als die Politik. Es war wichtig, darüber zu diskutieren, weil wir vieles an falschem Verhalten in uns hatten. Auch hier hat uns die gemeinsame Diskussion dabei geholfen Dinge zu erkennen, die wir alleine nicht sehen konnten. Vieles was wir diskutiert und vertreten haben ist ja erst mal aus der Theorie entstanden – genau wie unsere politische Überzeugung. Erst nachdem wir direkt damit konfrontiert wurden Politik, Arbeit, Kinder, Ehe oder Beziehung so hin zu bekommen, wie wir es uns vorstellten, merkten wir wo wir selbst Probleme mit unseren Ansprüchen hatten.

Damit begann aber auch, dass GenossInnen immer wieder in kleinere oder größere Schwierigkeiten kamen. Solange wie wir auf der Straße oder im Betrieb kämpften machten sich unsere persönlichen Schwierigkeiten nicht so bemerkbar. Darüber zu diskutieren und was zu verändern war nicht so schwer für uns. Was uns Schwierigkeiten machte war eher, dass wir lernen mussten, dass viele Verhaltensweisen oder Angewohnheiten von uns nicht mit dem zusammenpassten, was wir wollten. So einfach kommt man eben nicht raus aus dem, was sich tief eingeprägt hat. Uns half es auch nicht nach „Schuldigen“ für unsere Probleme zu suchen wie z.B. Eltern, Erziehung, der Mann, die Frau oder der Staat. Mit der Konfrontation mit den Problemen wurde uns klar, dass wir lernen mussten, an uns selbst zu arbeiten, um dort hin zu kommen, wo wir hin wollten.

Eine wichtige Erfahrung von mir ist es, dass wir Frauen uns aus dem Denken lösen mussten, dass für Kinder die wichtigste Bezugsperson die Mutter sei, so wie wir es überall in der Gesellschaft vermittelt bekommen. Für die Kinder mit denen ich gelebt habe und das waren viele – nicht nur meine eigenen – kam es schneller zur Konfliktentspannung, wenn die Kinder das Vertrauen zu mehreren Erwachsenen hatten. Oft sind Situationen eskaliert, weil wir im Streit an Kleinkram, der eher unwichtig war, hängen geblieben sind. Eine Sicht von außen, die nicht im Konflikt drin steckte, war oft sehr hilfreich.

Dazu gehören aber auch Männer bzw. Väter, die nicht nur ihr eigenes Ding abziehen oder mit Ignoranz glänzen, sondern sich ernsthaft in ein gemeinsames Konzept zu Kinderbetreuung, Erziehung und dem Umgang mit Frauen rein begeben. Die Fähigkeiten in der politischen Arbeit genossenschaftlich miteinander um zu gehen ist an den Punkten oftmals völlig entgleist, wo es um persönliche Dinge wie z.B. das Miteinander zwischen Frau und Mann oder Erwachsenen und Kinder ging. Es war schon krass, wenn wir Frauen gehört haben, wie Männer auf den Podesten standen und kämpferische Reden zum Kampf von Frauen und Genossinnen hielten. Aber zu Hause wurde aus den Kämpfern für die Befreiung der Frau schnell der typisch bürgerlich-patriarchale Mann. Daran hat sich ja bis heute nicht viel geändert. Deswegen ist der Frauenkampf ständig, immer und überall notwendig.

Allerdings kam es im Kampf, um die Befreiung der Frau durch männliche Genossen nicht selten zu einer merkwürdigen Auslegung. Da hieß es, weil die Frauen sich nur alleine aus ihrer Lage befreien können, müssen sie auch den Kampf führen, was ja so auch nicht falsch ist. Falsch war aber, dass männliche Genossen daraus geschlossen haben, dass sie in diesem Kampf nichts zu tun haben oder dass die Frauen ihnen sagen sollen was sie tun müssen. Bei so viel Passivität sind Konflikte vorhersehbar.

Demo von Auszubildenden gegen Krieg, 1970er Jahre
Demo von Auszubildenden gegen Krieg, 1970er Jahre

Den Kampf um die Veränderung des patriarchalen Mannes diesen Kampf müssen alle täglich, immer und überall alle führen. Um in diesem Kampf nicht in einen reinen Geschlechterkrieg zu geraten, ist es wichtig, dass wir immer wieder zu der Klassenfrage zurückkehren. Stellen wir die Klassenfrage, dann ist es die ArbeiterInnenklasse, die für ihre Befreiung kämpfen muss und darin sind alle vereinigt, egal welches Geschlecht oder welcher nationale Herkunft.

Tragisch war es wenn durch solche Konflikte die politische Arbeit in Frage gestellt wurde, was leider auch vorgekommen ist. Für mich hat das auch ein bisschen damit zu tun, dass GenossInnen durch überzogene Ansprüche an sich selbst und andere dann in Konflikte geraten wenn nichts mehr klappt, dann kommt Frust und Enttäuschung auf. Das Einfache ist dann, alles hin zu schmeißen und sauer zu sein auf alle und alles mit dem die GenossInnen in Konflikt geraten sind. Das schwierige ist die Konflikte in dem Sinne zu entspannen, dass es für jede/jeden einen Weg gibt, bestimmte Dinge erst mal an die Seite zu packen, um das weiter zu machen, was einem wirklich wichtig ist, was einem interessiert und Spaß macht. Konflikte gehören zum Leben und zur politischen Arbeit. Aber sie sind niemals der Grund dafür, dass der Kommunismus falsch ist.

Welche Schlüsse wir daraus gezogen haben

Ich denke, dass neue Erkenntnisse aus Psychologie und Pädagogik helfen können, um mit Problemen und Krisen klar zu kommen. Aber dass das nur unterstützend sein kann, diese Erfahrung haben wir auch gemacht. Falsch wurde es dann, wenn sich der Wunsch einschlich, dass sich dadurch unsere Lage grundsätzlich ändern soll. Wenn wir es gewollt hätten, hätten wir merken können, dass Wissen alleine nicht ausreicht, um die Welt zu verändern und es auch nicht reicht, dass einige „wenige“ alternativ ihr Leben einrichten können.

Aber viele GenossInnen hatten große Schwierigkeiten wirklich zu verstehen, warum das Wissen alleine uns nicht zur Revolution führen wird. Wir haben viel gelesen, geschrieben, eine Menge Kämpfe in den Betrieben und auf der Straße geführt. Wir haben versucht unser Leben mit Familie und Kindern mit der Politik zu vereinbaren. All das hat uns geholfen besser zu verstehen, dass es erst durch das Zusammenbringen von Theorie und Praxis möglich wird Ursachen und Entwicklungen zu erkennen. Wir haben angefangen Analysen zu erstellen. Egal wie unfertig oder fehlerhaft sie sein mögen, ich denke, dass das ein Teil davon geworden ist, um unser Bewusstsein zu vertiefen. Damit ist aber auch sehr viel klarer geworden, was es heißt als Kommunistische Partei die Revolution zu organisieren.

Es ist schade, dass viele KommunistInnen daraus immer wieder den Schluss gezogen haben, lieber doch so zu leben wie sie es eigentlich nie wollten. Die Grenzen für ihr Engagement wurden dann gezogen und ihre Energie eher in Aufgaben eingebracht wie z.B. humanistische, religiöse, ehrenamtliche Arbeit oder alternative, parlamentarische Politik und auch ein Leben als Hausfrau und Mutter. Die meisten der damaligen KommunistInnen haben nach meiner Sicht den falschen Schluss gezogen. Nur wenige sind dabei geblieben den Kapitalismus grundsätzlich in Frage stellen. In dieser Entwicklung ist auch ein Stück der Niedergang der kommunistischen Parteien aus den 70er Jahren zu sehen.

Und wie ist es heute

Wenn ich mir heute meine Töchter, ihre FreundInnen, ArbeitskollegInnen und junge GenossInnen angucke, muss ich sagen, dass es nur selten eine gemeinsame Erziehung gibt. Alle sind irgendwie auf sich selbst gestellt. Viele Arbeiten und Probleme bleiben im kleinen Kreis der Familie, Freunde oder GenossInnen. Es sind immer noch die Frauen, die am Herd stehen und für die Kinder zuständig sind. Ständig sind alle im Stress, fühlen sich überfordert und finden keinen Platz, wo sie nicht nur reden sondern auch praktisch an ihrer Lage was verändern können.

Das Leben und Arbeiten ist nicht einfacher geworden. Das geht auch nicht, denn die gesellschaftlichen Bedingungen haben sich nicht geändert, es hat ja keine Revolution statt gefunden. Aber eine Eigeninitiative, die ist immer möglich. Es ist immer möglich die Lage zu verändern, die Unzufriedenheit, Frust und Stress bringt. Das müssen wir aber wollen. Meine Erfahrung ist, dass wir viel erreichen können; aber auch, dass wir das Erreichte verteidigen müssen ansonsten ist es schnell wieder weg. Gerade um das zu durchbrechen, müssen wir mehr tun als nur unser jetzt und heute zu sehen. Fragen wir uns doch mal, wie wir mit den Erfahrungen arbeiten, was spielen sie heute für eine Rolle? Oft genug höre ich, dass vor allem die negativen Dinge ran gezogen werden, die es innerhalb der kommunistischen Bewegung auch geben hat, um zu verteidigen, dass z.B. nur Teilziele gestellt werden können. Das macht uns schwach. Aber solange wir schwach sind können uns die, die mächtig sind, alles weg nehmen und uns das Leben schwer machen.

Für mich hat die Zeit in der es eine Partei gab bewiesen, dass wir nicht schwach sondern stark sind und stärker werden. Auch wenn wir viele Fehler gemacht haben und es darum irgendwann vorbei war mit der Partei, heißt das nicht, dass der Fehler in der Bildung einer Partei liegt. Die Fehler liegen bei denen, die es nicht verstehen eine kommunistische Partei zu entwickeln und zu führen, also bei uns selbst. Daraus müssen wir Schlüsse ziehen, um nicht alle Fehler ständig zu wiederholen. Auch das ist wieder leicht gesagt und wir merken seit Jahren, dass dieser Weg nicht einfach ist. Andererseits sehen wir wie eine neue kommunistische Bewegung entsteht und auch bereits die ersten Schritte geht. Dass der Parteigedanke wieder Fuß fasst, ist z.B. eine wichtige Entwicklung. Vielleicht sollten wir nicht ständig auf die Schwierigkeiten gucken, sondern viel mehr auf das was uns motivieren kann, auf Erfolge im Klassenkampf, die es gab und heute weltweit gibt. Wir müssen unseren Blick weit über Deutschland hinaus richten, die Wirkung von internationalen Kämpfen und deren Erfolge für unsere Motivation nutzen, wie z.B. Entwicklungen im kurdischen Befreiungskampf. Das dort Frauen auf allen Ebenen an führender Stelle stehen, dass ist eine konsequente Umsetzung von Frauenförderung. Das geht auch bei uns, wir müssen es nur tun.

1Marx/Engels, Ausgewählte Schriften, Bd I, Dietz Verlag, Berlin 1958, S. 228

2Clara Zetkin, Ausgewählte Reden und Schriften, Bd III, S. 5-6, Dietz Verlag 1960